Im Schneebergland

Endlich wieder ein Zweiradurlaub in Österreich – der aber in vielerlei Hinsicht etwas anders sein wird als unsere früheren Besuche. Zum ersten mal werden wir zu dritt unterwegs sein und die Fahrzeuge unserer Wahl sind ausschließlich Motorroller mit 125 ccm. Mit diesen relativ langsamen Fahrzeugen werden wir mehr von Land und Leuten sehen als mit schnellen Motorrädern, und außerdem sind die kleinen Roller einfach positiver besetzt. Ob diese Überlegungen wirklich aufgehen, werden wir sehen.

Unsere kleine Reise wird am 14. Juni spät abends starten. Dann geht es mit PKW und Hänger, beladen mit zwei Motorrollern auf die Raststätte Rhön bei Fulda, wo wir Hartmut treffen, der seinen Roller ebenfalls auf einem Hänger transportiert. Anschließend ziehen wir im Konvoi durch Bayern nach Österreich unserem Ziel entgegen: Puchberg am Schneeberg in Niederösterreich, das wir gegen Mittag des nächsten Tages erreichen wollen.

So zumindest ist der Plan, aber manchmal kommt es anders als man denkt – so auch diesmal. Doch dazu später.

Tag 1:  Aufbruch, Drama und viel Glück

Tag 2: In den Mühlen der Bürokratie

Tag 3: Der Semmering

Tag 4: Auf dem Schneeberg

Tag 5: Durch die Bucklige Welt

Tag 6: Im Ostteil der Buckligen Welt

Tag 7: Der Rohrbachgraben

Tag 8: Das schöne Helenental

Tag 9: Über den Tellerrand geschaut

Tag 10: Viel zu kurz

 

Tja, viel zu kurz, wie eigentlich jeder Urlaub in Österreich. Natürlich haben wir auch diesmal nicht alles gesehen, was wir uns vorgenommen haben: Den Ötscher, einen magischen Berg in den nördlichen Kalkalpen. Die Befahrung des Semmeringpasses auf zwei Rädern hat auch nicht geklappt, ebenso wie die Umfahrung des Neusiedler Sees oder ein Besuch in Wien oder ein Abstecher nach Ungarn. Bleibt also die Hoffnung auf das nächste Jahr – und darauf freue ich mich jetzt schon

Hier sehen wir hier die drei Protagonisten der Show:

Jürgen

Jürgen, unser erfahrener Österreich-Reisender. Er ist unterwegs mit einem soliden Honda Spacy Roller.

Hartmut

Hartmut aus Bad Brückenau, der Neuling unserer Reisegruppe. Sein Fahrzeug ist ein Yamaha X-Max, der modernste Roller des Feldes.

Berni

Und meine Wenigkeit: Berni mit der fast klassischen Vespa GTS.

Und was die Fahrzeuge angeht: Weder mit dem Honda Spacy noch mit der Vespa GTS gab es Probleme. Jürgens Befürchtungen, dass der kleine Spacy im Gebirge zu schwächlich sein könnte, haben sich nicht bestätigt. Trotz deutlich geringerer Leistung war er der Vespa gerade am Berg sogar etwas überlegen. 10 gesunde Honda-PS gegen 15 italienische Cavalli – dieses Spiel hat Honda für sich entschieden.

Abgesehen davon hätten beide Roller etwas schneller sein können: Mit einer 300er Vespa oder Bellavita wäre manche Situation entspannter gewesen. Aber das nur am Rande.

 


Testfahrt auf Luthers Spuren

Als heute der Regen aufhört und ich mit dem Hundespaziergang durch bin, ist jetzt die Testfahrt mit der Vespa fällig. Ihr wisst schon: Hatte das Beschleunigungsloch zwischen 70 und 80 km/h mit dem (von mir selber) zugekleisterten Luftfiltereinsatz zu tun? Wenn ja, dann müsste es ja mit dem neuen Einsatz weg sein. Also auf den Roller und los.

Außerdem warten zwei weitere Ereignisse auf mich: Das ist zum einen die ADAC Oldtimer Ralley des MSC Horlofftal und zum anderen das Hängertreffen am Falltorhaus.

Die Oldtimer Ralley führt in diesem Jahr auf den Wegen Martin Luthers durch Wetterau und Vogelsberg. Das Studium der Route sagt mir, dass ich den Tross zwischen Freienseen und Laubbach abfangen kann. Da gibt es eine schöne Stelle zwischen zwei Kurven. Und von dort aus ist es dann auch nicht mehr weit zum Hängertreffen am Falltorhaus.

