Transportwesen für zwei Singles

Der heutige Mittwoch wird ein Tag der Transporte werden. Dank der Unterstützung von Reinhard und seinem A6 samt Hänger werden wir alle derzeit ausstehenden Transporte erledigen – und das sind einige:
– Abholung der Harris Matchless G80 aus Mühlheim/Main
– Transport der Suzuki DR400 aus Mücke nach Grünberg
– Das Sputnik-Boot wiederum von Grünberg nach Mücke verbringen
– Das Superelastik-Boot aus dem Ebsdorfergrund nach Mücke holen.

Eine logistische Großaktion also – aber wir haben alles erledigen können. Für mich persönlich das Wichtigste war natürlich die Aktion mit der Matchless, endlich habe ich dieses überirdisch schöne Motorrad zuhause und kann mich damit beschäftigen.

Hier haben wir bereits fast alle Transportaufgaben des heutigen Tages erledigt und auf meinem kleinen Innenhof stehen zwei neue Singles: Die Matchless G80 (nein, wie ist sie so schön...) und die Suzi DR400. Ja, ich möchte gern ein wenig Enduro fahren.

Die DR400 hatte ich bereits am alten Standort ein wenig gestript, der Motor hat einen Probelauf hinter sich und am liebsten würde ich gleich damit beginnen, die 400er wieder auf die Strasse zu bringen. Aber ein wenig werde ich an der Optik machen müssen, der Kabelbaum muß komplett neu und ich möchte die elektrische Anlage auf 12 V hochregeln.

Die Suzi kommt sofort in meine kleine Werkstatt - das soll Ansporn sein, recht schnell mit den Arbeiten daran zu beginnen. Schliesslich möchte ich spätestens im Frühjahr den ersten Enduro-Trip machen.

Und jetzt zu meinem neuen Liebling, der Harris Matchless G80 - hab ich schon erwähnt, dass es sich dabei um ein Motorrad von ausgesuchter Schönheit handelt? Die Briten haben's einfach drauf .....

Nur rund 17.500 km gelaufen und in bestem Zustand. Die italienischen Instrumente und die deutschen Armaturen machen allerdings keinen besonders wertigen Eindruck. Im Gegensatz zu meinen Rotax-Emmen hat die G80 aber eine Ladekontrollleuchte - sehr schön.

Österreichischer Rotax-Motor, italienische Gabel, Stoßdämpfer und Bremsen, Tank von der 750er Laverda, deutsche Armaturen - aber eine englische Rahmenkonstruktion und immerhin in England montiert. Ich liebe dieses Motorrad!

Paoli-Gabel mit Anti-Dive-System. Zeitgenössische Berichte schreiben über dieses System, dass das beste daran wäre, dass es nicht funktioniert und die ordentliche Gabel nicht bei ihrer Arbeit stört.

Zum Motorrad gabs eine grosse Kiste mit meist neuen Ersatz- und Verschleißteilen. Besonders nett finde ich diesen Originalauspuff, der laut Auskunft von Ralf aber unerhört laut sein soll. Aber er ist sehr hübsch und probieren will ich den schon mal.

Ein Blick durch den Auspuff läßt mich an der unzulässigen Lautstärke keinen Augenblick zweifeln. Und dennoch .....

Die Ersatzteilkiste enthält interessante Dinge, mit denen ich mich im Detail erst Morgen beschäftigen werde.

Ein auffälliges Teil ist der originale 36er Del'Orto Vergaser. Derzeit ist ein kleinerer Vergaser montiert und ich muss sehen, welcher das ist. Eine britische Motorradzeitschrift schrieb aber bereits vor Jahren, dass der 36er zu groß sei und vermutlich die Ursache für das schlechte Startverhalten ist.

Ein schönes großes Werkzeugfach findet sich unter der Sitzbank - ähnlich wie bei den alten /5er BMWs. Da geht ordentlich was rein.

Aufkleber des belgischen Händlers, von dem die G80 stammt.

Das Typenschild.

