Es geht weiter mit der Reparatur der Enfield

In früheren Zeiten wäre so etwas undenkbar für mich gewesen: Ein defektes Motorrad, alle benötigten Teile liegen bereit – und ich komme nicht in die Gänge. Liegt sicher am Alter und vielleicht auch daran, dass ich einen zu grossen Fuhrpark unterhalten muss. Die logische Konsequenz wäre, weiter abzuspecken. Immerhin habe ich ja schon gestern meine DKW RT 175S Baustelle erfolgreich nach Bremerhaven versteigert.

Wie auch immer: Am heutigen verregneten Sonntag schleiche ich mich in die Werkstatt und nehme mich der Enfield an.

Der neue Kolben mit Ringen und besonders der neuen TipTop-Ölabstreifer wird zuerst in den Zylinder eingesetzt, erst dann kommt der Kolbenbolzen durchs Kolben- und Pleuelauge. Dazu brauchte ich kurz einen dritte Hand und Nachbar Egon half mit. Vorher hatte ich neue Stehbolzen aus England eingedreht. Jetzt kommt der Zylinderkopf drauf und die langen Kopfmuttern sind ebenfalls neu und laut Hitchcocks in besserer Qualität als das Original.

Natürlich wird bei Arbeiten an der Bullet mit viel Gefühl und mit Drehmomentschlüssel gearbeitet. Trotzdem habe ich bei jeder Schraube Angst, das Gewinde aus dem weichen Alu zu reissen. Aber bisher ging alles gut.

Weiter gehts mit der Montage von neuen Kipphebelböcken von Hitchcocks. Es sind zwar auch Samrat-Teile (wie das Original) aber angeblich wesentlich passgenauer. Mal abwarten, ob sich dadurch die mechanischen Geräusche im Kopf tatsächlich reduzieren. Schön wär’s schon.

Die Ventildeckel bekommen neue Dichtungen, die ich trocken aufsetze. Hoffe, es bleibt dort oben dicht. Aber nach dem ersten Motorprobelauf muss ich die Deckel sowieso wieder abbauen, um die Kopfschrauben erneut mit 30 Nm nachzuziehen. Jetzt noch die Ventile eingestellt, und dann ist Schluss für heute. Vor 10 Jahren hätte ich jetzt bis in die Nacht geschraubt, um den Motor laufen zu hören, aber heute …. siehe weiter oben.

Aber die neue Bosch-Blau-Zündspule wird noch schnell montiert. Ob sie besser ist wie die vorher verbaute weiss ich zwar nicht, aber aus der Historie heraus ist mein Vertrauen zu Bosch schon gross – auch wenn heute „Made in Brazil“ auf dem Spulenkörper steht.

Einmal rund um den Knüll

Für einen Julitag ist es viel zu kalt, dazu stürmisch, und die Regenwahrscheinlichkeit ist auch nicht eben gering. Andererseits soll es morgen noch schlechter werden, sodass ich mich am frühen Mittag doch auf die Suzi setze. Zuerst halte ich auf das Knüllgebirge zu, aber dann entschliesse ich mich, den Knüll nicht zu  befahren, sondern zu umrunden.

Romrod, Alsfeld, Neukirchen -kurvenreichen Kreisstrassen, schnelle Bundesstrassen und sogar Autobahnen werden heute genutzt. Und sogar in einen kleinen Autobahnstau gerate ich heute – aber ihr wisst ja, dass ein Stau mit dem Motorrad irgendwie zu bewältigen ist.

Das Wetter bleibt kalt und stürmisch, aber bis auf ein paar Regentropfen bleibe ich trocken. Eine abwechslungsreiche Fahrt findet nach 200 km ihr Ende.

Von Schrecksbach aus hangele ich mich am Rande des Knülls entlang. Hier wird das Wetter kurzzeitig ein wenig freundlicher, aber die dunklen Wolken bleiben immer in Sichtweite. Es ist aber keinesweg so, dass mir das Wetter nicht gefällt: Etwas Kühle beim Fahren ist sehr angenehm und mir allemal lieber als ein heisser Sommertag.

