Erneut nach Londorf…

Ein freier Tag bei bestem Sommerwetter – und ich habe den ganzen Tag keine Zeit für einen Ausritt. Erst gegen Abend, als ich den letzten Termin dieses Tages antreten will, ergibt sich eine Chance, dies mit dem Motorrad zu tun. Und dann, nach dem Termin, wird noch ein wenig durch Rabenau und Ebsdorfergrund gefahren. So werfe ich also um 17:00 das Rotax-Gespann an und auf verschlungenen Wegen absolviere ich erneut einen Besuch in Londorf.

Heute haben wir im Vogelsberg den bisher heissesten Tag des Jahres mit Temperaturen über 30 Grad. So gesehen ist es also nicht so schlecht, erst am späten Nachmittag das Gespann zu besteigen – da könnte die allergrösste Hitze schon vorbei sein. Aber tatsächlich ist es immer noch verdammt heiss. So einen trockenen Tag, grau und bewölkt, mit Temperaturen unter 20 Grad – das wünsche ich mir mal wieder. Aber heute ist so ein Tag definitiv nicht – wir fahren aber trotzdem.

Die Rabenau bei Odenhausen liegt voll im gleissenden Licht der Sonne. Aber zum Glück ist es in den Waldstücken angenehm kühl, und Waldstücke gibts in der Rabenau mehr als genug.

Noch vor meinem Termin schaue ich mir noch einmal das zu verkaufende Haus in Londorf an. Im Moment könnte ich mir ein Leben hier wieder gut vorstellen.

Ein Grund dafür ist dieses "Ärztehaus", dass direkt um die Ecke des besichtigten Objektes liegt. In unserem Alter ist es nicht dumm, zwei Zahnärzte und einen Naturheilarzt als direkte Nachbarn zu haben.

Jetzt aber ab zu meinem Termin im Londorfer Schlaflabor. Habe gewaltige Schlafstörungen und denen kommt man hier hoffentlich auf die Schliche. Werde wohl noch einmal zu einer Übernachtung hier einrücken müssen. Das tolle an diesem Labor ist, dass alle, wirklich alle Arzthelferinnen wie Models ausehen.

Nach dem Termin im Schlaflabor gehts noch ein wenig durch den Ebsdorfergrund. Hier ist sehr viel Wald und da fährt es sich jetzt äusserst angenehm.

So kommen dann bis kurz vor acht knapp 100 km zusammen, die mich ein wenig mit dem arbeitsreichen Tag versöhnen. Wieder zu Hause steht dort auch Egons Rotax-Gespann und beim Anblick unserer beiden Eintöpfe fällt auf, dass wir schon länger keine gemeinsame Gespannausfahrt mehr hatten. Darüber müssen wir reden.

 

Ein Tag im Wittgensteiner Land

Schon vor ein paar Tagen haben Egon und ich uns für diesen Sonntag mit Klaus aus dem MZ-Forum verabredet. Wir wollen uns eine weitere Tula ansehen, von der Klaus berichtet hat. Für uns Vogelsberger ist der Landstrich am Dreiländereck Hessen, NRW und Rheinland-Pfalz beinahe so etwas wie ein weisser Fleck, aber wir haben ja mit Klaus einen einheimischen Führer. Und nur dank dieser Tatsache verbringen wir einen wunderbaren Tag im Wittgensteiner Land.

Einen einzigen winzig kleinen Makel hatte dieser Tag dennoch für mich: Als bekennender Blümchenpflücker brauche ich viele Fotopasuen – und im Wittgensteiner Land gibt es unendlich viele tolle Landschaften und Orte, die ein Foto wert sind. Aber Egon und auch Klaus brettern einfach durch diese tolle Gegend und denken nicht im Traum daran, für eine kleine Fotosession anzuhalten. Das hat für mich die logische Konsequenz, dass ich in Kürze noch einmal allein in diese Ecke muss – und dann wird an jeder Milchkanne angehalten. Für heute jedoch gibt es deshalb vergleichweise wenige Fotos – leider. Aber dennoch war’s ein toller Fahrtag.