Nach dem ersten Kennenlernen und diversen Kickübungen verschwindet die britische Schönheit in der Scheune bei meinen beiden Silverstars. Das passt, und hier sind die schönen 500er in bester Gesellschaft. Hoffe, dass ich in den nächsten Tagen zur ersten Probefahrt kommen werde.

Habe ich schon erwähnt, dass diese Matchless keinen elektrischen Anlasser hat? Und ich weiß, wie zickig der Rotax mit dem Kickstarter sein kann. Und obwohl ich durch meine Silverstars seit Jahren mit dem Rotax vertraut bin, habe ich ordentliche Probleme, den Big Single into live zu kicken. Die alte Erfahrung, dass jeder Rotax anders und individuell reagiert, bestätigt sich hier. In kaltem Zustand bekomme ich die Maschine halbwegs ordentlich ins Leben gekickt, aber als der Motor ein wenig warm geworden ist, tue ich mich sehr schwer mit der Kickerei. Ein bisschen peinlich ist das schon für einen alten Rotaxtreiber …

Weitere Versuche mit halbwarmem und warmem Motor verlaufen etwas besser, aber zwischendurch geht auch mal gar nichts. Den richtigen Kick habe ich jedenfalls noch nicht raus. Das heisst üben, üben, üben. Hab ja auch bei meinen Emmen einige Zeit gebraucht, bis ich das Startverhalten ergründen konnte. Und aufgrund des Del’Ortos verhält sich diese Matchless wieder etwas anders.

Sonnenbad auf den Seeterassen

Der optimale Hubraum für einen Viertakt-Single sind 350 … 500 ccm – eindeutig, und das weiß ich, seit ich Motorrad fahre, also seit ungefähr 45 Jahren. Als ich mir 1972 mein erstes (und einziges) funkelniegelnagelneues Motorrad in der Gelsenkirchener Motorradzentrale kaufte, beantwortete ich die Frage des Verkäufers nach dem Hubraum mit „so 350 bis 500 ccm“. Und das ist noch heute meine Meinung, wenngleich mir natürlich klar ist, dass diese Hubraumklasse heutzutage nicht mal als Einsteigermotorrad akzeptiert ist.

Daran muß ich heute denken, als ich mit Reinhard unterwegs auf einen Cappuccino ins Seehotel an der Antriftalsperre bin. Wir machen diese kleine Tour nämlich mit 2 schönen alten Singles: Einer Honda XL 350 und meiner 500er MZ Silverstar. Das Wetter ist tatsächlich überirdisch schön, ein perfekter Herbsttag. Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass damit bald, sehr bald Schluß sein wird. Umso wichtiger ist uns diese heutige Fahrt ins Antrifttal und über den Altkreis Alsfeld und den Hohen Vogelsberg zurück.

Noch vor 11:00 ist Reinhard zur Stelle, aber ich muss noch schnell meinen Leihhund Yellow zurück nach Nieder-Ohmen bringen. Nur 20 Minuten später starten die beiden Singles und es geht auf den kleinsten mir bekannten Straßen über den Kirtorfer Wald an den Antrifttalstausee nach Seibelsdorf. Aufgrund der intensiven Sonne gibt es kaum noch feuchte Stellen, auch nicht in den Waldstücken um Kirtorf - ist also ein herrlich entspanntes Fahren mit unseren Einzylindern.

Und schon haben wir das Seehotel am Stausee erreicht. Der Parkplatz ist extrem voller PKW und wir erwarten überfüllte Terrassen und Menschentrauben im Restaurant, aber dem ist nicht so. Vielmehr sind wir die ersten und lange Zeit die einzigen Gäste auf der Terrasse. Schön!

Für das Draussensitzen auf den Seeterrassen entscheiden wir uns a) aufgrund des herrlichen Wetters, b) des Seeblickes, ....

.... c) der Möglichkeit des Sonnenbadens .....

... und d) weil hier geraucht werden kann.

