Zum Fuldaer Gespanntreffen 2010

In diesen Tagen bin ich Strohwitwer und habe daher ein wenig Zeit, mich um das gute alte ES 250/ Gespann zu kümmern. Das ist auch nötig, denn das treue Eisenschwein habe ich die letzten zwei Jahre etwas vernachlässigt bei der Pflege. Aber die MZ ist immer gelaufen und hat bisher nichts übel genommen. Dennoch: Der Pflegestau muss aufgelöst werden, und so mache ich mich an die Arbeit zu TÜV-Vorbereitungen und als Test zum Fuldaer Gespanntreffen.

Schon wieder zwei Jahre vergangen und das Gespann muss zum TÜV. Neue Reifen auf dem Hinterrad und dem SW-Rad habe ich bereits letzte Woche aufziehen lassen, aber da bleiben noch diverse Kleinigkeiten zu tun, um guten Gewissens beim TÜV auflaufen zu können.

Und dann haben wir am Wochenende auch schon wieder das Fuldaer Gespanntreffen. Hab mir eigentlich fest vorgenommen, in diesem Jahr dort zu zelten und das gesamte Wochenende zu verbringen. Aber daraus wird wieder nichts, weil ich am Sonntag die kleine RT abholen möchte. Also bleibt es wie immer: Ein Tagesbesuch am Samstag. The same procedure as every year.

Endlich, nach vier Jahren, fertige ich einen wirklich passenden Gaszug für den Magura 307 Gasdrehgriff an. Der alte war eigentlich zu kurz und wurde daher direkt am Tank vorbei geführt - dort hat er im Laufe der Zeit den roten Lack bis auf blanke Metall durchgescheuert. Aber wie das so ist mit Provisorioen: Die halten oft sehr sehr lange. Aber jetzt wirds neu gemacht!

Der Bremslichtschalter in der Nabe fängt an, Zicken zu machen. Daran werde ich nicht herum doktern und so baue ich einen Westschalter an, wie er bereits seit den 60er Jahren hier verwendet wird. Ein Stück VA-Blech, eine Feder, eine kleine Schelle um das Bremsgestänge - voila, es funktioniert. Habe aber die Funktion, damit die Masse zu schalten, beibehalten.

Da das Standlicht ausgefallen ist, will ich eine separate Masseleitung dafür im Scheinwerfer legen - den Fehler führe ich auf schlechte Masseverbindung zurück. Aber was muss ich sehen: Die Masseleitung habe ich bereits gelegt - und völlig vergessen. Die Ursache ist ganz einfach ein defektes Birnchen. Manchmal kann das Leben soo einfach sein.

Nach dem obligatorischen Samstag-Vormittags-Rasenmähen mache ich mich noch vor 11:00 auf den langen Weg nach Blankenau. Damit ich von den 50 km überhaupt etwas mitbekomme, nehme ich das ES-Gespann. Die bekannten und markanten Wegespunkte schweben langsam an mir vorbei - wie dieser alte Pappkamerad in Schadges.

Oder die grosse Staatsdomäne in Stockhausen. All diese Punkte nehme ich bei dem gemächlichen Tempo des Gespann überdeutlich wahr. Aber das soll keine Kritik sein: Ich mag langsames Vorankommen und schliesslich habe ich nicht erst mit dem Eisenschwein die Langsamkeit wieder entdeckt.

Kurz hinter der Demarkationslinie zum Landkreis Fulda noch ein kleiner Stop zum Blümchenpflücken.

Hätte ich es nicht sowieso gewusst, wäre spätestens jetzt klar, dass das Fuldaer Gespanntreffen nicht mehr weit sein kann: Ein Russenboxer-Gespann mit Anhänger kann heute nur von diesem Treffen kommen.

Angekommen am wunderschönen Platz des Fuldaer Gespanntreffen: Hoch über dem Ort und der Sonne ganz nahe. Bei der Auffahrt zum Platz kam mir ein grösserer Trupp Gespanne entgegen: Aufbruch zur gemeinsamen Ausfahrt. Klar, dass jetzt auf dem Platz nicht allzuviel los ist.

