Es werden immer mehr ……

… Kawasaki W650 Gespanne! Und seit heute gibt es ein weiteres am Rande des Vogelsberges. Wie konnte es dazu kommen?

Letzte Woche hatte ich ja meine erste richtige Fahrt mit der W650 und habe in meinem Blog dazu sehr von der wunderbaren Maschine geschwärmt – und so ganz nebenbei und völlig unverbindlich von einem W-Gespann geträumt. Eine Reaktion darauf kam von Chris aus dem MZ- und AiA-Forum, der auf dem Elefantentreffen letzte Woche einen Zettel gesehen hatte, auf dem ein W-Gespann aus Luxemburg angeboten wurde. Atze oder Nattes, beide W-Gespannfahrer, hätten vielleicht ein Foto von diesem Zettel. Atze kannte ich nicht, aber Nattes, der mir dann Kontaktdaten von Atze gab. Der wiederum wusste zu berichten, dass in der letzten Motorrad-Gespann-Zeitschrift das luxemburgische Gespann per Annonce angeboten wurde. Jetzt noch schnell die Webseite von Motorrad-Gespanne besucht und tatsächlich finde ich die Verkaufsanzeige auch online – mit Telefonnummer. Dort angerufen und mit Jerry über das Gespann gesprochen war die nächste Aktion – und dabei haben wir gleich einen Termin für Sonntag, also für heute, ausgemacht.

Die gesamte Recherche-Aktion hat mich einen halben Arbeitstag gekostet und für andere Tätigkeiten war ich an diesem Tag (Freitag) nicht mehr zu gebrauchen. Noch schnell einen geeigneten Hänger ausgeliehen und damit war die vorbereitende Logistik erledigt.

An dieser Stelle danke ich ETZChris als Auslöser der Gespanngeschichte sowie Nattes und Atze als entscheidenden Informationslieferanten – und dem Internet bin ich ebenfalls zu Dank verpflichtet. Ohne diese hervorragende Medium wäre es wohl nicht so weit gekommen. 🙂

Am heutigen Sonntag um 8:00 starten wir dann die Fahrt mit A6 und Hänger ins ferne Luxemburg. In letzter Sekunde konnte ich mir noch ein paar Scheinchen von der Sparkasse besorgen – denn es könnte ja möglich sein, dass mir das W-Gespann gefällt und ich es gleich mitnehme – zwar unwahrscheinlich, aber nicht völlig unmöglich.

Nach fast genau vier Stunden erreichen wir die Rue de la Grotte in Pratz. Hinter diesen Mauern soll das W-Gespann sich befinden.

Jerry ist noch beim Frühschoppen und wird telefonisch her beordert - in der Zwischenzeit schaue ich mir das Gespann an. Ist sehr ordentlich erhalten und wurde von der Firma Daeschlein aufgebaut.

Die Scheune beherbergt noch Jerrys Wintergespann, eine Rotax-MZ, sowie eine Solo Triumph und eine K100, aus der ebenfalls ein Gespann werden soll. Kein übler Fuhrpark.

Diese Boote im Stoye-Stil haben mir schon immer gefallen und sind mir die zweitliebste Bootsvariante. Noch schöner wäre nur ein Watsonian, aber man kann eben nicht alles haben.

Nach einer Probefahrt und einer ausgiebigen Diskussion mit Jerry habe ich - oh Überraschung - das Gespann gekauft. Eigentlich wollte ich ja selber ein W-Gespann mit Peikert-Teilen aufbauen, aber dieses Angebot erschien mir besser. Immerhin hat das Gespann bereits eine Schwinge vorn, ein 15"-Rad hinten sowie ein gebremstes Seitenwagenrad. Dazu "Kleinigkeiten" wie einen Scottoiler, Gepäcksystem, Seitenkoffer, Scheiben und eine Bagster-Tankhülle. Und beim Preis ging auch noch etwas!

Schnell ist das Gespann auf dem großen Trailer verladen. Nach Erledigung der Formalitäten und einem gemeinsamen Tee machen sich Reinhard und ich wieder auf die Rückreise.

Kurz vor der Grenze überprüfen wir noch einmal die Qualität der Befestigung - alles in Ordnung. Wie man sieht, hätten wir gut noch ein zweites Gespann mitnehmen können, aber wir hatten heute sonst nichts mehr auf dem Schirm. Der Rest der Rückreise verlief ebenso unspektakulär wie die Hinfahrt und gegen 18:30 sind wir wieder daheim am Rande des Vogelsberges. Morgen werde ich mal schauen, wie einfach und unbürokratisch die Zulassung eines Gespanns aus einem EU-Land ist. Meine Vorahnungen sind nicht nur positiv ....... aber wir werden sehen. Irgendwie werde ich das W650-Gespann schon auf die Straße bringen. Und wenn nicht, kommts ins Wohnzimmer.

Kickstarter-Test mit der G80

Ein prallvoller Samstag ist das heute, fast zu voll, um noch eine kleine Motorradrunde zu drehen: Spaziergang mit Yellow, Besuch bei Egon mit langen Diskussionen über Tula-Vergaser und Ladeflächen, eine Durchsicht der G80 in Sachen Elektrik und dann noch das Umräumen in der Scheune für einen möglichen Neuzugang am Sonntag – und zack, ist es schon wieder 15:00.

