250-350-500: Mit drei klassischen Hubräumen ins Knüllgebirge

Bei den Vorhersagen für das Wochenende ist eine kleine Ausfahrt quasi Pflichtübung – aber nicht allein. Als erster sagt Kollege Marcus (250ccm) seine Teilnahme zu, dann Reinhard (350ccm) und etwas unverbindlich ein weiterer Kollegen namens Marco (125ccm). Ja, und dann ich mit 500ccm, ausnahmsweise mal nicht der Hubraumschwächste.

Aufgrund der morgendlichen Kälte werden wir erst um 11:00 starten und der Treffpunkt wird in Lardenbach sein. Bis auf unseren 125ccm-Driver, der gar nicht erscheint, sind alle fast pünktlich – und es ist auch um 11:00 noch ordentlich kalt. Aber von Minute zu Minute wird’s wärmer und wir fahren somit der Wärme entgegen – was allerdings durch die nördliche Lage und die Höhe des Knüllgebirges wieder etwas relativiert wird.

Aber zunächst ein kleiner Rückblick: In den letzten Tagen habe ich es tatsächlich geschafft, die Werkstatt so einzurichten, dass ich ab und zu schon mal ein gesuchtes Teil finde - ein Hauch von Ordnung ist hier im Entstehen begriffen.

Im Nebenraum der Werkstatt habe ich hauptsächlich Rotaxteile eingelagert.

Auf der Werkbank lässt es sich bereits beinahe arbeiten.

Häufig benutzte Werkzeuge haben ihren Platz in diesem Regal gefunden.

Und hier der Versuch, das allgemeine Werkzeug reproduzierbar und übersichtlich unterzubringen.

Gestern habe ich zum ersten mal ein Motorrad, nämlich die Silverstar, in die Werkstatt geschoben um einen kleinen Service durchzuführen. Hier und da ein Tröpfchen Öl, Schrauben auf festen Sitz kontrollieren, Kette nachfetten, eine 130er Hauptdüse in den Vergaser bauen und die Motorentlüftung auf den originalen Stand zurück bauen. Und die heutige Ausfahrt soll zeigen, ob ich alles richtig gemacht habe. Kurz vor 11:00 bin ich startklar .......

... und da bollert auch schon der erste Mitfahrer heran: Reinhard mit der 350er Enduro-Honda.

Und direkt danach läuft Marcus mit der 250er TS ein. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist Marcus einen Tick zu dünn gekleidet, aber der Bursche ist ja noch jung .....

Und schon ziehen wir los und durchqueren den Vogelsberg über das Felda- sowie das Schwalmtal. Erst am Rande des Knüllwaldes gibt es den ersten Stop - viel zu spät für die beiden nikotinabhängigen Mitfahrer. Aber ehrlich gesagt bin ich auch froh über diesen ersten Stop, wenn auch aus anderen Gründen. Wir stehen hier in der Nähe von Ottrau und haben es bis zum Ziel nicht mehr allzu weit.

Hier, an der Nahtstelle von Vogelsberg und Knüllgebirge ist die Landschaft kurzzeitig fast ein wenig langweilig - weshalb wir uns eher mit der besonderen Schönheit unserer Motorräder befassen. Aber je tiefer wir ins Knüllgebirge eindringen, umso abwechslungsreicher und interessanter wird die Landschaft..

Angekommen am Ziel, der Knülljause auf dem Knüllköpfchen nahe Schwarzenborn. Nach der gewaltigen Kilometerleistung von beinahe 70 km zeigen sich die Probanden mit stolzgeschwellter Brust.

Einen schönen heissen Pott Kaffee und die berüchtigte Schwälmer Wurstplatte können wir jetzt alle gebrauchen - und das waren exakt auch unsere Beweggründe für die heutige Fahrt.

Wir sind sicher: Genau das werden wir jetzt und hier in der Knülljause bekommen.

