Weils so schön ist: Einfach nur Gespann fahren

An diesem Samstag gehts zunächst in die Werkstatt. Will meinen Olkühler anbauen und geh mit den nicht passenden Schläuchen zum Hydraulikspezialisten und Druckschlauchpresser. Der gibt sich viel Mühe, aber es wird nix: Die passende Schlauchgrösse kann er nicht verpressen, die Anschlussstücke haben einen anderen Dichtkonus, der Temperaturbereich der Schläuche reicht nicht. Das ist also was Grösseres und das werde ich heute nicht lösen. Also weiter: Olwechsel mit Filter am Gespann ist angesagt, vor dem Forum-Treffen in Glesien in 14 Tagen ein Muss. Der Ölwechsel ist beim normalen Rotax ja schon eine ziemliche Schweinerei, was aber beim Gespann durch die Unzugänglichkeit noch getoppt wird. Aber ist natürlich alles lösbar. Dann bringt der Postbote (leider nicht die schöne Conny) das bestellte Vorderrad-Schutzblech von Tante Luise. Das wird auch noch angebaut. Aber dann muss ich raus, muss fahren. Ist mittlerweile 17:00, das Wetter ist schön, jetzt hält mich nichts mehr.

So allmählich hab ich m ein Silverstar Gespann da, wo ich es haben will: 16″ Rad vorn, 15″ Rad hinten, Motek-Schwinge, grosser Tank, breiter Lenker und und und. Dennoch fehlen immer noch ein paar Kleinigkeiten bzw. passen ein paar Dinge nicht richtig. Zum Beispiel die hinteren Stossdämpfer! Trotz Gespannfedern zu weich, knallen auch manchmal richtig durch. Das Bootsfederbein ist ebenfalls noch nicht optimal, ausserdem muss ich nochmal an die Bootsbremse. Und insgesamt steht mir das Boot seit dem Umbau auf die kleineren Maschinenräder etwas zu hoch. Aber das Gespann fährt, und sogar recht gut. Die Schwinge bringts einfach – Linkskurven sind jetzt ein Kinderspiel und kein Kraftakt mehr. Aber jetzt fährt sich wieder alles ein wenig anders und das heisst für mich schon wieder: Üben, üben, üben. Und das mach ich heute auf 150 ziellosen Kilometern durch Vogelsbergkreis, Marburger Land und den Kreis Giessen. Und wie so oft: Mit jedem Kilometer wirds besser. Das Forums-Treffen kann kommen!

Jetzt hab ich auch vorn ein Schutzblech dran. Ist ein günstiges Teil von Louis, verchromt, und macht eigentlich keinen so üblen Eindruck. Obwohl Hermann meinte, die rosten schon beim Zugucken. Ist allerdings für ein 18- oder 19" Rad und passt nicht 100 prozentig über mein 16" Rad. Geht aber so, oder?

Das Schutzblech hab ich mit dicken Bandgummilagen an der Schwinge befestigt. Mal sehen, wie lange es die Vibrationen des Rotax aushält. Hab auch bei ebay schon ein VA-Schutzblech geordert. And now, Gentleman, start your engine.

Beim ersten Stop im Kirtorfer Wald ein Blick auf die Ölleitungen: Sind auch nach dem Ölwechsel dicht, so soll es sein.

Immer wieder nett: Die kleine Schützhütte nahe der Autobahn.

Später, sehr viel später an der Grillhütte bei Lauter. Hier hab ich 1986 die erste Abteilungsfeier meines Brötchengebers mitgemacht - war erst wenige Wochen vorher eingestellt worde - und bin heute noch da!

 

Das Schild an der Grillhütte stimmt: Zur schönen Aussicht. Hier der Blick auf Grünberg.

Und noch später der letzte Stop auf der Anhöhe zwischen Ruppertenrod und Elbenrod. Jetzt fängt es schon an zu dämmern und es wird angenehm kühl. Eigentlich könnte ich noch weiter fahren, aber mein Magen hat andere Pläne. Also ab nach hause, sind jetzt nur noch 10 km.

 

Wiedersehen mit einem Viadukt

Seit Dienstag Dauerregen in unserer Region, aber am Feitag wirds doch langsam besser. Gegen 18:00 wage ich einen kleinen Ausritt. Will eigentlich nur mal über meine Hausstrecke düsen (Elpenrod, Nieder-Gemünden, Rülfenrod, Ehringshausen, Ermenrod, Hainbach, Otterbach), aber diese 30 km reichen mir nicht und ich beschliesse, den alten Viadukt bei Alsfeld zu suchen, den ich vor 25 Jahren mal auf den schönen Fahrten mit meiner Maico M250B enteckt habe. Ist auch kein Problem, dieses Wiedersehen mit einem Viadukt.

