130 schöne Schwalm-Kilometer mit der Enfield

Nachdem ich die Enfield ja schon fast als Urlaubsmaschine für die Steiermark in Erwägung gezogen habe (ernsthaft!), leide ich nach 14 Bullet-freien Tagen schon ein wenig unter Entzug. Die ersten Tage nach Österreich waren vom Wetter her derart schlecht, dass schier gar nichts ging, aber an diesem Dienstag siehts besser aus – und einen hab ich noch, nämlich einen freien Tag. Nach ein paar Stunden Gartenarbeit und anschliessendem Enfieldschrauben ist es gegen 13:30 so weit, dass ich starten kann. Eigentlich möchte ich nur ein bisschen nachsehen, ob im Vogelsberg noch alles an seinem Platz ist, aber dann fahre ich doch automatisch übers Antrifttal in die Schwalm und absolviere 130 schöne Schwalm-Kilometer.

In den österreichischen Bergen hab ich mir immer wieder vorgestellt, wie diese oder jene Route sich mit der Enfield fahren würde – in den meisten Fällen kam ich zu dem Schluss, dass die Motorcharakteristik sehr gut zu dieser Landschaft gepasst hätte. Und immerhin kam mir ja in Niederösterreich sogar eine Enfield entgegen. Gerade geht durchs Internet der Reisebericht dreier Schwaben, die mit 2 Enfields und einer MZ 125 bis Wladivostok gefahren sind. Und da werde ich doch wohl nach Österreich und Slowenien kommen. Das behalte ich mal auf dem Schirm. Aber heute geniesse ich auch die lächerlichen 130 Kilometer durch die Schwalm. Die fahre ich mit der Enfield heute übrigens schneller als eine ähnliche Entfernung in Österreich mit der Rotax. Eindeutig komme ich in Hessen schneller vorwärts als im österreichischen Gebirge – Kunststück.

Sofort nach dem Ankicken habe ich wieder das breite Enfield-Grinsen im Gesicht und stampfe zunächst durch den Kirtorfer Wald, um beim einsamen Forsthaus von Ober-Gleen den ersten Stop einzulegen. Auf dem Waldweg wird aus meiner 500 Bullet gedanklich ein 350 Scrambler.

Weiter ins und durchs Antrifttal an den Stausee und zum Seerestaurant auf einen Cappuccino. Ist wirklich hübsch hier, aber mir fehlt jetzt seltsamerweise das bergige der letzten Tage.

Trotz des schönen Wetters bin ich der einige Gast - ahja, es ist ja mitten in der Woche, Dienstag. So kann ich meinen Gedanken ein wenig nachhängen und etwas träumen.

Jetzt gehts in die Schwalm und in Wasenberg werfe ich einen Blick aufs Gasthaus Schwalmperle. Nach dem kleinen Päuschen will die Enfield nicht mehr anspringen. Als ich auf Reserve schalte, läuft der Sprit aus den Überläufen der Schwimmerkammer. Ein paar Klopfer gegen das Vergasergehäuse lösen das verklemmte Schwimmernadelventil wieder und es geht weiter.

Nach einer kleinen Schwalmrunde kehre ich über Bernsburg zurück ins Antrifttal. Mitten im Wald vor Bernsburg fahre ich die Teichanlage an und wandele ein wenig über das Gelände. Ist sehr hübsch hier - und sehr ruhig.

Auch wenn heute ein schöner und regenfreier Tag ist, so ist es dennoch recht kalt - es sei denn, Du stehts direkt in der Sonne. Das geb ich mir ein paar Minuten auf dem Arnshainer Hochplateau mit den Windmühlen.

Hier ist ein Teil meiner Umbaumassnahmen zu sehen: Magura 307 Gasdrehgriff, Kupplungs- und Bremshebel von Louis, dicke Griffgummis (die wirklich stark die Vibrationen dämpfen), hybschere Spiegel. Klar, alles nur Kleinigkeiten, aber die Summe machts. Als nächstes verschwinden die elektrischen Nachbau-Schalter und der Dekohebel kommt an den Lenker. Die Nachbau-Schalter gefallen mir überhaupt nicht, sie sind mechanisch, elektrisch und vor allem ergonomisch sehr schlecht.

Auf dem Rückweg halte ich mal wieder an meiner geliebten Schutzhütte. Irgend etwas zieht mich magisch immer wieder an diesen Ort. Es mag die Hütte selbst sein oder auch der alte Garten mit seinem morbiden Charme. Nicht so schön ist hier das permanente Geräusch von der nahen Autobahn.

Hier schaue ich auch mal nach dem Öl, aber die Kontrolle macht mir Probleme. Der Adapter fürs Thermometer ist nicht serienmässig und ich weiss nicht recht, wie hoch der Ölstand hier sein muss. Es ist aber jedenfalls Öl am Peilstab sichtbar.

Mit der gebrauchten Lederjacke von Greg bin ich sehr zufrieden, allerdings hätte ich bei den heutigen Temperaturen gut das Futter einknöpfen können. Aber es geht auch ohne - so gerade. Nach dieser kleinen Schwalmtour fühle ich mich ... einfach besser.

Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub

Der Urlaub ist vorbei, die Silverstar hat mich brav und pannenfrei wieder in den Vogelsberg gebracht. Ein bisschen was zu machen ist aber nach den 2100 Urlaubs-km schon: Kette spannen und ölen, mal nach den Ventilen schauen und vielleicht mach ich sogar einen Ölwechsel. Ein paar Schrauben dürften sich auch gelockert haben und so sind ein paar Werkstattstunden gesichert. Und fahren möchte ich ja auch bald wieder, denn nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub.

Eine ordentliche Reinungung hat meine Silverstar bereits gestern bekommen, jetzt kontrolliere ich alle Speichen und muss tatsächlich einige nachziehen. Die Aktionen mit Kette und dem Öl verschiebe ich erstmal – hab noch keine rechte Lust zum Schrauben. Lieber träume ich noch ein wenig vom Urlaub und plane die nächsten Fahrten.

Frisch geputzt steht die Silverstar im Kreise ihrer silbernen Gefährtinnen. Im Moment befinden sich lediglich drei silberne 500 ccm Einzylinder-Viertakter in meiner Werkstatt und ich überlege ernsthaft, ob das nicht so bleiben sollte.

Eine gewisse Reduzierung würde auch meine Ersatzteilhaltung wesentlich erleichtern. Ich muss ernsthaft darüber nachdenken. Aber gerade die IZH würde mir schon sehr fehlen und dann ist da noch das Projekt Junak .....

 

 

Die ersten Umbauten an der Enfield

Bereits vor dem Urlaub mit den Rotaxen in der Steiermark hatte ich ein paar Teile für die Enfield bestellt oder anderweitig beschafft. So wunderschön die Inderin auch ist – einige Dinge müssen einfach geändert, verbessert oder verschlimmbessert werden. Seit gestern habe ich auch ein wenig Platz in der Werkstatt schaffen können und das ist auch nötig, denn jetzt beginnen die Umbauten.

Noch nie konnte ich ein Motorrad so belassen, wie es aus dem Werk gekommen ist – und diese Tradition wird sich auch bei der Enfield fortsetzen. Für den Anfang schweben mir die kleinen Dingen vor wie Einbau einer Boyer-Bransden-Zündung, ein vernünftiges „englisches“ Rücklicht, ein Magura 307 Gasgriff, bessere Schalter und Hebel und die typischen rundlichen Griffgummis. Angefangen hab ich bereits mit dem Rücklicht.

Am liebsten würde ich ja eine VAPE einbauen, aber die gibt es für meine Enfield nicht. Hab mich dann für die Boyer-Bransden Anlage entschieden, nicht zuletzt aufgrund von positivem Feedback im Russenforum.

Die Komponenten machen keinen schlechten Eindruck, obwohl mir nicht sofort alles klar ist. Deshalb übersetze ich sofort die englische Einbauanleitung.

Ach ja: Eine Übersetzung der englische Einbauanleitung gibt es hier.

Noch vor dem Urlaub habe ich mir ein Lucas-Rücklicht besorgt und angebaut. Hat zwar kein E-Zeichen, aber das ist mir erstmal egal.

 

Reise in die Steiermark: Tag 10

Für den letzten Tag unseres Urlaubes sind die Wetterprognosen sehr schlecht. Wir haben deshalb wenig Hoffnung, trocken bis Passau zu gelangen. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und so starten wir früh nach einem guten Frühstück. Und wir haben Glück und kommen tatsächlich trocken durch Oberösterreich bis nach Deutschland.

Die Route über Ried am Inn und Schärding fährt sich gar nicht übel und bietet fahrerisch einige richtig schöne Passagen. Es ist wesentlich kühler als Gestern und damit viel angenehmer. Die Hitze ist nix für mich.

Wirklich hübsche Ortschaften machen den Abschied von Österreich nochmal richtig schwer.

Die beiden oberösterreichischen Ladies bieten uns zum Abschied einen seltsamen Tanz im Gras. Erst beim Weiterfahren entdecken wir, dass dies eine Schauspielschule ist.

Servus Österreich, wir sind wieder in Deutschland und blicken hier über die Donau auf Passau. Aber wir kommen wieder!

Den Lebenshof mit unserem Gespann haben wir schnell gefunden. Jetzt alles abladen, die Maschinen verzurren und los. Denn wir haben Freitag und das bedeutet viel Verkehr auf der Autobahn.

Und so ist es! Wir brauchen 8 Stunden für die 500 km bis in den Vogelsberg. Noch 4 km vor der heimischen Abfahrt stecken wir im letzten Stau des Tages. Kaum im Auto, kommt der Regen dann gewaltig und stetig. Stellenweise gehts nur noch im Kriechtempo voran - das sind echte Unwetter. Das 10-Tage-Pickerl ist abgelaufen und kann entfernt werden. Unsere braven Emmen haben uns nach über 2000 km gut wieder heim gebracht. Und natürlich hat auch der Opel die 1000 km gut überstanden. Schee war's!