Die erste von drei Schwälmer Wurstplatten wird aufgetragen. Eine halbe Stunde später sind drei Motorradfahrer papppsatt.

Anschliessend besteigen wir den Aussichtsturm auf dem Knüllköpfchen .....

..... von wo aus wir trotz des leicht diesigen Wetters einen grandiosen Ausblick über weite Teile Hessens haben. Hier ein Blick in Richtung der Kuppigen Rhön. Wer aber ganz genau schaut und über das nötige Quentchen Phantasie verfügt, ja der kann am Horizont die Dünen der Nordsee, die Kreidefelsen von Rügen, die schneebedeckten Alpen und sogar den weißen Strand am Mittelmeer erkennen.

Den Rückweg nehmen wir durch die klimatisch wärmere und freundliche Schwalm, von der wir uns auf dem Hochplateau mit den Windmühlen bei Arnshain verabschieden.

Die kurze Zigarettenpause wird zu einer anspruchsvollen technischen Diskussion über die verschiedenen Bauformen von Windrädern genutzt.

Das Ende unseres heutigen kleinen Ausfluges markiert der Hof von Reinhard in Ilsdorf. Ich muss direkt weiter, um pünktlich zu einer Geburtstagsfeier bei Ellen, der Besitzerin von Leihhund Yellow, zu erscheinen. Das wird ein angemessener Ausklang eines schönen Motorradtages in angenehmer Gesellschaft.

 

Und das war unsere heutige Route: Zwar nur 140 km, aber sehr schön zu fahren.

 

Frankfurter Speckgürtel, der Main und ein Motorrad namens G80

Seit der Entdeckung der ebay-Kleinanzeige mit der G80 schlafe ich nicht mehr gut! Dann musste auch noch der erste Besichtigungstermin verschoben werden, aber heute, am Tag der Deutschen Einheit, ist es soweit. Bereits um 7:00 bin ich mit der gelben SV startklar, denn ich muss vor 10:00 am Ziel sein. Dazu muss man wissen, dass ich mich im Rhein-Main-Gebiet quasi überhaupt nicht auskenne und mit einigen Verfahrern rechne.

Um 7:00 ist es noch dunkel, kalt und nebelig – andererseits sind die Strassen noch menschenleer. Da fahre ich eigentlich am liebsten und auch heute gefällt mir diese Fahrt in den beginnenden Tag hinein.

Der Tank reicht noch für ca. 100 km, das sollte genügen. Aber meine Geldbörse ist ziemlich leer und das kann mir nicht gefallen. Wer weiß, ob ich nicht doch ein wenig Bares benötige. Also erst einmal nach Grünberg an den Geldautomaten der Sparkasse. Auch hier bin ich um diese Zeit völlig allein.

Über Grünberg und Hungen geht's in die Wetterau. Auf den Wiesen und Äckern hängt überall der Frühnebel - ein hübscher Anblick. Hier entschliesse ich mich, in Wölfersheim und bis Bruchköbel auf die Autobahn A45 zu fahren.

Auf den gut ausgebauten und um diese Zeit noch leeren Strassen der Wetterau komme ich gut voran - natürlich unter völliger Missachtung des Landstrassen-Limits von 100 km/h. Jetzt geht die Sonne als glutroter Ball auf und verspricht erneut einen warmen und schönen Tag.

Sehr schnell erreiche ich die Auffahrt Wölfersheim und tuckere zwischen 130 und 150 km/h in Richtung Hanau. Auch die Autobahn ist noch herrlich leer, aber es wird wieder nebeliger und der Asphalt ist stellenweise richtig nass.

Eine Pinkelpause gönne ich mir auf dem leeren und leicht verschmuddelten Parkplatz wenige Kilometer vor der Abfahrt Erlensee. Dort verlasse ich aber die A45 und quäle mich durch etliche schlecht beschilderte Orte und grauenhafte Umleitungen über Erlensee, Bruchköbel, Mittel- und Wachenbuchen nach Maintal. Dort muss ich in Dörnigheim die Fähre über den Main finden, was auch nicht gerade einfach ist.

