3. Thüringer Ostmotorrad- Treffen Teil 1

Bis zum Schluß bin ich im Zweifel, ob ich die Planeta für die Fahrt nach Völkershausen in der Rhön nehmen soll. Mein Vertrauen in Kupplung und Getriebe der Russin sind doch arg getrübt. Aber nachdem die letzten Fahrten in Sachen Kupplung halbwegs ordentlich verlaufen sind, entscheide ich mich am Freitag Morgen dann doch für meine Planeta. Irgendwie habe ich das Gefühl, mit diesem Kleinod des russischen Maschinenbaus immer anzukommen – irgendwie. Ein weiterer Grund sind Andreas und Roger mit ihren Jupiter-Gespannen, die ihr Kommen angekündigt haben. Das würde nämlich bedeuten, dass auf diesem Treffen mindestens drei IZH auflaufen – spektakulär.
Und so starte ich am Freitag gegen 10:00 meine Polja mit einem Kick und mache mich auf den Weg in die Rhön. Sind so ungefähr 120 km, wenn ich die schöne Route quer durch den Vogelsberg bis Schlitz nehme, dann die etwas nervigen 18 km bis Hünfeld, dort ins Nüsttal abbiege und dann über Hofaschebach, Spahl und Geisa nach Völkershausen fahre. Sind zum grossen Teil allerkleinste Strässchen – so hab ich das gern.

Das Wetter ist um 10:00 bereits fantastisch und fast bis Lauterbach gehts nonstop. Erst bei Wallenrod muss ich anhalten: Das gewaltige Sägewerk gibt einen passenden Hintergrund zur IZH. Beides sind Materie gewordene Beweise für die technologische Überlegenheit russischer Technik. Aber halt: Das Sägewerk ist ja gar nicht russisch, sondern wurde von Österreichern erbaut. Egal.

Kleine Zwangspause bei Michelrombach - der Vogelsberg ist jetzt durchquert, ich befinde mich im Landkreis Fulda und dürfte etwa die Hälfte der Strecke hinter mir haben. Die Planeta läuft einwandfrei und auch die Kupplungs tut noch ordentlich ihre Pflicht, lediglich der 2. und 3. Gang springen manchmal raus. Ich werde mittelfristig einen Motor neu aufbauen müssen.

Der Wachturm irgendwo zwischen Spahl und Geismar zeigt mir, dass ich mich unmittelbar an der ehemaligen Grenze befinde. Hier beginnt die Rhön und die Gegend ist von beeindruckender Schönheit.

Hier im Unesco-Biosphären-Reservat Rhön könnte ich alle 5 Minuten anhalten und die Gegend betrachten. Ab und zu mach ich das auch. Die letzten Kilometer sind ein wenig schwierig, weil häufig Hinweise auf die kommenden Orte fehlen. Aber dann frag ich einfach und das macht sowieso mehr Spass.

 

Angekommen! Das ist der Sportplatz in Völkershausen und hier findet das 3. Thüringer Ostmotorrad-Treffen statt. Paul, der Organisator, ist vor ein paar Jahren aus dem Ruhrpott in die thüringische Rhön gezogen. Schätze, dass hat er nie bereut.

Es stehen bereits etliche Zelte auf dem Platz und auch einige Motorräder sind zu sehen. Die meisten aber befinden sich auf der gemeinsamen Ausfahrt, die heute eine Rundfahrt zu mehreren Burgen beinhaltet.

Ein kleiner Rundgang über den Sportplatz beginnt. Der Besitzer des schönen SV aus Nidderau berichtet von Pauls Sonntagstreff an der Emberghütte. Kenne ich zwar, aber in diesem Jahr war ich noch nicht dort. Das soll sich ändern.

Die beiden Russentreiber unterbrechen ihr technisches Gespräch und lächeln freundlich in die Kamera.

Jetzt ist es bereits Mittags und die Sonne knallt ordentlich vom blauen Himmel. Der nicht mehr ganz so junge Schäferhund wärmt sich im heissen Heu den Pelz und ich muss erstmal aus den Motorradklamotten.

Auch irgendwie ein Ostbock: Enfield India mit putzigem Hänger. Diese praktischen Motorradhänger tauchen jetzt immer häufiger auf - an einer Enfield sehe ich sowas aber zum ersten mal.

Auffällig viele Russengespanne sehe ich heute mit BMW-Motor. Das erinnert mich an das Dnepr-Gespann mit R60/6-Motor meines Kollegen Eckhard, dass ich nicht gekauft habe. Hätte ich vielleicht doch sollen?

Nochmal Russe mit BMW-Herz. Diese ältere Ausführung mit den runden Ventildeckeln passt schon besser zum russischen Stil.

Kein Ostbock - oder reicht bereits der russische Seitenwagen für dieses Prädikat? Das Entscheidenden sind aber ohnehin die Menschen hinter den Maschinen, oder?