Muss heute viel an die tollen Fahrten denken, die ich Ende der 70er mit meiner damals neu aufgebauten Maico unternommen habe. War sehr viel in der Rhön damit und bin an manchen Tagen über 500 km mit der Maico gefahren. Naja, war damals ein Jahr arbeitslos und hatte alle Zeit der Welt und keine Geldsorgen dabei. Seufz…, Zeit fehlt mir heute wirklich sehr. Häufig hab ich mit der Maico Feld- und Wirtschaftswege befahren und dabei auch mal den alten Viadukt bei Eifa entdeckt. Und heute werde ich den zum zweiten mal entdecken. Unterwegs gibts noch mal einen gewaltigen, aber nur kurzen Regenguss, der die GoreTex Kleidung aber nicht durchdringt.

Kurz vor Eifa runter von der Bundesstrasse und Du fährst direkt auf den gewaltigen Viadukt zu.

Ein schönes Bauwerk, wirkt ein wenig wie aus der Nazi-Zeit. Aber der Beton kann natürlich nichts für die Wirren der damaligen Zeit.

Dann schwing ich mal bewusst auf die Autobahn und fahre 50 km auf dem Betonband, einfach nur, um mich daran zu gewöhnen. Dann noch mal 30 km durchs Ohmtal und ich bin wieder zu hause. Fast jedenfalls, denn 5 km vorher kommt nochmals ein Regenguss der besonderen Art. Aber klar, August in Deutschland heisst ja jetzt wohl Regenzeit und da muss man mit solchen plötzlichen tropischen Güssen rechnen. Also doch noch ein wenig nass geworden, aber was macht das schon.

 

Hünfeld – wir kommen

Gutes Motorrad zu verkaufen – so hat der Vorbesitzer seinerzeit die Polizei-500R im SR500-Forum angeboten. Noch nie war mir so klar wie heute, dass das die absolut passende Formulierung ist. Um 17:00 an diesem freien Montag schnapp ich mir meine 500R und wir ziehen über Lauterbach und Schlitz in Richtung Hünfeld. Nun hab ich ja mittlerweile 2 verpatzte Fahrten nach Hünfeld hinter mir: Einmal bin ich in Fulda gelandet, das andere mal in Bad Salzschlirf. Aber heute wird es klappen, da bin ich mir sicher. Gut vorbereitet und mit dem guten Motorrad unterm Hintern heisst die heutige Devise: Hünfeld – wir kommen.

Schon nach wenigen Kilometern spüre ich, dass heute irgend etwas anders ist. Die Gegend um mich herum erscheint mir fast unnatürlich klar und schön – alles superscharf. Und die 500 R läuft besser als je zuvor, geradezu wie ein Uhrwerk. Wir spulen die Kilometer nur so ab und sind ruckzuck in Hünfeld – ohne uns auch nur einmal zu verfahren. Die Strecke zwischen Schlitz und Hünfeld ist allerdings alles andere als schön, da muss ich noch nach Alternativen suchen. Überraschenderweise gibts heute auch keine Pinkelpausen, obwohl ich mein Zeitlimit längst überschritten habe. Es wird einfach nur gefahren, ohne anzuhalten. Es ist eben irgendwie anders heute – alles. Hünfeld verlasse ich sehr schnell in Richtung Mackenzell, und hier wirds jetzt wieder richtig schön. Dann kilometerlang durchs kurvige Nüsttal, mittendrin wird nach Haselstein abgebogen. Von dort fahre ich weiträumig in Richtung Bad Hersfeld, leider ein paar Kilometer auf der schrecklichen B27, die sich schlimmer fährt als jede Autobahn. Bei nächster Gelegenheit also runter und eine Nebenstrecke durchs Haunetal in Richtung Niederaula genommen. Beim Abbiegen stehe ich eine geschlagene Viertelstunde mitten auf der B27, weil links eine Bahnschranke geschlossen ist, die 3 ellenlange Züge durchlässt. Katastrophe bei der Hitze. Aber die extremen Kurven und Serpentinen des Haunetals entschädigen dafür. Von Niederaula gehts dann über Schrecksbach und das Antrifttal zurück. 200 km mit meinem guten Motorrad. Als ich ankomme, ist es fast dunkel – eine schöne Fahrt mit Höhen und Tiefen.