Ich komme ins Gespräch mit Rudi, einem Gespannfahrer und MZ-Kenner aus dem Miltenberger Raum. Dass sich Rudi mit MZ-Motoren unglaublich gut auskennt, wird mir sehr schnell klar. Der Mann weiss, wovon er spricht - und das ist heute nicht immer selbstverständlich.

Auf Basis einer Honda CB 500 und eines Superelastik-Seitenwagen hat Rudi ein tolles Gespann aufgebaut. Diese Zweizylinder-Honda hatte ich bisher als Gespannmaschine gar nicht auf dem Schirm - ein Fehler. Ein 500er Twin mit 58 PS und quasi unzerstörbarem Motor in einem wendigen Gespann, der Gedanke hat was.

Etwas völlig anderes ist dagegen dieses "Übergespann" auf BMW-Basis: Dreamline. Aber ehrlich: Das CB 500 Gespann wäre für mich das geeignetere Fahrzeug. Und wieder einmal denke ich daran, alle Ostböcke zu verkaufen und mich auf ein Gespann und eine Solomaschine zu beschränken. Und das könnten beides CB 500 sein. Naja, mal sehen, wie lange das diesmal anhält.

Hänger an Gespannen siehst Du jetzt immer häufiger. Ist natürlich extrem praktisch, auch wenn solche Fahrzeuge auf 60 km/h begrenzt sind.

Jetzt starte ich zu einem kleinen Rundgang über den recht leeren Zeltplatz. Im Moment bin ich übrigens der einzige mit einem Zweitakt-Gespann.

Diese Diesel-Enfield aus Pforzheim war bereits im letzten Jahr hier. Der Motor hat mittlerweile knapp 80.000 km abgespult und ein Ende der Lebensdauer scheint nicht in Sicht zu sein.

Schönes Harley-Gespann aus Zwickau. Könnt ihr euch vorstellen, dass dieser unglaublich bequem aussehende Sattel alles andere als bequem ist? Scheint aber so zu sein, denn der Besitzer experimentiert mit Sitzauflagen aus Bauschaum und Gelfüllungen. Irgendwas ist eben immer!

So gefällt mir sogar eine Goldwing: Als robustes Reisegespann.

Platz ohne Ende hat die Guzzi mit Boot und Anhänger.

Plötzlich der Schandwagen mit dem Pan-Gespann von Hubert, dem (ehemaligen) Organisator des Treffens. Sein Gespann hat Feuer gefangen, Ursache vermutlich eine festsitzende Hinterradbremse. Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert - Glück im Unglück.

Sieh an, ein weiteres MZ-Gespann. Erst später werde ich erfahren, wer der Fahrer ist.

Jetzt noch ein längeres Gespräch über MZ, Gott und die Welt mit Rudi. Macht Spass, mit diesem Fachmann über seine MZ-Erfahrungen zu reden. Werde sicher nicht dümmer davon.

Mache mich jetzt langsam auf den Weg zu meinem Eisenschwein, nicht ohne vorher einen Blick auf das Boxer-Gespann zu werfen. Interessante Rahmenverstärkung zwischen vorderem und hinterem Rahmenrohr. Fängt schön die Seitenkräfte auf.

Unbestritten ist, dass die Harleys als Gespann ihren besonderen Reiz ausstrahlen.

Dann begüßt mich jemand mit Namen: "Hallo Berni." Und so lerne ich endlich Thomas (ths) aus dem MZ- und dem AiA-Forum kennen. Ihm gehört auch das ETZ-Gespann, dass mir vorhin aufgefallen ist. Da lasse ich erstmal Aufbruch Aufbruch sein und wir trinken ein paar Kaffee zusammen und reden - stundenlang. Thomas und Rudi kennen sich sehr gut und so reden wir hauptsächlich über MZ.

Überraschend und als Tagesgäste tauchen Regina und Hauni auf. Beide kommen nicht mit Gespannen oder mit ihren SR500, sondern mit Reiseenduros. Da ist es kein Wunder, dass ich zuerst ein wenig irritiert bin.

Freundlicher und cooler Hund, der sich vom Gewusel des Treffens überhaupt nicht stören lässt.

Dann taucht noch diese Gruppe mit vier 500er Sanglas auf - so viele dieser bei uns seltenen Spanier habe ich noch nie auf einem Platz gesehen. Sehr schöne Maschinen mit herrlichen Eintopf-Motoren.