Das Wetter ist nicht mehr ganz so schön wie Mitte der Woche, es ist grau und es kommen auch mal ein paar Tropfen herunter – aber die Temperaturen sind mit 8-12 °C noch ganz ordentlich. Ich beschließe, die Matchless G80 aufzutanken und die Fahrt dazu zu nutzen, mich mit dem Ankicken in allen Betriebszuständen des Motors vertraut zu machen. Ein bisschen macht mir das Angst, denn ich weiß natürlich, wie zickig der Rotax beim Kicken sein kann – kann, nicht muss. Und der Gedanke, nach dem Tanken an der Zapfsäule zu stehen und zu kicken, bis der Schweiß läuft ist nicht sehr verlockend. Aber ich muss dadurch und habe keine Alternative.

Yellow fährt für sein Leben gern in meinem kleinen Jimny mit, aber heute wird das nix - wir laufen, und zwar 90 lange Minuten durch Wald und Feld.

Schrauben an Engländern in einem Hinterhof in Birmingham - aber in Wahrheit sind das beides Pseudo-Engländer und der Hinterhof befindet sich am Rande des Vogelsberges.

Die Matchless bekommt neue Benzinschläuche und ich überprüfe die Elektrik unter Tank und Sitzbank. Zwei Stecker muss ich erneuern und alle anderen Verbindungen werden gereinigt und mit Polfett behandelt. Außerdem bearbeite ich die billigen italienischen Chromfelgen mit Autosol gegen Flugrost. An der W650 gibt es derzeit nichts zu schrauben.

So schön die Matchless auch aussieht, so schrecklich sind einige ihrer Anbauteile qualitativ. Die Felgen, unglaublich miese Spiegel von BUMM, ebenso schlechte Armaturen von Magura - aber das sind alles Dinge, die sich ändern lassen - später. Jetzt bekommt die G80 einen kleinen Tankrucksack aufgesetzt und ich begebe mich in den Umkleideraum. In 10 Minuten wird zur ersten richtigen Ausfahrt gestartet.

Das Ankicken in kaltem Zustand hab ich ja schon mehrfach trainiert und das klappt auch heute ganz gut. Sorgen macht mir das Starten in halbwarmem Zustand und so stoppe ich nach 20 km um zu sehen, wie das ausgeht. Das ist der letzte Test vor dem Tanken. Und der Test verläuft gut: Der Motor kommt beim ersten Kick. Das macht mir ein wenig Mut.

Nach diesen ersten 20 km kann ich sagen, dass die G80 sich völlig anders fährt als die Silverstar - trotz des grundsätzlich ähnlichen Konzeptes. Wirklich schlecht sind die unsäglichen BUMM-Spiegel, die Scheibenbremse ist äusserst mäßig und ohne richtigen Druckpunkt, die british-französische Mischbereifung von Avon und Michelin überzeugt gar nicht - kurz: Das Fahren mit der Matchless macht einen Heidenspaß und versetzt mich in die siebziger Jahre zurück. Wunderbar!!!

Jetzt habe ich die Betankung hinter mir und zu meiner Erleichterung verlief auch die perfekt: Getankt, gewartet, bezahlt - und dann ein Kick und der Rotax bollert los. Jetzt kann ich mich ohne Bedenken tiefer in den Vogelsberg hinein wagen - aus Spritmangel werde ich jedenfalls nicht liegen bleiben. Einen erzwungenen Stop gibts später aber doch: Die Drecks-Spiegel verdrehen sich bereits vom Fahrtwind und ich muss die Schrauben fest knallen. Die hübschen Instrumente zeigen ganz gut an - der Drehzahlmesser aber nur bis 5500 Umdrehungen - darüber überschlägt er sich fast und kreiselt irgendwo zwischen 6- und 10.000. Sind aber auch nur Peanuts und stört mich nicht wirklich. Beim Fahren fühle ich mich aber tatsächlich wie auf einem älteren Engländer - hab ja in der Vergangenheit einige Fahrten auf Triumph, BSA und Norton machen können und von der Sitzposition und dem Handling her ist die G80 diesen Klassikern sehr ähnlich. Vom Motor her natürlich nicht.

Nach 80 km bin ich wieder am Freienseener Kreuz, wo es nach Laubach, Mücke oder Schotten abgeht. Das war eine richtig gute Fahrt mit der Matchless, aber es gibt auch ein paar Kleinigkeiten zu verbessern. Dabei denke ich an Heidenau-Bereifung, eine Überarbeitung des Vergasers, der im unteren Bereich sehr unkultiviert läuft und mit den Armaturen bin ich nicht so recht zufrieden. Muß ja auch immer was zu ändern und zu verbessern haben. Ähnlich war es anfangs auch mit der Silverstar, die dann so nach und nach Alufelgen, eine verbesserte Elektrik und den legendären Magura 307 bekommen hat.

An dieser Stelle wollte ich das ausgezeichnete Startverhalten per Kicker noch einmal dokumentieren. Schließlich ist die Matchless bei jedem, wirklich jedem, Halt sofort und auf den ersten Kick wieder angesprungen. Also mal schnell ein Mini-Video erstellt – und was passiert dabei: Die Maschine springt natürlich nicht auf den ersten Kick an – ich brauche doch tatsächlich zwei Versuche. Klassischer Vorführeffekt.

Mittlerweile ist es wieder kälter geworden und ab und zu gibts sogar mal so eine Art Sprühregen. Deshalb mache ich mich auf die letzten 5 Kilometer nach Hause und damit ist die erste richtige Ausfahrt mit meinem Retro-Engländer beendet. Hat ebenso viel Spaß gemacht wie der kleine Trip am Mittwoch mit der W650 – diese beiden Maschinen passen prima zusammen. Und morgen gehts auf einen längeren Ritt nach Luxembourg – mit PKW und großem Hänger. Wenn alles gut verläuft, steht dann morgen um diese Zeit ein passendes Gespann auf dem Hof. Aber das gibt natürlich eine eigene Geschichte.