Berichte von alltäglichen Erlebnissen mit meinen Motorrädern
Archiv der Kategorie: Sportster 883
Unglaublich: Ich und eine Harley Davidson – das geht nicht. Falsch! Bei einer ersten Probefahrt hat mir sogar die kleine 883 ein Grinsen ins Gesicht gemalt.
….. oder der Titel der Geschichte könnte auch lauten: „Der lange Weg von amerikanischem Alteisen aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland“. Anfang August waren Reinhard und ich ja schon einmal in England auf einer Einkaufstour in Sachen MG und hatten dabei von der Harley erfahren. Naja, eigentlich hatte ich sie damals schon so gut wie gekauft.
So machen wir uns heute also erneut auf den Weg nach England, um die Harley abzuholen. Unseren Plan, das mit dem MG zu tun, mussten wir ändern, weil das Auto einfach zu klein für zwei Personen plus Gepäck und Motorradbekleidung ist. Statt dessen kommt mein kleiner FIAT zum Einsatz, der das auch locker hin bekommt.
Das entscheidende an der Fahrt ist für mich, dass wir ohne Hänger oder Transporter fahren. Vielmehr soll die Harley die Rückreise aus eigener Kraft und auf den eigenen Rädern schaffen. Ältere Harleys gelten ja nicht gerade als der Inbegriff der Zuverlässigkeit und so könnte aus unserem Plan schnell ein kleines Abenteuer werden.
Lest also die Geschichte zweier alter Männer, die ein archaisches Motorrad über den Kanal bringen wollen.
Das war also unser kleines England-Abenteuer. Bei Petra und Malcolm war es sehr, sehr angenehm – eben familiär. Das hätten wir bei einem Hotel– oder B&B-Urlaub natürlich nicht gehabt. Deshalb von dieser Stelle noch einmal ein dickes Dankeschön in die Midlands nach Houghton Regis.
Zum ersten mal in meinem Leben interessiere ich mich jetzt für H&D – klar, wenn der Erwerb meiner Sportster kurz bevor steht. Zufällig sind die Käufer meiner W650, Dagmar und Mattes, beide Harley-Fahrer und erzählen mir ein wenig darüber. Die Begriffe Shovelhead, Flathead, Evo muss ich aber erst mal richtig auflösen.
Von den beiden bekomme ich auch Bilder der Shovelhead von Dagmar und ich muss schon sagen: Das sind feine Maschinen. Wenn der hohe Lenker nicht wäre, dann träfe die Shovel ziemlich genau meinen Geschmack.
Angeblich soll die Form der Zylinderdeckel an eine Kohleschaufel erinnern – daher der Name Shovelhead. Erkenne ich jetzt zwar nicht, aber es ist ein netter Name.
Jetzt denke ich mir einen nicht ganz so hohen Lenker daran und schon steht da ein richtig schönes Motorrad.
Ein Bild von einem Motor! Meine kleine Sportster ist allerdings etwas anders aufgebaut und hat nicht mehr das getrennte Getriebe.
….. auf das große Ereignis – auf die Überführung der Sportster aus England in den Vogelsberg auf eigener Achse. Dazu braucht man eine sogenannte Grenzversicherung, die nur der ADAC anbietet – und die muß man auch noch in einer der wenigen ausgewählten Geschäftsstellen persönlich abholen. Ich habe mir die Geschäftsstelle in Mainz ausgesucht und da geht es heute hin.
Reinhard als geborener Mainzer begleitet mich und macht ausserdem noch den Führer beim Bummel durch die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt..
Morgens zunächst der immer noch obligatorische Spaziergang mit Leihhund Yellow, der erfreulicherweise regenfrei verläuft.
Ich kann mir nicht helfen, aber es sieht hier schon alles ein wenig nach Herbst aus. Yellow ist das aber völlig wurscht.
Dann gehts mit dem MG nach Mainz und weil die ADAC-Geschäftsstelle zunächst proppenvoll ist, zeigt mir Reinhard erst einmal die Stadt und natürlich den Rhein, an dem ja die Altstadt liegt. Sehr schön, so ein großes, starkes Gewässer ist einfach was Besonderes.
Von der Rhein-Promenade sieht man hier die Theodor-Heuss-Brücke, über die wir in die Altstadt gekommen sind.
Beeindruckend, der Mainzer Dom. Überhaupt hat Mainz in Sachen historische Gebäude einiges zu bieten. Allerdings sind da auch ein paar Bausünden wie das Rathaus beispielsweise. Aber da ist Mainz in guter Gesellschaft.
mini Bagno – kleine Bäder: Passend, weil zuhause gerade brandaktuell.