Der erste Stop erst nach weit über 100 km - völlig ungewöhnlich für mich. Ein seltsamer Tag. An dieser Tanke in Niederaula gibts nur einen Energydrink, die 500 R braucht noch nix.

Bei Breidenbach/Herzberg biege ich ab in Richtung Schrecksbach und sehe dieses atemberaubende Tal. Kommt leider auf dem Foto nicht rüber, aber real sah das hier toll aus.

Stopp in Heidelbach beim "-Rad Müller. Hat fast nur noch Quads und Roller im Laden, lediglich 3 Motorräder. Eine schöne 1000er Aprilia und eine gut gebrauchte Seven Fifty gefallen mir ganz gut.

Vockenrod bei untergehender Sonne und eingestaubt durch etliche Mähdrescher. Erneut gelingt mir kein Foto, dass diese Atmosphäre rüberbringt - Mist.

Abenddämmerung am Waldrand bei Arnshain. Jaja, das schöne Antrifttal!

 

 

Probefahrt nach Schwingenumbau

Nachdem ich den Vormittag mit Werkstatt aufräumen und ein paar Schraubereien an der Polizei-Rotax verbracht habe, gehts mittags auf eine erste richtige Probefahrt mit dem umgebauten Gespann. Das vorn kein Schutzblech eingebaut ist und das die Bremsleitung gegen eine längere getauscht werden muss, stört mich jetzt nicht. Das Silverstar Gespann ist fahrbereit und ich will jetzt fahren! Die Sonne knallt, es ist tierisch heiss und ich mache mich auf eine kleine Probefahrt nach Schwingenumbau.

Der erste Eindruck: Das Gespann lässt sich jetzt richtig lnken! Es fährt wirklich und wahrhaftig dahin, wo ich hin steuere. Keine hoppeln und schieben mehr, Linkskurven fahren sich ohne Anstrengung und ich muss aufpassen, dass ich die nicht viel zu schnell angehe. Aber in Rechtskurven scheint das Boot noch schneller hochzukommen als vorher. Mindestens zwei mal kommt der Velorex heute hoch, einmal erschreckt er mich damit, das andere mal nicht. Vielleicht könnte das Boot wirklich etwas tiefer gestellt werden, aber erstmal fahren. Vieleicht ist es ja auch Gewohnheitssache. Jedenfalls ist das Fahren um Klassen besser geworden. Die Übersetzung mit dem 16er Ritzel passt jetzt, in Verbindung mit dem 15″ Hinterrad, auch sehr gut. Jetzt kann auch im 5 Gang gefahren werden. Durch das fehlende Schutzblech sehe ich den bösen Schlag des neuen Vorderrades sehr deutlich. Blöde Sache, warum wird einem bloss immer wieder so ein Murks verkauft. Aber egal, dadurch lass ich mir den Spass am „neuen“ Gespann nicht vermiesen. Es fährt sich nämlich wirklich wie ein neues Motorrad.

Meine beiden Silbersterne in Erwartung der Ausfahrt.

Die 5 km zwischen Windhausen und Köddingen haben es in sich. Bis auf ein paar Bauern bei der Ernte bin ich auf der Strecke alleine.

Die neue Schwinge hat das Fahrverhalten um Grössenordnungen verbessert. Ein teurer Spass, aber ich möchte das Teil nicht mehr missen. Die Hagon Federbeine scheinen zwar sehr hart, aber beim Fahren ist das nicht zu spüren.

Auch das 15" Hinterrad hat natürlich einen Anteil am neuen Fahrverhalten. Bin mal gespannt, wie lange der Reifen darauf hält. Im Moment ist ein Firestone drauf und einen Ersatzreifen hab ich auch schon in der Werkstatt liegen.

Jetzt der Aufstieg in den hohen Vogelsberg nach Ulrichstein. Hier am Vorwerk in Richtung Bobenhausen. Durch die jetzt passendere Übersetzung läufts viel besser die Berge hoch.

Bei Rülfenrod ein Blick auf die Kurven Richtung Niedergemünden. Nach ca. 150 km fahre ich jetzt wieder nach Hause. Was bleibt mir noch zu tun? Schutzblech vorn besorgen und anbauen, Bremsleitung beschaffen und dann noch der Ölkühler. Ein paar Grad weniger bei dieser Hitze tun dem Motor bestimmt gut.