In Sichtweite des Eisenbergs mit seinem Fernsehturm entschliesse ich mich zu einem Kurzbesuch dort oben.

Ab und zu treffen sich Motorradgruppen oben auf dem Eisenberg, aber heute ist das nicht der Fall. Deshalb gibts hier keinen langen Aufenthalt und beginne den Abstieg in Richtung Neuenstein.

Das kleine Schlösschen in Neuenstein-Aua ist immer einen Besuch wert.

Die Strasse von Neuenstein nach Bad Hersfeld ist gesperrt und so weiche ich ganz gegen meine Gewohnheit auf die Autobahn aus. Auf der A7 gerate ich doch tatsächlich in einen Stau, aber die Suzi trägt mich überall durch. Ich fahre noch ein Stückchen in Richtung Fulda, um bei Oberaula wieder abzufahren. So richtig kann ich dem Autobahnfahren noch immer nichts abgewinnen, obwohl das mit der Suzi schon erträglicher ist als mit meinen Ostböcken.

Zum zweiten mal an diesem Tag komme ich durch Schrecksbach und halte diesmal an dem winzigen Schloss an, in dem sich ein italienisches Restaurant befindet. Den Knüll habe ich jetzt bereits komplett umrundet.

Kurz die Schwalm gestreift und dann über Neustadt nach Stadtallendorf. In den zersiedelten Randbezirken dieser stark industrialisierten Stadt findet sich diese recht hübsch anzusehende Moschee.

Den Katzensprung nach Niederklein zum Motorradhaus Maus mache ich auch noch. Es handelt sich hier um einen laden der ganz anderen Art und ich schaue immer gern hier vorbei. Ab und zu gibt es auch richtig interessante Dinge hier zu sehen.

Nach Autobahnen und Bundesstrassen ist mir jetzt wieder nach den winzigen Vogelsbergpisten. Da komme ich quasi zwangsläufig am Homberger Segelfluggelände vorbei. War ja schon immer der Meinung, dass Fliegen und Motorradfahren ganz eng beieinander liegen.

Auf den letzten Kilometern können die Strassen mir gar nicht klein und winkelig genug sein.

Mit dem Gespann zum Bio-Baumarkt

Unser geplanter Umzug wirft seine Schatten voraus und wir benötigen ein paar spezielle Dinge aus dem Baumarkt – aber es soll aus dem Bio-Baumarkt sein. Zum Glück gibt es so etwas in Ober-Ohmen und die Gelegenheit nutze ich zu einer kleinen Gespanntour am frühen Abend. Und auch diesmal schaffe ich es, meiner Maxime treu zu bleiben, die da lautet: „Für eine Fahrt unter 50 km wird der Rotax grundsätzlich nicht angeworfen.“

Oder um es einfacher zu sagen: Kein Kurzstreckenverkehr mit dem Rotax-Gespann.

Der Baumarkt ist natürlich schon geschlossen, aber ein Mitarbeiter werkelt nebenan und schliesst nur für mich den Laden auf. Beim Plaudern stellt sich heraus, dass er Motorradfahrer ist: Yamaha SR 500 und XS 750. Klar, dass unser Gespräch jetzt noch länger dauert.

Nach dem Biomarkt-Einkauf gehts auf der schnellen B49 nach Grünberg, wo ich mir die Riesenbaustelle meines Brötchengebers in Ruhe anschaue. Sehe ich zwar aus dem Büro jeden Tag, aber heute eben mal ohne das sonst übliche Baustellengewusel. Da ensteht schon ein beeidruckendes Gebäude.

Mittlerweile ist es etwa 19:00, es wird kühler und am Himmel türmen sich helle und dunkle Wolken abwechselnd. In der Ferne gehen Regenschauer nieder, aber der Raum Mücke/Grünberg bleibt verschont.