Drei der Sanglas sind Gespanne und alle haben unterschiedliche Seitenwagen angebaut: Einen Zigarren-Steib, einen Velorex und einen Watsonian. Schöne Maschinen.

Jetzt mache ich mich aber wirklich auf den Heimweg, muss schliesslich noch die Abholung der kleinen RT für morgen organisieren. Bei einer Pinkelpause nahe Rixfeld rollt doch tatsächlich mein Gespann einfach los und bewegt sich langsam aber zielsicher auf einen Graben zu. Nur mit einem beherzten Spurt mit offener Hose kann ich verhindern, dass meine ES tief im Strassengraben liegt. Das hätte ja wirklich noch gefehlt. Aber ich kann's verhindern und mache mich auf die letzten 40 km bis nach Mücke.

 

5,5 mm Lagerkugeln die Zweite

Ein freier Dienstag wegen eines Zahnarzttermins – der ist aber um 11:00 schon erledigt. Da könnte ich doch eigentlich das machen, was ich schon am Samstag tun wollte: Nach Alsfeld fahren und beim Paltra die bestellten Lagerkugeln abholen. Das Wetter ist OK, also gesagt, getan und so starte ich die Aktion 5,5 mm Lagerkugeln die Zweite.

Beim letzten Versuch, die Lagerkugeln abzuholen, hat ja die Planetakupplung böse Probleme gemacht: Zeitweise hatte ich das Gefühl, ich zerreisse den Zug oder zerdrücke den Ausrückmechanismus. Gemacht habe seitdem aber nichts an der Kupplung – einfach deshalb, weil mir nichts mehr einfällt. Mittlerweile entwickele ich schon Theorien, dass das Achsiallager der Kurbelwelle defekt ist und die Kräfte beim Kuppeln nicht mehr aufnimmt. Die Welle würde dann quasi nur noch durch die Radial-Rollenlager gehalten. Aber das ist bisher nur eine Theorie.
In Ermangelung guter Ideen zur Problemlösung werde ich irgendwann vermutlich den Motor wechseln und diesen Motor zerlegen und komplett neu aufbauen. Gerade heute bekam ich einen Hinweis, wo die komplette Instandsetzungsanleitung der alten DKW NZ350 im Netz steht. Das sollte eine gute Hilfe sein. Aber schauen wir erst einmal, wie sich die Planetakupplung heute verhält.

Ich nehme eine Strecke nach Alsfeld, die ca. 40 km lang ist und komme ohne Probleme und mit funktionierender und relativ leichtgängiger Kupplung ans Ziel. Aber das hat nichts zu sagen: Auch am letzten Samstag begannen die Schwierigkeiten erst auf der Rückfahrt. Hier war ich bereits beim Paltra, habe die Kugeln geholt und pausiere jetzt an der B49, die ich ein paar km bis Romrod nehmen muss.

Hier der Anlass der heutigen Fahrt: 100 Lagerkugeln 5,5 mm. Eigentlich wollte ich nur 2 Kugeln haben, um sie zwischen die Ausrückstangen der Planeta zu bauen. Vorgesehen sind da keine Kugeln, aber mit gehts deutlich besser. Diese Kugeln kann ich aber auch für diverse Lenkkopflager meiner Ostböcke nehmen: Jawa, Junak, IZH.

In Romrod verlasse ich die B49 und biege ab nach Zell. Hier finde ich dieses wunderhübsche Hexenhäuschen mit reichlich Nebengebäuden. Wirkt unbewohnt, ist es aber nicht.

Über Heimertshausen und diverse Homberger Ortsteile komme ich mal wieder an meine Schutzhütte im Kirtorfer Wald. Die Kupplung tuts immer noch und das feiere ich mit einer Pause und einem Bionade-Getränk.

Dann experimentiere ich noch ein wenig mit dem Selbstauslöser meiner neuen Pentax-Digitalkamera.

Bei manchen Bildern erschrecke ich selbst über den schrecklichen Anblick - das ist eines davon. Aber auch schlechte Bilder müssen archiviert werden - der Wahrheit die Ehre.

