Ein Tag in der Werkstatt

Dieses Jahr habe ich ungewöhnlich viele Stunden in der Werkstatt verbracht – aber nicht etwa, weil meine Motorräder ständig defekt waren. Es ist einfach so, dass ich derzeit wieder sehr viel Vergnügen am Schrauben habe. natürlich nicht mehr als am Fahren. Und dazu das häufig regnerische Wetter – da gibt es wahrlich Schlimmeres, als in der Werkstatt zu arbeiten.

So ist es auch heute: Mieses Wetter und Lust am Schrauben, das passt. Um 10:00 geht es ab in die Werkstatt.

Honda XBR 500

Zuerst mache ich mich an die Honda. Die ist ja noch ziemlich gestript, weil der Vergaser einen Riss hat. Über das XBR-Forum habe ich aber recht günstig einen kompletten Vergaser bekommen, und der wird heute eingebaut.

Honda XBR 500

Man erinnere sich: Der Vergaserausbau war eine rechte Plackerei. Bei einem einfachen Einzylinder-Motorrad hatte ich eigentlich erwartet, überall prima ranzukommen. Dem ist aber keineswegs so. Der Einbau heute verläuft aber wesentlich einfacher und eleganter.

Honda XBR 500

Die Honda springt auch mit dem neuen Vergaser sofort an und läuft im Stand sehr gut. Auf die Probefahrt verzichte ich aber, weil es schon wieder zu tröpfeln beginnt. Jetzt baue ich noch schnell ein neues Kabel in 16 mm² zwischen Starterrelais und Batterie und damit ist die Honda für heute abgehakt.

Enfield Bullet 500

Nun zur grauen Bullet. Vor einiger Zeit hab ich ja die linke Toolbox wieder montiert, um Platz für Werkzeug zu schaffen, Gestern dann konnte ich die rechte Toolbox vom Lackierer abholen. Die Firma Vogel hat den Farbton Athena-Gray perfekt nachempfunden und die Box sieht sehr, sehr gut aus.

Enfield Bullet 500

Hochglänzend und ohne jede Macke – in der Hinsicht passt die Toolbox zwar nicht zum Rest der Enfield, aber die Patina wird sich ganz sicher von allein einstellen. Im Winter fahr ich mit der Box zum Pinstriper nach Wiesbaden, aber bis dahin müssen die aufgeklebten Zierstreifen reichen. Was aber noch fehlt, ist ein Aufkleber „500“, der 110×50 mm groß sein muß. Mal sehen, wo ich so etwas herbekomme. Aber mit den beiden Boxen gefällt mir die alte Bullet doch besser.

Enfield Bullet 500 und Honda XBR

Bis 18:00 dauert meine heutige Schraubaktion, wie ein echter Arbeitstag also. Jetzt reichts aber auch, Schluss für diesen Samstag. Und für morgen hoffe ich auf besseres Wetter, da geht es mit der Grauen nach Dannenrod zur großen alljährlichen Schlepperschau. Zusammen mit Jürgen und der NSU Max gibt das sicher eine nette kleine Fahrt.

Am Keihin VE10A

Keihin VE10A – das ist der Vergaser, der in der Honda XBR eingebaut ist. An meinem Exemplar ist die Gemischregulierschraube bombenfest und lässt sich nicht verdrehen. Um das zu ändern, wird heute der Vergaser ausgebaut und dann werde ich sehen, warum die Stellschraube keinen Mucks macht.

Honda XBR 500

Für den Vergaserausbau muss so einiges drumherum entfernt werden. Das Handbuch spricht sogar davon, Hinterrad und Kotflügel abzubauen. Das schenk ich mir aber.

Der Ausbau des Vergaserflansches ist eine besonders üble Hürde, weil nur sehr wenig Platz ist. Vielleicht hätte ich doch das Hinterrad und – nein, ich tu es nicht. So verbaut kann doch kein simpler Einzylinder sein, oder?

Nach dem heutigen Tag muss ich aber sagen: „Doch, das geht!“ Die Honda-Konstrukteure haben wirklich alles auf engstem Raum zusammen gequetscht. Der Vergaserausbau war ja schon an meiner alten DR400 nicht einfach, aber die Honda toppt das tatsächlich noch.

