Glücklicherweise hatte mich Patrick vom Zündapp Club Deutschland über ein Ereignis informiert, dass ich noch nie erleben durfte – und dazu noch ganz in der Nähe, gerade mal 50 km entfernt in der Wetterau. Jürgen war sofort bereit, mitzumachen. Und so kam es, dass bereits um 10:00 am ersten Pfingstfeiertag zwei kleine Zweitakter losknatterten, denn wir fuhren mit zwei Zschopauerinnen zu den grünen Elefanten.
Unser Ziel ist heute Steinfurth bei Bad Nauheim, und dort findet das Jahrestreffen der KS601 Fahrer statt – eine Veranstaltung des Zündapp Clubs Deutschland. Ich kann sicher als allgemein bekannt voraussetzen, dass es sich bei den grünen Elefenten um die berühmte Gespannmaschine Zündapp KS601 handelt. Ein recht seltenes Motorrad, und wir haben heute die Chance, davon jede Menge auf einem Platz zu sehen. Wir haben uns eine hübsche Route nach Steinfurth über Münzenberg und Rockenberg ausgesucht und nach dem Besuch bei den Zündapp-Leuten werden wir noch ein wenig durch den Taunus und das Wetzlaer Hinterland touren.
Der Wetterbericht ist vielversprechend und bereits um 9:00 ist es sehr warm und die Sonne knallt vom Himmel. So wird es den ganzen Tag bleiben und wie jedes Jahr werde ich am Ende des ersten heissen Tages wieder eine verbrannte Birne haben.
Die TS ist vollgetankt und die 25 km bis zu Jürgen nach Reiskirchen sind ruckzuck abgerissen. An der Autobhanbrücke ein schnelles Foto und dann ab zu Jürgens Haus. Der ist bereits fertig und startklar und wie geplant kommen wir noch vor 10:00 los. Auffällig ist aber eines: Jürgens kleine ES springt heute nicht wie sonst beim ersten Kick an, statt dessen zickt sie richtig rum, bis das Motörchen endlich brummt. Sonderbar!
Über kleinste Nebenstrecken gehts jetzt nach Lich, Kloster Arnsburg und dann nach Münzenberg, wo wir ganz kurz auf die Burg wollen. Die Auffahrt ist zwar gesperrt und mit Massen von PKW zugeparkt, aber wir schleichen uns einfach durch.
Sportlich nehmen wir die letzten Meter bis hoch zur Burg unter die Füsse – obwohl es bereits richtig warm ist und wir sehr schnell transpirieren.
Ein bisschen zur Geschichte der Burg und ihrem Erbauer, einem gewissen Kuno von Münzenberg.
Rund um die Burg herum finden sich Zeltlager – hier findet nämlich über Pfingsten ein Spektakulum statt. Klar, dass erklärt die Sperrungen und die Autowagen am Strassenrand.
Überall begegnen wir Rittern, Knappen, Mönchen, Burgfräulein und ähnlichen Gestalten – manche unglaublich authentisch. Besonders niedlich sind die Burgfräulein mit dem Handy am Ohr und die Ritter, die aus der Heckklappe der Familienkutsche die Pampers herausholen.
Die letzten Kilometer von Münzenberg über Rockenberg nach Steinfurth sind schnell gefahren und der Platz des Sportverein Steinfurth ist nicht zu verfehlen. Ein grosses Gelände mit der perfekten Infrastruktur eines Sportvereins – hier fehlt es an nchts.
Bereits auf dem grossen Parkplatz sehen wir die ersten grünen Elefanten – aber auch etliche Wohnmobile und PKW mit grossen Hängern.
Das ist keine Zündapp, auch wenns auf den ersten Blick so scheinen mag. Dieser Seitenventiler ist ein Produkt der Nangkang Aircraft Company in China. Aber dennoch ein schönes und interessantes Motorrad. Und natürlich mit Zündapp-Genen.