Aber es gelingt - ohne Navi und ohne Karte, aber mit der freundlichen Unterstützung einiger Einheimischer. Eine nette Dame in Bruchköbel versetzt mich beinahe in Panik als sie berichtet, dass die Fähre in Dörnigheim wegen Wartungsarbeiten nicht fährt, aber das erweist sich zum Glück als Irrtum. Später erfahre ich, dass die Rumpenheimer Fähre gerade still steht , also war es nur eine kleine Verwechselung. Hier habe ich die Anlegestelle gefunden und warte auf die Rückkehr der Fähre, was nur wenige Minuten dauert.

Für 60 Cent bringt mich der Fährmann über den Main. Ich liebe Wasser und Fähren und geniesse auch diese kurze Fahrt entsprechend.

Bereits die letzten Kilometer waren wieder sehr nebelig und auf dem Main ist der Nebel noch stärker.

Der Ferryman bringt uns heil über das wilde Gestade und nach ein wenig Sucherei finde ich auch den Ortsteil Dietesheim. Ich erinnere mich, hier vor ein paar Jahren mal eine Hessische Meisterschaft im Grosskaliberschiessen mitgemacht zu haben und es fällt mir ein, dass ich damals ähnlich intensiv suchen musste. Habe aber sehr gut geschossen und einige Titel geholt und das gibt mir Hoffnung auf einen erneut erfolgreichen heutigen Tag. Jetzt habe ich mein Ziel erreicht und es ist noch nicht einmal 9:00.

Und das ist der Grund meiner heutigen frühen Fahrt: Eine Harris Matchless G80 aus den 80er Jahren mit dem 500er Rotax-Motor, wie er mir aus meinen Emmen wohlbekannt ist. Ralf, der Anbieter, wollte damals unbedingt und um jeden Preis dieses Motorrad besitzen und hat auf der Veterama das Prachtstück gekauft. Gefahren hat er es aber so gut wie nie - aber haben wollen reicht auch für mich als Grund völlig aus.

Wir schieben die schöne G80 aus dem engen Hausflur und ich betrachte sie mir ausgiebig. Die englische Schule ist klar erkennbar, obwohl viele italienische Zutaten benutzt wurden: Del'Orto Vergaser (36mm), Pailoli Gabel und Federbeine sowie Brembobremsen. Nach wenigen Sekunden - es mögen auch Milisekunden gewesen sein - bin ich entschlossen, die Matchless zu kaufen.

Das Konzept der Matchless ähnelt durchaus dem der MZ Silverstar, scheint aber konsequenter und mit besseren Zutaten umgesetzt zu sein. Dazu ist die englische Linie sehr gut getroffen und das passt einfach.

Die hintere Bremsanlage kommt mir extremely british vor .....

.... wozu besonders die konische Radnabe beiträgt. Also was soll ich sagen: Ralf und ich sind uns ruckzuck handelseinig, ich hinterlasse eine Anzahlung und packe dafür schon mal etliches an Dokumentation in den Tankrucksack. Abholen werde ich die G80 später.

Zufrieden mit der Aktion trete ich gegen 10:00 wieder die Heimreise an. Jetzt finde ich die Mainfähre sofort und freue mich auf eine weitere kleine Überfahrt.

Der Nebel hat noch einmal an Intensität zugenommen. Für die Rückfahrt verzichte ich auf die Autobahn-Benutzung und quäle mich anfangs wieder durch den Frankfurt-Hanauer Speckgürtel und halte dann über Nidderau auf Friedberg zu. Spätestens ab da kenne ich mich wieder ganz gut aus.

Einmal verfranse ich mich aber noch und bemerke erst hier, am EON-Wasserkraftwerk, dass ich mich quasi schon in Hanau befinde. Also zurück nach Maintal.