Nach Ausbau von Batterie und Batteriekasten gewinne ich die fehlenden Milimeter und bekomme den Vergaserflansch ab. Und anschliessend finde ich auch heraus, wie der Vergaser aus dem Rahmendreieck gedreht werden muss.

Na also, geht doch. Jetzt nehme ich mir den Vergaser vor – und finde, direkt neben der Gemischregulierschraube, einen schönen fetten Riss im Gehäuse.

Keihin VE 10A

Mit diesem Riss dürfte der Vergaser reif für die Tonne sein. Oder sollte ich doch einen Versuch mit Knetmetall machen?

Nach einem Telefonat bekomme ich einen 44 PS Vergaser aus Osnabrück – besten Dank, Stefan. Aber der ist natürlich noch nicht bei mir und so werde ich wohl 1 – 2 Tage warten müssen.

Honda XBR 500

Also kontrolliere ich das Ventilspiel und muss an beiden Auslassventilen etwas nachstellen: Hier war zu wenig Spiel. Das Einstellen klappt eigentlich ganz gut, da habe ich schon Schlimmeres gesehen, z.B. an meinen Rotaxen und auch an der DR400. Brave Honda.

Honda XBR 500

Nach dem Einstellen der Ventile muss auch der Deko-Zug wieder eingestellt werden, ebenfalls im OT. Hinten am Hebel müssen 1 – 3 mm Spiel sein. Haben wir jetzt.

Buzetti Werkzeug

Dann bringt die Postbotin das gestern bestellte Werkzeug von Buzetti zum Einstellen von versteckten Schrauben. Sieht prima aus und kostet weniger als die Hälfte des Honda-Originalwerkzeugs. Allerdings hätte mir das Werkzeug bei meiner extrem schwergängigen Stellschraube auch nicht weitergeholfen.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Zur Belohnung für den langen Schraubertag gehe ich mit der ES auf eine 80 Kilometer-Tour durch den schönen Vogelsberg. einfach nur so, ohne Ziel und ohne Sinn und Verstand.

Honda Hornet 900

Auf dem Hoherodskopf treffe ich diesen Herrn aus Londorf mit seiner 900er Hornet. Und ich muss sagen: So als Naked Bike in schwarz und mit viel poliertem Alu gefällt mir eine Hornet zum ersten mal richtig gut.

Keine Bratwurst mehr

……. und nur, weil ich ein bisschen zu spät los bin. Heute hat der Motorrad- und Youngtimer Spezialist Erwin Mahl aus Altenburg zu einer Vogelsbergrundfahrt geladen und danach soll es Bratwurst und Bier an der Altenburger Werkstatt geben – zumindest hat mir der Jürgen das gestern so berichtet. Auf die Ausfahrt habe ich keine Lust, aber auf eine Bratwurst schon. Also sattle ich gegen 17:00 meine brave graue Enfield und fahre auf vielen Umwegen nach Alsfeld-Altenburg.

Dummerweise ist an der Werkstatt kein Mensch – bin also zu spät. Das ist natürlich nicht wirklich schlimm, denn wo ich schon mal auf der Altenburg bin, mach ich einfach meine eigene Ausfahrt.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

Von Altenburg aus fahre ich über Hopfgarten ins schöne Schwalmtal und besuche auch eine der wenigen Stellen, wo man direkt an die Schwalm heran kommt. Die beste Stelle dafür ist die Schwalmbrücke zwischen Obersorg und Vadenrod.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

Ein paar Kilometer weiter bei Storndorf scheitere ich mit dem Versuch, direkt ans Gestade der Schwalm zu kommen.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

Vom Schwalmtal fahre ich weiter ins Feldatal. Hier ist es viel leichter, direkt an den namensgebenden Fluss, die Felda, zu gelangen. Hier klappt es zwischen Grof-Felda und Ermenrod.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

Das war dann für heute genug an Flüsschen und ich trete den Heimweg über Zeilbach, Höckersdorf und Sellnrod an. Obwohl das heute lediglich knappe 100 Kilometer waren, habe ich alle Varianten eines herbstlichen Tages durch: Strahlende Sonne, kurze Schauer, starke Windboen und die Ruhe des frühen Abends. Da kann ich die entgangene Bratwurst gut verschmerzen.

