Mal wieder: Der Hessenpark in Neu-Anspach

An so einem schönen Frühherbsttag nicht Motorrad zu fahren, wäre ein schwerer Frevel – also wird eine Ausfahrt geplant. Der erste Plan war eine kleine Gespannunterweisung für einen Neuling (Marc) mit anschliessender Gespannausfahrt mit 4 Beiwagenmaschinen. Aber das hat sich leider zerschlagen und so kommt der Hessenpark ins Spiel. Die Tageszeitung berichtet von einer Schlepperschau dort und dass als besondere Attraktion eine gewaltige Kartoffel-Dämpfmaschine vor Ort sein wird, die leckere Kartoffelgerichte für die Besucher herstellt. Und nach drei Jahren Pause sollte man sich den Hessenpark ruhig mal wieder anschauen.

Um 11:00 treffen Ruth, Egon und Reinhard bei mir ein, ich schaue noch schnell nach dem Öl der SV 650 und dann gehts über Hungen und Friedberg nach Neu-Anspach. Rein fahrerisch ist die Route nicht besonders anspruchsvoll, aber heute ist ausnahmsweise mal nicht der Weg das Ziel, sondern das Ankommen.

Über die Fahrt in den Hessenpark gibt es nicht viel zu berichten. Wir bewegen uns meist auf schnellen, aber auch stark befahrenen Bundesstrassen. Nett ist beim Tankstopp in Hungen dieser kleine gelbe Fiat 500, der farblich vorzüglich zu meiner SV passt.

Auch die Mitfahrer mögen den kleinen Reklameflitzer und der Besitzer, ein italienischer Pizzeriabesitzer, ist von der Zusammenstellung in Gelb begeistert.

Wir haben den Hessenpark erreicht und wie erwartet, ist der Besucherandrang enorm. Alle Parkplätze, auch die für Motorräder, sind rappelvoll. Egal, wir stürzen uns mit in das Gewühl.

Hier beginnt der Park und zeigt uns historische Gebäude aus dem Hessenland, quasi ein hessischer Microkosmos.

Für Reinhard, ab heute auch Julius genannt, ist der Besuch eine Premiere. Deshalb hier das Beweisfoto: Reinhard war im Hessenpark.

Der Park empfängt dich mit einem Markplatz, auf dem wiederaufgebaute Gebäude aus ganz Hessen sich zu einem „neuen“ Ort zusammen gefunden haben.

Ist es Zufall oder ist mein Hundeblick durch Leihhund Yellow neu geschärft worden? Jedenfalls fallen mir heute viele Hunde auf, aber so eine Ansammlung von 5 oder 6 gewaltigen Neufundländern ist natürlich auch nicht zu übersehen.

Irgendeine landwirtschaftliche Spezialmaschine werkelt hier – leider weiss ich nicht mehr, um was für einen Apparat es sich hier handelt.

Eine gewaltige Menge an Schleppern hat sich hier eingefunden und wir erkennen etliche Oldtimervereine aus dem Voglesberg hier wieder. Alles was in der Schlepperszene Rang und Namen hat, ist heute in Neu-Anspach vertreten.

Ein Schild in Sütterlinschrift – und obwohl ich diese Schrift in der Volksschule noch gelernt habe, gelingt es mir nicht, das Geschreibsel zu lesen. Aber Reinhard und Ruth schaffen es – Respekt.

Parallelen zur Motorrad-Oldtimerszene: Manche Exponate sind derart gut und schön restauriert, dass ein wenig die Authentizität verloren gegangen ist. Die Gratwanderung zwischen Überrestaurierung und idealer Patina ist sicher schwierig. Mir persönlich ist aber mittlerweile ein Fahrzeug mit altersgerechter Patina lieber als ein perfekt restauriertes. Das war mal anders, aber ich habe meine Ansicht dazu geändert.

Der orangene Bautz ist für die harte Arbeit auf dem Feld viel zu schade.

Eine der wichtigsten Stationen des heutigen Tages ist die Kartoffeldämpfanlage, an der wunderbare Kartoffelgerichte serviert werden. Für ganz kleines Geld bekommen wir hier eine herrlich einfache und schmackhafte Mahlzeit. Wie beinahe überall gilt auch hier: Einfachheit ist genial.

Vor einem Holder-Weinbergschlepper wirkt auch der normal grosse Reinhard wie ein Riese.

Ein in unseren Breiten ungewöhnliches Nutzfahrzeug ist der österreichische Pinzgauer, der hier zusammen mit etlichen Unimogs ausgestellt wird.

In einer alten Blaudruckerei werden wunderschöne alte Drucke gezeigt. Erstaunlich, dass diese Technologie in vielen Ländern der Welt bekannt und verbreitet war: Von China über Südamerika bis nach Hessen.

Windmühlen gab es auch in Hessen und keineswegs nur in Holland oder Norddeutschland.

Eine weitere Windmühle in völlig anderem Stil.

Ein Schmeerofen, wie er beispielsweise im Raum Kirtorf und Neustadt früher recht häufig war. Bis heute war ich der Meinung, dass in diesen Öfen etwas essbares hergestellt wurde, aber in Wahrheit wurde hier Pech produziert.

Meine netteste Begegnung des Tages ist dieser chinesische Shar-Pei, der gar nicht so faltig ist, wie ich immer glaubte. Ein wunderschöner Hund mit herrlich ausgeglichenem Charakter – der Bursche würde mir auch Spass machen.

Ruth glaubt sich in ihre Kindheit zurück versetzt: Ihr Vater hatte ebenfalls eine Stellmacherei, allerdings nicht in Hessen, sondern in Nordhorn in Schleswig-Holstein.

Schlepper in dieser Auto-ähnlichen Bauweise haben mich schon immer fasziniert.

Die langen Wege und die starke Hitze haben uns in unseren Motorradklamotten doch ordentlich geschlaucht und es wird nun Zeit, sich wieder den kühlen Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen. Aber vorher stehen Ruth und Egon noch beim Park-internen Bäcker nach frischem Brot an.

Zurück auf dem Parkplatz schauen wir uns noch ein paar Besucherfahrzeuge an und dann gehts auf Nebenstrecken über Butzbach zurück in den Vogelsberg.

Egon kennt ein paar spezielle Strässchen an der Nahtstelle zwischen Taunus und Wetterau, die eher an Österreich als an Hessen erinnern. Dummerweise zickt nach dieser Rast Reinhards Honda ein wenig und sie muss durch längeres bergabrollen wieder in Gang gebracht werden. Danach springt die gute XL aber wieder prima an. Nach 150 km ist dieser schöne Tag für uns gegen 18:00 zu Ende.