Durch drei Mittelgebirgslandschaften

Gute Wetteraussichten für diesen Sonntag, aber auch bei schlechterem Wetter wäre ich heute los: Zu schrecklich waren die freien Tage über Ostern ohne Motorrad. Wie so häufig soll der Weg das Ziel sein, aber so ganz grob hab ich mir den Main-Kinzig-Kreis ausgeguckt. Will mal wieder richtig dichte Wälder sehen, und vor allem brauche ich heute leere Strassen. Heut nacht wurden ja die Uhren auf die Sommerzeit vorgestellt (wann hört nur dieser politische Schwachsinn auf!). Dennoch bin ich um 9:00 fertig und das Silverstar Gespann ist (mühsam) aus der Werkstatt bugsiert. Das erinnert mich daran, dass das Tor noch verbreitert werden muss. Und dann ziehen wir los, Silvie und ich, auf eine 300 km Tour durch 3 Mittelgebirgslandschaften.

Zunächst schlage ich mich auf meinen bekannten Nebenstrecken in Richtung Herbstein. Von dort will ich über Schlechtenwegen und Hauswurz in Richtung Main-Kinzig-Kreis kommen und so in der Gegend um Sterbfritz ein wenig cruisen. Weiter stelle ich mir ein Stückchen des Hessischen Spessarts vor und weiter soll es über ein Stück der Deutschen Märchenstrasse nach Steinau und Freiensteinau gehen. Ab hier ist es nicht mehr weit zum Oldtimer Cafe auf der Herrchenhainer Höhe, dort kann ich mir bei Bedarf eine Riesen-Currywurst vorstellen. Tja, und zum guten Schluss werde ich auf jeden Fall noch einmal das Dreick Laubach-Lich-Reiskirchen durchstreifen. Die Nachbarn schlafen noch, auch Ruth und Egon, aber die wären sowieso nicht auf eine Gespanntour mit gekommen. Schätze, die beiden werden später eine Solotour mit ihren gelben Boliden starten. Aber da werde ich schon längst auf und davon sein. Damit habe ich heute den Vogelsberg, die Rhön und den Spessart befahren. Nicht schlecht!

Auf den Höhen des Vogelsberges liegt nimmer noch Schnee und um 9:00 ist es auch noch verdammt kalt. Bin aber mit Funktionsunterwäsche ordentlich angezogen, die Temperaturen machen mir nichts aus. Hier zwingt mich etwas zu einer kurzen Pause zwischen Meiches und Dirlammen.

Auch bei Herbstein ist der letzte Schnee auf den Anhöhen zäh und will nicht schmelzen. An dieser Stelle war vor 1989 mal der geografische Mittelpunkt der "alten" BRD.

Das Mittelpunkt-Gedenktäfelchen ist erstaunlicherweise aktualisiert. Es sagt, dass hier bis zum Tag der Deutschen Einheit die Mitte unseres Landes war. Schön, dass diese Mitte sich jetzt nach Osten verschoben hat.

Hinter Schlechtenwegen endet der Vogelsberg und es beginnt die Rhön. Ich bilde mir tatsächlich ein ,dass anhand des Landschaftsbildes zu erkennen. Aber in der Einbildung war ich schon immer gut.

Deutlich später im Main-Kinzig-Kreis nahe Sterbfritz und Richtung Jossa. Die Landschaft ist hier wieder anders, irgendwie geschlossener als die offenen Flächen des Vogelsberges. Typisch auch die Hecken zum Windschutz, aber die sind auch nötig, denn hier oben bläst kein Wind, sondern ein richtiger Sturm.

Ich gerate auf eine wunderbare Nebenstrecke in Richtung Jossa. Die Sonne sticht, neben der Strasse rauscht ein Wildbach - eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch. In Jossa sehe ich eine Biker-Gaststätte, aber danach steht mir heute nicht der Sinn.

Ab Jossa halte ich mich Richtung Steinau an der Strasse. Das ist eine unglaublich kurvenreiche Motorradstrecke, aber überall gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung nur für Motorräder von 60 und 70 km/h. Scheint hier also auch eine Raserstrecke zu sein, so ähnlich wie bei uns der alte Schottenring. Zum Glück ist heute wenig Kradverkehr hier. Das hätte noch gefehlt: Mein Zuckelgespann und ich inmitten von rasenden Papageien-Bikern. Brrr... Und auch hier im tiefen Wald noch ordentlich Schneereste.

In Steinau gäbe es eigentlich viel zu sehen: Schöne Altstadt, eine Tropfsteinhöhle, eine Brathähnchenfarm und noch viel mehr. Aber ich schaue mir heute nichts an und nehme jetzt die Richtung Freiensteinau und damit gehts zurück in den Vogelsberg. Erst an den Niedermooser Seen halte ich wieder an betrachte die Seen zum ersten mal näher. SInd schon ein tolles Ausflugsziel: Ein fast kreisrunder künstlicher Baggersee inmitten einer eher langweiligen Landschaft, dafür aber ein Riesen-Campinglatz mit winzigen Parzellen. Drum herum reichlich Ausflugslokale mit teils überhöhten Preisen. Kurz: Ein herrliches Nahziel, und die Menge an Besucher-PKW zeigt, wie beliebt der See ist. Ich aber wende mich mit Grausen......

.... und zwar direkt zum Oldtimer Cafe auf die Herrchenhainer Höhe. Ein schöner alter Honda-Twin, aber sonst überwiegend BMW Maschinen der neuen Generationen. Und wie mir diese Kühe gefallen, ist wohl kein Geheimnis. Also auch hier kein langer Aufenthalt sondern über Schotten und das Horlofftal nach Laubach ins Cafe. Hier wird Käsekuchen und Mohnkuchen eingekauft, denn mit leeren Händen darf ich nach einer solchen Fahrt nicht nach Hause kommen. Mittlerweile ist es auch richtig warm geworden.

Mit einem dicken Kuchentablett im Beiwagen drehe ich noch einen Umweg über die Gegend zwischen Laubach, Lich und Reiskirchen. Diese Gegend fand ich früher immer etwas langweilig, aber heute gefällts mir da ganz gut. Hab mir sogar schon ein Häuschen in Harbach angeschaut. Das war zwar nicht das richtige, aber Hattenrod, Ettingshausen oder Burkhardsfelden kann ich mir als Altersruhesitz schon vorstellen.

10 km von daheim bei Bleidenrod entdecke ich diese riesigen Bullenställe. Gewaltige Bauwerke mit einem Haufen Tiere drin. Irgendwie seltsam: In den neuen Bundesländern wurden die LPG's aufgelöst und bei uns entstehen plötzlich solche gigantischen landwirtschaftlichen Bauwerke. Also LPG=böse, Riesenbullenstall=gut. Krude Logik! Kurz danach muss ich nach rund 300 km auf Reserve schalten - so ein dicker Tank hat schon seine Vorteile. Und jetzt heim und das Kuchentablett geplündert.