Komplettumbau mit Hermann

Schraubertag mit Hermann: Nachdem klar war, dass der ES-Motor heute nicht repariert werden konnte, war keineswegs Feierabend. Als die nette Postbotin Conny die Motek-Schwinge für das Silverstar Gespann brachte, stand für ihn fest: Die wird heute noch eingebaut, ebenso das 16″ Vorderrad und das 15″ Hinterrad. OK, also keine langen Pausen, es geht los und es wird ein Komplettumbau mit Hermann.

Mit Hermann zu Schrauben macht enorm Spass und ich alter Sack lerne jedesmal etwas dabei. Wie der Bursche arbeitet: Respekt, Respekt! Jede Schraube, jede Scheibe, jede Mutter wird mit Überlegung und höchster Präzision verarbeitet. Gehudel und Pfusch gibt es nicht und wird auch nicht geduldet. Und wenn irgend etwas nicht exakt passt, dann wird es wieder auseinander gebaut und und passend gemacht. Die Ergebnisse sprechen aber für sich! Solche Schrauber wünscht man sich in den Werkstätten, aber da siehts oft genug anders aus. Toll, diesen Schrauber einen ganzen Tag für sich zu haben. Merci Hermann!

Die hübsche Postbotin hat die Schwinge gebracht und Hermmann hat soeben entschieden, dass diese eingebaut wird, und zwar jetzt. Vorher noch kurz diskutiert, warum Conny ihre neue Suzi GS 500 ständig umwirft, dann noch schnell eine Kippe gedreht, heute sogar mit Filter, und dann gehts los.

Die Gabel ist raus und das Hauptteil der Motek-Schwinge ist bereits eingebaut. Die Motek-Schwinge wurde ursprünglich von Büngert entwickelt und vertrieben - und bei dieser Firma Büngert hat Hermann ein paar Jährchen gearbeitet. Das passt natürlich und ich mach mir überhaupt keine Sorgen, dass die Aktion eventuell schiefgehen könnte - tut sie natürlich auch nicht.

Ein paar Stunden später ist die Schwinge eingebaut, ebenso das neue Vorderrad (3,50x16) und das neue Hinterrad (125R 15), beide mit VA-Speichen. Die ersten Probefahrten sind erfolgreich absolviert, Hermann hat das Boot nach 2 m Fahrt steigen lassen. Zwischendurch muss noch der Brembo-Sattel nachgearbeitet werden, damit die schwimmende Lagerung korrekt arbeiten kann. Das das neue Vorderrad einen bösen Schlag hat, ist weniger schön. Da muss ich nochmal mit dem Händler reden. Ein Schutzblech fehlt, das originale will ich nicht umbauen. Werde ein VA-Blech besorgen. Und die Bremsleitung ist einen Tick zu kurz, da muss eine neue her. Mittlerweile ist es draussen stockfinster.

Gegen Mitternacht ist das Werk vollendet und der Meister packt das Werkzeug zusammen. Jetzt hat Hermann noch rund 150 km Rückfahrt vor sich. Das nächste mal wird ein Zimmer in der hiesigen Pension gemietet - mit Blick auf die Ohm. Unser 55 Quadratmeter-Häuschen hat blöderweise kein Gästezimmer. Klar ist: Alleine hätte ich mit dieser Aktion doch meine Probleme gehabt, da waren etliche Stolpersteine dabei.

Am nächsten Morgen - Hermann ist hoffentlich längst zu Hause angekommen - mach ich mich in die Werkstatt und beginne das gestrige Chaos aufzuräumen. Zuerst kommen meine 3 Rotaxe mal raus - die DQ-Familie ist aber leider nicht vollständig: Das ES 250/1 Gespann ist nicht mal rollfähig. Traurig! Dann wird die Werkstatt aufgeräumt, und zwar so richtig.

Dann weiter mit der nächsten Aktion: Hermann hat gestern einen Tank von ner ollen Honda CB500 mitgebracht. Den will ich in meinem Cafe Racer Projekt verabeiten. Jawohl, die grüne Polizei-500er soll ein hübscher Racer werden. Mal eben den Tank und eine Höckerbank von ebay aufgelegt. Das sieht doch vielversprechend aus.

Jetzt denken wir uns noch die beiden Kotflügel weg, stellen uns ein glänzendes Schwarz oder ein dunkeles British Racing Green vor und schon entsteht vor dem geistigen Auge ein wunderschöner Single.

Hinten passt der Hondatank direkt und perfekt, die vordere Aufhängung muss aber angepasst werden. Als erstes müssen die Sturzbügel weg, das wird noch eben erledigt. Eines steht fest: Diesen Tank bekommt Hermamm nicht wieder - nie nicht.