oder „Open House bei Bernies Harley Davidson“
Für den heutigen Tag habe ich motorradtechnisch gesehen zwei Optionen: Einmal der Besuch als Tagesgast beim AiA-Nord Treffen auf der Henneburg am Spessart und zum zweiten zu Bernies Open House in Dudenhofen. Die Henneburg ist eigentlich mein Favorit, aber ich verschlafe an diesem Samstag und so wähle das Harley Davidson Event. Das ist aber keineswegs nur ein Lückenbüßer, denn ich freue mich auf eine erneute Probefahrt mit meiner Lieblings-Harley, der Dyna Low Rider.
Das Wetter ist heute herbstlich, aber trocken. Auch um 10:30 ist es keine schlechte Idee, sich die Funktionsunterwäsche anzuziehen. Damit ist das Fahren dann auch perfekt, nicht zu kalt und nicht zu warm.
Wie immer nehme ich die längere Route über Biebertal und habe dabei einiges von der Landschaft. Im Giessener Land passiere ich jede Menge Burgen und im Lahn-Dill Bergland ist es herrlich waldig. Eine wirklich schöne, kleine Fahrt durch eine wunderbare Herbstlandschaft.
Einen einzigen kleinen Stopp muss ich einlegen, und da bin ich bereits im Lahn-Dill Bergland und nur noch 20 Minuten von Dudenhofen entfernt.
Angelockt durch das Bollern der Sportster kommt die Familie der Höhenrinder freundlich und zutraulich bis an den Zaun, auch der durchaus beeindruckende Bulle.
Dass ich verschlafen habe, wird hier deutlich: Um 11:00 ist natürlich schon einiges los. Und empfangen werde ich gleich von einigen besonders schönen V-Twins wie diesem grünen TwinCam.
Oder dem silbrigen Fulldresser, dessen S&S Maschine nach reichlich Power aussieht.
Auch der schwarze Tourer sieht nach mehr PS aus als die Serie.
Eine fast neue Low Rider mit nur 4000 km und reichlich Zubehör. Für mich aber zu reichlich, denn ich mag weder vorverlegte Fussrasten noch klappengesteuerte Auspuffanlagen und schon gar keine Sissy Bar.
Schwarze Motorräder haben mir schon immer gefallen, aber mehr und mehr mag ich auch solche in weiß.
Richtig gute Farbkombinationen kann Harley einfach!
Sieh an, eine Street 750 hat es tatsächlich in den Showroom geschafft – und sieht gar nicht mal so übel aus. Ich beschliesse, neben „meiner“ Low Rider heute auch eine Street Probe zu fahren.
Glücklicherweise steht eine Low Rider zur Probefahrt bereit, jungfräulich wie sie die Hallen in Milwaukee verlassen hat. Bis auf die Lackierung könnte das exakt mein Wunsch-Moped werden.
Habe ich schon erwähnt, dass Harley richtig gute Farbkombinationen kann?
Der weisse Tourer mit der Springergabel ist eine Augenweide.
Der Daymaker in einem 7″ Lampengehäuse. Hier warte ich aber noch auf sinkende Preise.
Jetzt gehe ich auf die Probefahrt mit der Low Rider – bereits zum dritten mal. Bin jedesmal und auch heute wieder total hin und weg von dem dicken 103 cui TwinCam Motor. Die Probefahrt erfolgt alleine, ist also keine geführte Tour und ich ziehe knapp 50 km durchs Bergland. Ein Traum! Die halbe Stunde muss ich dabei leider überziehen.
Direkt im Anschluss an die Low Rider schnappe ich mir die Street 750, vielleicht ein wenig aus Mitleid, denn sie steht wie ein Stiefkind abseits und wird wenig beachtet. Etwas später wird mir auch klar, warum.