Über Rülfenrod und Otterbein gehts weiter Richtung Hainbach. Eine sehr schöne Gegend und fast kein Verkehr.

Mittlerweile bin ich 120 km gefahren und die Kupplung ist immer noch OK. Zwar kuppelt sie nur zu 95% aus, aber verglichen mit der Schwergängigkeit der letzten Fahrten ist das ein gutes Ergebnis. Poljas Antrieb ist übrigens ein Bild von einem Motor, wie ich finde.

Am Haingarten in Richtung Elpenrod ein Blick auf das sanfte Tal. Hier muss ich einfach halten, die Blumen am Wegesrand locken zu sehr. Und die Kupplung tuts noch immer, auch die letzten km bis nach Mücke. Hat also diesmal fast 50 km durchgehalten. Fazit: Für solche kleinen Strecken ist die Planeta geeignet. Aber das kann ich nicht glauben, schliesslich wird mit solchen Maschinen die Mongolei komplett bereist.

 

 

Blümchenpflücken bei einem englischen Schloß mitten in Hessen

Der gestrige Besuch mit der TS beim Hofgut Friedelhausen hat mir so gut gefallen, dass ich am heutigen Pfingstmontag nochmal in die gleiche Richtung fahre – aber diesmal mit dem ES-Gespann. Damit bin ich zwangsläufig noch langsamer und werde die Gegend besonders geniessen. Bereits um 8:30 starte ich zum Blümchenpflücken bei einem englischen Schloß mitten in Hessen.

Wie so oft muss ich zuerst meiner Scheune im Ebsdorfergrund einen Kurzbesuch abstatten: Ich packe eines der sehr gutaussehenden Räder aus dem Jupiter-Deal ins Boot, um das Rad zuhause ordentlich aufzuarbeiten. Da bin ich aber bereits in der richtigen Richtung, denn das erste Blümchenpflückerziel soll das herrliche Schloß Friedelhausen sein. Seit ich es gestern gesehen habe, zieht mich das Gebäude samt Umfeld magisch an.

Sichertshausen habe ich bisher immer für ein Sackdorf gehalten, aber das ist falsch: Ich muss den Ort komplett durchqueren und dann einfach der Strasse ins Nichts folgen. In Sichertshausen wohnt übrigens auch der geniale KFZ-Elektriker, der Anlasser und Lichtmaschinen für Motorräder überholt. Komme an seiner Werkstatt direkt vorbei.

Recht schnell wird aus der asphaltierten Strasse ins Nichts ein unbefestigter Waldweg, der ein wenig Alleen-Charakter hat. Mitten im Wald steht plötzlich ein Reh auf dem Weg und lässt mich ganz nah ran. Der Motor des ES blubbert mit 500 Umdrehungen und stört das Tier anscheinend nicht. Als ich nach der Kamera greife, verabschiedet sich das Reh leider.

Jetzt komme ich auf das Schloßgrundstück, dass mich mit einer hübschen grossen Holzgarage empfängt.

Und dann taucht das herrliche Schloß auf - ich komme aus dem dunkelen Wald direkt auf das Gebäude im gleißenden Licht zu.

Britischer gehts nicht mehr! Das Schloß ist eindeutig im englischen Stil und wenn ich jetzt noch mit einer alten BSA 31 vorgefahren wäre, könnte die Illusion einer Szene aus der Grafschaft Kent perfekt sein.

Tatsächlich hat ein englischer Baumeister das Schloß für Adalbert Freiherr von Nordeck zur Rabenau gebaut. Der Architekt John Dobson lehnte sich bei der Planung eng an die englische, klassizistische Neugotik an

Nur ein Stückchen hinter dem Schloß dann das Hofgut Friedelhausen. Dieser Zugang zu den Dienstwohnungen gefällt mir besonders. Allerdings ist die gestrige Ruhe heute nicht mehr so perfekt: Viele Zügen verkehren auf den nahen Gleisen und der Wind trägt die Geräusche der B3 herüber.

Ich folge dem Waldweg noch etwa 5 km und fahre dabei immer an einem toten Arm der Lahn entlang. Eine besonders ruhige und schöne Stelle suche ich mir für eine Rast und ein zweites Frühstück aus. Hierher dringt nur das Quaken der Frösche.

