Das kennt wohl jeder: Du fängst ein Projekt an, das eigentlich keine hohe Priorität hat, aber Du hast keine Ruhe im Arsch und willst unbedingt weitermachen. So gehts mir gerade auch mit der Vjatka, und weil heute ein richtig verregneter Tag ist und der Roller so schön auf der Bühne steht, schraub ich ein wenig daran herum. Ist auch eine gute Gelegenheit, Vjatka und Vespa etwas besser kennen zu lernen. Denn im Grunde bin ich ja immer noch ein Vespa Newbie.
Alles geht ohne Gewalt – ganz im Gegensatz zu der Schrauberei an der grünen Cosa: Ein paar Züge gelöst und ausgehängt, einige Kabel abgeklemmt und drei Bolzen gelöst – und schon ist der Motor draussen. Traumhaft! Manchmal ist das Vespa-Konzept mit der Triebsatzschwinge schon genial. Und die Russen haben die Vjatka schön massiv gebaut, lange nicht so flönig wie bei Piaggio.
Da steht das gute Stück. Der Motor wird mir immer sympathischer und ich komme echt ins Grübeln, ob ich den nicht doch wieder einbauen soll.
Massive Starkstromtechnik, so sieht der Batteriekasten mit dem Regler jedenfalls aus.
Dieser Regler müsste eigentlich unzerstörbar sein!
Lichtmaschine und Zündung – mit Unterbrecher.
Dann halte ich noch schnell den Zollstock an die Vjatkaschwinge und die Schwinge des bereitliegenden Cosa-Motors: Die Cosa-Schwinge ist ein paar Milimeter schmaler und im Durchmesser etwas dicker. Mit einer Distanzhülse und ein paar Distanzscheiben könnte da was gehen.
Hab mich tatsächlich die ganze Nacht über den miesen Highsider Spiegel und seine Sollbruchstelle geärgert. Fest steht, dass ich diesen Mist erst einmal nicht wieder verbauen werde. Für die grüne Cosa hab ich dann in meiner Spiegel-Wuschelkiste gekramt.
Zack, einfach abgebrochen – nach weniger als 500 km an der Cosa.
Ich finde zwei schöne, runde Spiegel aus dem Louis-Programm. Die haben schon meine Rotax und die Matchless ausgehalten und ausserdem sehe ich jetzt wieder was in den Spiegeln. Aber schicker waren die Highsider schon …..
Und jetzt fange ich ernsthaft mit der russischen Vjatka an. Nach dem Entfernen der ersten Blechteile wird klar: Der rote Lack war nur schlampig übergejaucht und ist keinesfalls die Originalfarbe.
Unter dem Rücklichthalter taucht ein wunderschönes Beige auf, und ich kann an dieser Stelle sogar den roten Lack mit Aceton weiter entfernen.
Ein bisschen Politur (amerikanische) aufgebracht und gewienert – der russische Lack ist noch richtig gut erhalten. Ob ich womöglich doch den roten Lack entfernen und den darunter liegen beigen Lack erhalten sollte?
Jaja, die Vjatka hat noch viele offene Fragen für mich: Lack, Motor, Bremsen. Wie soll’s werden – original oder will ich einfach nur einen Oldschool Roller aufbauen?
Ob ich aber mit solchen Blechdeckelchen als Bremse glücklich werde?
Ein bisschen mühevoll ist das Abschrauben der linken Seitenbacke: Die ist mit reichlich M5-Schrauben förmlich angenäht. Aber darunter zeigt sich weiterer schöner und originaler Lack.
Jetzt bin ich mir fast sicher, dass die Farbgebung meiner Vjatka exakt meinem Vjatka-Modell entsprochen hat: Beige Karosserie und dunkelrote Backen, Kaskade und Vorderrad-Kotflügel. Ich denke, so soll sie auch wieder auferstehen.