Wir legen einige Kilometer in der Mainzer Altstadt zurück, ohne alles gesehen zu haben. Danach eine kleine Pizza und anschließend die Pflicht beim ADAC. Dort bekomme ich tatsächlich meine Grenzversicherung für die Überführung der Sportster aus England mit ihrem britischen Kennzeichen. Kleiner Wermutstropfen: Mit 105 € ist die Police teuerer als angekündigt. Aber dafür hat sie auch eine Gültigkeit von 29 Tagen. England, wir kommen.
So ganz stimmt das mit der Überschrift nicht, aber doch beinahe. Nach längerer Planung machen sich Reinhard und ich auf den Weg nach Südengland, um dort MG-Ersatzteile zu kaufen. Leider findet die Fahrt nicht mit unseren Thunderbird statt, nicht mal unsere MGF nehmen wir. Nein, wir leihen uns einen schnöden Volvo V40 Kombi für die Einkaufsfahrt. Hätten wir geahnt, was mit diesem Auto auf uns zu kommt, wer weiß, ob wir nicht doch ein anderes Fahrzeug gewählt hätten.
Am Sonntag, den 3.8.2014 jedenfalls machen wir uns gegen 12:00 mittags auf den Weg – unsere Einkaufsreise beginnt.
Die Reise durch Belgien ist leider ziemlich langweilig. Für etwas Kurzweil sorgen wir selbst, als wir bei der Ankunft in Seebrügge feststellen, dass unsere Fähre nicht hier, sondern in Dünkirchen abgeht. OK, also noch weitere zwei Stunden durch langweiliges Marschland.
Trotz unserer kleinen Einlage über Seebrügge erreichen wir die Fähre in Dünkirchen noch pünktlich. Dabei war der Plan eigentlich so, das langweilige Gegurke um Calais herum zu sparen. Das haben wir zwear erreicht, aber dafür sind wir um Seebrügge herum gegurkt – was nicht wesentlich besser war.
Schon auf der belgischen Autobahn sind die vielen VW Käfer, Bullis und 1600er aufgefallen – und auf der Fähre sind noch mehr davon zu sehen. Wir erfahren, dass in Belgien ein VW-Treffen statt gefunden hat.
Das Meer hat schon einiges fürs Auge zu bieten.
Zum Beispiel zutrauliche Möven.
Kulinarisch bietet uns die Überfahrt leider wenig: Die Chips & Fish, die wir ausprobieren, sind grottenschlecht.
Reinhard lotst den Volvo durchs nächtliche London und wir nehmen extra einen Umweg über die North Circular Road in Kauf, um das Ace Cafe zu sehen.
Natürlich hat diese Kultstätte um diese nächtliche Stunde längst geschlossen, aber immerhin: Wir waren mal da und sind stolz darauf.
Hinter den spiegelnden Scheiben des Ace sind ein paar besonders schöne Cafe Racer ausgestellt.
Ein letzter Blick aufs Ace und wir ziehen weiter durch London und dann in die Midlands in die Nähe von Luton und Milton Keynes. Ein paar Stunden Schlaf gönnen wir uns auf einem Parkplatz in der Nähe von Milton Keynes, …..
….. um dann am Morgen eine Adresse in Milton Keynes zu suchen. Leider vergeblich, der Ort ist sehr unübersichtlich und wir finden die Adresse nicht. Deshalb gehts weiter nach Luton zu Petra und Malcolm, bei denen wir eine Übernachtung einlegen werden. Die erste Überraschung dort aber sind die Labradors, die zu allem Überfluß auch noch …….
….. gerade Nachwuchs haben. Mit der quirligen Bande haben wir unseren Spaß.
Dann vermitteln uns Petra und Malcolm einen Besuch bei Nachbar Paul, der seine Harley 883 abgeben möchte. Nach einer Probefahrt am nächsten Morgen bin ich überzeugter Harley-Fan.
Gerade mal 9000 Meilen hat die kleine Sportster gelaufen.
Mitnehmen kann ich die Harley natürlich nicht. Also verabschieden wir uns von Petra, Malcolm und den Hunden und haben das sichere Gefühl, bald wieder zu kommen. Und dann wird die Sportster auf eigenen Rädern überführt.
Bye bye Luton und Midlands, jetzt geht es weiter in den Garten Englands, nach Kent. Unseren Einkauf haben wir am Vortag komplett in Sandy bei Nick erledigt und dort alles bekommen, was wir benötigen.
Per Internet haben wir eine Übernachtung in Margate im Glenwood Hotel gebucht. Entgegen aller Warnungen ist das Hotel und auch Margate als Ort keineswegs so schlimm wie vorhergesagt – ganz im Gegenteil. Hier würde ich jederzeit wieder nächtigen.
Schon das Gästebuch ist eine Besonderheit.
Und das Hotelgebäude ist doch sowas von typisch british.
Putzige kleine Zimmer mit allem, was der Reisende braucht: Dusche, Bett, TV, WLAN und Utensilien zum Tee kochen. Dazu ein herrlicher Blick in die Hinterhöfe von Margate.