Völlig unpassend

….. ist die heutige Motorrad-Konstellation, die sich am frühen Nachmittag gemeinsam vom Rande des Vogelsberges ins schöne Antriffttal bewegt. Und das kommt so zustande: Ich will gerade meine graue Enfield mit einem beherzten Kick ins Leben rufen und eine einsame Runde irgendwohin beginnen, da bollert es am Tor und Jürgen mit seiner Thruxton schaut vorbei. Dabei handelt es sich übrigens nicht um den Jürgen mit der Thunderbird.

Nach ganz kurzer Diskussion starten wir dann gemeinsam, um auf den Seeterassen am Antriffttal-Stausee einen Kaffee zu schlürfen. Somit fahren also ein alter, ausgenüdelter indischer Einzylinder mit 22 PS und ein moderner Caferacer mit Keihin-Vergasern und ca. 80 PS zusammen. Um den Unterschied nicht ganz so krass aussehen zu lassen, wähle ich die kleinsten und schlechtesten Strassen zum Ziel.

Enfield und Thruxton

Angekommen an den Seeterassen nach wunderbaren 45 Kilometern. Die prognostizierte Wetterverschlechterung hat den Vogelsbergkreis bis jetzt übrigens noch nicht erreicht – und das wird auch heute so bleiben.

Enfield und Thruxton

Nach Kaffee und Brombeertorte zirkeln wir noch etwas durch das Antrifftal und begeben uns dann auf die B62, um nach Niederklein zu kommen.

Motorrad Runde

Unser Ziel ist der Motorradladen von Meister Runde, wo es immer was zu sehen gibt. Nebenbei bekomme ich noch drei Ölfilter für die XBR für 10 €. Und plötzlich entsteht eine unglaublich entspannte und angenehme Atmosphäre durch weitere hinzu gekommene Motorradfahrer. Fast wie früher bei Motorrad Thome in Buer – vor etwa 40 Jahren. Herrje, was sind wir alt geworden – wie konnte es nur so weit kommen?

Enfield und Thruxton

Über Schweinsberg und das Amöneburger Becken besuchen wir noch den Honda- und BMW-Shop von Mike Enders. Seit neuestem gibt es hier sogar Zündapp-Motorräder, wobei die kleinen 125 ccm Enduros richtig nett rüber kommen.

Die graue Enfield

Nach einem Kaffee in Ilsdorf trennen sich dann unsere Wege und ich drehe noch eine kleine Runde über Ulrichstein – bei immer noch schönstem Wetter.

Die langen Schatten der grauen Bullet

Als dann gegen 19:00 die Schatten immer länger werden, geht es heim. Die heutigen 130 Kilometer haben mir wieder so richtig gefallen und gezeigt: Mit meinen Einzylindern liege ich richtig.

Wegen Bactofin

Schon länger hab ich die Absicht, dem Vergaser und dem Zylinderkopf der Grauen etwas Gutes zu tun: Eine Ladung Bactofin soll diese Komponenten mal so richtig durchblasen. Also kippe ich ca. 12 ml von dem Zeug in den Tank, der ungefähr halb voll ist. Dann geht es an die Tankstelle, wo der Tank dann bis oben hin gefüllt wird. Und anschließend fahre ich die Enfield richtig warm. Das bedeutet bei mir eine mindestens 50 Kilometer lange Fahrt – mindestens. Tatsächlich werden daraus aber 100 Kilometer, und die schönsten davon sind die letzten zehn, als in gegen 21:00 in den Abend hinein geht.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Über Ruppertenrod und Ulrichstein halte ich auf das Feldatal zu, wo es bei Stumpertenrod diese besonders schöne Stelle gibt. Wie man sieht, ist heute ein Wetter zum Helden zeugen.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Aber der Sommer geht doch langsam zu Ende: Gepflügte Äcker und die letzte oder vorletzte Heuernte sind Zeichen des nahenden Herbstes.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Vom Feldatal aus ist es nur ein Katzensprung zum Totenköppel bei Meiches.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Herrlich ist der Duft des frisch gemähten Grases bei Helpershain.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Nach einem Kaffee in Ilsdorf ist es dann fast 20:00, es dämmert und die Sonne geht unter.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena Gray

Dabei ist es immer noch wunderbar warm, und so fahre ich noch einmal 10 Kilometer durch die Dämmerung. Abendfahrten sind einfach klasse.

Ach ja: Die Wirkung des Bactofin ist natürlich nicht sofort und direkt erkennbar, ist mehr so eine Langzeitpflege für Motor und Vergaser – so hoffe ich zumindest.