Das Wetter ist bereits am Morgen sehr schön – und wird im Verlauf des Tages noch schöner. Den ersten Stop gibts im Gladenbacher Bergland nahe Runzhausen. Auf dem Stein hat sich der Landrat Baumann verewigt, der zwischen 1952 und 1956 für den Bau dieser Strasse nach Bottenhorn verantwortlich war.

Über Dietzhölztal gehts dann weiter in Richtung Erntebrück. Auf der Wiese steht ein gewaltiger Galloway-Bulle – beeindruckend. Hier sind wir bereits in NRW und bis zum ersten Etappenziel ist es nicht mehr weit……

….. und das ist das BMW-Museum in Erntebrück. Dabei handelt es sich um eine private Institution, von der ich vorher nie etwas gehört habe.

Als erstes fallen mir zwei herrliche Horex Regina am BMW-Museum auf. Die beiden sind zusammen mit einem MZ ES 250/2-Gespann gekommen und ich filme die Abfahrt der drei Maschinen. Dummerweise will die MZ nicht anspringen und muss geschoben werden – aber seht selbst…

… und zwar hier!

Inzwischen sind auch Klaus und Uwe eingetrudelt. Mit den beiden sind wir verabredet und werden uns im Anschluss an den Museumsbesuch eine Tula Muravej anschauen.

Erfahrungsgemäss sieht man vor jedem Museum und auf jeder Ausstellung die interessantesten Maschinen auf dem Parkplatz. Könnte auch hier in Erntebrück so sein – diese 700er Royal Enfield gehört zweifellos dazu.

Natürlich finden sich auch BMW vor dem Museum, so wie diese beiden Gespanne. Sind wohl R51, R67 oder R68, aber so richtig kenne ich mich mit der BMW-Typenreihe nicht mehr aus.

Im Museum dann eine beeindruckende Reihe der bayrischen Maschinen – alle perfekt und unaufdringlich restauriert. Dennoch habe ich eine gewisse Distanz zu dieser Marke. Hatte in meinem langen Motorradleben zwar selbst drei BMW, aber ein echter BMW-Fahrer bin ich nie geworden.

Unter all den meist schwarzen BMW dann auch diese schneeweisse R69.

Auch eine Auswahl an BMW-Rennmaschinen ist hier zu sehen, darunter auch eine der bekannten Muthig-BMW.

Anschliessend führt uns Klaus über verschlungene Wege nach Kreuztal, wo eine Tula zu verkaufen ist.

Und da steht sie: Motor läuft, ein paar Fehlteile gibts und vor allem: Diese Tula hat deutsche Papiere. Peter, der Besitzer, hat das gute Stück aus Moldawien eingeführt und dann mühsam eine deutsche Zulassung erreicht.

Die Tula sollte ursprümglich ein Geschenk für Peters Frau sein. Die hat nämlich früher in Russland ihre Kinder jeden Morgen in die Schule gefahren – auf der Ladefläche der Tula. Aber irgendwie konnte man diese Sache nicht auf deutsche Verhältnisse übertragen. Ach ja: Nach einem Telefonat mit Christian in Potsdam kauft Egon die Tula. Die beiden werden das Lastendreirad unter sich aufteilen.

Weiter gehts jetzt zu Klaus nach Hause. Seine Untermieter haben dieses Planeta-Gespann, dass ich kaufen könnte. Aber ich befinde mich auf der Welle der Vernunft und kaufe gar nichts mehr – vorerst zumindest. Und die letzten Kilometer bis zu Klaus tauschen Uwe ich ich die Maschinen und so komme ich zu meiner ersten Fahrt auf einer Honda NTV. War eine ganz positive Erfahrung.

Abschliessend zu Kaffee und Erdbeertorte bei Klaus und Gattin. Herrlich entspannend ist es jetzt, bei lockerem Gespräch auf dem Balkon über den Dächern von Kreuztal zu sitzen. Ein bisschen vergessen wir Zeit und Raum und verpassen so zwangsläufig unsere Verabredung um 17:00 zuhause. Wir starten erst gegen 18:00 wieder und sind damit um 19:30 wieder im heimischen Vogelsberg – also viel zu spät. Aber was soll’s.