Nidderau, Niddatal, Wöllstadt, Friedberg, Reichelsheim, Echzell - ohne Pause treibe ich die SV jetzt bis hoch auf den Berg von Stornfels, dem letzten Ort der Wetterau. Dahinter beginnt schon wieder der Vogelsberg und nun bin ich sehr bald zu Hause. Das muss auch so sein, denn in Lardenbach ist heute Oktoberfest und da will ich mir eine schöne knusprige, salzige und fette Haxe holen. Und so geschieht es.

Rein lesetechnisch sind die nächsten Abende gerettet - und die Themen werden dabei nur Matchless und Rotax heissen. Die nächste Frage ist jetzt aber, was ich nun verkaufen und abgeben soll - denn im Prinzip reite ich nach wie vor auf der Welle der Vernunft und reduziere meinen Fuhrpark. Das mag im Moment anders aussehen, aber es gilt nach wie vor. Ihr werdet sehen!

 

 

Hunde, Vögel und 200 km mit der Silverstar

Seltsam, wie meine vier Hobbies (Motorräder, Hunde, Großkaliber-Schiesssport und Unix-Computer) sich durch mein Leben ziehen und dabei immer wieder ihre Gewichtung ändern. Vor einem Jahr wäre ich bei einem Wetter wie Heute um spätestens 8:00 mit dem Motorrad auf der Strasse gewesen. Heute ist es mir wichtiger, erst mal 90 Minuten mit Leihhund Yellow durch die Landschaft zu wandern. Daran erkenne ich, dass auch in meinem hohen Alter immer noch alles im Fluss ist.

Mein rumänischer Freund benimmt sich heute auch ein wenig anders: Erstmals habe ich den Eindruck, dass Yellow richtig gern ohne Leine läuft. Bisher kam es mir eher so vor, als fühle er sich an der Leine besser und sicherer. Ich glaube jetzt, dass aus Yellow doch noch ein völlig normaler und netter Hund wird.

Wir treiben uns heute ab ca. 9:00 in der Lardenbacher Gemarkung herum und entdecken dabei so einiges.

Der Microkosmos um die Grillhütte und einen alten Tagebau herum empfängt uns mit diesem knorrigen Baum.

Dann banne ich Yellow dreimal auf ein Filmchen:

Aber natürlich werde ich heute auch eine Runde Motorrad fahren und dazu die Solo-Silverstar nehmen. Es wird dann beinahe 13:00, bis ich weg komme und den Vogelsberg komplett durchquere. Vogelsberg, Vogelpark Schotten, Kiebitzgrund – heute verfolgen mich unsere gefiederten Freunde den ganzen Tag.

Unterwegs halte ich in Schlitz, Lauterbach und Heidelbach bei Motorradhändlern an, um mich mal wieder auf einen aktuellen Modellstand zu bringen. Aber jedes ausgestellte Motorrad vergleiche ich mit dem Brit-Bike, dass ich mir morgen in Mühlheim ansehen werde – und da schneiden sie alle schlecht ab. Also im Klartext: Nichts aus den Schaufenstern spricht mich heute an.

Kleine Burgenbesichtigung in Schlitz - und ich bin offensichtlich nicht der Einzige.

Ein riesiges Feld voller Kornblumen zwischen dem Kiebitzgrund und Unterschwarz. Live erscheint das Feld wie ein wogendes, blaues Meer.

In dem dunklen Waldstück zwischen Langenschwarz und Unterschwarz vermute ich, Anzeichen des nahen Indian Summer zu entdecken. Und tatsächlich sind die ersten Boten zu erkennen.

Die Kickerscheune in Hattendorf. Ich werde meinen Arbeitskollegen empfehlen, hierhin einen gemeinsamen Abteilungsausflug zu machen. Bei uns hat sich nämlich eine aktive Kickerrunde heraus gebildet und ich finde, die Truppe sollte sich jetzt auch mal auswärts bewähren.

