Am Nachmittag kommt mir der Gedanke, meine kleine Vespa mal wieder zu bewegen – also die ganz kleine. Sieht zwar immer ein bisschen nach Regen aus, aber mit der PK50 bewege ich mich ja nicht allzu weit weg von der heimischen Garage.
Zwei Kicks, und dann läuft die Vespa nach wochenlanger Pause sofort. Ist schon ein braves Arbeitstier, die kleine Italienerin.
Dank kleiner Optimierungen läuft die Vespa ja recht ordentlich, und heute bin ich mit dem Gas auch nicht zögerlich. Nur selten fällt die Geschwindigkeit unter 60 km/h – aber das ist natürlich trotzdem ein Blümchenpflückertempo, bei dem ich viel von der Landschaft mitbekomme – so wie hier bei Altenhain.
Über Altenhain, Wohnfeld und Bobenhausen geht es in Richtung Ilsdorf, denn ich habe zwei Gabel Cover, die auf Maß abgedreht werden müssen – und dafür ist Ilsdorf die richtige Adresse.
In Ilsdorf hat Reinhard seine Fuhrpark hubraummässig reduziert, und zwar von 900 auf 800 ccm und von drei auf zwei Zylinder. Er hat sich eine seltene Roadster geangelt, genauer: Eine Sachs Roadster 800 mit ganz wenigen Kilometern. Und diese wunderbare Roadster kann ich heute Probe fahren. Nachdem gestern eine vollständig zugewachsene Leerlaufdüse als Ursache für den Ausfall eines Zylinders festgestellt und repariert wurde, ist diese Probefahrt dringend notwendig.
Auf Anhieb liegt mir die Roadster und ich bin sogar ein wenig verliebt in den V-Twin aus japanischem Hause. Die Maschine fährt sich wunderbar, nur im Bereich der Vorderfront erscheint sie etwas schwammig. Wahrschein reine Gewöhnungssache.
Unbestritten ein richtig schönes und klassisches Fahrzeug.
Ich dehne die Prtobefahrt so weit aus, dass der Motor richtig warm ist. Auch wenn’s keine Harley ist, habe ich viel Vergnügen bei der Fahrt.
Noch nicht mal 10.000 km – und das ist echt. Etwas später und zurück in Ilsdorf stellt Reinhard dann fest, dass auf dem Vorderrad nur 1 Bar Druck war – jetzt ist klar, warum mir die Vorderfront schwammig erschien. Doch, ja, ich glaube, ich hab mich ein wenig in die Roadster verguckt, ehrlich.
Tja, nun muss ich wieder auf die Vespa und ich treibe das kleine Triebwerk noch weitere 20 km durch die nähere Umgebung. Aber nach der Roadster will sich auf dem Roller kein rechter Fahrspaß mehr einstellen – wen wundert’s.
Der Termin bei der Bundesagentur meines Vertrauens ist bereits un 8:45, und weil ich weiß, daß das agentureigene Parkhaus immer noch wegen Umbau gesperrt ist, nehm ich die Vespa. Schön ist es an diesem Morgen wirklich nicht: Kalt und leichter Nieseregen – und in Grünberg, Reiskirchen und Gießem gerate ich natürlich in die Rush Hour.
Der Termin bei der Agentur ist ruckzuck erledigt. Weil sogar der Nieselregen aufgehört hat, beschliesse ich, die Hohe Warte zu besuchen – obwohl ich nicht genau wei0, wo sich dieses kleine Naturparadies überhaupt befindet. Ich weiß lediglich, daß die Hohe Warte sich zwischen Gießen und Annerod befinden soll.
Bin ich hier schon in der Hohen Warte?
Oder hier – denn der Ort ist recht idyllisch und liegt zwischen Gießen und Annenrod,
Aber beides ist falsch und zwei nette Spaziergänger erklären mir den Weg dorthin.
Hier in der Nähe des Waldgasthofes muß die Hohe Warte sein und ein Hinweisschild deutet auch darauf hin.
Und hier befinden sich auch Wildgehege – die berühmte Przewalski-Pferde entdecke ich allerdings nicht. Fragen kann ich hier auch niemanden, also ziehe ich ab und werde bei besserem Wetter einen neuen Versuch starten.