Vespa GTS125

Nach ein paar Kilometern über Sellnrod, Alteinhain und Schotten nach Freienseen kann ich sagen: Das Beschleunigungsloch ist restlos verschwunden. Ist mir auch noch nicht passiert, dass ich ein Fahrzeug auf diese Art gedrosselt habe. Aber jetzt ist alles gut.

Vespa GTS125

An diesem Ort, genau am Abzweig in Richtung Gonterskirchen, werde ich dem Oldtimer Tross auflauern.

Vespa GTS125

Der Roller wird abgestellt, ich greife mir die Fotoausrüstung, lockere die Kleidung ein wenig ………..

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

……. dann kommt auch schon das erste Fahrzeug: Ein Shelby. Wie ich von Egon weiss, starten mehr als 20 dieser Boliden zuerst. Hier also Numero 1.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Da haben sich doch ein paar Zweiräder zwischen die Shelby-Meute gemogelt.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Hier muss ich überlegen, was dieses Fahrzeug mit Oldtimern zu tun hat. Und dann fällt es mir ein: Als Kontrastprogramm hat der MSC etliche Fahrzeuge mit Elektroantrieb mitfahren lassen. Klar, deshalb höre ich auch bis auf das Abrollgeräusch der Reifen nichts. Eine gute Idee. Verglichen mit dem ECOpia werden all unsere heutigen Fahrzeuge Oldtimer sein.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Zwischendurch wirds auch mal richtig alt.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Sobald die Fahrer eine Kamera sehen, treten einige noch mal extra aufs Gas. So krieg ich was geboten.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Meine Lieblinge sind amerikanische BigBlocks.


Einfach Klasse, wie der BigBlock durch die Landschaft wummert.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Und immer wieder zwischendrin alte Kräder, Mopeds und Roller.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Der kleine NSU TT lässt es in der Kurve ordentlich laufen.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Nobel und absolut stilsicher bis zum Jacket.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Das wäre so ein Oldie für mich: Ein Opel Rekord A.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Der DKW 3=6 zieht mit tollem Zweitakt-Spruzz durch die Kehren.

ADAC Oldtimer Fahrt 2017 MSC Horlofftal

Der wunderbare Samba-Bus von VW. Nach diesem kleinen Highlight verlasse ich meinen Beobachtungsplatz und fahre weiter zum Falltorhaus. Mal sehen, was die Motorrad-Anhänger-Fraktion so treibt.

Hängertreffen am Falltorhaus

Am Falltorhaus ist ganz gut was los, allerdings ……….

Hängertreffen am Falltorhaus

……. ist der Zeltplatz der Hängerfraktion extrem dünn besucht. Habe das Gefühl, dieses Treffen findet in jedem Jahr weniger Teilnehmer. Es gibt wohl doch nur wenige Anhängerfreaks.

Hängertreffen am Falltorhaus

Immerhin ein schönes 750er Ural Gespann plus Hänger.

Hängertreffen am Falltorhaus

Die Anhängerfreunde haben natürlich locker Platz für Gepäck und sogar den Schäferhund.

Hängertreffen am Falltorhaus

Goldwings sind natürlich die richtigen Zugfahrzeuge.

Hängertreffen am Falltorhaus

Das für mich interessanteste Hänger-Gespann: Ein kleiner Chinaroller mit Elektroantrieb. Sehr putzig.

Falltorhaus

Und das war’s auch schon mit den Hängern. Ich bummele noch ein wenig über den Platz, begrüße eine Truppe aus meiner alten Heimat RE …….

Falltorhaus

Banne noch schnell die schicke MZ TS250 auf die Linse und damit ist mein Rollertag beinahe beendet. Noch eben 30 Kilometer nach Hause, wo ich noch ein paar winzige Kleinigkeiten an Vespa und Enfield erledige, und das war’s dann für heute.

Nochmal !

War ja klar, dass ich an den überölten Luftfilter der Vespa noch mal ran muss. Hatte deshalb vorgestern schon einen neuen Filter bestellt, der gestern bereits eingetrudelt ist. Und dieser neue Filter ist schon werkseitig ganz leicht eingeölt. Nun kostet so ein Filter gerade mal 6 € und da frage ich mich, ob die Ölpanscherei diese Ersparnis wert ist. Ich sage nein und werde in Zukunft so alle zwei Jahre einen neuen Schaumstoffeinsatz kaufen und vielleicht. aber nur vielleicht, die alten dann irgendwann auswaschen und sanft mit Öl benetzen.