 

Reise in die Steiermark: Tag 9

So schnell kanns gehen und ruckzuck ist unser Urlaub schon wieder fast vorbei. Jedenfalls müssen wir heute den Statteggerwirt verlassen und die Rückfahrt beginnen. Und zu sehen gibt es auf der Rückfahrt auch noch einiges. Gerhard hat eine schöne Route zusammen gestellt, die als Höhepunkte das Eisenerz, das Gesäuse, den Sölkpass, den Stoderzinken und das Salzkammergut bereit hält.

Das meiste haben wir schon am Vorabend auf die Maschinen gepackt, so dass wir noch vor 9:00 starten können. Das Wetter soll heute noch einmal richtig gut werden, bevor es dann ab morgen kippt. Geniessen wir also den womöglich letzten schönen Tag dieses Monats. Bis Leoben nehmen wir freiwillig die Autobahn und dort oben gerate ich doch tatsächlich in Spritnöte. Mein kleiner Tank mit seinen 12 l hat mich oft genervt und für die nächste Tour werde ich temporär den 19 l Acterbistank anbauen.

Wir sind schon froh, als wir die Autobahn wieder verlassen können. Die Route fährt sich ab Trofaiach auch recht schön und immer wieder gibt es besondere Dinge am Wegesrand zu sehen.

Richtig schön und spannend wird die Gegend dann im Eisenerz. Hohe Berge, Kurven, Spitzkehren, Wälder - hier hast Du wieder alles, was das Motorradfahrerherz begehrt.

Was wir auf jeden Fall sehen müssen, ist der Erzberg. Hier finden spektakuläre Motorradrennen statt und natürlich waren anfangs auch viele KTM mit Rotaxmotoren am Start - wenngleich das die wassergekühlten Motoren waren und nicht unser 504.

Wir nähern uns dem Erzberg von oben und je näher wir dem Berg kommen, umso beeindruckender ist er. Schwer vorstellbar, dass hier Motorräder direkt hochfahren und sogar oben ankommen.

Am Fusse des Erzberges treffen wir den Erdinger Motorradfahrer mit seiner LS650, also auch ein Eintopf. Wir überlegen kurz, mit unseren Singles mit Gepäck den Erzberg zu befahren, verzichten dann aber aufgrund der fortgeschrittenen Zeit darauf. Hätten wir aber locker geschafft, diesen kleinen Sprunghügel .....

Weiter gehts in Richtung Nationalpark Gesäuse.

Das Gesäuse ist wunderschön zu befahren, aber eigentlich müsste man hier einen Wandertag einlegen. Die richtige Schönheit dieser Gegend erschliesst sich besser zu Fuss. Aber dazu fehlt uns jetzt die Zeit.

Es stimmt tatsächlich: Im Gesäuse glaubst Du, Du wärst in Kanada. Wobei es hier eigentlich noch schöner ist als in Kanada, weil wesentlich abwechslungsreicher. Natürlich auch nicht so riesig.

Nach dem Nationalpark sind wir stark beeindruckt - aber auch wieder deutlich hinter unserem Zeitplan. Schweren Herzens entschliessen wir uns daher, auf den Abstecher zum Sölkpass und zum Stoderzinken zu verzichten und statt dessen so weit wie möglich in Richtung Passau zu kommen.

Und wir haben ja auch noch einiges vor uns. Unterwegs in Richtung Salzkammergut ist die Strasse wegen Baumfällarbeiten gesperrt. Wir sehen, wie dieser Vollernter innerhalb weniger Minuten rund 10 Bäume fällt, entastet, zersägt und ordentlich ablegt. Danach fegt das Gerät mit einer Baumkrone sogar noch die Strasse. Der Arbeiter im Vordergrund braucht seinen Besen wirklich nur noch zum Abstützen. Und zack, können wir schon wieder vorbeifahren.

An dieser verfallenen Tankstelle müssen wir uns kurz neu ordnen und sind dann bereit für das Salzkammergut. Bin ich vorher noch nie gewesen und stelle es mir kitschig und touristisch überfrachtet vor.

Aber damit liege ich nicht richtig, denn die Gegend ist wahrlich grandios. Und auf etlichen Nebenstrecken und Pässen sind wir ziemlich allein unterwegs.

OK, der Hallstatter See ist schon eine Touristenhochburg. Das berühmte Beinhaus des Ortes lassen wir aufgrund der hohen Touristendichte dann doch lieber links liegen.

Mittlerweile ist es unglaublich heiss und ich bin heilfroh, die dünnere Lederjacke von Greg dabei zu haben.

Bad Goisern kenne ich eigentlich nur durch Hubert von Goisern und seinen Alpinkatzen. Grund genug für ein Beweisfoto: Ich war dort!

Gegen 18:00 hat mich die Hitze derart zermürbt, dass wir nach einer Unterkunft schauen. Wir sind bis kurz vor Vöcklabruck gekommen und hier glaube ich, daheim zu sein: Alle haben wie ich das Kfz-Kennzeichen VB.

Die Suche nach unserer Unterkunft gestaltet sich ein wenig schwierig, bis wir das 4-Sterne-Hotel Am Weinberg gefunden haben. Die Maschinen kommen in die Tiefgarage und wir fallen nach ein paar Bierchen bzw. Weinchen ins Bett.