Der Reisebericht wars

Heut hab ich keinen rechten Sinn fürs Fahren, statt dessen lese ich den Reisebericht des Kahlgryndigen. Zusammen mit seiner Verena bereist er mit einem F650 Gespann und einer Bullet den Balkan und insbesondere Albanien. Der Bericht ist so gut und schön beschrieben, dass ich gegen 16:00 doch noch das Werkstatttor öffne, die Enfield heraus schiebe und zu einer kleinen Runde starte. Ja, so etwas kann ein guter Reisebericht bewirken.

Hinten herum über Schotten, den Berg bei Stornfels überquert, über die Hungener Seenplatte ins schöne Horlofftal und dann zurück durch den Laubacher Wald. Sind zwar keine 100 Meilen heute, aber doch 90 Kilometer – und das sollte reichen, ein wenig Kondenswasser aus dem Motor verdampfen zu lassen.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Gleich zu Anfang meiner kleinen Tour atme ich tief den wunderbaren Geruch frisch gemähten Grases ein. Dürfte aber so ziemlich das letzte mal in diesem Jahr sein.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Ein Schloß im Bild ist immer gut, und da reicht auch das nette, kleine Schlößchen in Hungen.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Vorhin das frisch gemähte Gras, dann Temperaturen bis 29°C und nun bereits das raschelnde Laub im Horlofftal an Hermanns Brünnchen: Heut treffen sich die Jahreszeiten.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Und gut, dass ich den leichten Kradanzug gewählt habe: Wie erwähnt, 29°C. Aber so passt das.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Und noch ein altes Gemäuer: Die kleine Kapelle nahe Laubach. Jetzt aber gehts heim, und die 90 Kilometer haben es geschafft, mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Gute Enfield!

 

Na ja …..

Gegen 15:00 erkenne ich heute, dass dieser Tag eigentlich ideal für eine kleine Motorradrunde ist. OK, also schnell umgezogen und dann auf die Sportster. Aber ich weiss weder, wohin ich will, noch warum ich überhaupt fahre. Wahrscheinlich gebe ich lediglich dem zwanghaften Drang nach, bei gutem Wetter kradieren zu müssen. Keine gute Entscheidung, so automatisiert zu handeln –  und entsprechend mittelmäßig verläuft meine Fahrt heute.

Schon beim Start spüre ich leichte Kopfschmerzen, bin unkonzentriert und kriege in den Kurven keine vernünftige Linie zusammen. Ist mehr so ein Kurvengestümper und daher nehme ich mein Tempo dann drastisch zurück.

Über Alsfeld und das Schwalmtal halte ich auf Lauterbach zu, um dann wieder über Frischborn in Richtung Dirlammen zu fahren. Das Wetter ist eigentlich perfekt – eigentlich. Aber neben der fehlenden Konzentration kämpfe ich mit dem grellen Gegenlicht der tiefstehende Sonne. Oder anders gesagt: Heute nervt mich alles.

Sportster 883

Die erste kleine Rast gönne ich mir zwischen Frischborn und Hopfmannsfeld. Das ist eine sehr schöne Strecke, allerdings mit miserablem Strassenbelag. Und überall sehe ich heute die Zeichen des nahen Herbstes.

Harleys auf dem Hoherodskopf

Dann zirkele ich hoch auf den Hoherodskopf, aber auch da halte ich mich nur ganz kurz auf: Langweilig, immer dasselbe, was also soll ich hier?

Auf der Weiterfahrt finde ich dann möglicherweise die Ursache für diesen seltsamen Tag: Es ist der Abschied des Sommers, und so ein Abschied ist immer mit einer leichten Melancholie verbunden. Genau, das ist es: Die trübe Aussicht auf den langen Winter. Da werde ich diesen Sommer wohl noch oft vermissen, obwohl der ja in diesem Jahr auch nicht so toll war.

Na ja, so komme ich dann am Ende meiner rund 90 Meilen doch noch ins Reine mit mir und diesem Tag. Die letzten Meilen kann ich die Fahrt dann sogar noch geniessen.

Der frühe Vogel …..

Jaja, weiss ich doch. Und es war auch genau so geplant: In der Erwartung eines extrem heissen Tages will ich um 5:00 aufstehen, frühstücken und dann durch den kühlen Morgen bollern, solange es die Temperaturen zulassen.