Zufrieden, satt und ausgeruht bin ich bereit für den Fortgang der Blümchenpflückertour. Ich werde über die Schmelz nach Krofdorf-Gleiberg fahren.

Die endlos lange Waldstrasse durch die Schmelz ist immer ein Erlebnis. Die Schmelzmühle lasse ich heute links liegen - da ist mir zu viel Touristenbetrieb. Heute versuche ich, einen Weg durch den Wald in Richtung Lohra zu finden - es gelingt mir nicht.

Schnell durch Krofdorf-Gleiberg - das ist kein Platz zum Blümchenpflücken. Wismar schon eher, und dort fahre ich in das Erlental und schaue mich ein wenig um.

Zum Wismarer See ist's ja nur ein Katzensprung und ich bin sowieso in einer martitimen Phase. Setze mich also ein viertel Stündchen an den See und beobachte die Bevölkerung aus dem Umland bei ihrem Treiben. Die netten Bilder mit den hübschen Ladies mit oder auch ohne Bikini gibt es hier allerdings nicht - zensiert.

Bei Bersrod sieht die kleine Kreisstrasse so hübsch aus und der Blick geht über die Autobahn bis weit in Richtung Buseck.

Nachdem ich auch hier mein obligatorisches Blümchen gepflückt habe, lichte ich den ES-Fahrer in seiner alten Belstaff-Jacke ab und wir ziehen weiter. Es geht langsam Richtung Mücke, heute soll ja irgendwann der grosse Regen kommen.

Nach einem kurzen Abstecher beim BMW-Enders fahre ich auf die ehemalige Behelfsauffahrt der Autobahn und beobachte den Pfingstverkehr auf der A5. Beim Enders gabs übrigens ein paar hübsche BMW - besonders zwei alte K100.

Die Windmühlen bei Atzenhain stehen wie drohende Fantasy-Gestalten in der Landschaft. In der Mordor-artigen Sonne wirken sie tatsächlich ein wenig unheimlich. Womöglich hab ich doch etwas von Don Quichote in mir - daher auch meine MZ-Kennzeichen mit DQ.

Und zum Abschluß der Fahrt und schon fast zuhause noch einmal ein Rapsbild. Jetzt werde ich den Blauman überziehen und ein paar Kleinigkeiten am Gespann basteln - die Gute muß nämlich schon wieder zum TÜV. Wie die Zeit vergeht!

 

Miz zwei Zschopauerinnen zu den grünen Elefanten

Glücklicherweise hatte mich Patrick vom Zündapp Club Deutschland über ein Ereignis informiert, dass ich noch nie erleben durfte – und dazu noch ganz in der Nähe, gerade mal 50 km entfernt in der Wetterau. Jürgen war sofort bereit, mitzumachen. Und so kam es, dass bereits um 10:00 am ersten Pfingstfeiertag zwei kleine Zweitakter losknatterten, denn wir fuhren mit zwei Zschopauerinnen zu den grünen Elefanten.
Unser Ziel ist heute Steinfurth bei Bad Nauheim, und dort findet das Jahrestreffen der KS601 Fahrer statt – eine Veranstaltung des Zündapp Clubs Deutschland. Ich kann sicher als allgemein bekannt voraussetzen, dass es sich bei den grünen Elefenten um die berühmte Gespannmaschine Zündapp KS601 handelt. Ein recht seltenes Motorrad, und wir haben heute die Chance, davon jede Menge auf einem Platz zu sehen. Wir haben uns eine hübsche Route nach Steinfurth über Münzenberg und Rockenberg ausgesucht und nach dem Besuch bei den Zündapp-Leuten werden wir noch ein wenig durch den Taunus und das Wetzlaer Hinterland touren.
Der Wetterbericht ist vielversprechend und bereits um 9:00 ist es sehr warm und die Sonne knallt vom Himmel. So wird es den ganzen Tag bleiben und wie jedes Jahr werde ich am Ende des ersten heissen Tages wieder eine verbrannte Birne haben.

