Reise in die Steiermark: Tag 1

Zu einer sehr unchristlichen Zeit starten wir am 18. August zu unserer grossen Reise nach Österreich: Noch vor 3:00 (nachts!) steht Jürgen mit dem beladenen Hänger vor der Tür. Schnell das Gepäck ins Auto geworfen und dann auf die dunkele, aber leere Autobahn. Vor uns liegen 500 langweilige Kilometer – aber auch die Vorfreude auf ein wunderbares Land.

Bereits zwei Tage zuvor, am Sonntag, hatten wir die beiden Rotax-MZ auf dem Hänger verstaut und alles verzurrt. Der kleine Hänger reicht gerade für die kompakten 500er aus. Am Abend vor dem Start reisst bei Jürgens Rotax noch eine Schweissnaht an der Trägerhalterung und muss in letzter Sekunde repariert werden.

Mittwoch, der 18. August 2010 um 2:44 am Morgen - eine grausliche Zeit, aber ich habe bereits gefrühstückt, alles gepackt und bin bereit. In 2 Minuten wird Jürgen hier sein und die Fahrt in die Steiermark beginnt.

Der Opel-Diesel frisst die Meilen, die Stunden verrinnen, und als es langsam hell wird, gönnen wir uns einen Kaffee irgendwo auf der Autobahn. Die Maschinen stehen fest und sicher auf dem Hänger - wir haben sehr ordentlich verzurrt.

In einem Waldstück vor Passau finden wir diesen einsamen Hof - den Lebenshof. Unsere Frage, ob wir hier den Opel mit Hänger für 10 Tage stehen lassen können, wird freundlich und positiv beantwortet. Und Geld will die nette junge Dame partout nicht von uns annehmen. Immerhin können wir den Kindern etwas zustecken.

Recht schnell sind die Rotaxe abgeladen und die Seitentaschen, die Gepäckrolle und der Tankrucksack angebracht. Macht zwar alles einen ziemlich provisorischen Eindruck, aber uns reichts. Wir sind startklar und fahren über Passau in die Grenzstadt Engelshartszell.

Hier kaufen wir jeder ein 10-Tage-Pickerl, also eine Vignette. Die freundliche Dame an der Tankstelle warnt uns vor drastischen Strafen bei Geschwindigkeitsübertretungen und rät dringend, die Beschränkungen einzuhalten. Angeblich sind bei 15 km/h zu viel gleich 150 Euro fällig. Wir beschliessen, auf den Rat zu hören. An die etwas unsportliche Art des Ab- und Aufsteigens auf die beladenen Motorräder müssen wir beiden alten Säcke uns für die nächste Zeit ebenfalls gewöhnen.

Wir fahren die Bundesstrasse 130 immer der Donau entlang in Richtung Linz. Das Wetter ist OK, nicht zu heiss, aber trocken, die Strasse ist gut ausgebaut und der Verkehr gering. So schwingen wir durch viele Kurven unserem ersten Ziel Linz entgegen.

Wir kommen zwar stetig, aber dennoch nicht richtig flott voran - Grund dafür sind die häufigen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 50, 60, 70 oder 80 km/h. Und wir halten uns daran. Jetzt sind wir bereits an der Stadtgrenze von Linz.

In Linz sind wir mit Nanno (Greg) aus dem AiA-Forum verabredet, und zwar auf dem Hauptplatz. Die Stadt scheint recht übersichtlich, denn wir finden den Platz sofort.

Greg ist noch nicht eingetroffen und so haben wir Zeit, uns den Hauptplatz mit seinen schönen Gebäuden ein wenig anzusehen.

Dann taucht Greg mit seiner XT500 auf und bringt mir wie verabredet eine Lederjacke mit. Sie passt und ist daher gekauft. Wir plaudern ein Stündchen mit Greg, der uns dann aus der Stadt heraus lotst. Und wir werden gewarnt: Diese nächste Route ist langweilig und öd.

Greg hat recht: Die Route entlang der Donau ab Linz ist zum Abgewöhnen. Bis Amstetten halten wir das Bundesstrassengezuckel durch, dann verlieren wir die Nerven und biegen einfach ab in Richtung Euratsfeld. Und sofort wird die Gegend wunderschön, die Strassen herrlich und der Verkehr dünn. Dieses Niederösterreich gefällt uns ausgesprochen gut.

In Scheibbs neigt sich der Tag seinem Ende zu und wir finden in einem herrlich einfachen Landgasthof eine Übernachtungsmöglichkeit in einem Zweibettzimmer. Wir sind die einzigen Übernachtungsgäste und erleben einen herrlichen Abend mit einigen von Sonjas Stammgästen.

Die kleine Gasthofskatze ist der ruhende Pol des Lokals. Weniger ruhig die Gäste, besonders Sepp und Gerd unterhalten uns auf das vortrefflichste. Einen Kulturschock bekommen wir allerdings durch zwei Dinge: Das Leib- und Magengetränk der beiden Niederösterreicher ist ... Jägermeister und die beiden outen sich als Fans der Amigos. Unglaublich: Diese hessischen Schnulzensänger aus Hungen machen (für mich) die schlechteste Musik des christlichen Abendlandes und begegnen mir sogar in der österreichischen Provinz.

Altherrentour mit zwei Rotax-MZ in die Steiermark

Dies ist unser Reisebericht nach und durch Österreich. Er beschreibt eine Altherrentour mit zwei Rotax-MZ in die Steiermark.