Egal, heute ab mittags donnert, blitzt und regnet es. Da öffne ich die Werkstatttür ganz weit, hocke mich vor den Roller und genieße beim Austausch des Filters das Unwetter.

Vespa GTS125

Und schon ist der Filter gewechselt und alles ist wieder an seinem Platz. Nur die Probefahrt lasse ich ausfallen – wegen der Unwetter.

Enfield Bullet 500 in Athena-Grey

Jetzt putze ich kontrolliere ich die graue Enfield noch ein wenig, besonders die Alu-Schutzbleche bringe ich zum Glänzen: Funkeleisen.

Enfield Bullet 500 in Athena-Grey

Noch eben die Boyer-Bransden Zündung gecheckt, ein paar Schrauben kontrolliert, nach der Kerze geschaut – und schon neigt sich der Tag wieder seinem Ende zu.

Routenplanung

Heute werden Jürgen und ich noch einmal die Tagesrouten für unsere Rollerfahrten in Österreich durchgehen – nicht konkret bis ins letzte Detail, sondern nur grob. Schließlich möchten wir uns keine Zwänge auferlegen und unsere Fahrten auch ein wenig von der Tagesform, dem Wetter, dem allgemeinen Befinden und unserer Lust und Laune abhängig machen. Zu diesem letzten Planungsgespräch vor der Reise schnappe ich mir gegen 16:00 die graue Enfield und bollere über Laubach, Ettingshausen und Harbach nach Reiskirchen.

Reiseplanung im Garten

Die Planung ist erledigt, die Routen stehen in groben Zügen und der Himmel sagt mir, dass sich die prognostizierte Regenwahrscheinlichkeit von Null Prozent wahrscheinlich nicht halten lässt. Also heisst es Bye Bye Jürgen und Ruby und ab in Richtung Vogelsberg.

Enfield Bullet 500 in Athena-Grey

Es ist jetzt beinahe 19:00, die Sonne hat sich zurück gezogen, ein Wind kommt auf und bei Harbach kommen tatsächlich die ersten Tropfen vom Himmel. Aber ich habe Glück und komme trockenen Fusses bis nach Hause. Erst kurz danach kommt richtiger Regen. Hatte an den rund 60 Kilometern auch durchaus meinen Spaß. Besonders freut mich, dass die graue Bullet bisher nicht einmal gezickt hat oder gar ausgefallen ist. In ihrem ersten Leben bei mir gab es eigentlich auf jeder Ausfahrt mehr oder weniger große Probleme. Dennoch denke ich, dass der Motor seine besten Zeiten hinter sich hat und ich irgendwann eine Generalüberholung ins Auge fassen muss. Aber erstmal wird gefahren.

Etwas reichlich …..

Heute kommen alle noch fehlenden Teile, die ich für den großen Service an der Vespa noch brauche. Das ist gut. Weniger gut ist, dass der Luftfiltereinsatz nicht passt: Der Schaumstoff hat eine völlig andere Form. Alles andere, also der Luftfilter für die Varios, die Zündkerze mit Doppelelektrode und das Luftfilteröl sind aber OK. Weil ich heute aber unbedingt den Roller wieder zusammen bauen möchte, wasche ich den alten Schaumstoffeinsatz gründlich aus, kleistere ihn mit Luftfilteröl ein und setze ihn wieder in sein Gehäuse.

Anschließend baue ich die Verkleidungen wieder komplett an, überprüfe alle sichtbaren Schraubverbindungen, ziehe ein paar davon vernünftig an, stelle die Spiegtel ein, schneide ein Gewinde neu, putze und wische ein bisschen herum – und schon ist alles zusammen und die Vespa steht wieder in alter Pracht vor mir.

Die allergrößte Hitze der letzten Tage ist wohl vorbei und so gehe ich gegen 18:00 auf eine 50 Kilometer lange Testfahrt.

Vespa GTS125

Tatsächlich erscheint mir die Vespa jetzt ein wenig flotter – obs an den neuen Varios liegt? Aber dann spüre ich im mittleren Drehzahlbereich so eine Art Bremse – der Motor läuft wie gegen Gummi. Kitzele ich ihn darüber hinaus, ist alles wieder gut. Eine innere Stimme sagt mir, dass ich den alten Luftfilter mit zu viel Öl eingekleistert habe, und jetzt geht dem Motörchen ein wenig die Luft aus. Werde ich also doch noch mal ran müssen – sobald die richtigen Einsätze hier ankommen. Trotz der kleinen Panne verlaufen die 50 km gut und das Wichtigste: Die Varios und der Riemen funktionieren einwandfrei.