Die TS ist vollgetankt und die 25 km bis zu Jürgen nach Reiskirchen sind ruckzuck abgerissen. An der Autobhanbrücke ein schnelles Foto und dann ab zu Jürgens Haus. Der ist bereits fertig und startklar und wie geplant kommen wir noch vor 10:00 los. Auffällig ist aber eines: Jürgens kleine ES springt heute nicht wie sonst beim ersten Kick an, statt dessen zickt sie richtig rum, bis das Motörchen endlich brummt. Sonderbar!

Über kleinste Nebenstrecken gehts jetzt nach Lich, Kloster Arnsburg und dann nach Münzenberg, wo wir ganz kurz auf die Burg wollen. Die Auffahrt ist zwar gesperrt und mit Massen von PKW zugeparkt, aber wir schleichen uns einfach durch.

Sportlich nehmen wir die letzten Meter bis hoch zur Burg unter die Füsse – obwohl es bereits richtig warm ist und wir sehr schnell transpirieren.

Ein bisschen zur Geschichte der Burg und ihrem Erbauer, einem gewissen Kuno von Münzenberg.

Rund um die Burg herum finden sich Zeltlager – hier findet nämlich über Pfingsten ein Spektakulum statt. Klar, dass erklärt die Sperrungen und die Autowagen am Strassenrand.

Überall begegnen wir Rittern, Knappen, Mönchen, Burgfräulein und ähnlichen Gestalten – manche unglaublich authentisch. Besonders niedlich sind die Burgfräulein mit dem Handy am Ohr und die Ritter, die aus der Heckklappe der Familienkutsche die Pampers herausholen.

Die letzten Kilometer von Münzenberg über Rockenberg nach Steinfurth sind schnell gefahren und der Platz des Sportverein Steinfurth ist nicht zu verfehlen. Ein grosses Gelände mit der perfekten Infrastruktur eines Sportvereins – hier fehlt es an nchts.

Bereits auf dem grossen Parkplatz sehen wir die ersten grünen Elefanten – aber auch etliche Wohnmobile und PKW mit grossen Hängern.

Das ist keine Zündapp, auch wenns auf den ersten Blick so scheinen mag. Dieser Seitenventiler ist ein Produkt der Nangkang Aircraft Company in China. Aber dennoch ein schönes und interessantes Motorrad. Und natürlich mit Zündapp-Genen.

Dieser grüne Elefant in schwarz hat einige Fremdteile angebaut – wir bemerken natürlich sofort das MZ-Rücklicht. Später erfahren wir, dass die Zündapp-Leute auch gern MZ-Benzinhähne für ihre grünen Elefanten nehmen.

Eine KS601 in edlem Beige – steht der Maschine auch sehr gut. Hier sind etliche Wettbewerbskomponenten verbaut: Hochgelegter Auspuff, GS-Lenker, Zusatzarmaturen und und und ….

Dieser grüne Elefant wurde von seiner Besitzerin, der Dame im blauen Shirt, bis auf die letzte Schraube und komplett neu aufgebaut. Steht aber auch da wie aus dem Showroom.

Sinnvolles Zuibehör an dieser KS601 bis hin zu den speziellen Zündapp-Puschen, im Fachkreisen auch Elefanletten genannt.

Wir sind immer noch auf dem Parkplatz und haben bereits jede Menge schönster Zündappen gesehen. Zwar kein grüner Elefant aber dennoch selten und schön ist die wassergekühlte KS175 aus den 70er Jahren.

Bei dieser blauen R90/6 müssen Jürgen und ich an unsere eigene BMW-Vergangenheit denken: Jürgen hatte mal eine grüne R75/5 und ich eine weisse R60/6 – ist aber beides verdammt lang her.

Jetzt haben wir uns ins Lager der KS-Fahrer durchgekämpft und kommen zu den richtig tollen Elefanten. Diese KS mit dem Seitenwagen im britischen Bus-Design gefällt ausnehmend gut – der stärksten Gespannmaschine ihrer Zeit ist natürlich kein Boot zu schwer oder zu gross. Dieser Seitenwagen hier kommt jedoch nicht aus England, sondern wurde in Bad Soden aus den Resten eines Wohnwagens selbst gebaut. Eine schöne Arbeit.