Jetzt fahre ich die grüne Cosa mit der modifizierten Spannungsversorgung schon fast 3000 km und es ist Zeit für ein Fazit. Das kleine, chinesische Voltmeter in der Tachoeinheit untermalt meine Betrachtungen mit reproduzierbaren Messwerten.
Generell bin ich mit dem Umbau auf reine Gleichspannung zufrieden, sogar sehr zufrieden. Alle Verbraucher stehen auch ohne laufenden Motor zur Verfügung und das Bordnetz ist übersichtlicher geworden. Die Batterie musste bisher nicht nachgeladen werden und war immer schön voll.
Zuerst geht es auf eine morgendliche Aufwärmrunde. Um 8:00 ist es noch richtig nebelig, aber nach der Auflösung dieser Frühnebel wird es herrlich sonnig und richtig warm.
Die Sonne bringt es an den Tag: Bei starkem Sonnenschein ist die 7-Segmentanzeige des Voltmeters quasi nicht mehr lesbar, weil alle Segmente gleichermassen strahlen. Das ist aber nicht wirklich schlimm, denn ich schaue ja jetzt nicht ständig auf das Instrument, und der nächste Schatten kommt bestimmt.
12,5 V zeigt das Instrument als reine Batteriespannung, der Motor läuft jetzt also nicht.
Bei laufendem Motor und bereits ein wenig über Standgas regelt der Powerdynamo-Regler die Spannung auf 14 V ein – und das sehr konstant. Die Batterie wird jetzt einwandfrei geladen.
Bei eingeschaltetem Licht liefert der Regler noch 13,8 V, auch die sehr konstant und unabhängig von weiteren Verbrauchern wie den Blinkern. Im Stand an der Ampel mit Licht und Blinkern allerdings beträgt die Spannung nur noch 12,5 V. Da erfolgt also keine Ladung der Batterie mehr. Aber knapp über Standgas habe ich wieder die 13,8 V. Ich würde sagen, dass passt.
Mittlerweile ist meine Messfahrt beendet und ich mache wahr, was ich bereits gestern tun wollte: Ich räume die Werkstatt auf, verstaue alle Cosa-Reste ins Teilelager und wechsele zwischendurch noch schnell den Hinterreifen der grünen Cosa. Den Michelin S83 hab ich dann doch sehr schnell herunter geritten. Habe aber noch so einen S83, und der wird flugs montiert. Beim nächsten mal gibt es aber die guten Heidenau K58, auf die schwör ich einfach,
Weiter mit dem Aufräumen der Werkstatt: Alle Fahrzeuge werden heraus gerollt, dafür muss ich schnell den Ständer wieder an die Vjatka schrauben – provisorisch zumindest. Und dann wird geräumt, gekehrt und sogar gesaugt.
Und das nächste Projekt kommt schon mal auf die Hebebühne: Die russische Vjatka VP150 ist der nächste Aspirant – aber schön langsam, das hat keine Eile.
Als alles zu meiner Zufriedenheit gemacht ist, zeigt die Uhr Schlag fünf. Das Wetter ist immer noch sehr gut und ich beschliesse, noch eine Vogelsberg-Runde einzustreuen.
Bobenhausen, Kölzenhain, Ulrichstein, Helpershain – und dort bin ich jetzt im gewaltigen Windpark.
Der nächste Halt ist am Totenköppel bei Meiches.
Die Sicht vom Aussichtspunkt ist heut nicht so gut – alles ein wenig diesig.
Sehr schön aber der Blick auf die Dächer von Meiches.
Meiches, Storndorf, Breidenbach, Romrod – und hier schon wieder ein Blick in den Schlosshof.
Es fängt an zu dämmern, ich schalte das Licht ein und die 13,8 V stehen permanent an. Der Powerdynamo-Regler ist einfach spitze. Ich nehme jetzt die B49 und fahre nach Flensungen in die Pizzeria Sicilia auf eine Pizza Diavolo.
