Eine Rotax-Pille gegen den Winterblues

Nattes hat im W650-Forum darüber geschrieben, der FOCUS berichtete schon darüber, die Nahrungsergänzungsmittelindustrie bewirbt ungeeignete Präparate dagegen – und jetzt hat er mich auch erwischt: Der Winterblues! Zunächst versuche ich noch, das Phänomen zu ignorieren, dann durch Werkstattarbeit zu unterdrücken, mit langen Hundespaziergängen zu verscheuchen – aber es hilft nix: Der Blues bleibt hartnäckig. Und dann komme ich mit dem letzten Mittel: Dem Rotax!

Der Wetterbericht spricht seit ein paar Tagen von schönem, ruhigen Herbstwetter – und das dafür passende Motorrad ist meine Rotax-MZ. Also starte ich am Nachmittag zu einer netten kleinen Tour mit dem erklärten Ziel, den Winterblues zu vertreiben.

Obwohl: Eigentlich dürfte der Blues gar nicht existent sein: Es ist noch halbwegs warm, gegen 14° kann man wirklich nichts sagen. Und richtig grau-in-grau ist es auch nicht, manchmal kommt sogar die Sonne durch. Das und dann noch der Rotax-Single muss doch genügen, um wieder einen freien Kopf zu bekommen. Versuchen wir’s einfach.

Sobald ich meinen Wohnort verlasse, bin ich tiefster und reizvollster Vogelsberglandschaft - und das lässt das Gemüt sehr schnell aufhellen. Und dazu kommt noch, dass mir heute mehrfach der Indian Summer über den Weg läuft. An den hatte ich für dieses Jahr schon nicht mehr geglaubt, aber er ist doch noch gekommmen. Zum ersten mal treffe ich ihn heute zwischen Bobenhausen und Kölzenhain.

Kulturdenkmal in Feldkrücken. Ist es das alte Fachwerkhaus oder die nicht ganz so alte Silverstar - oder gar beides?

In den Hohen Vogelsberg möchte ich heute nicht und biege daher vorher ab in Richtung Lauterbach. Hier ein Blick auf Engelrod.

Über Helpershain nach Meiches und dort besuche ich mal wieder den Totenköppel - passend zum Winterblues. Aber eigentlich ist das ein ruhiger, freundlicher Ort und den Indian Summer treffe ich auch wieder.

Weit in den Vogelsberg hinein ist der Blick vom Totenköppel aus. Ab hier wird der Himmel ein wenig bewölkter und es sieht sogar nach Regen aus - aber ich habe Glück und gerate nicht hinein.

In der Nähe von Romrod wird es noch einmal richtig sonnig und das sorgt für eine perfekte Ausleuchtung des Indian Summer. Aber dieser Helligkeitseinbruch ist relativ kurz und danach setzt sich der bewölkte Himmel durch. Und das bringt mir auch den Blues wieder, der zwischenzeitlich vollständig verschwunden schien. Mist!

Ab Kirtorf ist der trübe Gesell wieder bei mir - und das trotz der Schönheit der Landschaft um mich herum. Aber dennoch: Ohne die heutige Rotax-Pille hätte der Winterblues mich fest in seinen Krallen gehabt - ein bisschen zurückdrängen konnte ich ihn also schon. Und das nach lediglich knappen 100 km. Aber klar: Rotax ist natürlich eine bewährte Medizin. Könnte aber sein, dass W650-Tropfen noch besser wirken .....

 

250-350-500: Mit drei klassischen Hubräumen ins Knüllgebirge

Bei den Vorhersagen für das Wochenende ist eine kleine Ausfahrt quasi Pflichtübung – aber nicht allein. Als erster sagt Kollege Marcus (250ccm) seine Teilnahme zu, dann Reinhard (350ccm) und etwas unverbindlich ein weiterer Kollegen namens Marco (125ccm). Ja, und dann ich mit 500ccm, ausnahmsweise mal nicht der Hubraumschwächste.

Aufgrund der morgendlichen Kälte werden wir erst um 11:00 starten und der Treffpunkt wird in Lardenbach sein. Bis auf unseren 125ccm-Driver, der gar nicht erscheint, sind alle fast pünktlich – und es ist auch um 11:00 noch ordentlich kalt. Aber von Minute zu Minute wird’s wärmer und wir fahren somit der Wärme entgegen – was allerdings durch die nördliche Lage und die Höhe des Knüllgebirges wieder etwas relativiert wird.

Aber zunächst ein kleiner Rückblick: In den letzten Tagen habe ich es tatsächlich geschafft, die Werkstatt so einzurichten, dass ich ab und zu schon mal ein gesuchtes Teil finde - ein Hauch von Ordnung ist hier im Entstehen begriffen.

