Einsam am Oldtimer Cafe

Das Wetter sieht heute nicht übel aus und auch die Vorhersagen lassen hoffen. Ein bisschen Regen könnte es geben, OK, aber das nehme ich in Kauf. Kurz nach 10:00 starte ich daher mit der W in einen bisher trockenen, grauen, kühlen und leicht windigen Tag – also eigentlich genau das richtige Wetter für mich.

Wohin ich will? Keine Ahnung, aber auf jeden Fall werde ich zum Oldtimer Cafe auf die Herrchenhainer Höhe fahren – da war ich nämlich in diesem Jahr noch gar nicht. Und ich hab schon Lust darauf, meine W in die Reihe weiterer W650 zu stellen und ein paar Worte mit diversen W-Treibern zu wechseln. Also treibe ich erst einmal auf verschlungenen Wegen in Richtung Hoher Vogelsberg.

Wunderbar, wie der Königswellenmotor mich durch den Vogelsberg zieht. Auf den ersten 50 km spielt sich alles unter 5000 Umdrehungen ab - so mag ich das.

Angekommen am Oldtimer Cafe treffe ich dort nur zwei Enduros (dabei natürlich auch eine GS) - drei Maschinen also mit meiner W. Enttäuschend - aber halt: Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, dass es gerade mal 11:00 durch ist - klar, dass um diese Zeit hier nichts los ist. Was tun? Soll ich mich ins Cafe setzen, heissen Kakao trinken, ein wenig plaudern und auf weitere W-Fahrer warten? Nein, das bringe ich nicht übers Herz, denn heute ist die Zeit zum Fahren. Also mit einem Kick die W wieder zum Leben erweckt und dann den südlichen Vogelsberg und die Wetterau erkunden.

Gedern, Hirzenhain, Kefenrod, Ortenberg, Glauburg, Nidda - schöne Gegenden, schöne Städtchen -aber ich kann nicht anhalten, muß immer weiter fahren. Erst viele Kilometer später, am Rande der Wetterau, zwinge ich mich zu einem Stop und dort .....

..... gönne ich mir kleines Picknick, bestehend aus Bounty-Riegeln und isotonischen Powergetränken.

Weiter durch die Hungener Seenplatte und von dort aus will ich weiter über Reiskirchen, die Rabenau und den Ebsdorfergrund. In Nieder-Bessingen jedoch scheint mir die Pfordte einen geeigneten Hintergrund für die W zu bilden. Die Pfordte war früher das Rathaus des Ortes und noch heute dient sie der dörflichen Kommunikation.

Heute enthält der Glaskasten zwar nur wenige, aber dafür umso wichtigere Mitteilungen.

Wie schon auf der letzten Fahrt vor 10 Tagen fühle ich mich auf der W sehr, sehr britisch. Manchmal überkommt mich gar ein unbändiger Drang, die Straßenseite zu wechseln und nur noch links zu fahren. Zum britischen Feeling tragen natürlich auch manche Dinge bei, die ich unterwegs sehe - so wie der gepflegte Golfplatz von Winnerod....

... oder walisische Schafherden bei Bersrod.

Am mystischen Eichenhain kommt plötzlich sehr starker Wind auf und es wird richtig kalt und dunkelgrau. Habe das Gefühl, dass so etwas immer passiert, wenn ich hier bin. Eben ein mystischer Ort.

Beim Selbstportrait bläst der Wind doch glatt die kleine Pentax-Kamera herum und verändert so die Perspektive. Noch ein paar Sekunden, und ich wäre kopflos geworden.

Aber ich stoße auch auf die Vorboten des richtigen, sonnigen und warmen Frühlings. Man sagt, er soll bereits in der kommenden Woche den Vogelsberg erreichen.

Sehr gut macht sich die W auch vor der Kulisse des Homberger Schlosses mit Blick auf die Dächer der Altstadt. Wie man hört, soll das Schloss in Kürze komplett für die Öffentlichkeit freigegeben werden.

Zum Abschluss meiner heutigen 200 km besuche ich noch meine persönliche Toskana im Tal der Felda. Obwohl: Heute erscheint es mir gar nicht wie die Toskana, sondern eher wie eine Landschaft in der Grafschaft Kent, dem grünen Garten Englands.