Dummerweise ist erneut der innere Schweinehund zu stark für mich und so kommt es, dass ich einfach liegen bleibe und erst zur gewohnten Stunde aus den Federn komme. Weil ich aber ohnehin eine Kleinigkeit zu erledigen habe, starte ich gegen 8:30 die Enfield, erledige meine Angelegenheit und bollere anschließend noch 80 km durch das schöne Tal der Felda – ohne dabei auch nur ein Sträßchen mehrfach zu befahren.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Das Wetter ist perfekt: Sonnenschein, aber noch keine extremen Temperaturen. Es fährt sich einfach wunderbar. Hier schaue ich in das durch Moränen entstandene Tal zwischen Nieder-Ohmen und Elpenrod.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Und ich besuche einen kleinen Bachlauf an einer vergessenen Brücke unweit von Niedergemünden.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Mit meiner leichten Rollerbekleidung liege ich bisher goldrichtig.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Die alte Kate bei Wäldershausen ist der Zugang zu einem Landschaftsschutzgebiet.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Wohl auch vergessen: Altes Eisen, dass einmal als Eisenbahnbrücke über die Ohm geführt hat.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Unweit von Hainbach liegt meine private kleine Toscana. Und mitten in der Hitze dieses Sommertages glaube ich doch schon die ersten Anzeichen des Indian Summer zu erkennen.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Nun sagt selbst: Ist das schon der Indian Summer oder narrt mich ein Spuk?

Ab 10:30 wird es dann doch wieder extrem heiss, so heiss, dass jeder Stop zur Qual wird. Aber da bin ich auch schon wieder an der Tankstelle in Flensungen und damit so gut wie zu Hause. Waren aber wunderbare 80 Kilometerchen, und der Motor ist dabei auch gut warm geworden. Und so soll es sein.

Oldtimer GP Schotten 2016

Freitags kam mir die Testfahrt mit der Duke dazwischen, am Samstag der Regen, aber ganz ohne Besuch des Oldtimer Grand Prix in Schotten möchte ich dieses Wochenende auch nicht erleben. Habe mich für 8:00 mit Jürgen und Bärbel aus Sellnrod verabredet und wir wollen gemeinsam mit einigen weiteren Bekannten den GP besuchen.

8:00 schaff ich natürlich nicht, aber um 8:45 bin ich tatsächlich im Nachbarort. Allerdings haben ausnahmslos alle Bekannte in letzter Minute die Mitfahrt abgesagt – natürlich wegen des Wetters. Jürgen und Bärbel allerdings frühstücken noch im Garten, so dass wir dann doch zusammen aufbrechen können.

Vespa GTS

Wie man sieht bin ich mit der Vespa gekommen, aber für richtige Motorräder ist die Fahrt bis Schotten einfach zu kurz und für einen Umweg ist das Wetter zu schlecht. Meine beiden Begleiter allerdings nehmen die Triumph Thruxton – und das ist auch das einzig schöne an der Fahrt: Als Hinterherfahrender den Sound der Thruxton zu geniessen.

Oldtimer GP 2016

Und schon sind wir in Schotten auf dem Besucherparkplatz, der auch lange nicht so voll ist wie sonst: Das Wetter hat der Veranstaltung richtig weh getan.

Oldtimer GP 2016

Und so ist die relativ kurze Reihe der Besuchermaschinen flott abgeschritten. Richtige Klassiker sind diesmal auch auffällig dünn gesät.

Oldtimer GP 2016

Die Kawasaki-Meile wertet den GP wirklich auf. Ohne diese Stände sähe es hier recht traurig aus.

Oldtimer GP 2016

Stuntvorführungen mit Kawasakis – die Stuntmen habens natürlich drauf.

Oldtimer GP 2016

Jürgen hat sich in einen Cafe-Racer Umbau der W800 verliebt.

Oldtimer GP 2016

Mir dagegen gefällt diese rote W800 noch besser. Und natürlich sind die W-Koryphäen Martin und Hans-Peter hier anzutreffen. Man kennt sich halt in W-Kreisen.

Oldtimer GP 2016

Eine recht nett modifizierte Vulcan, die ein wenig an die klassischen Dreizylinder-Zweitakter von Kawasaki erinnert. Nur der Motor …..

Oldtimer GP 2016

Auch die W als Scrambler gefällt durchaus.

Oldtimer GP 2016

Die Eleganz der alten Zweitakter ist schon bemerkenswert.

Oldtimer GP 2016

Die kleine Ausstellung des Münch-Clubs hat auch schon Tradition.

Oldtimer GP 2016

Ein wenig folge ich sogar dem Renngeschehen, aber nur wegen des schönen 4-Takt-Sounds.

Oldtimer GP 2016

Grün dominiert auf der Rennstrecke, auch wenn es nur die Aufprallschützer betrifft.


Ein kleiner Ausschnitt aus dem Rennen der Gespanne

Oldtimer GP 2016

Weiter ins Fahrerlager, wo uns dieser hübsche Racer empfängt. Scheint mir lediglich die chinesische Kopie einer klassischen Rennmaschine zu sein. Aber hübsch isse. Wie ich später allerdings von Lothar erfahre, liege ich mit meiner Einschätzung stark daneben: Es ist tatsächlich ein 50 ccm Honda Production Racer aus den 70ern. So kann man sich täuschen.

Oldtimer GP 2016

Kurzer Besuch beim GTÜ-Mann Bernd Albert, der in zwei Gespann- und einer Soloklasse mitfährt.