Meine letzte grosse Motorradreise liegt lange, sehr lange, zurück: Das war im Jahre 1982 und es handelte sich um eine 6000 km lange Skandinavienfahrt mit einer Honda CB 750 K2. Durch jahrelange Motorradabstinenz habe ich leider viele Jahre verpasst, in denen schöne Reisen möglich gewesen wären. Jetzt, in meinem zweiten Motorradleben, das 2006 begann, habe ich zwar viele Fahrten gemacht, aber richtige Reisen waren das nicht. Das soll mit dieser Österreichreise wieder anders werden.

Österreich, wenngleich vor unserer Haustür und vergleichsweise nah, ist mir nicht wirklich bekannt. Die paar mal, in denen ich das Land besucht habe, waren dienstliche Anlässe und die waren entsprechend kurz und knapp. Durch Jürgen jedoch und vielleicht noch mehr durch die (bisher) virtuelle Bekanntschaft mit Gerhard aus der Steiermark sehe ich das Land anders und so haben wir diese Reise geplant. Jürgen hat durch frühere Aufenthalte eine ganz andere Beziehung zu Österreich und er ist in diesem Fall als die treibende Kraft zu sehen.

Leider haben wir nicht allzu viel Zeit und deshalb packen wir unsere Rotax-MZ zunächst auf den Hänger und fahren bis Passau. Diese langweilige und zeitraubende Anfahrt können wir uns in einem 10-Tage-Urlaub nicht leisten. 500 km An- und Abfahrt würden mit unseren Rotaxen jeweils 2 Tage dauern, wenn wir autobahnfreie Routen wählen würden. Und so viel Autobahn mit dem Rotax – das ist vollkommen gegen unsere Philosophie. Da erscheint die Hängervariante doch als das kleinere Übel.
In Passau werden wir Auto und Hänger irgendwo abstellen und dann gehts auf 2 Rädern weiter. Starten werden wir am 18. August ganz früh am Morgen – um 3:00.

LogoUnd so sieht unsere Grobplanung aus: Von Passau aus fahren wir die Donau entlang bis Linz, dann über die Wachau und Niederösterreich. Irgendwo biegen wir in Richtung Süden, also in Richtung Steiermark, ab und kommen dann zu unserem festen Quartier beim Statteggerwirt am Rande von Graz. Dort bleiben wir 10 Tage, um dann über das Eisenerz und das Salzkammergut zurück nach Passau zu fahren. Dort werden die Rotaxe wieder auf den Hänger geladen und dann gehts ab nach Norden – ins heimische Hessen. In etwa so sollen Hin- und Rückreise ablaufen, aber natürlich sind wir flexibel und können die Planung jederzeit ändern.

Tag 1  – 18. August 2010: Die Anreise, die Donau, Linz und Niederösterreich

Tag 2  – 19. August 2010: Wallfahrtsorte, Höllentäler und die Steiermark

Tag 3  – 20. August 2010: Schraubereien, Engländer und andere Oldtimer

Tag 4  – 21. August 2010: Pässe, Almen und der Schöckl

Tag 5  – 22. August 2010: Ein Radrennen, der Kaiser-Josefs-Platz, im Puch-Museum und die Oststeiermark

Tag 6  – 23. August 2010: Eine Reise in die Vergangenheit und ein richtig fauler Tag

Tag 7  – 24. August 2010: Die Weinebene, der grosse Regen und viel Kultur in Graz

Tag 8  – 25. August 2010: Über die Südsteiermark nach Slowenien

Tag 9  – 26. August 2010: Eisenerz und das Salzkammergut

Tag 10  – 27. August 2010: Rücksturz zur Erde – Servus Österreich

 

Am Ende der kleinen Reise haben unsere Maschinen 2100 km mehr auf dem Tacho, Jürgens Emme sogar noch 300 km mehr. Das ist natürlich keine Weltreise, aber etwas mehr als meine üblichen Wochenendtrips ist das schon. Die Emmen mit ihren Rotax-Motoren haben uns nicht im Stich gelassen, wir sind niemals liegen geblieben. Und die notwendigen kleinen Schraubereien hätten wir auch nicht missen wollen. Zu den 2100 km kommen dann noch 1000 km Anfahrt und Rückfahrt mit PKW und Hänger.
Für die 2100 km hat mein Rotax 87 Liter Super gebraucht, was einem Verbrauch von 4,1 l/100km entspricht. Das liegt unterhalb dessen, was ich im Vogelsberg brauche und ist sicher die Konsequenz der geringeren Geschwindigkeiten und natürlich meiner Blümchenpflückermentalität.

Überrascht hat uns die Ersatzteilsituation für unsere Rotaxmotoren in Österreich. Es ist quasi so gut wie nichts für den Rotax 504 oder den 506 zu bekommen. Österreichische Kenner haben uns mehrfach auf Deutschland verwiesen, dort sei die Situation besser. Sehr sonderbar! Ich hab tatsächlich geglaubt, dass beim Stützpunkthändler für KTM noch nagelneue Motoren unter der Theke stünden.

Und eines ist klar: Unser Rotaxmotor ist für Österreich eigentlich völlig ungeeignet. Die Geschwindigkeitsbeschränkungen, verbunden mit der Gebirgslandschaft, führen dazu, dass Du so gut wie immer im falschen Gang fährst. Eine ewige Schalterei ist die Folge. Hier wäre ein Motor angebracht, der durch längeren Hub oder grössere Schwungmassen sowie ein passend abgestuftes Getriebe grössere Elastizität bietet. Gut, unser Rotax mit seinem Ursprung als Wettbewerbsmotor hatte andere Ziele, aber die Wahl von MZ für den 504 war wirklich nicht optimal. Und dennoch mag ich diesen Motor!