Über den Hohen Vogelsberg, den Kiebitzgrund, den Kreis Fulda, den Kreis Hersfeld-Rothenburg und die Schwalm schliesst sich jetzt der Kreis zurück in denVogelsberg. Hier stehe ich am Rückhaltebecken der Schwalm im Altkreis Alsfeld.

Nach diesem Selbstportait gehts auf die letzten 50 km bis nach Hause. Bei erneut unglaublichem Sommerwetter mit eigentlich viel zu hohen Temperaturen ist die Reise dann nach gut 200 km zu Ende. Zu Hause gibts noch lecker Mohnkuchen und dann schaue ich mir die Route für Morgen an: Um 7:00 solls bereits losgehen.

 

 

Erkundungsfahrt in die Wetterau

Hundespaziergang, Transport von Küchenbänken – und dann sollte es am Mittag noch mit dem Gespann an und über den Main gehen, um ein ganz besonderes Motorrad zu besichtigen – und womöglich zu kaufen. Der Termin musste dann aber verlegt werden – auf Übermorgen. Das ist zwar ein Montag, aber einer der wenigen Feiertage, die uns als arbeitender Bevölkerung noch geblieben sind. Hätte zwar allzu gern den Termin schon heute wahrgenommen, aber im Nachinein war es doch ganz gut so, wie es gekommen ist. Merke nämlich das ungewöhnlich gute Wetter durch schwankenden Kreislauf und Dormeligkeit sehr deutlich. Da muss ich wohl meinem fortgeschrittenen Alter Tribut zollen.

Aber ein wenig Motorrad muss heute schon sein – wer weiss, wie viele solcher unglaublichen Herbsttage wir dieses Jahr noch bekommen. Also entschliesse ich mich, in die Wetterau zu fahren. Da wäre ich heute auf der Fahrt an den Main ohnehin durchgekommen und so kann ich schon mal einen Teil des Weges für Montag erkunden. Denn wirklich ortskundig bin ich weder in der Wetterau noch am Main.

Unglaubliches Wetter, besser als an den meisten Tagen dieses Sommers. Und dennoch siehst Du schon den Herbst heran nahen, sogar der Indian Summer kündigt sich an manchen Ecken an. Hier, in der Nähe von Nidda-Harb zeigt sich ein wenig von dieser meiner Lieblingsjahreszeit.

Die Wetterau kann wunderschön, aber auch langweilig und sogar nervig sein - und das gesamte Spektrum erfahre ich heute. Dies ist die eher öde Seite dieses Landstriches mit intensiver Landwirtschaft und grossen, eintönigen Äckern.

Dank der Erläuterungen von Arbeitskollege Claus fahre ich heute einige Plätze an, die mir völlig neu sind. Dazu gehört dieses hübsche Schlösschen in Staden. Bis hierher waren es ziemlich genau 45 km, und ich gerate in ein Gespräch mit einem Radfahrer, der aus Frankfurt-Ginnheim kommt und ebenfalls diese 45 km bis hierher hinter sich gebracht hat.

Immer wieder auffällig sind die hübschen und sauberen Orte in der Wetterau. Getrübt wird dies leider allzu oft durch den sehr starken Verkehr hier.

Bis Stammhein fahre ich noch, mache dann aber kehrt und fahre über die Hungener Ecke und das Horlofftal zurück in den Vogelsberg. Hier, an Hermanns Brünnchen an den Gestaden der Horloff, gibt es eine etwas längere Verschnaufpause. Die Dormeligkeit und der Schwindel sind immer noch präsent, aber jetzt werde ich diesen Quälgeistern den Garaus machen.

Mein Geheimtipp dagegen lautet: Big Shock-Riegel! Habe mich endlich wieder mit diesem Wunderwerk der czechischen Medizin eingedeckt und für Fälle wie heute immer einen dieser Riegel dabei. Dazu eine mittlere Flasche eines isotonischen Getränks, und schon fühle ich mich wie neu geboren. Hilft (fast) immer, ehrlich.