Cappuccino und eine kleine Mahlzeit, bestehend aus Kartoffelpfannkuchen und Lachs mit Merrettichsoße, sorgen für optimales Wohlbefinden.

Träge in der Sonne gesessen, lockeren Smalltalk gehalten, gut gegessen und getrunken - irgendwann raffen wir uns auf zur Weiterfahrt und über das Rückhaltebecken der Schwalm halten wir uns in Richtung des Altkreises.

Aber nicht ohne vorher einen kleinen Kurs in Sachen Fotografie abzuhalten. Reinhard zeigt, wie man aus der Maulwurfperspektive und trotz starken Gegenlichts erstaunlich interessante Fotos machen kann. Verblüffend für mich, den bekannt schlechtesten Fotografen unter der Sonne.

Auf den nächsten paar Kilometern macht Reinhard ein paar Fotos vom fahrenden Motorrad aus. Hier bei der Anfahrt auf Elbenrod im Altkreis Alsfeld.

Selbst auf der B254, die wir ein kurzes Stück befahren, wird von der fahrenden Enduro aus fotografiert.

Ein paar Kilometer zuckeln wir mit 60 ... 80 km/h hinter dem kleinen Jeep her - dabei lässt es sich vergleichsweise locker fotografieren.

In etwa war das unsere heutige Route - kleinere Abweichungen kamen aber vor. Noch nicht mal 150 km, aber mit viel Vergnügen beim Fahren, Speisen und Reden. Und laut Wetterbericht soll es bereits Morgen hier kälter und wesentlich weniger sonnig werden. War also genau richtig, diesen Tag zu nutzen.

 

 

Ausverkauf im Ebsdorfergrund

Heute sollen wieder Teile aus dem Ebsdorfergrund geholt werden – damit bin ich wieder einen Schritt weiter beim endgültigen Leeren der Scheune. Und weil das Wetter so überirdisch schön ist, treibe ich das Rotaxgespann danach noch 100 km durch den Ebsdorfergerund und den Vogelsberg.

Um 11:30 fahre ich rüber in den Ebsdorfergrund, denn um 12:00 soll der Seitenwagenrahmen des Sputnik geholt werden. Jürgen ist noch nicht dort, meldet sich aber um kurz nach 12:00 und ich muss nicht lange auf ihn warten. Dieter, den Vermieter, treffe ich leider nicht an, obwohl wir einiges zu klären hätten.

Das Warten wird mir nicht langweilig, denn in der Scheune gibt es immer was zu tun.

Heute fliegen unglaubliche Mengen von Kranichen in der typischen Keilformation über den Ebsdorfergrund. Ihre Rufe schallen schon lange bevor die Schule am Himmel zu sehen ist. Jetzt wünsche ich mir eine "richtige" Kamera mit geeigneten Objektiven, damit könnte man dann sogar die Vögel erkennen. Auf jeden Fall empfinde ich diese Formationen immer als ein herrliches Naturschauspiel.

Jetzt ist auch Jürgen eingetroffen - und ja, es ist der schraubaer42, sozusagen Mr. Planeta himself. Der bekommt den Sputnikrahmen und wird damit ein Planeta-Gespann aufbauen. Damit wird endlich zusammen gefügt, was zusammen gehört - nämlich Jürgen und Planeta.

Kein Problem ist es, den Sputnik in Jürgens Transporter zu verstauen.

..... und dann gibt's noch eben 100 Gespannkilometer durch den Vogelsberg. Am Rondinchen ist der Blick heute etwas trüb und ausserdem quatschen da zwei Hausfrauen lang und laut herum - also schnell weiter.

Kreuz und quer durch den Vogelsberg unter konsequenter Vermeidung von Bundesstrassen. Bei Hainbach gönne ich mir mal wieder einen Blick auf meine persönliche "Toscana".