Ich sag also, wie es (für mich) wirklich ist: Die Street ist einfach schrecklich! Das ist wahrlich keine Harley Davidson und sie sollte diesen Namen nicht tragen. Alles an der Street wirkt billig: Schalter, Armaturen, Spiegel, Lackierung, Blinker, Zündschloss. Der Motor fühlt sich an wie eine 250er Virago und das Fahrwerk ist ein Alptraum. Die Maschine kippelt um die Vorderachse, dass es mich nur so graut. OK, kann natürlich von den Reifen kommen, aber so darf sich eine Harley nicht fahren. Die Bremsen sind schlechter als die meiner 1988er Sportster. An der Kiste passt zumindest für mich also rein gar nix.
Wenn die Street nicht den Harley-Schriftzug tragen würde, hätte ich auf eine China-Konstruktion zum Discounterpreis von 4000 € getippt. Dann hätte die Kiste vielleicht eine Chance durch den Mitleids-, den Exoten- oder den Masochisten-Bonus. Von diesen drei Beweggründen kann ich mich leider auch nicht ganz ausschliessen und als China-Bike würde ich mir die Maschine vielleicht sogar kaufen – schon um zu beweisen, dass sich auch sowas am Leben halten lässt. Aber als Harley: Never ever!
Da steht und sieht, wie oben erwähnt, sooo schlecht nicht aus.
Während meiner Probefahrten sind etliche Neuankömmlinge unter den Besucher-Bikes angekommen, beispielsweise diese stark individualisierte Sporty. Gefällt mir gut!
Und zum dritten mal heute: Harley kann einfach super gute Farbkombinationen.
Meinen ganz persönlichen Schönheitswettbewerb heute gewinnt diese traumhafte Shovelhead.
Gelungen aus jeder Perspektive, einfach nur schön.
Sogar eine Flathead ist dabei.
Auffangrinne für Lecköl? Interessant, aber sicher primär für den vereinfachten Ölwechsel gedacht.
Polizei-Harley aus Kalifornien.
Jugendträume: Wie aus Easy Rider.
Die Ankunft dieser Truppe ist ein gekonnter Auftritt. Und die recht moderne Sportster vorn sieht aus wie das Bike des Holy Ranger (RIP): Buckhorn-Lenker und Sissy Bar.
Mutige, aber sehr gelungene Lackierung.
Überraschung: Wahrhaftig ist ein Besucher mit seiner Street gekommen – dabei hätte ich nach der heutigen Probefahrt gewettet, dass Bernie kein einziges Exemplar verkauft hat. Aber auch für eine Street kann es gute Gründe geben – siehe weiter oben.
Gegen vier mache ich mich auf den Weg zu meiner Sporty und es geht zurück an den Rand des Vogelsberges.
Anfangs nehme ich die gleiche Route wie heute morgen: Lahn-Dill Bergland und dann vorbei an den Schlössern und Burgen im Giessener Land.
Die imposanteste Burg ist zweifellos die in Krofdorf-Gleiberg.
Burg Vetzberg ist frisch eingerüstet und wird wohl restauriert oder repariert. Müsste ich übrigens auch mal besuchen.
In der Rabenau verlasse ich die morgendliche Route und mache einen Schlenker über den Ebsdorfergrund. Hier im Wald zwischen Rossberg und Höingen suche ich nach den ersten Anzeichen des Indian Summer. Es gibt sie, aber noch sehr schwach und zaghaft.
In Deckenbach ist die Strasse nach Schadenbach wieder offen und hat einen schönen neuen Strassenbelag bekommen – da kann man jetzt richtig gut fahren. Und ein Stückchen weiter ist ein neuer Aussichtspunkt entstanden, der Vogelsbergblick.
In der Tat kannst Du von hier weit in das Mittelgebirge hinein schauen, aber das Auge fällt dabei auf sehr, sehr große Mengen von Windrädern. Die Landschaft ist damit wirklich zugepflastert und verhunzt: Hier fehlt einfach Augenmaß.
Jetzt bin ich nur noch ca. 15 Kilometer von zu Hause entfernt. Hatte einen richtig schönen Tag mit guten Typen und klasse Motorrädern. Mit der Sporty bin ich dabei 120 Meilen gefahren und dazu kommen nochmal etwa 100 Kilometer auf Low Rider und Street. So let’s call it a day.