Ein früher Termin treibt mich heute bereits um 8:30 auf die Vespa und es geht ins Busecker Land. Habe eigentlich befürchtet, dass es um diese unchristliche Zeit noch sehr kühl ist – aber so ist es nicht. Im Gegenteil ist es schon angenehm temperiert. Und ab 11:00 wirds dann sogar richtig heiss. Dieses Hoch ist leider nur von kurzer Dauer, denn ab morgen sollen schon wieder Kälte und Regen kommen. Umso wichtiger sind die heutigen 80 Kilometer bei Traumwetter.
Selbst in den Waldstücken kommt kein Gefühl von Kälte auf.
Ein Himmel wie aus dem Bilderbuch: Strahlend blau mit einzelnen Wölkchen.
Der leicht verwilderte Garten nahe Bersrod ist ein Traum, selbst für mich, der ich keinen grünen Daumen habe.
Tatsächlich verbringe ich heute einen, na sagen wir, Arbeitstag, mit und auf der Vespa. Es beginnt um 9:00 mit der Fahrt zu Leihhund Yello, geht über einen Zahnarzttermin in Mücke, einen Behördengang beim Ordnungsamt in Gießen, einen Einkauf bei Bernies Harley Davidson in Dutenhofen und endet um 17:00 mit dem Auffüllen der Quellwasservorräte an der Elisabethenquelle bei Schröck. Volle acht Stunden also, in denen ich runde 250 Kilometer zurück gelegt habe.
Auf dem Parkplatz des Behördenhauses im Bachweg parke ich neben einem 125er Peugeot-Roller. Stunden später fahre ich ein paar Kilometer mit so einem Peugeot zusammen – bis der zweifellos hubraumstärkere Roller Gas gibt und an mir vorbei zieht.
In Dutenhofen bei Harley Davidson besorge ich Öle und einen Neutralschalter für die Sportster. Zum ersten mal hole ich das originale HD360 Öl von HD und bin gespannt, ob das irgendwie spürbar sein wird.
Kurzer Besuch am Dutenhofener See, der ganz besonders streng abgesichert und versperrt ist.
Ein Päuschen gibt’s im Wald nahe Königsberg.
Und jetzt bin ich unterwegs im Amöneburger Becken auf dem Weg zur Elisabethenquelle. Das vorher etwas graue, kühle und stark windige Wetter wird hier besser: Sonnig, deutlich wärmer, aber immer noch sehr windig.
Kurz vor dem Ziel ist noch mal ein Stopp fällig, diesmal am Materl. Gerade pfeifft der Wind besonders böig und ich hab das Gefühl, dass dieses Jahr ganz besonders von starken Winden und Stürmen geprägt ist. Eben der Klimawandel, und ich sehe schon vor dem geistigen Auge, wie der Wind in Zukunft Grasballen durch unsere Städte und Dörfer treibt – ganz wie in Windy City.
Angekommen an der Elisabethenquelle am Rande von Schröck.
Bei dem sehr klaren Wetter reicht der Blick über Schröck weit in das Amöneburger Becken hinein.
Wie immer lasse ich auch heute die sanfte Magie des Ortes auf mich wirken.
Sechs 1,5 Liter Flaschen kann ich ohne weiteren Aufwand direkt mit der Vespa transportieren.
Auf der Rückfahrt bin ich quasi im Zentrum eines Dreiecks, das gebildet wird vom Turm der Spiegelslust bei Marburg, …..
….. der alten Kirche auf der Anhöhe von Wittelsberge sowie …..
….. dem Schloß von Amöneburg ganz oben auf dem „Pickel“.
Und exakt im Zentrum dieses Dreiecks springt der Tacho meiner Vespa auf die 10.000 Kilometer Marke.
Das ist der Plan für heute: Gaaanz früh raus auf die Straße und dann über den Vogelsberg und Steinau an der Straße in den Spessart zum „Wirtshaus am Spessart“ bei Bad Orb. Denn dort findet an diesem Wochenende ein Treffen für alte amerikanische Motorräder statt – Oldsgeräffel.
Weil für den gestrigen Samstag starker Regen angesagt war, hab ich die Fahrt auf den Sonntag verschoben – allerdings gab es dann am Samstag so gut wie keine Niederschläge.