Es ist immer noch herbstlich schön, aber der Übergang vom Indian Summer hin zum kahlen und grauen November ist schon ansatzweise erkennbar. Das Laub an den Bäumen nimmt ab und dafür die Menge am Boden zu. Da heisst es, die letzten richtigen Herbsttage ordentlich geniessen. Heute war's schon ganz OK und für Morgen stelle ich mir eine Kaffeefahrt an die Antriftalsperre und ans Schloß Eisenbach vor. Und an beiden Orten dann einen schönen heissen Cappuccino ...

 

Mit neuem Gespannreifen fährts sichs besser

Gestern hab ich mich endlich aufgerafft und einen neuen Reifen fürs Gespann aufziehen lassen. Bin beim Toyo 310 in 135/70 R15 geblieben, denn der fuhr sich nicht übel. Wie ich jetzt sehe, hat der 8000 km gehalten – mmhm, das ist sogar noch etwas weniger als der 125/70 R15 Entenreifen, den ich vorher gefahren habe. 8000 km sind nicht wirklich viel, vor allem, wenn man bedenkt, dass ich ein äußerst zahmer Gespannfahrer bin – mal vorsichtig formuliert.
Na egal, jedenfalls hab ich das Rad heute abgeholt und gleich eingebaut. Und weil das Wetter so richtig herbstlich schön ist, bin ich gegen 15:00 noch auf eine kleine Ausfahrt gegangen. Muss sowieso etwas aus der Ebsdorfergrunder Scheune holen und verbinde das mit einer netten Minitour in den Abend hinein.

Das Rad mit dem neuen Toyo ist schnell montiert und bei geschätzten 15...16°C starte ich in Richtung Ebsdorfergrund. Wenn ich's mir recht überlege sind die 8000 km, die der Toyo gehalten hat, doch gar nicht so schlecht - der Reifen kostet auch nur knappe 40 €.

Im Oktober habe ich ja oft genug darüber gejammert, dass der dieses Jahr nicht "golden" genug war und viel zu wenig vom Indian Summer rüber gebracht hat. Das scheint der November jetzt wieder gut machen zu wollen und bereits ab Atzenhain bin vom Rot des Indian Summer umgeben.

Merlau, Atzenhain, Bernsfeld, Büßfeld, Schadenbach, Deckenbach, Höingen - das ist heute meine Route in den Ebsdorfergrund. Ist völlig anders als früher und das liegt vor allem an der gesperrten Strasse ab Rüddingshausen. Speziell im Bereich Schadenbach, Deckenbach und Höingen zeigt sich goldene Herbst in praller Schönheit. Dazu ist es ein wenig bedeckt, kühl - ohne kalt zu sein, also ideales Motorradwetter. Zwar macht mir diese Wetterlage kreislaufmäßig ordentlich zu schaffen, aber das ignoriere ich und es vergeht beim Fahren.

Angekommen an der Scheune im Ebsdorfergrund. Hier hole ich nur schnell einen ES250/1-Gepäckträger heraus und dann gehts direkt weiter. Allzu oft werde ich diese Scheune wohl nicht mehr anfahren, da ich sie zum Jahresende aufgeben werde. Aber während der letzten Jahre und besonders in meiner Phase grenzenloser Unvernunft durch den Kauf viel zu vieler Ostböcke hat sie mir hervorragende Dienste geleistet.

Auch einTeil des Herbstes: Pilze auf dem Waldboden. Dummerweise kenne ich mich damit überhaupt nicht aus und verzichte aufs Pflücken. Obwohl ich auf eine schöne heiße Pfanne mit Pilzen, Speck, Zwiebeln und Rührei schon so richtig Lust habe.

Diese Aufnahme aus der Zwergenperspektive lässt mich riesig und das Gespann winzig aussehen, dabei sind wir eigentlich beide eher ... klein. Jetzt bricht bereits die Dämmerung herein und die Landschaft wirkt dadurch noch lauschiger. Die Leuchtstreifen an meiner Rolef-Jacke kommen allerdings auch sehr stark zur Geltung ....