 

Der relativ lange Tag hat unsere Konzentration doch ein wenig mitgenommen – und so verfransen wir uns auf der Rückfahrt zweimal – aber nur gaaanz wenig. Bei immer noch herrlich warmen Wetter zuckeln wir über das Hinterland und das Gladenbacher Bergland zurück in die Heimat. Am Ende des schönen Sonntages haben unsere drei Japaner knapp 260 km mehr auf der Uhr als vorher.

TS 250/1: Die Grenzen eines Arbeitstages

Trotz relativ schlechter Wetterprognose nehme ich für diesen Donnerstag die TS als Fahrzeug für den Arbeitsweg. Eine kleine Fahrt gegen 5:00 morgens und eine längere Fahrt um 16:00 sind natürlich nichts Gewaltiges. Aber immerhin bestimmen sie äusserst positiv die Grenzen eines Arbeitstages.

Mit so einer kleine Fahrt vor und nach einem Arbeitstag sieht die Welt gleich g anz anders aus. Morgens ist es zwar noch verdammt kalt, aber dafür ist es bereits sonnig. Die angekündigten Sturmboen und die unwetterartigen Regenschauer kommen dann gegen Mittag und sind am Nachmittag wieder vorbei gezogen. Bis auf den Sturm, der bleibt bis in den Abend hinein erhalten und wirft die leichte TS ganz oedentlich hin und her.

Herrlich, immer wieder herrlich sind die Fahren in die aufgehende Sonne hinein. Wenn mir jetzt noch die Bilder des Sonnenaufganges gelingen würde, wäre das perfekt. Das nächste mal nehme ich Stativ mit und versuche es mit längeren Belichtungszeiten.

Ausserhalb der aufgehenden Sonne bietet der Morgen das bekannt schöne weiche Aussehen. Und der Zweitakter läuft bei der klaren und sauerstoffreichen Luft besonders gut.

Das sollte ursprünglich kein Selbstportrait werden und eher durch Zufall habe ich mich selbst im Spiegel der Tankblende entdeckt.

Deutlich vor 6:00 bin ich am Arbeitsplatz – und bin doch nicht der erste: Kollege Claus mit dem Grossroller war schneller. Kann sich bei uns beiden doch nur um die senile Bettflucht handeln.

Was geschieht hier: Fukushima in Grünberg? Nein, das nicht, aber einen Gebäudeabriss in der modernsten Form bekommen wir heute geboten.

Um 16:00 gehts auf den Heimweg. Hui, wie pfeifft der Wind und treibt unsere leichte Fuhre aus der Bahn. Achtet auf die Gräser!

Runde 50 km duchs Homberger Umland und das Amöneburger Becken treiben die Reste des Büro-Muffs aus den Gehirnwinkeln.

Zur Werkstatt nach Ulrichstein

So toll ich die SV auch finde und so viel Spass sie mir bereitet: Mit den Gabelfedern muss ich etwas machen. Die sind eindeutig zu weich und auf den schlechten Strassen des Vogelsberges schlägt die Gabel häufig durch. Im Moment schaffe ich es nicht, diese Arbeiten selbst durchzuführen – es ist einfach keine Zeit da. Deshalb beschliesse ich, die Suzi zu TomBike zu bringen und ich arrangiere eine Fahrt nach Ulrichstein zu einem Werkstatt-Termin.

Die Aktion ist nicht ganz unkompliziert, denn Ulrichstein liegt immerhin ca. 30 km entfernt am Rande des Hohen Vogelsberges. Und dazu muss ich ins Büro und dort meine Brötchen verdienen. Also fahre ich am Montag mit der SV ins Büro, bringe sie nach der Arbeit nach Ullrichstein, von wo aus Kollege Claus mich abholt und nach Hause fährt. Am nächsten Morgen fahre ich früh mit Kollege Reinhold ins Büro, um mich dann am Abend wiederum von Claus mit seinem MP3-Grossroller nach Ulrichstein bringen zu lassen. Dort bekomme ich endlich meine gelbe Suzi zurück.