Im Nebenraum der Werkstatt habe ich hauptsächlich Rotaxteile eingelagert.

Auf der Werkbank lässt es sich bereits beinahe arbeiten.

Häufig benutzte Werkzeuge haben ihren Platz in diesem Regal gefunden.

Und hier der Versuch, das allgemeine Werkzeug reproduzierbar und übersichtlich unterzubringen.

Gestern habe ich zum ersten mal ein Motorrad, nämlich die Silverstar, in die Werkstatt geschoben um einen kleinen Service durchzuführen. Hier und da ein Tröpfchen Öl, Schrauben auf festen Sitz kontrollieren, Kette nachfetten, eine 130er Hauptdüse in den Vergaser bauen und die Motorentlüftung auf den originalen Stand zurück bauen. Und die heutige Ausfahrt soll zeigen, ob ich alles richtig gemacht habe. Kurz vor 11:00 bin ich startklar .......

... und da bollert auch schon der erste Mitfahrer heran: Reinhard mit der 350er Enduro-Honda.

Und direkt danach läuft Marcus mit der 250er TS ein. Meiner unmaßgeblichen Meinung nach ist Marcus einen Tick zu dünn gekleidet, aber der Bursche ist ja noch jung .....

Und schon ziehen wir los und durchqueren den Vogelsberg über das Felda- sowie das Schwalmtal. Erst am Rande des Knüllwaldes gibt es den ersten Stop - viel zu spät für die beiden nikotinabhängigen Mitfahrer. Aber ehrlich gesagt bin ich auch froh über diesen ersten Stop, wenn auch aus anderen Gründen. Wir stehen hier in der Nähe von Ottrau und haben es bis zum Ziel nicht mehr allzu weit.

Hier, an der Nahtstelle von Vogelsberg und Knüllgebirge ist die Landschaft kurzzeitig fast ein wenig langweilig - weshalb wir uns eher mit der besonderen Schönheit unserer Motorräder befassen. Aber je tiefer wir ins Knüllgebirge eindringen, umso abwechslungsreicher und interessanter wird die Landschaft..

Angekommen am Ziel, der Knülljause auf dem Knüllköpfchen nahe Schwarzenborn. Nach der gewaltigen Kilometerleistung von beinahe 70 km zeigen sich die Probanden mit stolzgeschwellter Brust.

Einen schönen heissen Pott Kaffee und die berüchtigte Schwälmer Wurstplatte können wir jetzt alle gebrauchen - und das waren exakt auch unsere Beweggründe für die heutige Fahrt.

Wir sind sicher: Genau das werden wir jetzt und hier in der Knülljause bekommen.

Die erste von drei Schwälmer Wurstplatten wird aufgetragen. Eine halbe Stunde später sind drei Motorradfahrer papppsatt.

Anschliessend besteigen wir den Aussichtsturm auf dem Knüllköpfchen .....

..... von wo aus wir trotz des leicht diesigen Wetters einen grandiosen Ausblick über weite Teile Hessens haben. Hier ein Blick in Richtung der Kuppigen Rhön. Wer aber ganz genau schaut und über das nötige Quentchen Phantasie verfügt, ja der kann am Horizont die Dünen der Nordsee, die Kreidefelsen von Rügen, die schneebedeckten Alpen und sogar den weißen Strand am Mittelmeer erkennen.

Den Rückweg nehmen wir durch die klimatisch wärmere und freundliche Schwalm, von der wir uns auf dem Hochplateau mit den Windmühlen bei Arnshain verabschieden.

Die kurze Zigarettenpause wird zu einer anspruchsvollen technischen Diskussion über die verschiedenen Bauformen von Windrädern genutzt.

Das Ende unseres heutigen kleinen Ausfluges markiert der Hof von Reinhard in Ilsdorf. Ich muss direkt weiter, um pünktlich zu einer Geburtstagsfeier bei Ellen, der Besitzerin von Leihhund Yellow, zu erscheinen. Das wird ein angemessener Ausklang eines schönen Motorradtages in angenehmer Gesellschaft.

 

Und das war unsere heutige Route: Zwar nur 140 km, aber sehr schön zu fahren.

 

Hunde, Vögel und 200 km mit der Silverstar

Seltsam, wie meine vier Hobbies (Motorräder, Hunde, Großkaliber-Schiesssport und Unix-Computer) sich durch mein Leben ziehen und dabei immer wieder ihre Gewichtung ändern. Vor einem Jahr wäre ich bei einem Wetter wie Heute um spätestens 8:00 mit dem Motorrad auf der Strasse gewesen. Heute ist es mir wichtiger, erst mal 90 Minuten mit Leihhund Yellow durch die Landschaft zu wandern. Daran erkenne ich, dass auch in meinem hohen Alter immer noch alles im Fluss ist.