Eine Stunde später gehts dann endgültig heimwärts. Nur ein paar hundert Meter hinter der Pizzeria aber wackelt mein linker Spiegel plötzlich, und noch ehe ich ihn halten kann, fliegt er auf die Strasse. Ich drehe um und schnappe mir das schöne Teil, aber das Glas ist natürlich hinüber. Und dann sehe ich, dass das zum Spiegel gehörige Adapterstück direkt am M8er Gewinde einfach abgerissen ist! Soviel zu den doch relativ teuren Highsider Montana Spiegeln. Das Teil hat noch nicht mal 1000 Kilometer gehalten. Man sieht auch, wie scharfkantig der Übergang zum Gewinde ist. Schöner Mist! Ob ich noch mal so einen Spiegel nehme, muss ich mir noch schwer überlegen.
Aber abgesehen davon war das eine nette 80 km Fahrt durch den abendlichen Vogelsberg.
So recht erklären kann ich’s nicht, aber Tatsache ist, dass ich heute morgen erbärmlich verschlafen hab. Und selbst danach komme ich nicht mehr so richtig in die Gänge. Aber gut, ich will ohnehin einen Werkstatt-Tag einlegen, ein paar Kleinigkeiten erledigen und die Werkstatt endlich aufräumen.
Natürlich komme ich auch 90 Minuten verspätet zu Leihhund Yello. Auf dem Rückweg fällt mir auf, dass dieses Bild perfekt unser modernes Europa darstellt: Italienische Fahrzeuge vor einem deutschen Fachwerkhaus mit osteuropäischen Hunden als Bewohner.
Anschliessend schnorre ich einen Kaffee in Ilsdorf und kurve dann noch runde 50 Kilometer durch den Vogelsberg – zum Teil bereits durch den Indian Summer.
Es ist lange nicht so traumhaft wie gestern, aber immer noch gut für eine kleine Rollerfahrt.
Und nun wieder die Höchststrafe: Schrauben an der grünen Cosa. Den Lenkkopfbereich hasse ich besonders, aber es hilft nichts: Heute wird die Tachoeinheit umgebaut.
Endlich ist der ohnehin funktionslose Drehzahlmesser verschwunden und ich lasse mir statt dessen die Bordspannung auf einem chinesischen Instrument anzeigen. Funktioniert, und der Umbau der Lichtmaschine bringt in Zusammenhang mit dem Regler von Powerdynamo prima Spannungswerte.
Um 17:00 ist alles beendet und die grüne Cosa läuft wieder. Die Probefahrt verschiebe ich auf morgen.
Ganz früh am Morgen hab ich auf meinem Chaos-Schreibtisch die winzige my720 Kamera wieder gefunden. Die lade ich schnell auf und benutze sie heut mal wieder – und gleich mehrfach.
Der Tag beginnt gut – rein wettertechnisch betrachtet: Die Sonne kommt früh, aber um 8:00 wärmt sie noch nicht. Da verkneife ich mir eine frühe Motorrad-Tour und schnapp mir statt dessen das E-Bike. Eigentlich will ich nur mal kurz nach Weickartshain in die Schweiz, aber dann schau ich mir an, wie man von dort auf Radwegen nach Grünberg kommt.
Von der Schweiz aus fahre ich dann bis zum Ortsende und biege dort auf einen Wirtschaftsweg ab. Kurz darauf ist der auch beschildert und sagt mir, dass ein Radweg nach Grünberg führt – mitten durch den Wald. Und tatsächlich bin ich ruck zuck in Grünberg, wo ich an der Theo-Koch-Schule die Stadt erreiche.
Den Rückweg nehme ich über die B49, was eher suboptimal ist: Zu viele Autos brettern zu nah an mir vorbei. Meine kleine Frühsport-Runde über 30 Kilometer beende ich dann über Flensungen und Stockhausen. Hat Spass gemacht.
Mittlerweile ist das Wetter einschliesslich der Temperatur schon beinahe überirdisch schön. Da gibts dann um 12:00 kein Halten mehr und es geht mit der Sportster in die Wetterau – dort ist das Wetter meist noch einen Tick besser als im Vogelsberg. Und so ist es auch heute.