Montag Morgen um kurz nach 5:00 auf dem Weg nach Grünberg – natürlich nicht auf dem direkten Weg. Fahrten in die Sonne hinein finde ich einfach klasse, auch wenn die Temperaturen noch recht gemässigt sind: 6 Grad Celsius.

Wer früh kommt, kann auch früh Feierabend machen und so bin ich noch vor 16:00 auf dem Weg nach Ulrichstein. Klar, dass ich mir dazu eine besonders hübsche Wegstrecke ausgesucht habe.

 

Herrlich ist es, mit der Suzi die einsamen Strässchen des Vogelsberges zu befahren.

Auch einige schnelle Kilometer auf der Bundestrasse zwischen Ulrichstein und Schotten sind heute dabei. An derselben Stelle stand ich auch Gestern zusammen mit Egon auf unseren russischen Zwei- und Dreirädern.

Dann liefere ich die Suzi bei Tombike ab: Neue Gabelfedern, natürlich progressive, dazu neue Simmerringe und Öl. Und wenn die Crew schon mal dabei ist, sollen sie auch gleich die vorderen Bremsklötze und die Zündkerzen wechseln. Die Werkstatt macht einen prima Eindruck und die beiden Inhaber sind äusserst sympatisch.

Am nächsten Tag dann mit Reinhold in die Firma. Dort ist ein anderer Kollege zum ersten mal mit seiner Ducati Hypermotard gekommen. Ein faszinierendes Motorrad, nicht schön im klassischen Sinne, aber eine Fahrmaschine par excelance. Und die sichtbare Technik ist begeisternd.

Abends dann als Beifahrer auf Claus Grossroller zu Tombike – ich kann euch sagen, eine seltsam fremde Erfahrung für mich. Nicht übel, aber ich bin dennoch froh, wieder auf der Suzi zu sitzen – als Fahrer. Noch eben 50 Vogelsberg-Kilometer abgerissen und dann ist diese Aktion beendet.

 

Mit zwei russischen Fahrzeugen zu zwei Grossereignissen

Nach zwei Monaten Planeta-Pause wird es mal wieder Zeit, meine schöne Russin zu bewegen. Umso mehr, also Nachbar Egon mit seiner Tula Muravej zu einer geruhsamen Sonntagsfahrt geladen hat. Ursprünglich wollen wir mit vier Fahrzeugen starten, aber um 10:30 sind nur die Tula und meine Planeta am Start. Macht nix, wir gehen dann eben auf grosse Fahrt mit zwei russischen Fahrzeugen zu zwei Grossereignissen.

Ursprünglich soll die heutige Fahrt über den südlichen Vogelsberg zum Oldtimer Cafe auf die Herrchenhainer Höhe gehen. Das Ziel Oldtimer Cafe bleibt auch bestehen, aber wir werden jetzt über Deckenbach zu einer dörflichen Oldtimer-Veranstaltung fahren. Damit haben wir zwei wunderbare Grossereignisse vor uns und Egon bekommt jede Menge ordentliche Steigungen, um die Gebirgsfähigkeit der Tula zu testen.

Unter grosser öffentlicher Beteiligung starten wir um 11:30 unseren beiden Russenfahrzeuge. Es folgen lange Abschiedszeremonien, denn wer weiss, ob wir unsere Lieben jemals wiedersehen. Aber wir glauben an die überlegene russische Technik und sind guten Mutes, unsere Ziele zu erreichen.

Angekommen in Deckenbach wollen uns die Streckenposten direkt auf die Wiese schicken, wo wir unsere russischen Exoten ausstellen können. Aber das wollen wir heute nicht - heute ist nicht die Zeit des Posens, sondern die Zeit des Fahrens. Jetzt schauen wir uns erstmal bei den Oldtimerfreunden Deckenbach um.

Auch ein paar Markstände sind aufgebaut und bei einem entdecken wir Blechschilder mit historischen Motorradmotiven. Die Preise sind äusserst günstig und so kaufe ich drei Schilder und Egon schnappt sich zwei Schilder ......

..... und zwar mit Motiven des alten deutschen Goggo-Rollers. Warum, dürfte jedem Kenner klar sein: Diesen Goggo-Roller hat die russische Firma Tula (TMZ) damals kopiert, nachgebaut und weiterentwickelt. Auch die Muravej basiert auf dieser Goggo-Technik.