 

Diese Maschine kann ich leider nicht zuordnen: Vorkriegs-Zündapp mit Blechrahmen und Trapezgabel, aber mit OHV-Motor. Keine Ahnung, obs das so gegeben hat. Später erfahre ich, dass es sich um eine KS600 handelt, den Urahn der KS601.

Ein kleiner Ausschnitt des Zeltlagers mit grünen, schwarzen und roten Elefanten – das sind jedenfalls die häufigsten Farben hier. Ganz vorn natürlich grün.

Jetzt treffen wir auch auf Patrick, der mich auf dieses Ereignis aufmerksam gemacht hat. Patrick ist im Zündapp-Club eindeutig einer der führenden Technik-Gurus und kennt hier natürlich alles, was Rang und Namen hat. Das schwarze Gespann ist eine seiner KSsen.

Ein dunkelgrüner Elefant – wir lernen heute, dass die dunkelgrünen Maschinen aus irgendwelchen Behörden stammen: Polizei, Bundesgrenzschutz, Zoll, Forstamt. Jedenfalls auch eine sehr ansprechende Farbe. Hier jedoch ist nur die dunkelgrüne Farbe von einer Behörde und ansonsten ist das ein reinrassiges Wettbewerbsgespann. Man erkennt dies u. a. an der hochgezogenen Auspuffanlge, den schmalen Kotflügeln und dem leichten Wettbewerbsseitenwagen. Diese und andere Detailinformationen erfahe ich aber erst später von Hillard Perduns. So gesehen habe ich bei den Grünen Elefanten auch wieder etwas dazu gelernt.

Eine K500, ein Vorkriegs-Seitenventiler. Optisch eine extrem ansprechende Maschine, aber der Motor gilt unter Kennern als lahm und saftlos.

Eine der letzten KS: Die US-Version mit Hinterradschwinge und hohem Lenker. Wurden nur rund 200 Stück von gebaut.

Keine Elefanten, aber Kult sind die Zündapp Bergsteiger Mopeds mittlerweile auch. Ich fand dieses eckige Design zwar schon immer potthässlich, aber die Dinger waren quasi unzerstörbar.

Ein Besucherfahrzeug: Honda CB 450, der Black Bomber – leider in tuntigem Lila lackiert. Aber sonst einfach nur schöööön.

Der Zündapp Club fertigt diverse Verschleissteile an und bietet sie auf dem Treffen feil. Die lange Schlange zeigt, wie begehrt die Teile sind. Die Preise sind erstaunlich moderat.

Grüner Elefant mit Richter-Kabine und Heinrich-Verkleidung. So wurden in den 50er Jahren Reisegespanne ausgerüstet.

Beeindruckend: Eine lange Reihe wirklich grüner Elefanten.

Japan-Moped? Hau weg den Schiet! Harte Worte, aber in Wahrheit ist der Zündapp-Fahrer und Elefantentreiber äusserst tolerant.

Nach etlichen Taunus-Kilometern driften wir ab in Richtung Wetzlar und wollen über den Schöffengrund langsam in Richtung Heimat. Aber in Hermannstein gibt es eine ungewollte Pause: Jürgens kleine ES streikt. Es ist die Kerze, die nur noch einen müden Funken abgibt. Hätten wir eigentlich schon heute morgen merken müssen, als die MZ nicht so recht anspringen wollte. Mit neuer Kerze ist sie wieder das gewohnte One-Kick-Wonder.

Ein weiterer Burgenstop, diesmal auf Burg Hohensolms. Ein Anwohner ist sofort bei uns und berichtet von seiner eigenen MZ – einer ES 250/2. Immer wieder erstaunlich, wie viele Motorradfahrer doch eine oder mehrere MZ in ihrer Vergangenheit haben.

Burg Hohensolms ist eine Jugendburg, die aber im Moment leider geschlossen ist. So geniessen wir nur ein wenig die schöne Burg und die weite Sicht in den Lahn-Dill-Kreis.

Später in Krofdorf-Gleiberg parken wir die Emmen am Strassenrand und setzten uns ein Stündchen ins Strassen-Cafe. Eiskaffee und Capuchino bringen unsere Lebensgeister wieder etwas in Wallung.