Dieser grüne Elefant in schwarz hat einige Fremdteile angebaut – wir bemerken natürlich sofort das MZ-Rücklicht. Später erfahren wir, dass die Zündapp-Leute auch gern MZ-Benzinhähne für ihre grünen Elefanten nehmen.
Eine KS601 in edlem Beige – steht der Maschine auch sehr gut. Hier sind etliche Wettbewerbskomponenten verbaut: Hochgelegter Auspuff, GS-Lenker, Zusatzarmaturen und und und ….
Dieser grüne Elefant wurde von seiner Besitzerin, der Dame im blauen Shirt, bis auf die letzte Schraube und komplett neu aufgebaut. Steht aber auch da wie aus dem Showroom.
Sinnvolles Zuibehör an dieser KS601 bis hin zu den speziellen Zündapp-Puschen, im Fachkreisen auch Elefanletten genannt.
Wir sind immer noch auf dem Parkplatz und haben bereits jede Menge schönster Zündappen gesehen. Zwar kein grüner Elefant aber dennoch selten und schön ist die wassergekühlte KS175 aus den 70er Jahren.
Bei dieser blauen R90/6 müssen Jürgen und ich an unsere eigene BMW-Vergangenheit denken: Jürgen hatte mal eine grüne R75/5 und ich eine weisse R60/6 – ist aber beides verdammt lang her.
Jetzt haben wir uns ins Lager der KS-Fahrer durchgekämpft und kommen zu den richtig tollen Elefanten. Diese KS mit dem Seitenwagen im britischen Bus-Design gefällt ausnehmend gut – der stärksten Gespannmaschine ihrer Zeit ist natürlich kein Boot zu schwer oder zu gross. Dieser Seitenwagen hier kommt jedoch nicht aus England, sondern wurde in Bad Soden aus den Resten eines Wohnwagens selbst gebaut. Eine schöne Arbeit.
Diese Maschine kann ich leider nicht zuordnen: Vorkriegs-Zündapp mit Blechrahmen und Trapezgabel, aber mit OHV-Motor. Keine Ahnung, obs das so gegeben hat. Später erfahre ich, dass es sich um eine KS600 handelt, den Urahn der KS601.
Ein kleiner Ausschnitt des Zeltlagers mit grünen, schwarzen und roten Elefanten – das sind jedenfalls die häufigsten Farben hier. Ganz vorn natürlich grün.
Jetzt treffen wir auch auf Patrick, der mich auf dieses Ereignis aufmerksam gemacht hat. Patrick ist im Zündapp-Club eindeutig einer der führenden Technik-Gurus und kennt hier natürlich alles, was Rang und Namen hat. Das schwarze Gespann ist eine seiner KSsen.
Ein dunkelgrüner Elefant – wir lernen heute, dass die dunkelgrünen Maschinen aus irgendwelchen Behörden stammen: Polizei, Bundesgrenzschutz, Zoll, Forstamt. Jedenfalls auch eine sehr ansprechende Farbe. Hier jedoch ist nur die dunkelgrüne Farbe von einer Behörde und ansonsten ist das ein reinrassiges Wettbewerbsgespann. Man erkennt dies u. a. an der hochgezogenen Auspuffanlge, den schmalen Kotflügeln und dem leichten Wettbewerbsseitenwagen. Diese und andere Detailinformationen erfahe ich aber erst später von Hillard Perduns. So gesehen habe ich bei den Grünen Elefanten auch wieder etwas dazu gelernt.
Eine K500, ein Vorkriegs-Seitenventiler. Optisch eine extrem ansprechende Maschine, aber der Motor gilt unter Kennern als lahm und saftlos.
Eine der letzten KS: Die US-Version mit Hinterradschwinge und hohem Lenker. Wurden nur rund 200 Stück von gebaut.
Keine Elefanten, aber Kult sind die Zündapp Bergsteiger Mopeds mittlerweile auch. Ich fand dieses eckige Design zwar schon immer potthässlich, aber die Dinger waren quasi unzerstörbar.