Ehemaliges UN-Gespann, vormals in weiß, jetzt mattschwarz überlackiert. So ein weißes Gespann mit dem UN-Zubehör hätte auch was. Das Gespann kam aus Bonn über den Westerwald, den Lahn-Dillkreis und den Vogelsberg hierher - eine schöne Route.

Der Besitzer des UN-Gespanns erzählt ein wenig über seine Erfahrungen mit dem ehemaligen Importeur Haubrich - und das sind keinesweg nur schlechte Erfahrungen.

Das Gespann aus Dresden wird beschraubt: Nach dem Tanken sprang die 750er einfach nicht mehr an und musste ins Heerlager abgeschleppt werden. Aber kein Problem, eine neue Elektronikzündung sowie eine neue Zündspule befinden sich im Ersatzteilpaket und nach dem Austausch läuft der Motor mit einem Kick wieder.

Die Aufkleber auf dem Boot entsprechen der Realität: Da ist das Gespann schon überall gewesen und immer wieder aus eigener Kraft heim gekommen.

Mittlerweile ist es derat heiss, dass ich mich der Funktionsunterwäsche entledige. An den Tischen im Hintergrund sehe ich vor meinem geistigen Auge die Ostbocktruppe den langen warmen Abend geniessen - und das ohne mich.

Und dann bollert ein MZ-Gespann heran - allerdings mit MZ-untypischem Klang. Klar, dass ist Mecki mit der Diesel-MZ aus Stuttgart.

Mecki sucht sich einen schönen schattigen Zeltplatz, geschützt vor Sonne, Regen und Sturm. Daran erkennst Du den erfahrenen Treffenbesucher.

Kurz vor Mecki ist Max mit der Jawaemme eingetroffen - und ich habe hier nur ganz knapp ein Foto mit Unterhosenmotiv verpasst. Aber schön, dass ich Max jetzt endlich kennenlerne - bisher war er mir nur virtuell bekannt.

Die Jawaemme hat durch die Jawateile wie Tank, Sitzbank und Vorderradkotflügel eindeutig gewonnen: Ist ein richtig schickes Motorrad geworden.

Mein Rundgang ist beendet und ich trete den Rückmarsch an. Mecki hat seinen Zeltaufbau erledigt und berichtet, dass er auf der Autobahn von einem roten Russengespann mit deutlichem Geschwindigkeitsüberschuß überholt wurde. Der Fahrer hätte einen auffälligen Vollbart. Mhhm, ich habe da so eine Ahnung.

Wer trägt Vollbart, fährt ein rotes Russengespann und ist immer schnell unterwegs damit? Na, wer kann das sein?

Exakt, es ist der Scheppertreiber mit dem Toten Oktober. Muß aber dazu sagen, dass ich dieses Wissen bisher nur virtuell hatte - real sehe ich den Scheppertreiber heute zum ersten mal, und hab ihn trotzdem sofort erkannt. War mir ein echtes Vergnügen.

Den "Drachen" habe ich auf der Emberg-Hütte dagegen schon mal real gesehen - damals aber noch solo und ohne den schicken Hänger. Auch die gehäkelte Klorolle scheint mir relativ neu zu sein.

Der Dresdener Uralfahrer berichtet von der gestrigen gemeinsamen Ausfahrt zum Rößberg bei Geisa. Von seinem Gipfel hat man eine hervorragende Sicht ins Ulstertal, auf die Hohe Rhön, die Kuppen- und Vorderrhön. Das animiert mich, diesen Berg aufzusuchen. Im Hintergrund ist er zu sehen und bei genauem Hinschauen erkennt man auch das gewaltige Kreuz auf dem Gipfel. Dummerweise finde ich aber den Zugang zum Aufstieg nicht.

Und nach einem guten Mittagessen in Spahl ist es plötzlich schon wieder Zeit, nach Hause zu fahren. Die IZH-Truppe mit Andreas, Roger und Thomas ist bisher nicht eingetrudelt und das grösste deutsche IZH-Treffen hat somit heute nicht stattgefunden. Auch die Grünberger Truppe mit Andy, K.-O. und Martin ist wohl noch unterwegs. Hätte zu gern noch einige Zeit hier verbracht, aber das geht nicht und so mache ich mich auf den Heimweg.

Technische Meisterwerke unter sich: Die grösste Eisenbahnbrücke Europas bei Fraurombach und eines der meistgebauten Motorräder des Ostblocks.

Letzter Stop im Vogelsberg auf der Anhöhe vor Vadenrod mit Blick auf Storndorf. Das war ein schöner Tag heute: Die Planeta hat durchgehalten, die Gegend war wunderbar, es gab interessante Ostböcke und noch interessantere Ostbockfahrer. Nach über 250 km sind wir am frühen Abend wieder im heimatlichen Mücke.

Und weils so schön war, bin ich am Sonntag Morgen nochmal nach Völkerhausen gefahren. Deshalb gibt es einen Teil II des 3. Thüringer Ostmotorrad-Treffens.