Noch ein paar Kleinigkeiten aus dem neuen Netto-Markt besorgt und danach über einen gewaltigen Umweg zurück nach Hause.

Die Abendluft ist wunderbar, der Geruch von Wald, Gras und Feldern hängt in der Luft, alles wirkt wie weich gezeichnet. Verkehr hats jetzt auch so gut wie keinen mehr, was die kleine Fahrt zum echten Genuss werden lässt.

Tief ins Hinterland

Eigentlich will ich heute mit den Nachbarn nach Thüringen ins Bratwurstmuseum – eigentlich. Aber weil ich erst gegen 10:30 in die Gänge komme, entscheide ich mich um: Fürs Bratwurstmuseum würden wir zu lange brauchen und wären erst spät abends zurück. Das aber passt heute nicht und so fahren die Nachbarn nach Thüringen und ich begebe mich tief ins Hinterland.Als Hinterland wird die Gegend zwischen Marburg und Biedenkopf an der Grenze von Hessen zu NRW bezeichnet. Ist eine ausgesprochen schöne Ecke – wenn man Bescheid weiss. Wenn nicht, gerät man unweigerlich auf eine der vielen schnellem und hoch frequentierten Bundesstrassen. Aber ich kenne mich ein wenig aus und ausserdem haben schnelle Bundesstrassen seit der Suzuki SV 650 völlig ihren Schrecken verloren – ja, manchmal suche ich diese Schnellstrassen regelrecht. Das unbeständige und schwül-warme Wetter macht mir heute ziemlich zu schaffen, sodass anfangs keine rechte Linie in meine Fahrerei kommt. Egal, ich fahre einfach weiter und nach und nach wird die Sache auch wieder flüssiger. Muss wohl akzeptieren, dass in meinem Alter nicht jeder Tag wie der andere ist und dass mein Biorythmus durchaus Schwankungen unterliegt.

Um 10:30 bin ich in der Motorradhalle und mache die SV startklar. Tja, jetzt stehen schon zwei Suzies dort – leider ist die DR400 noch nicht fahrbereit. Nach MZ ist Suzuki übrigens die Marke, von der ich am meisten Maschinen gefahren habe. Die Nachbarn starten auch gerade ihre beidenBoliden und machen sich auf in Richtung Thüringen.

Ich dagegen fahre über den Ebsdorfergrund und Gladenbach ins Hinterland. Die schönste Strecke dahin ist die zwischen Runzhausen und Niedereisenbach. Hier pausiere ich auf der Höhe kurz vor Bottenhorn. Klar, dass ich bei dem guten Wetter nicht der einzige Motorradfahrer hier bin.

Hier im Hinterland wird es zwischendurch mal richtig kühl und auch etwas dunkeler – ok, immerhin ist eine Regenwahrscheinlichkeit von 63 % prognostiziert. Meinen Plan, über Bad Laasphe und das Raumland jetzt nach NRW abzuschwenken gebe ich aber auf und drehe ab ins schöne Dautphetal.

Jetzt komme ich in Gegenden, die ich nicht mehr kenne – echte weisse Flecken für. Das macht aber natürlich nichts, denn die Gegend ist wunderbar und die Nebenstrecken leer. Als ich überhaupt nicht mehr weiss, wo ich mich gerade befinde, komme ich wieder auf die B62 – von dieser Bundesstrasse aus finde ich immer nach Hause, auch ohne Karte.

Einen Moment bleibe ich an diesem Plätzchen und beobachte vorbeiziehende Motorradfahrer und Biker. Die B62 ist hier extrem kurvig und stark geschwindigkeitsbeschränkt, aber so mancher Biker brettert hier durch, als gäbe es kein Morgen.

Vor Gladenbach biege ich ab in Richtung Friedensdorf und gerate erneut in völlig neue Gegenden. Dabei drifte ich stark von der Heimatroute ab und komme erst bei Lahntal wieder auf Kurs – natürlich erneut über eine schnelle Bundesstrasse, diesmal die B252.