Immer noch ist es ungewohnt, meine neue "Villa" anzulaufen. Die 15 Jahre im Nieder-Ohmener Backhäuschen habenmich ganz gut geprägt. Denke aber, das wird sich schnell ändern. Meine kleine Fahrt ist jetzt vorbei, waren noch nicht einmal 100 km, aber wie (fast) immer fühle ich mich danach besser - deutlich besser.

 

Was für ein Oktobertag !

Dieser letzte Oktobertag des Jahres 2011 bietet ein unglaubliches Wetter! Bereits am Vormittag wird es warm und wärmer, die Sonne scheint vom fast wolkenlosen Himmel und die Temperaturen steigen auf gefühlte 20°. Wer ein fahrbereites Motorrad sein eigen nennt und ein wenig Zeit hat, der muss jetzt einfach fahren – und genau das tue ich,  zur Entspannung und als Therapie.

Die SV650 hab ich jetzt auch schon fast einen ganzen Monat nicht bewegt – das wird sich heute ändern.Nach der langen Standzeit hat die Batterie ein wenig Mühe, den Motor zum Leben zu erwecken. Aber es klappt ohne Starthilfe und nach ein bisschen Luft auffüllen, Kette kontrollieren und Scheibe und Scheinwerfer reinigen bin ich unterwegs. Es ist einfach herrlich, ohne die dicken Winterklamotten der letzten Tage zu fahren, fast wie im Frühjahr.

Eine lange Reise soll das heute nicht geben, aber ich stelle mir so 100 gepflegte und lockere Kilometer vor. Wie fast immer, zieht es mich zunächst in den Vogelsberg und über Wohnfeld und Altenhain nach Schotten.

Und neben dem Wahnsinnswetter gerate ich bereits nach wenigen Kilometern mitten hinein in den Indian Summer - und diesmal richtig. Überall scheint quasi über Nacht die rote Farbe aus den Bäumen und Büschen hervor gebrochen zu sein. Das ist exakt der Herbst im Vogelsberg, wie ich ihn liebe. Dass er allerdings erst im November so auftritt, wundert mich schon. Aber was ist in unserer Welt überhaupt noch so, wie man es erwartet? Quasi nix ....

Da heute ein normaler Wochentag ist, gönne ich mir auch eine Fahrt durch den Laubacher Wald und wieder zurück bis Schotten. Am Falltorhaus soll heute ein Kaffeetrinken für die Saisonkennzeichenfahrer stattfinden, aber ich sehe im Vorbeifahren nur 2, 3 Maschinen und halte deshalb gar nicht erst an. Das mache ich erst später mitten auf der Strecke um zu zeigen, dass Suzuki-Gelb im Herbst fast eine Tarnfarbe ist.

Wenn ich schon mal in Schotten bin, kann ich auch eben beim Kawasakihändler Dirk reinschauen - vielleicht ist mal wieder ein Blick auf die W 800 drin. Zuerst meint Dirk, es wäre keine W mehr da, sein Vorführer sei verkauft. Aber dann fällt ihm ein, dass er das gute Stück ja zum Überwintern hier hat und natürlich kann ich mir das gute Stück ansehen.

Und da steht sie, eine W800 in wunderschönem Metallic-Grün. Aber heute kann ich erstmals ohne Neid und ohne Verlangen hinsehen, denn in kurzer Zeit werde ich selbst eine W haben: Eine W650.

Klick hier, um einen Blick auf meine zukünftige W650 zu werfen.

Nach kurzem Aufenthalt gehts weiter in Richtung Nidda. Am Stausee bekomme ich einen Mini-Indian-Summer geboten.

Auf verschlungenen Pfaden erreiche ich das Hungener Seenland und an einem der vielen Seen will ich ein kleines Päuschen einlegen. Kaum bin ich abgestiegen, lässt sich dieser kleine rotschwarze Käfer auf meinem Tankrucksack nieder. Possierlich .....