Mein rumänischer Freund benimmt sich heute auch ein wenig anders: Erstmals habe ich den Eindruck, dass Yellow richtig gern ohne Leine läuft. Bisher kam es mir eher so vor, als fühle er sich an der Leine besser und sicherer. Ich glaube jetzt, dass aus Yellow doch noch ein völlig normaler und netter Hund wird.

Wir treiben uns heute ab ca. 9:00 in der Lardenbacher Gemarkung herum und entdecken dabei so einiges.

Der Microkosmos um die Grillhütte und einen alten Tagebau herum empfängt uns mit diesem knorrigen Baum.

Dann banne ich Yellow dreimal auf ein Filmchen:

Aber natürlich werde ich heute auch eine Runde Motorrad fahren und dazu die Solo-Silverstar nehmen. Es wird dann beinahe 13:00, bis ich weg komme und den Vogelsberg komplett durchquere. Vogelsberg, Vogelpark Schotten, Kiebitzgrund – heute verfolgen mich unsere gefiederten Freunde den ganzen Tag.

Unterwegs halte ich in Schlitz, Lauterbach und Heidelbach bei Motorradhändlern an, um mich mal wieder auf einen aktuellen Modellstand zu bringen. Aber jedes ausgestellte Motorrad vergleiche ich mit dem Brit-Bike, dass ich mir morgen in Mühlheim ansehen werde – und da schneiden sie alle schlecht ab. Also im Klartext: Nichts aus den Schaufenstern spricht mich heute an.

Kleine Burgenbesichtigung in Schlitz - und ich bin offensichtlich nicht der Einzige.

Ein riesiges Feld voller Kornblumen zwischen dem Kiebitzgrund und Unterschwarz. Live erscheint das Feld wie ein wogendes, blaues Meer.

In dem dunklen Waldstück zwischen Langenschwarz und Unterschwarz vermute ich, Anzeichen des nahen Indian Summer zu entdecken. Und tatsächlich sind die ersten Boten zu erkennen.

Die Kickerscheune in Hattendorf. Ich werde meinen Arbeitskollegen empfehlen, hierhin einen gemeinsamen Abteilungsausflug zu machen. Bei uns hat sich nämlich eine aktive Kickerrunde heraus gebildet und ich finde, die Truppe sollte sich jetzt auch mal auswärts bewähren.

Über den Hohen Vogelsberg, den Kiebitzgrund, den Kreis Fulda, den Kreis Hersfeld-Rothenburg und die Schwalm schliesst sich jetzt der Kreis zurück in denVogelsberg. Hier stehe ich am Rückhaltebecken der Schwalm im Altkreis Alsfeld.

Nach diesem Selbstportait gehts auf die letzten 50 km bis nach Hause. Bei erneut unglaublichem Sommerwetter mit eigentlich viel zu hohen Temperaturen ist die Reise dann nach gut 200 km zu Ende. Zu Hause gibts noch lecker Mohnkuchen und dann schaue ich mir die Route für Morgen an: Um 7:00 solls bereits losgehen.

 

 

Ein Herbsttag wie aus dem Bilderbuch

Gestern begann ja der meteorologische Herbst – oder war es der kalendarische? – aber das Wetter ist an diesem Wochenende unglaublich: Morgens zwar noch kalt und abends schnell wieder kühl – aber dazwischen Sonne und Wärme. Nach stundenlangem Gereuse im neuen Haus halte ich es gegen 16:00 nicht mehr aus, schnappe mir die Silverstar und fahr einfach los in den Vogelsberg hinein.

Beinahe automatisch halte ich mich Richtung Schotten und gerate natürlich in schier unglaubliche Mengen von Motorradfahrern, die ebenfalls dieses Wochenende nutzen. Stellenweise kannst Du es gar nicht vermeiden, im Rudel mit völlig unbekannten Bikern zu fahren. Da taucht dann plötzlich links oder rechts neben dir ein Vorderrad auf oder ein Streetfighter brettert wie ein Donnergeist an dir vorbei. Naja, was solls, in einer Wochen laufen die Saisonkennzeichen ab und da wirds bestimmt ruhiger werden.

Am Schottener Segelflugplatz gibts einen unglaublichen Ausblick auf den südlichen Vogelsberg.

Von Schotten aus halte ich mich in Richtung Gedern, um dann über Kaulstoss abzudrehen und zum Oldtimer Cafe zu kommen. Da ist relativ wenig los, was mich ob des Wahnsinnswetters etwas wundert.