Ein Besucherfahrzeug: Honda CB 450, der Black Bomber – leider in tuntigem Lila lackiert. Aber sonst einfach nur schöööön.
Der Zündapp Club fertigt diverse Verschleissteile an und bietet sie auf dem Treffen feil. Die lange Schlange zeigt, wie begehrt die Teile sind. Die Preise sind erstaunlich moderat.
Grüner Elefant mit Richter-Kabine und Heinrich-Verkleidung. So wurden in den 50er Jahren Reisegespanne ausgerüstet.
Beeindruckend: Eine lange Reihe wirklich grüner Elefanten.
Japan-Moped? Hau weg den Schiet! Harte Worte, aber in Wahrheit ist der Zündapp-Fahrer und Elefantentreiber äusserst tolerant.
Nach etlichen Taunus-Kilometern driften wir ab in Richtung Wetzlar und wollen über den Schöffengrund langsam in Richtung Heimat. Aber in Hermannstein gibt es eine ungewollte Pause: Jürgens kleine ES streikt. Es ist die Kerze, die nur noch einen müden Funken abgibt. Hätten wir eigentlich schon heute morgen merken müssen, als die MZ nicht so recht anspringen wollte. Mit neuer Kerze ist sie wieder das gewohnte One-Kick-Wonder.
Ein weiterer Burgenstop, diesmal auf Burg Hohensolms. Ein Anwohner ist sofort bei uns und berichtet von seiner eigenen MZ – einer ES 250/2. Immer wieder erstaunlich, wie viele Motorradfahrer doch eine oder mehrere MZ in ihrer Vergangenheit haben.
Burg Hohensolms ist eine Jugendburg, die aber im Moment leider geschlossen ist. So geniessen wir nur ein wenig die schöne Burg und die weite Sicht in den Lahn-Dill-Kreis.
Später in Krofdorf-Gleiberg parken wir die Emmen am Strassenrand und setzten uns ein Stündchen ins Strassen-Cafe. Eiskaffee und Capuchino bringen unsere Lebensgeister wieder etwas in Wallung.
Bei Odenhausen verlassen wir den Asphalt und fahren über Waldwege zum Hofgut Friedelhausen. Liegt mitten im Wald nahe der Lahn und wird heute von einer sozialtherapeutischen Lebensgemeinschaft bewirtschaftet. Auf dem ehemaligen Rittergut werden biologische Lebensmittel angebaut und vermarktet.
Lebensweisheiten auf dem Giebel eines der Gebäude.
Die Lage des Gutes und die gesamte Atmosphäre vermitteln eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit. Hier ist es einfach nur schön.
Auch die Gebäude tragen zu diesem Gefühl der Ruhe bei.
Nur ein paar hundert Meter weiter taucht ebenfalls mitten im Wald dieses Schloss auf. Unglaublich, wie im Märchen oder wie aus einem englischen Roman.
Jetzt gehts schnurstracks nach Mücke, denn wir haben noch eine kleine Aufgabe zu erledigen. Man sieht, wie noch um 19:00 die Sonne vom Himmel knallt. Nach diesem äusserst angenehmen Tag mit zahlreichen Erlebnissen und über 200 km müssen wir noch kurz rüber zu Nachbar Egon.
Grund: Egon hat gestern sein Tula Dreirad bekommen. Das ist ein russischer Motorroller, ein Nachbau des alten deutschen Gogo-Rollers, allerdings mit zweirädriger Achse hinten für die Ladefläche. Ein spektakuläres Fahrzeug, es dürfte davon keine Handvoll in Deutschland geben.
Der Gesamtzustand ist aber, naja, mäßig. Immerhin läuft die Maschine, und das ist doch die halbe Miete. Wir empfehlen, den Rat von Patrick zu beherzigen und den Wiederaufbau der Tula als mittelfristiges Projekt anzugehen.