Diese edle Dorfkatze streicht über die sehr schön aufgezogene Veranstaltung der Oldtimerfreunde Deckenbach.

In und um Willi's Scheune spielt sich das Geschehen ab. Als erstes gönne ich mir ein prima Grillsteak.

Und natürlich muss der Flüssigkeitshaushalt ausgeglichen werden, denn die mörderische Anfahrt nach Deckenbach hat Mensch und Maschine auf äusserste gefordert.

Neben der Bar in Willi's Scheune glänzt dieser unglaublich schön restaurierte Holder-Schlepper - ein echtes Kleinod.

Natürlich treffen wir auch auf Bekannte: Arbeitskollegen, Schützenkollegen und sogar einen Teilnehmer des gestrigen MZ-Treffens in Mandeln.

Dieses "Dienstfahrzeug" der Oldtimerfreunde Deckenbach gibt Egon schöne Anregungen, wie er seine Tula zu einem Campingfahrzeug umbauen kann.

Schwerpunkt der Deckenbacher Ausstellung sind zwar landwirtschaftliche Fahrzeuge und Maschinen, aber es gibt auch einige schöne Zweiräder. So eine Zündapp Combinette war doch tatsächlich mein allererstes eigenes Fahrzeug. Bekam ich von meinem Opa und hab darauf das Fahren gelernt.

Und auch so eine niedliche Adler M100 nannte ich eine zeitlang mein eigen. Natürlich darf auch ein Schwälbchen nicht fehlen.

Dieser Feuerwehranhänger wurde zu einem Mini-Wohnwagen im Ikea-Stil umfunktioniert.

Unter den schicken PKW fällt besonders der NSU-Prinz aus dem Marburger Polizeimuseum auf. Egon, der ja bei NSU eine Lehre gemacht hat, weiss einiges über den Prinz zu erzählen.

Die Hanomag-Schlepper im Autolook haben mich schon immer fasziniert.

Auf dem Lanz-Bulldog wird demonstriert, wie damals mit der unbändigen Maschinenkraft Holz gesägt wurde.

Es hat uns in Deckenbach sehr gut gefallen - eine prima Veranstaltung. Dennoch müssen wir jetzt weiter - ansonsten würden wir in Willi's Scheune versacken und müssten uns Stunden später von Ruth abholen lassen. Besser nicht. Bei unseren russischen Nutzfahrzeugen hat sich mittlerweile ein Klassenfeind eingeschlichen, vermutlich, um die überlegene Technik nach Japan zu holen. Wir aber ziehen jetzt weiter in Richtung Hoher Vogelsberg.

Auf den nächsten Kilometern erkenne ich, wie schwer es ist, das Tempo der Tula zu halten: Extrem anstrengend, so langsam zu fahren. In der Ebene und an leichten Steigungen fährt die Ameise konstant 60 km/h, um aber an härteren Steigungen massiv abzufallen. Aber jeder Berg wird allein und ohne fremde Hilfe genommen. An diesem Ort ziehe ich mal für ein paar km davon, damit die Planeta nicht völlig versuckelt. Und dann warte ich, bis die Tula auftaucht und drehe ein Filmchen der rasanten Fahrt.

Auf der Höhenstrasse Richtung Hoherodskopf halten wir an und zu meinem Erstaunen beginnt Egon, die neu entdeckte Langsamkeit zu geniessen. Normalerweise brettert der Bursche mit 90 PS durch den Vogelsberg, aber mit der Tula entdeckt er jetzt völlig neue Dinge, so wie diesen herrlichen Ausblick in den westlichen Vogelsberg.

Nun gehts an den Aufstieg in Richtung Hoherodskopf, als die Tula urplötzlich und schlagartig stehenbleibt. Gerade wollten wir ein Beweisfoto mit einem Schild machen, dass die 700 Höhenmeter dokumentiert, als die Tula streikt. Also ist erstmal Fehlersuche angesagt.