In Margate war ich ja schon ein paar mal, das erste mal vor rund 30 Jahren. Und ich muß sagen: Der Ort hat sich verbessert und ist hübscher geworden.
Alte Bekannte.
Natürlich gibt es auch das andere Margate, aber das gehört eben auch dazu.
Ich liebe die englische Architektur.
Unser Abendessen nehmen wir auf Empfehlung unseres Hoteliers in Papas Grillstube zu uns und bekommen dort richtig gute Fish & Chips. Und direkt daneben hats diesen herrlichen Scooter-Shop mit Vespa und Lambretta.
Das abendliche Margate zeigt sich von seiner besten Seite.
Am nächsten Morgen erkunden wir Kent ein wenig.
Ein einsamer Scooter Boy in Herne Bay.
So habe ich die Country Side von Kent in Erinnerung: Kleine Sträßchen, die tunnelartig mit Bäumen zugewachsen sind.
Unser Leihvolvo gibt mittlerweile grausige Schleifgeräusche von sich und von einer ordentlichen Bremswirkung kann keine Rede mehr sein. Mehrfach bezweifle ich stark, dass uns dieses Vehikel wieder nach Hause in den Vogelsberg bringen wird. Aber da irre ich mich, denn auch ohne Bremsen und Radlager ist ein alter Volvo noch fahrtüchtig.
Jetzt ist der Scooter Shop geöffnet und natürlich besuche ich den Laden.
TASS heisst der Shop und hier wird viel mit Lambrettas gemacht.
Keine Vespa, sondern chinesische Neco Abruzzi, herrlich dreiste Vespa-Kopien.
Die Welt ist klein: Der Verkäufer hat bis vor kurzem in Hessen als Gärtner gearbeitet und ist jetzt nach Kent zurück gekehrt.
Papa’s Fish & Chips Restaurant wird uns auch heute wieder als Gäste begrüßen. Das Geld-zurück-Angebot unseres Hoteliers haben wir natürlich nicht wahr genommen.
Ein paar Stunden Regen heute – das war alles an schlechtem Wetter. Wir haben es also geschafft, exakt den englischen Sommer zu erwischen.
Wie man sieht, kann die Nordsee auch unfreundlich werden.
Besonders habe ich mich auf den Besuch in Ramsgate gefreut, denn hier war ich schon ein paar mal. Wie schon Margate hat auch dieses Seebad sich erheblich verbessert – obwohl viele Engländer anderer Ansicht sind.
Überall in Kent stösst Du auf diese Schilder: „Pay and Display“ – also erst zahlen, dann anschauen. Hier kostet fast alles Geld.
Der Hafen in Ramsgate.
Im Hintergrund mit den blauen Toren alte Werkstätte und Läden für den Schiffsbedarf.
Leider geschlossen – hätte gern gesehen, was sich wirklich hinter diesem Tor verbirgt. Wahrscheinlich jede Menge alte BSA-Motorräder.
Reinhards Zigarettenkonsum war auf der gesamten Reise drastisch herunter gefahren – aber hier musste es mal sein.
Jetzt noch ein wenig Country side.
Nach einer letzten Übernachtung in Margate brechen wir am nächsten Morgen auf in Richtung Dover. Aber wir haben Zeit, viel Zeit, denn unsere Fähre geht erst um 24:00.
Dover Castle kann natürlich erst nach „Pay & Display“ betreten werden, aber wir finden eine Stelle mit gutem Ausblick auf die Anlage.
Nur mal so als Versuch fragen wir am Hafen an im DFDS-Büro nach einer früheren Fähre. Nachdem die nette Lady zuerst 36 Pfund dafür haben möchte, bekommen wir nach kurzer Diskussion einen Platz um 12:00 mittags ohne Aufpreis. Sehr nette Lady!
Nachdem wir auf der Hinfahrt von alten VW umgeben waren, sind es diesmal Mini Cooper – aber die echten. Es sind die Nachzügler eines Mini-Treffens in Kent, die erst jetzt zurück aufs Festland fahren.
Sehr hübsches Gespann von den Mini-Löwen aus Braunschweig.
Mit dem netten Paar aus Leipzig kommen wir sofort ins Gespräch. Und falls wir mal im Neuseeland Urlaub machen möchten: Die beiden haben eine Ferienwohnung.
Ein letzter Blick auf die Weißen Klippen von Dover, und dann verlassen wir die britische Insel wieder. Aber wahrscheinlich nicht für lange, denn meine Harley 883 wartet schon.
Bei der Überfahrt haben wir traumhaftes Wetter.
Ankunft in Dünkirchen. Jetzt noch runde 700 km Autobahn durch Frankreich, Belgien, Holland und Deutschland und dann hat uns der Vogelsberg wieder. Der Volvo hat die Rückfahrt übrigens tatsächlich überstanden, was ich ehrlich gesagt nicht geglaubt habe. Eben schwedische Qualität.