Am 5. Tag steht der Besuch des Puch-Museums in Graz auf dem Programm. Klar, ein Besuch in Graz ohne Puch wäre ein Frevel und ist eigentlich undenkbar. Wir verabreden uns für 9:30 mit Gerhard am Kaiser-Josefs-Platz in der Nähe der Oper. Gerhard ist zwar kein Puchsammler und besitzt auch nur eines dieser ursteirischen Motorräder, aber er wird sicher mehr darüber wissen als wir.
Überraschung am Morgen: Vor unserer Pension steht eine alte Polizei-BMW mit dem Zweiventil-Boxer.
Und gleich erscheint eine weitere BMW, diesmal ein neueres Baujahr mit dem Vierventiler. Die Polizisten erzählen gern von den Vor- und Nachteilen ihrer jeweiligen Dienstkräder und wir bekommen noch einen Tourenvorschlag dazu.
Und hier haben wir die Ursache für die Polizeipräsenz: Ein internationales Radrennen um den Schöckl. Das erklärt auch die Anwesenheit einiger ausgesprochen hübscher Italienerinnen am gestrigen Abend.
Jetzt gehts mitten in den Moloch Graz. Gerhard hat mir erklärt, wie wir am besten zum Treffpunkt, dem Kaiser-Josefs-Platz kommen. Aber Jürgens Navi kennt diesen Platz nicht und so stehen wir ein wenig dümmlich an der Oper herum, die sich immerhin in der Nähe des gesuchten Platzes befinden soll.
Auf mein gezieltes Nachfragen hin gesteht Jürgen, nicht den Kaiser-Josefs-Platz ins Navi eingegeben zu haben, sondern den Kaiser-Franz-Josef-Platz. Und den gibt es wirklich nicht. Merke: Nicht alle österreichischen Kaiser heissen Franz. Jetzt finden wir natürlich flott diesen Platz.
Der Kaiser-Josefs-Platz ist ähnlich dem Münchener Viktualienmarkt ein Umschlagplatz für Obst und Gemüse. Heute ist aber kein Markttag, dafür erscheint dieser alter Steirer mit seiner Puch MS50, der sogenannten Stanglpuch. Der Name kommt vom Schalenrahmen, der vom Steuerkopf bis zur Schwingenlagerung verläuft und an eine Stange erinnert. Das stimmt uns auf das Museum ein.
Gerhard führt uns ins Puch-Museum, dass sich auf dem Gelände eines Puch-Nebenwerkes befindet. Leider stehen nicht alle Gebäude dem Museum zur Verfügung, wobei es die gut gebrauchen könnte.
Hereinspaziert ins Grazer Puch-Museum. Die Stadt Graz fördert diese Einrichtung zwar, aber wohl ein wenig halbherzig und so kämpft das Museum einen ständigen Überlebenskampf.
Das Foyer empfängt uns mit zeitgenössischer Puch-Werbung.
Der Leiter des Museums ist Herr Rathkolb, der uns für alle technischen Fragen zur Verfügung steht.
Ein Ehepaar mit Puchvergangenheit: Die Dame hat in einer Puch-Vertriebsfirma gearbeitet, der Herr direkt im Puchwerk in der Fertigung.
Und dann beginnt Gerhard die Führung - und verblüfft uns total. Was dieser Grazer über Puch weiss, ist schier unglaublich. Ob Fahrrad, Moped, Motorrad, PKW, Historie und aktuelle Firmenpolitik - Gerhard weiss nahezu alles. Man könnte glauben, dass die Puchgeschichte Grazer Basiswissen ist und bereits in der Grundschule gelehrt wird.
Elektrofahrzeuge von Puch: Ein älteres Moped und die moderne Ausgabe eines Elektrofahrades. Ein sehr gelungenes Fahrzeug,mit 3500 Euro leider etwas teuer.
Eine Legende: Die Puch DS50, genannt Daisy. Jürgen hat seine Liebe zu diesem typischen steirischen Arbeitstier entdeckt und würde gern eines davon in den Vogelsberg holen. Eine lösbare Aufgabe - wenn man wirklich will.
Eine originale Drehbank aus dem Puchwerk. Ob die Maschine so alt wie das Werk ist, also aus dem Jahre 1899, ist nicht bekannt.
Ich liebe diese alten Werbebilder! Der Johann Puch hat jedoch keine Hochräder gebaut. Die waren beim Fertigungbeginn der Puch-Räder schon nicht mehr in Mode.
Früher Puch-Werke, später Austro-Daimler-Puchwerke A.G, dann Steyr-AG, Steyr-Daimler-Puch-AG bis hin zur jetzigen Magna-Steyr. Und was hier schon alles entwickelt und gefertigt wurde! Ein wirkliches HighTech-Unternehmen.