Die Fahrt führt mich zunächst über Freienseen nach Schotten. Da mache ich aber den Fehler und fahre über die berüchtigte B276. Unglaublich, was da abgeht. Völlig wahnsinnige Motorradfahrer brettern mit bis zu160 km/h in beiden Richtungen, überholen an völlig unübersichtlichen Stellen und benehmen sich wie Vollidioten. Natürlich hat auch ein Fahrer die Todeskurve nahe dem Falltorhaus nicht richtig gekriegt und ist in die Leitplanken gerutscht. Ist aber wohl glimpflich abgegangen. Bin aber froh, Schotten zu erreichen, wo ich dann die B276 in Richtung Wingershausen verlasse.
Und dann cruise ich auf Nebenstrecken um Hirzenhain, Ortenberg und Büdingen herum. Das fährt sich so gut heute, dass ich nicht einmal anhalte und somit auch keine Fotos schiessen kann. Dabei bin ich anfangs in einem besonders schönen Teil der Wetterau, wo diese Landschaft bereits in das Main-Kinzig-Bergland übergeht.
Erst viel später, im flachen und langweiligen Teil der Wetterau, komme ich zu einem Stopp, bei dem es aber ausser flachem Land nicht viel zu sehen gibt. Das Wetter aber ist hier der Hammer, zweifelsfrei ist das der beste Tag des bisherigen Jahres 2015, jedenfalls zum Motorradfahren.
Später will ich dann noch mal auf einen Kaffee zum Falltorhaus, wo ich heut morgen ja bereits vorbei gefahren bin. Diesmal lasse ich die kleine Kamera mal mitlaufen, aber so schlimm wie heute morgen treiben es die Knieschleifer jetzt nicht mehr.
Klar, dass bei dem Wetter ordentlich was los ist am Falltorhaus. Ich schaue mir aber diesmal nur Cruiser an, und ich denke, da gehört auch diese unverschämt schöne Münch Mammut dazu.
Alles was nach Yoghurtbechern aussieht, ignoriere ich mal.
Eine Harley CVO – schon ein gewaltiger Dampfer.
Schon fast selten geworden ist der BMW Cruiser, der als eine geschmackliche Entgleisung gilt. Aber ehrlich, so schlimm finde ich das Bike gar nicht (mehr), könnte mir beinahe gefallen.
Zwei nette kleine Sportster. Jaja, Harley müssen nicht zwingend gross und mächtig sein. Und im Hintergrund wird gerade eine Shadow gestartet.
Eine V-Rod, vielleicht auch eine Night-Rod, so genau kenne ich diese Baureihe leider nicht. Mittlerweile kann ich den Rods aber durchaus etwas abgewinnen. Beim nächsten Open House werde ich mal eine Probe fahren.
Dicker TwinCam in bösem Mattschwarz.
Die Victories haben was – als Kritikpunkt bleibt eigentlich nur die merkwürdige Lampe. Der Sound dieses Exemplares ist gewaltig.
Eine putzige 535 Virago. Die werden auch langsam seltener.
Die dicken 1800er Marauder von Suzuki sagen mir so gar nicht zu.
Und da ist sie wieder, meine Lieblings-Harley. Die läuft mir dieses Jahr schon zum dritten mal vor die Linse.
Gegen die Marauder wirkt die „alte“ Intruder geradezu zierlich. Interessant das Hitzeschutzblech, gebastelt aus einem Moped-Kennzeichen.
Auch wenn’s kein V-Twin ist: Die dicke Triumph ist durchaus meine Kragenweite. Noch mehr aber die Knucklehead dahinter.
Ein Bild von einem Chopper!
OK, genug geschaut. Jetzt noch mal 20 Kilometer gefahren und nach insgesamt 120 Meilen bin ich um 17:00 nach einem tollen Fahrtag wieder daheim.