Zurück im Vogelsberg hat mich der Big Shock-Riegel derart aufgepeppt, dass ich noch weitere Kilometer mache. Erst nach fast 200 km bin ich bereit, diesen Tag fahrerisch ausklingen zu lassen.

So soll es sein: Während der Mann abenteuerliche Motorradfahren unternimmt, wird zu Hause gewaschen und geputzt .....

Jetzt kommt mein braves Gespann wieder in die Kraftfahrzeughalle, in der nach wie vor Rauchen und offenes Feuer nicht gestattet sind. Trotz Schwindel und leichten Kopfschmerzen war das eine schöne Fahrt, wenngleich ich natürlich lieber bis an und über den Main gefahren wäre. Aber das gibt dann am Montag eine eigene Geschichte. Eines kann ich aber bereits jetzt sagen: Es geht dabei nicht um eine Gilera Bialbero. 🙂

 

Mal wieder: Der Hessenpark in Neu-Anspach

An so einem schönen Frühherbsttag nicht Motorrad zu fahren, wäre ein schwerer Frevel – also wird eine Ausfahrt geplant. Der erste Plan war eine kleine Gespannunterweisung für einen Neuling (Marc) mit anschliessender Gespannausfahrt mit 4 Beiwagenmaschinen. Aber das hat sich leider zerschlagen und so kommt der Hessenpark ins Spiel. Die Tageszeitung berichtet von einer Schlepperschau dort und dass als besondere Attraktion eine gewaltige Kartoffel-Dämpfmaschine vor Ort sein wird, die leckere Kartoffelgerichte für die Besucher herstellt. Und nach drei Jahren Pause sollte man sich den Hessenpark ruhig mal wieder anschauen.

Um 11:00 treffen Ruth, Egon und Reinhard bei mir ein, ich schaue noch schnell nach dem Öl der SV 650 und dann gehts über Hungen und Friedberg nach Neu-Anspach. Rein fahrerisch ist die Route nicht besonders anspruchsvoll, aber heute ist ausnahmsweise mal nicht der Weg das Ziel, sondern das Ankommen.

Über die Fahrt in den Hessenpark gibt es nicht viel zu berichten. Wir bewegen uns meist auf schnellen, aber auch stark befahrenen Bundesstrassen. Nett ist beim Tankstopp in Hungen dieser kleine gelbe Fiat 500, der farblich vorzüglich zu meiner SV passt.

Auch die Mitfahrer mögen den kleinen Reklameflitzer und der Besitzer, ein italienischer Pizzeriabesitzer, ist von der Zusammenstellung in Gelb begeistert.

Wir haben den Hessenpark erreicht und wie erwartet, ist der Besucherandrang enorm. Alle Parkplätze, auch die für Motorräder, sind rappelvoll. Egal, wir stürzen uns mit in das Gewühl.

Hier beginnt der Park und zeigt uns historische Gebäude aus dem Hessenland, quasi ein hessischer Microkosmos.

Für Reinhard, ab heute auch Julius genannt, ist der Besuch eine Premiere. Deshalb hier das Beweisfoto: Reinhard war im Hessenpark.

Der Park empfängt dich mit einem Markplatz, auf dem wiederaufgebaute Gebäude aus ganz Hessen sich zu einem „neuen“ Ort zusammen gefunden haben.

Ist es Zufall oder ist mein Hundeblick durch Leihhund Yellow neu geschärft worden? Jedenfalls fallen mir heute viele Hunde auf, aber so eine Ansammlung von 5 oder 6 gewaltigen Neufundländern ist natürlich auch nicht zu übersehen.

Irgendeine landwirtschaftliche Spezialmaschine werkelt hier – leider weiss ich nicht mehr, um was für einen Apparat es sich hier handelt.