Die B252 bringt mich in Richtung Naturpark Ederbergland und in Ernsthausen biege ich ab auf die unglaublich schöne Strecke nach Rosenthal. Bei einer kleinen Trinkpause stosse ich auf diese riesigen Pilze im Naturpark.

Von Ernsthausen bis Rosenthal sind es ca 12 km, aber die Strasse ist einmalig und das Fahren hier ist die reine Freude.

Direkt am Ortseingang von Rosenthal gerate ich in einen Schützenumzug mit vielen Teilnehmern – da steht erstmal alles, und das bei der Hitze. Nach wenigen Minuten verliere ich die Nerven und fahre über Seitenstrassen und Feldwege in Richtung Bracht. Gut, dass ich mich in Rosenthal ein wenig auskenne.

Von Rosenthal gehts über das Wohratal nach Kirchhain. Hier hat Wagner Solar ein gewaltiges Werk gebaut – diese Firma ist unglaublich gewachsen. Immerhin haben wir auf unserem Dach auch Solarfelder von Wagner, und durch das starke Wachstum hat Wagner den direkten Service leider aufgegeben. Jetzt müssen wir lokale Handwerksbetriebe mit der Wartung betrauen – schade. Das lief mit Wagner früher besser.

Mittlerweile bin ich wieder im Vogelsberg, genauer: in der Nähe von Kirtorf. Bei Lehrbach hat diese Gemeinde ein neues biologisches Klärwerk gebaut, das geradezu einen Boxenstop erzwingt. Eine schöne Anlage, vorbildlich.

Die Klärbecken wirken geradezu wie subtropische Sumpflandschaften und die Flora hier ist wunderbar. Hier riecht nichts und eine herrliche Ruhe umgibt den abgeschiedenen Ort.

Ich mache mich wieder startklar für die letzten 30 km dieses Tages. Um 16:00 bin ich nach ziemlich genau 250 km wieder zuhause, der Tank ist beinahe leer gefahren. Mein Zustand hat sich wesentlich gebessert, scheinbar habe ich das kleine Tief mit der SV gründlich vertrieben. Und von der hohen Regenwahrscheinlichkeit habe ich überhaupt nichts gemerkt.

Die DR 400 wird abgeholt

Die Abholung der DR 400 in Höingen verläuft locker und unspektakulär – und quasi vor der Haustür liegt dieser Homberger Vorort auch noch. Ein paar Tage später bietet mir der Verkäufer telefonisch eine weitere Enduro an: Eine Kawasaki F11 aus dem Jahre 1972. Dieser 250 ccm Zweitakter könnte mich fast dazu verleiten, mir weitere klassische Enduros ins Haus zu holen – aber zum Glück nur fast.

Angesehen hab ich mir die DR ja bereits vor ein paar Tagen und so ist die Abholung auf dem Hänger schnell erledigt.

Angekommen im neuen Heim. Hier sieht die Suzi recht gut aus, aber der reale Zustand ist nicht so prickelnd. Dennoch: Eine schöne klassische Maschine.

Ein paar nette Kleinigkeiten der Suzi: Der Motor springt prompt an und läuft scheinbar ordentlich, die Sitzbank ist ganz nett bezogen und die Maschine hat einen der seltenen Alutanks. Später erfahre ich, dass alle DR400 einen Alutank hatten …..

Aber natürlich gibts auch etliche Negativpunkte: Der Alutank ist geschweisst und mehrfach übergejaucht, der Auspuff ist durchgerostet, der Drehzahlmesser fehlt und die Elektrik ist völlig marode.

Aber insgesamt gefällt mir die DR 400 von Minute zu Minute besser. Und trotz einer gewissen Hochbeinigkeit komme ich mit beiden Füssen locker auf den Boden.

Nach ein bisschen Strippen zeigt sich das ganze Ausmass der maroden Elektrik: Hier ist sicher eine komplette Neuverkabelung angesagt. Werde bei der Gelegenheit versuchen, einen 12 V – Umbau aus dem GN-Forum zu realisieren.