Es ist endlich soweit: Die Silverstar ist seit Tagen fertig bepackt, das Öl gewechselt, der Zahnriemen erneuert, die Ventile eingestellt – alles ist bereit für die grosse Reise durch Raum und Zeit.
Für Punkt 9:00 in der Früh bin ich mit Jürgen verabredet – auch dessen Rotax-MZ steht fertig bepackt bereit und scharrt bereits mit den Hufen. Unglaubliche Entfernungen liegen an diesem Tag vor uns und ich erwarte spektakuläre Abenteuer. Die gewaltige Hitze wird diese Reise allerdings zur Strapaze werden lassen. Egal, die beiden alten Herren mit ihren angejahrten Einzylindern sind zu allem bereit. Denn jetzt ist es soweit: Wir brechen auf zum Trockentraining für unseren Österreichurlaub, der jedoch erst im August stattfinden wird.
Seit Tagen ist meine Silverstar so beladen, wie wir es für Österreich geplant haben. Man bedenke: Ich habe seit vielen Jahren keinen richtigen Motorradurlaub mehr gemacht. Und Jürgen geht es ähnlich. Da kann es nur gut sein, sich zuvor ein wenig mit dem Beladen und dem Verhalten der beladenen Maschine vertraut zu machen. Fest steht bereits jetzt: Das Auf- und Absteigen wird zur gymnastischen Übung. Wir spüren unser Alter überdeutlich.
Diese Route haben wir uns ausgesucht: Durchs Hinterland ins feindliche Ausland, nämlich nach NRW. Dann durchs Raumland, dass durchaus österreichische Momente bietet, und an der Eder entlang bis Dodenau. Dort wollen wir im Bikerhotel Arnold lecker zu Mittag essen um dann über Ernsthausen, Rosenthal und den Burgwald großräumig zurück zu fahren. Das werden so runde 250 km werden.
Um 8:15 fahre ich zum Tanken - die erste akrobatische Übung ist angesagt. Es ist bereits jetzt ordentlich warm und wenn das mit der Hitze so weiter geht, kommt noch einiges auf uns zu. Auf den endlosen 22 km bis zu Jürgen ist die Fahrt jedenfalls noch sehr angenehm. Das Gepäck stört beim Fahren nicht - im Gegenteil sitze ich schön fest eingekeilt zwischen Gepäckrolle und Tankrucksack.
An diesem heissen Tag kann ich auch mal die arg kurze Lederjacke anziehen. Fährt sich sehr angenehm, wesentlich besser als meine Textiljacken. Aber sobald es nur ein wenig kühl wird, ist's vorbei mit der Freude.
Die erste Hürde ist genommen: Ich habe direkt zu Jürgen gefunden - dank meiner grossartigen Reiseplanung. In einer Siedlung mit lauter Blumennamen ist das gar nicht so einfach.
Auch Jürgen ist bereit und er bestätigt die notwendige Akrobatik beim Auf- und Absteigen aufgrund des Reisegepäcks. Wahrhaftig ertönt um 9:05 das Bollern von zwei Rotax-Motoren - die gemeinsame Reise beginnt.
Die Fahrt durch Hinterland ist sehr schön - herrliche Strassen in wunderbarer Gegend. In NRW nahe Puderbach wirds dann regelrecht spektakulär: Wir schrauben uns in ungeahnte Höhen, Serpentinen zwingen uns zu unglaublichen Schräglagen und der Zustand der Strassen lockert die Plomben in den Zähnen. Wir passieren mehrere Berggasthöfe und mehr als einmal könnte man tatsächlich glauben, wir sind in Österreich. Später gehts dann lange direkt an der Eder entlang wie hier bei Beddelhausen.
Auch die kleinen Strässchen des Ederberglandes fahren sich herrlich und sie führen uns direkt nach Dodenau ins Biker-Hotel Arnold. Anfangs sind wir die ersten Gäste, aber das ändert sich ruckzuck. Als der Koch sein superbes Bufet mit diversen Schnitzelspezialitäten frei gibt, ist das Hotel bereits gut besucht. Auch wir stärken uns am leckeren Bufet und gehen noch einmal die "echte" Österreich-Route detailliert durch. Fertig - jetzt steht die Planung und kann an Gerhard in Graz durchgegeben werden.
Auch für die Rückfahrt haben wir uns eine prima Route durch den Burgwald zurecht gelegt. Als Fazit des Tages kann man sagen: Der Test war erfolgreich. So können wir mit unseren Rotaxen Österreich erobern. Die Maschinen sind in dieser Form prima fahrbar und machen sogar noch Spass. Als wir dann auf herrlich ruhigen Strassen die Heimat erreichen, steht es bei der Fussball WM zwischen Deutschland und England 2:1 - enden wird das Spiel später sogar 4:1. Ein rundum guter Tag!