Erstmals sehe ich hier die umgebaute Yamaha von Olav leibhaftig vor mir. Der Umbau ist sehr gut gelungen, ein so schönes Motorrad habe ich selten gesehen. Und die Basis Yamaha XV 750 (oder 1000) ist eigentlich ein Softchopper zum Abgewöhnen. Ist noch hübscher als eine TR1, und die ist schon klasse.

Matze, der Betreiber des Oldtimer Cafe (OTC) bereitet sich auf den Winter vor. Der dürfte sehr, sehr streng werden, denn eine alte Vogelsberger Redensart sagt: "Wenn auf der Herrchenhainer Höhe schon im Oktober Holz gehackt wird, bleibt der Winter bis zum März." Hoffentlich kommt es nicht so!

Kurz vorm Aufbruch bollert und klappert eine Moto Guzzi Nuovo Falcone heran. Gerade heute ertappe ich mich mehrfach bei dem Wunsch, einen untertourigen Eintopf anstelle des sportlichen Rotax zu fahren. Aber das Fahrwerk möchte ich natürlich nicht tauschen.

Ruckzuck habe ich heute 100 km gefahren, gefühlt waren es höchstens 25. Seit einiger Zeit komme ich mehr und mehr zurück zu meinen Rotax-Wurzeln und habe soviel Spass mit den Silverstars wie am ersten Tag. Mir ist jetzt klar geworden, dass die Verzettelungen und der Motorrad-Kaufrausch der letzten Jahre ein Fehler war: Ich hätte mich auf die Rotax-Emmen beschränken sollen, vielleicht noch eine dritte als Caferacer aufbauen sollen. So sehr ich die Planeta, die Enfield, die SV, die TS .... mag oder gemocht habe: Es war nicht gut, mich derart zu verzetteln. Späte Reue, die womöglich dazu führt, dass ich meinen Fuhrpark noch weiter abspecke.

 

 

Die erste Ausfahrt von Grünberg aus

Das Umzugschaos der letzten Tage, gefühlt allerdings der letzten Wochen, hat das Motorradfahren stark in den Hintergrund gedrückt. Habe auch erst eines meiner Maschinchen hier vor Ort – nämlich meine gute alte Solo-Silverstar.

An diesem Samstag, nachdem wir stundenlang weiter geräumt und gereust haben und nachdem viele Freunde und Bekannte zum Forums-Treffen nach Lehesten gereist sind, kann ich mich am späten Nachmittag aber doch zu einer kleinen Runde freimachen.

Beim Start stelle ich fest, dass getank werden muss. Aber wo ist von hier aus die nächste Tankstelle? Könnte tatsächlich in Ulrichstein sein, also im geografisch tiefen Vogelsberg. Ist auch wahrhaftig nur ein Klacks dorthin und der Weg ist eine wunderbare Strecke über kleinste Kreisstrassen. Seltsam: Jetzt wohne ich in Grünberg, also im Kreis Giessen, und bin dem "echten" Vogelsberg viel näher als von Mücke aus.

Bei Wahnsinnswetter mit über 30 ° bereise ich den Vogelsberg heute aus ungewohnten Richtungen. natürlich bin ich all diese Strecken bereits mehrfach gefahren, aber eben aus anderen Richtungen. Und deshalb kommen mir auch die bekannten Windmühlen nahe Götzen ein bisschen fremd vor.

Heute befahre ich Strecken, die ich ansonsten meide wie der Teufel das Weihwasser. Die B 276 zwischen Schotten und Laubach gehört dazu und selbst vor einem Besuch am Bikertreff Falltorhaus schrecke ich nicht zurück.

Immerhin durchbricht eine MT01 den vorherrchenden Joghurtbecher-Look. Bekomme immer häufiger Lust, so einen Eisenhaufen zumindest mal ein paar Kilometer zu bewegen.

Und immerhin ein Klassiker ist zu sehen: Horex Regina, ein Traum meiner Jugend.

Götzen, Betzenrod, Schotten, Altenhain, Sellnrod - alles fliesst vorbei und hier bei den Sellnröder Arbeitspferden bin ich schon fast wieder zuhause.

Nach 70 Kilometern ist meine erste Ausfahrt mit Startpunkt Grünberg beendet. Keine grosse Reise, gewiss, aber für mich dringend nötig und nach dem elenden Umzug wie eine Erholung. Zufrieden fahre ich den Rotax in seine neue Heimat, die Kraftfahrzeughalle, in der Licht und offenes Feuer nicht statthaft sind.