Oldtimer GP 2016

Wie gewohnt gibt es im Fahrerlager etliche Verkaufsstände, wobei mir aber viele Preise recht überzogen erscheinen. Aber ich wollt ja eh nix kaufen.

Oldtimer GP 2016

Hier erlebe ich gerade den vierten Wolkenbruch des Tages. Zum Glück gibt es aber ausreichend Möglichkeiten, sich unter zu stellen.

Oldtimer GP 2016

Auf der Strasse Richtung Gedern gibt es eine weitere Phalanx von Besuchermaschinen. Die schwarze Commando hat es mir besonders angetan.

Oldtimer GP 2016

Bärbel gefällt die alte Regina besonders gut. Bei der Gelegenheit entdecke ich ein Plakat, dass auf das Horex-Treffen in Burgholzhausen vom 9. bis 11. September hinweist. Da will ich auf jeden Fall auch wieder hin.

Schotten GP

Ende für heute, jetzt gehts heim.

Gegen 14:00 beenden wir den Besuch in Schotten, der wettermäßig mehr als durchwachsen war. Die vier Regenschauer haben meine Sitzbank völlig durchweicht und auch der am Roller abgelegte Sturzhelm hat etwas Wasser ab bekommen. Aber abgesehen davon war*s nett wie immer.

Das Kontrastprogramm

Das gebe ich mir heute, das Kontrastprogramm. Die Voraussetzung dafür ist aber eine kleine Runde mit der Enfield, die ich gegen 14:00 in Richtung Westen starte.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Gemütlich wird durch die Rabenau und über Lollar in Richtung Wettenberg gebollert. Eine kurzer Blick zurück auf Burg Stauffenberg und weiter geht’s. Die Hitze des Mittags hat ein wenig nachgelassen und es fallen gar ein paar Tröpfchen Regen, was aber nicht sonderlich stört.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Man ahnt es schon: Hier bin ich am Ziel: Beim KTM Händler Schleenbecker in Krofdorf-Gleiberg.

KTM Duke 690R

Gerade wird die KTM Duke 690R, die ich zur Probefahrt erhalten werde, auf die Strasse geschoben.

Und genau das ist mein heutiges Kontrasprogramm: Auf der einen Seite meine gute alte Bullet mit 500 ccm Stoßstangenmotor und 22 PS und einem Motorträger, den man kaum als Fahrwerk bezeichnen kann. Auf der anderen Seite die 690 ccm Duke mit 75 PS, runden 150 kg Gewicht und einem ultrahandlichen Fahrwerk. Jetzt gehe ich in den direkten Fahrvergleich.

KTM Duke 690R

Schon akustisch ist der KTM Single allererste Sahne: Kein Geklapper, kein Geschepper und trotz Euro4 sogar ein angenehmer Auspuffklang. Das beim zu frühen Schalten der Motor in die Kette hackt, merke ich sofort und das passiert mir auch nur ein mal.

KTM Duke 690R

Das Fahrwerk ist ein Gedicht und die Kurvenfreudigkeit ist unglaublich. Aber der Motor übertrifft alles! Hätte nie geglaubt, dass ein solcher Einzylinder möglich ist. Laufruhig, geschmeidig, drehfreudig und dennoch kernig genug. Ich bin begeistert.

KTM Duke 690R

Wettenberg, Vetzberg, Fellingshausen, Frankenbach – durch die Wälder ist das ganz schön kurvig und die Duke ist in ihrem Element. Dann entgegengesetzt zurück. Beim Keltendorf am Dünsberg gibts das Foto fürs Familienalbum und dann gebe ich nach 45 Minuten die KTM zurück – aber ausgesprochen ungern. Und wie man sieht, passt mein Halstuch sogar farblich zur Duke.

Ganz klar: Diese Duke ist mein neues Traummotorrad! So viel Spaß der anderen Art hatte ich schon lange nicht. Nichts gegen meine Boller-Motorräder, die stehen auch nicht zur Debatte. Aber ein Kontrastprogramm täte mir garantiert gut – und zwar genau mit dieser KTM.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Als ich anschliessend auf die Bullet steige, habe ich aber genau so viel Vergnügen damit wie immer. Die Fahrt durch die Salzböde ist damit ebenfalls der reine Genuss. Obwohl: Allmählich kommt diese Strasse in einen derart üblen Zustand, dass es dir die Plomben aus den Zähnen hämmert. Aber es ist wohl kein Geld für eine Erneuerung da.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Fahren wir diese schöne alte Strasse also, so lange sie noch nicht gesperrt ist. Übrigens glaube ich in manchen Waldstücken, bereits die Vorboten des Indian Summer zu entdecken. Das wäre aber arg früh.

Das war also mein heutiges Kontrastprogramm. Mit der Entscheidungsfindung kann ich mir aber wohl noch etwas Zeit lassen, denn laut Herrn Schleenbecker ist die 2016er Duke bereits komplett abverkauft. Und das wundert mich nach der heutigen Testfahrt überhaupt nicht: Das ist einfach ein tolles Motorrad.