Bei Odenhausen verlassen wir den Asphalt und fahren über Waldwege zum Hofgut Friedelhausen. Liegt mitten im Wald nahe der Lahn und wird heute von einer sozialtherapeutischen Lebensgemeinschaft bewirtschaftet. Auf dem ehemaligen Rittergut werden biologische Lebensmittel angebaut und vermarktet.

Lebensweisheiten auf dem Giebel eines der Gebäude.

Die Lage des Gutes und die gesamte Atmosphäre vermitteln eine unglaubliche Ruhe und Gelassenheit. Hier ist es einfach nur schön.

Auch die Gebäude tragen zu diesem Gefühl der Ruhe bei.

Nur ein paar hundert Meter weiter taucht ebenfalls mitten im Wald dieses Schloss auf. Unglaublich, wie im Märchen oder wie aus einem englischen Roman.

Jetzt gehts schnurstracks nach Mücke, denn wir haben noch eine kleine Aufgabe zu erledigen. Man sieht, wie noch um 19:00 die Sonne vom Himmel knallt. Nach diesem äusserst angenehmen Tag mit zahlreichen Erlebnissen und über 200 km müssen wir noch kurz rüber zu Nachbar Egon.

Grund: Egon hat gestern sein Tula Dreirad bekommen. Das ist ein russischer Motorroller, ein Nachbau des alten deutschen Gogo-Rollers, allerdings mit zweirädriger Achse hinten für die Ladefläche. Ein spektakuläres Fahrzeug, es dürfte davon keine Handvoll in Deutschland geben. 

Der Gesamtzustand ist aber, naja, mäßig. Immerhin läuft die Maschine, und das ist doch die halbe Miete. Wir empfehlen, den Rat von Patrick zu beherzigen und den Wiederaufbau der Tula als mittelfristiges Projekt anzugehen.

 

Einkaufsfahrt ohne Blümchenpflücken

Meine Fahrt heute vormittag mit der IZH wurde aufgrund der Kupplungsprobleme kürzer als geplant – das war deshalb etwas unbefriedigend und so zog ich um 14:00 nochmal mit dem Rotax-Gespann los. Offiziell hab ich eine wichtige Einkaufsfahrt vorgeschoben, aber die Wahrheit ist: Ich wollte noch fahren. Daraus wurden dann 200 km und es war eine  Einkaufsfahrt ohne Blümchenpflücken.

Erneut springt das Rotax-Gespann jetzt auch kalt mit dem Kickstarter an – könnte gut sein, dass ich das doch noch lerne. Und dann fahr ich erstmal fast 100 km nonstop auf gewaltigen Umwegen in den Ebsdorfergrund: Einfach fahren, fahren, fahren. Und das mit einer funktionierenden Kupplung. Ist schon gut, dass ich neben der Planeta die (fast) immer funktionierenden MZetten habe und dabei besonders die Rotaxe. Wie gewohnt verschwindet unter dem Bollern des Single sehr schnell der Gedanke an die Harley 883 von heute morgen.

Nach fast 100 km erst ein Stop: Die Apfelgrundstücke bei Leidenhofen laden dazu ein.

Dann hab ich Lust auf maritimes und fahre zur Marina an den Wissmarer See. Dort sitze ich ein viertel Stündchen in der Sonne und beobachte die Sommerfrischler.

Wenn ich schon mal in Wissmar bin, schau ich beim Kawasaki-Schadeck rein. Aber der hat auch heute nix für mich - ist halt wie immer.

In der Hobby- und Freizeit-Welt bei Buseck kommen die alte Trambahn, der Jagdflieger und mein Rotax-Gespann zusammen.

Die Pfordte in Nieder-Bessingen wird heute nur schnell durchfahren und abgelichtet - keine langen Pausen. Heut ist nix mit Blümchenpflücken - es werden km gemacht.

Rotax im Raps - eine durchaus passende Kombination.

Um 19:00 bin ich wieder zuhause. Heute morgen 150 IZH-Kilometer, jetzt 200 Gespann-Kilometer - ich merke, dass ich ein wenig geschafft bin. Ich glaube, dass sieht man mir sogar an. Aber egal, schön war's. Und morgen solls mit der TS 250/1 zusammen mit Jürgen zu den Zündapp KS601 nach Bad Nauheim gehen.