Ich erwarte jetzt, dass Egon das umfangreiche Werkzeug auspackt und loslegt - aber der Kerl hat tatsächlich nichts, aber auch garnichts an Werkzeug dabei. Unglaublich, das geht doch mit einem Russen überhaupt nicht.

OK, der Fehler ist schnell entdeckt: Das Kabel vom Kondensator ist abvibriert. Habe natürlich Werkzeug dabei und so ist der kleine Schaden schnell behoben.

Wie ihr seht, findet die sehr russische Panne bei Kilometer 420 statt - das ist ein sehr guter Wert. Und bedenkt: Wir befinden uns bei 700 Höhenmetern und haben gerade eine 12%ige Steigung genommen. Seht hier den Beweis.

 

Jetzt kämpfen wir uns bis auf die Herrchenhainer Höhe zum Oldtimer Cafe. An der gewaltigen Steigung bei Sichenhausen muss die Tula zwar in den ersten Gang, kommt aber letztlich ohne Probleme hoch. Am Oldtimer Cafe ist die Tula sofort von spontanen Fans umringt, darunter auch Matze, der Wirt.

Matze seziert die Tula und weisst anhand von Dreck, Rost und Kratzern glaubhaft nach, dass die Ameise vielleicht doch etwas mehr als die beim Kauf gezeigten 64 km gelaufen haben könnte. Übrigens: Niemand der Interessierten hat je von Tula gehört und niemand erkennt das Maschinchen. Dabei steht doch auf diesem Schild klar und deutlich der Name: Muravej, was wörtlich Ameise bedeutet, in Fachkreisen aber mit Arschlochameise übersetzt wird.

Das Schildchen auf der Tula

Egon ruft zuhause an und meldet die (fast) pannenfreie Ankunft am Oldtimer Cafe. Ruth scheint ein wenig überrascht, dass dies kein Hilferuf ist und dass der Schandwagen keinesfalls benötigt wird. Jetzt verputzen wir eine Portion Spargel im Schinken-Pfannkuchen. Dabei wird es plötzlich stürmich und der Himmel bewölkt sich gewaltig. Gut, Unwetter waren angekündigt, und so brechen wir nach dem Essen recht zügig auf und hoffen, nicht während der gesamten Rückfahrt nass zu werden.

Bereits nach wenigen Kilometern haben wir die Schlechtwetterfront hinter uns gelassen und wir bleiben tatsächlich komplett trocken. Jetzt tritt noch ein kleines Problem an der Planeta auf: Der Werkzeugdeckel öffnet sich, weil das Schloss sich kaputtvibriert hat. Das ist aber mit einem Gepäckstraps von der Tula in Sekundenschnelle erledigt.

Weiter gehts bei bestem und extrem heissen Wetter. Wir beschliessen, über Schotten und die als Motorradrennstrecke berüchtigte B 276 in Richtung Laubach zu fahren. Auf der Bundesstrasse werden wir dabei die Raser mit dem Tula-Tempo komplett ausbremsen. Fies, oder?

Am Falltorhaus halten wir kurz, um die Knieschleifer-Fraktion schon mal vorzuwarnen.

In dieser Poserkurve brettern die Knieschleifer häufig mit unglaublichem Tempo, aber heute ist alles ruhig. Liegt wahrscheinlich an dem Polizeiwagen, der hinter der Kurve lauert und dessen Besatzung uns mit hochgerecktem Daumen begrüsst. Schliesslich fahren wir mit braven 60 km/h hier durch, obwohl 80 erlaubt sind - aber das schafft die Tula nicht - noch nicht.

Dieses Bild hatte ich fast den ganzen Tag vor mir. Die herrlich eiernden Hardyscheiben der Tula-Achse haben eine beinahe hypnotische Wirkung auf den Hinterherfahrenden. Ach ja: Zeitweise war das einzige Instrument meiner Planeta, dass ein wenig Bewegung zeigte, die Uhr - keinesfalls jedoch der Tachometer.

Nach 120 km schliesst sich auf dem heimischen Hof der Kreis dieses ereignisreichen Tages mit unseren beiden Produkten der überlegenen russischen Technik. Der Spassfaktor war jedenfalls enorm. Jetzt freuen wir uns auf das alte Russentreffen in 14 Tagen.