... aber innerhalb von Sekunden werden es mehr und immer mehr. Im Helm, in den Jackentaschen, in den Ärmeln, auf der gelben Suzi, die wohl für eine Dotterblume gehalten wird - alles voller Marienkäfer. Es müssen Tausende, ach, was sag ich, Hunderttausende sein. Und jetzt wundere ich mich nicht mehr, dass bereits in Schotten beim Kawahändler so ein Tierchen in meinen Helm gekrochen ist.

Die Luft surrt und brummt nur so und nicht nur auf mir und der Suzi lassen sich die Burschen nieder. So etwas habe ich in der Konzentration noch nicht erlebt. Vor ein paar Jahren im Frühjahr gabs mal etwas ähnliches mit Maikäfern, aber das hatte aufgrund der Grösse der Maikäfer eine andere Dimension. Die prallten damals wie Geschosse vor mein Visier.

Ich schaffe so gerade noch ein Foto, bevor ich kapituliere und vor den Heerscharen an Käfern flüchte. Schätze, so an die 100 Stück sitzen auf und hinter der Verkleidung meiner Suzi, immer wieder taucht einer im Helm auf - es ist lustig, aber auch nervig. Bis Tempo 120 halten die Käfer es auf der Verkleidungsscheibe aus und ich muss auf über 140, um die Brut nach und nach los zu werden.

Dieser herrliche Tag hat aber auch seine Schattenseiten - im wahrsten Sinne des Wortes. Durch die tiefstehende Herbstsonne und das Schattenspiel in den Waldstücken passiert es, dass ich plötzlich fast im Blindflug segele. Ist nicht ungefährlich, aber das kennt ja jeder, der an solchen Herbst- oder Wintertagen unterwegs ist. Muss man halt etwas vorsichtiger sein und bedenken, dass es auch manchem Entgegenkommer so geht.

Nun gehts zurück in den Vogelsberg, zuerst zum Tanken nach Ullrichstein und dann zur Volkssternwarte nach Stumpertenrod.

Jetzt habe ich die 80.000er Marke mit der Suzi geknackt - und habe dennoch grösstes Vertrauen in die Maschine. Hätte keinerlei Bedenken, nach einer kurzen Ölstandskontrolle direkt nach Österreich zu fahren und in der Steiermark den Gerhard zu besuchen. Die Suzi würde das sicher locker mitmachen. Aber so sind eben japanische Motorräder. Bereits vor 30 Jahren hab ich eine 6000 km Urlaubsfahrt durch Skandinavien gemacht - mit eine Honda CB 750 K2, die ebenfalls über 80.000 km gelaufen hatte.

Logisch: Je später es wird, umso extremer werden die Lichtspiele. Daneben komme ich immer wieder durch Waldstücke, in denen der Strassenbelag noch feucht und durch abgefallene Blätter aalglatt ist. Das ist Fahren im Herbst in all seinen Nuancen.

Kurz vor daheim halte ich noch eben beim Merlauer Schlüsseldienst, um aus dem vorhandenen Rohling endlich einen Zweitschlüssel für die Suzi machen zu lassen. Aber das scheint richtig schwierig zu sein, denn der neue Schlüssel hakelt und lässt sich kaum im Zündschloß drehen. Es dauert einige Zeit, bis wir auf das Zündschloß selber als Ursache kommen. Werde es morgen mal mit Benzin innerlich reinigen, ausblasen und mit Graphitpulver behandeln. Da dürfte nämlich mal jemand Öl hinein gesprüht haben ... wer das wohl gewesen ist? 🙁

Der Tag und die Fahrt gehen genau so schön zu Ende, wie sie begonnen haben. Immer wieder faszinierend, wie schnell 100 km mit der Suzi abgespult sind - heute waren es doppelt so viel. Und noch immer wundere ich mich, dass ich derart viel Spaß mit einem Motorrad habe, dass mir eigentlich gar nicht liegen dürfte: Zu hochdrehend, zu sportlich, zu kurzhubig, zu unklassisch. Ganz ernsthaft denke ich darüber nach, diese Suzi auch dann zu behalten, wenn die W650 in der Garage steht. Nur so als Ergänzung, nicht als Konkurrent.