Jetzt kommt aber dazu, dass ich ein relativ teures Teil in der Bucht versteigert habe – und der Käufer will es am heute abholen – so gegen Mittag. Das bedeutet, ich muss früh los, um gegen 12:00 wieder zuhause zu sein. Mist, so ein Gehetze.
So ganz früh komme ich dummerweise nicht weg, aber um 7:00 bin ich auf der Straße. Das Wetter ist jetzt schon erste Sahne und kein bisschen kühl. Schnell zum Tanken über Schotten und dann via Vogelsberg ab in Richtung Kinzigtal. Hier habe ich das Tal der Kinzig bereits erreicht und befinde mich kurz vor Steinau an der Straße.
Hab mir fest vorgenommen, die nervigen Bundesstraßen über Wächtersbach zu meiden und will von Steinau über Seidenroth quasi von hinten auf Bad Orb zu. Aber wie ihr sehr, komme ich nicht bis Seidenroth, weil die Straße gesperrt ist. Nun neige ich dazu, Strassensperrungen zu ignorieren und fahre gern durch verbotene Baustellen. Aber hier geht wirklich nichts und nicht mal mit meiner alten Enduro wäre ich hier durch gekommen. Was nun?
Die Zeit ist schon fortgeschritten, die Umleitung führ über die B276. Das will ich auf keinen Fall und so beschließe ich, hier umzukehren und es tritt Plan B in Kraft. Der besagt, dass nicht das Oldsgeräffeltreffen anzufahren ist, sondern die Zündapp-Ausstellung in Ober-Ohmen. Das bedeutet jetzt also: Zurück.
Zumindest habe ich jetzt genug Zeit und kann mir die schönsten Strecken für den Rückweg aussuchen. Nett ist beispielsweise der Zigeunerplatz in der Nähe von Neustall.
Oder die Niedermooser Teiche, mal von der versteckten Seite betrachtet.
Sehr schön das kleine Teichhaus des NABU.
So wird die Rückfahrt nach Ober-Ohmen doch sehr angenehm, und hier habe den Ort fast erreicht.
Quasi im Zentrum des Ortes, am Römer, findet die kleine Ausstellung statt. Ein sehr nettes Eckchen.
Offensichtlich geht es gerade los mit der Ausstellung.
SO ganz sklavisch exakt sehen die Ober-Ohmener Zündappfreunde das Motto nicht und lassen gern auch Fremdfabrikate zu. Ich glaube, die NSU 201 ist der einzige Viertakter hier.
Ja, auch das gab es mal von Zündapp.
Auf der linken Seite dominiert die Kreidler-Fraktion.
Das war seinerzeit mein heimlicher Traum: Die 4-Gang Kreidler mit 4,2 PS, Gebläsekühlung und dem kleinen Tank.
Wenn ich jetzt noch mit Mopeds anfangen wollte – hier könnte ich zuschlagen. Aber ich will’s nicht.
Auch der kleine Zündapp-Roller R50 ist abzugeben, sogar für kleines Geld.
Neben der Kreidler ein weiterer Traum: Zündapp mit dem runden Büffeltank. Auch heute noch ein schönes Fahrzeug.
Und so etwas war mein erstes Motorrad. DKW RT175. Hab ich mit 16 Jahren für 25 DM an einer Tankstelle tgekauft und nie vernünftig zum Laufen gekriegt.
Der Zündapp Roller war in den 60ern der große Konkurrent zur Vespa und zu meinem Capri-Roller.
Fast alle Typen der 50 ccm Zündappen sind vertreten.
Aber auch zwei KS125, eine sogar mit Wasserkühlung. Fehlen tut allerdings eine KS100 und eine KS75 – da haben wohl nur sehr wenige überlebt.
Sieh an, mein alter Arbeitskollege und Schützenbruder Walter, der mit seiner Ducati gekommen ist.
Jetzt füllen sich auch langsam die Besucher-Parkplätze mit Old- und Youngtimern.
Und auch Peter und seine Hayabusa sind zu einem kleinen Besuch gekommen.
Ein letzter Blick auf die sehr schön gemachte kleine Zündapp-Ausstellung, und dann muss ich ab nach Hause: Kann nicht mehr lange dauern, bis mein Besuch die ersteigerten Teile abholt.
Jetzt hab ich zwar das amerikanische Oldsgeräffel verpasst, aber dafür das deutsche gesehen – und noch einen guten Verkauf gemacht. So what!