Die geländegängigen Nutzfahrzeuge von Puch sind legendär. Weltberühmt sind die Mitglieder der Pferde-Familie wie der Pinzgauer .......
..... der Haflinger in ungezählten Varianten .....
.... und der (weniger bekannte) Noriker auf VW-Basis.
Militärkräder von Puch gab es bereits mit 50 ccm.
Feuerwehr-Haflinger als Kettenfahrzeug - damit kommst Du überall hin.
Motorenentwicklung von Puch.
Haflinger als Rotkreuz-Einsatzfahrzeug.
Oder als Löschfahrzeug.
Der 500er Steyr bekam die FIAT-Karosserie auf dem Fahrwerk und mit dem Motor von Puch. Damit hatte der Kleine eine ganz andere Qualität als das italienische Original. Der blaue im Vordergrund ist sogar die Kombiversion.
Der kleine Steyr als Kunstobjekt und Economy-Studie.
Haflinger und 500er Steyr hatten den gleichen Boxermotor aus eigener Produktion.
Motorroller von Puch: RL 125 und RL 150.
Frühes Elektroauto von Puch auf VW-Golf-Basis.
Nicht ganz komplette Puch SG in patiniertem Zustand - Leihgabe eines uns wohlbekannten Grazers. Irgendwann wird dieses Motorrad wieder eine Zierde seiner Marke sein. Das Puch-Gespann mit Velorex 700 daneben ist sicher eine private Bastelei - so etwas hätte das Werk wohl nicht freigegeben.
50er Jahre Puch SG und daneben die letzte Ausführung der SGS aus dem Jahre 1968. Aus alten Motorradzeitschriften ist mir dieses Model noch bekannt, aber live habe ich noch keines gesehen. Womöglich sind diese Maschinen alle nach Amerika gegangen?
Schöne Militärmaschine aus der Vorkriegszeit.
Auch damit wurde (oder wird) bei Puch Geld verdient: Sportwagenfertigung für Peugeot.
Chassis mit Motor als Basis für PKW und kleine LKW.
Studie eines Conceptcars mit Gasantrieb und Fertigung des Flügeltürers für Mercedes.
50 ccm Rennmaschine der 70er Jahre.
Die Puch 125 und 150 ccm Familie in allen Varianten.
T125 aus dem Jahre 1942. Im Gegensatz zu vielen ähnlichen Produkten weltweit war dies eine eigenständige Konstruktion und basierte nicht auf der DKW RT125.
Jetzt die für mich besonders interessanten Produkte: Wettbewerb-Puchs mit dem 500er Rotax-Motor. Diese Geländemaschine hat an der Pharao-Ralley durch Nordafrika teilgenommen.
Schaut einmal, wieviel Platz der DelOrto-Vergaser hier hat und wie gerade er angeflanscht ist: Vorbildlich! Wie konnte MZ damals nur diesen unsäglichen ETZ-Rahmen benutzen.
So eine Enduro als 350er oder 500er - das wäre etwas für Vaters Sohn. Diese Puch würde ich einer KTM immer vorziehen. Damit beenden wir den Ausflug ins Puch-Museum. Hat uns sehr gefallen und wir bedanken uns herzlich bei den Herren Rathkolb und Vesulak. Das es zum Abschied die Puch-Ehrennadel gab, rundet diesen schönen Tag ab.
In die Pension möchten wir noch nicht und fahren deshalb nach Osten - in die Oststeiermark, das sogenannte Thermenland. Die Reise fängt ganz gut an und führt zu sehenswerten Bauwerken ....
.... wie diesem Hofgut. Aber recht schnell wird die Gegend flach und ein wenig langweilig.
Ungewöhnlich die grossen Apfelplantagen, die mit dunkelem Stoff gegen Vögel geschützt sind und wie ein riesiger Trauerflor wirken. Und dazwischen Felder mit Kürbissen, denn hier beginnt auch der Anbau der Früchte für das berühmte steirische Kernöl, dass ich übrigens sehr schätzen gelernt habe. Fachleute wissen, dass es quasi gegen alles hilft und insbesonder der Manneskraft sehr förderlich sein soll. Mhhhmm..... ein Fläschen sollte ich schon mitnehmen und tatsächlich bekommen wir von Gerhard jeder eines geschenkt.
Trotz der Apfel- und Kürbisfelder verlassen wir die Gegend wieder und suchen uns lieber ein paar Nebenstrecken um den Schöckl herum. Dabei stossen wir auch auf unseren ersten Klapotek, eine klappernde Vogelscheuche, die eigentlich eher in der südlichen und westlichen Weingegend zu finden ist.