Eine gewaltige Menge an Schleppern hat sich hier eingefunden und wir erkennen etliche Oldtimervereine aus dem Voglesberg hier wieder. Alles was in der Schlepperszene Rang und Namen hat, ist heute in Neu-Anspach vertreten.

Ein Schild in Sütterlinschrift – und obwohl ich diese Schrift in der Volksschule noch gelernt habe, gelingt es mir nicht, das Geschreibsel zu lesen. Aber Reinhard und Ruth schaffen es – Respekt.

Parallelen zur Motorrad-Oldtimerszene: Manche Exponate sind derart gut und schön restauriert, dass ein wenig die Authentizität verloren gegangen ist. Die Gratwanderung zwischen Überrestaurierung und idealer Patina ist sicher schwierig. Mir persönlich ist aber mittlerweile ein Fahrzeug mit altersgerechter Patina lieber als ein perfekt restauriertes. Das war mal anders, aber ich habe meine Ansicht dazu geändert.

Der orangene Bautz ist für die harte Arbeit auf dem Feld viel zu schade.

Eine der wichtigsten Stationen des heutigen Tages ist die Kartoffeldämpfanlage, an der wunderbare Kartoffelgerichte serviert werden. Für ganz kleines Geld bekommen wir hier eine herrlich einfache und schmackhafte Mahlzeit. Wie beinahe überall gilt auch hier: Einfachheit ist genial.

Vor einem Holder-Weinbergschlepper wirkt auch der normal grosse Reinhard wie ein Riese.

Ein in unseren Breiten ungewöhnliches Nutzfahrzeug ist der österreichische Pinzgauer, der hier zusammen mit etlichen Unimogs ausgestellt wird.

In einer alten Blaudruckerei werden wunderschöne alte Drucke gezeigt. Erstaunlich, dass diese Technologie in vielen Ländern der Welt bekannt und verbreitet war: Von China über Südamerika bis nach Hessen.

Windmühlen gab es auch in Hessen und keineswegs nur in Holland oder Norddeutschland.

Eine weitere Windmühle in völlig anderem Stil.

Ein Schmeerofen, wie er beispielsweise im Raum Kirtorf und Neustadt früher recht häufig war. Bis heute war ich der Meinung, dass in diesen Öfen etwas essbares hergestellt wurde, aber in Wahrheit wurde hier Pech produziert.

Meine netteste Begegnung des Tages ist dieser chinesische Shar-Pei, der gar nicht so faltig ist, wie ich immer glaubte. Ein wunderschöner Hund mit herrlich ausgeglichenem Charakter – der Bursche würde mir auch Spass machen.

Ruth glaubt sich in ihre Kindheit zurück versetzt: Ihr Vater hatte ebenfalls eine Stellmacherei, allerdings nicht in Hessen, sondern in Nordhorn in Schleswig-Holstein.

Schlepper in dieser Auto-ähnlichen Bauweise haben mich schon immer fasziniert.

Die langen Wege und die starke Hitze haben uns in unseren Motorradklamotten doch ordentlich geschlaucht und es wird nun Zeit, sich wieder den kühlen Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen. Aber vorher stehen Ruth und Egon noch beim Park-internen Bäcker nach frischem Brot an.

Zurück auf dem Parkplatz schauen wir uns noch ein paar Besucherfahrzeuge an und dann gehts auf Nebenstrecken über Butzbach zurück in den Vogelsberg.

Egon kennt ein paar spezielle Strässchen an der Nahtstelle zwischen Taunus und Wetterau, die eher an Österreich als an Hessen erinnern. Dummerweise zickt nach dieser Rast Reinhards Honda ein wenig und sie muss durch längeres bergabrollen wieder in Gang gebracht werden. Danach springt die gute XL aber wieder prima an. Nach 150 km ist dieser schöne Tag für uns gegen 18:00 zu Ende.