Einmal Hui, einmal Pfui

oder „Open House bei Bernies Harley Davidson

Für den heutigen Tag habe ich motorradtechnisch gesehen zwei Optionen: Einmal der Besuch als Tagesgast beim AiA-Nord Treffen auf der Henneburg am Spessart und zum zweiten zu Bernies Open House in Dudenhofen. Die Henneburg ist eigentlich mein Favorit, aber ich verschlafe an diesem Samstag und so wähle das Harley Davidson Event. Das ist aber keineswegs nur ein Lückenbüßer, denn ich freue mich auf eine erneute Probefahrt mit meiner Lieblings-Harley, der Dyna Low Rider.

Das Wetter ist heute herbstlich, aber trocken. Auch um 10:30 ist es keine schlechte Idee, sich die Funktionsunterwäsche anzuziehen. Damit ist das Fahren dann auch perfekt, nicht zu kalt und nicht zu warm.

Wie immer nehme ich die längere Route über Biebertal und habe dabei einiges von der Landschaft. Im Giessener Land passiere ich jede Menge Burgen und im Lahn-Dill Bergland ist es herrlich waldig. Eine wirklich schöne, kleine Fahrt durch eine wunderbare Herbstlandschaft.

Haley Davidson Sportster 1988

Einen einzigen kleinen Stopp muss ich einlegen, und da bin ich bereits im Lahn-Dill Bergland und nur noch 20 Minuten von Dudenhofen entfernt.

Höhenrinder

Angelockt durch das Bollern der Sportster kommt die Familie der Höhenrinder freundlich und zutraulich bis an den Zaun, auch der durchaus beeindruckende Bulle.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Dass ich verschlafen habe, wird hier deutlich: Um 11:00 ist natürlich schon einiges los. Und empfangen werde ich gleich von einigen besonders schönen V-Twins wie diesem grünen TwinCam.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Oder dem silbrigen Fulldresser, dessen S&S Maschine nach reichlich Power aussieht.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Auch der schwarze Tourer sieht nach mehr PS aus als die Serie.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Eine fast neue Low Rider mit nur 4000 km und reichlich Zubehör. Für mich aber zu reichlich, denn ich mag weder vorverlegte Fussrasten noch klappengesteuerte Auspuffanlagen und schon gar keine Sissy Bar.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Schwarze Motorräder haben mir schon immer gefallen, aber mehr und mehr mag ich auch solche in weiß.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Richtig gute Farbkombinationen kann Harley einfach!

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Sieh an, eine Street 750 hat es tatsächlich in den Showroom geschafft – und sieht gar nicht mal so übel aus. Ich beschliesse, neben „meiner“ Low Rider heute auch eine Street Probe zu fahren.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Glücklicherweise steht eine Low Rider zur Probefahrt bereit, jungfräulich wie sie die Hallen in Milwaukee verlassen hat. Bis auf die Lackierung könnte das exakt mein Wunsch-Moped werden.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Habe ich schon erwähnt, dass Harley richtig gute Farbkombinationen kann?

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Der weisse Tourer mit der Springergabel ist eine Augenweide.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Der Daymaker in einem 7″ Lampengehäuse. Hier warte ich aber noch auf sinkende Preise.

Probefahrt mit der Low Rider

Jetzt gehe ich auf die Probefahrt mit der Low Rider – bereits zum dritten mal. Bin jedesmal und auch heute wieder total hin und weg von dem dicken 103 cui TwinCam Motor. Die Probefahrt erfolgt alleine, ist also keine geführte Tour und ich ziehe knapp 50 km durchs Bergland. Ein Traum! Die halbe Stunde muss ich dabei leider überziehen.

Direkt im Anschluss an die Low Rider schnappe ich mir die Street 750, vielleicht ein wenig aus Mitleid, denn sie steht wie ein Stiefkind abseits und wird wenig beachtet. Etwas später wird mir auch klar, warum.

Ich sag also, wie es (für mich) wirklich ist: Die Street ist einfach schrecklich! Das ist wahrlich keine Harley Davidson und sie sollte diesen Namen nicht tragen. Alles an der Street wirkt billig: Schalter, Armaturen, Spiegel, Lackierung, Blinker, Zündschloss. Der Motor fühlt sich an wie eine 250er Virago und das Fahrwerk ist ein Alptraum. Die Maschine kippelt um die Vorderachse, dass es mich nur so graut. OK, kann natürlich von den Reifen kommen, aber so darf sich eine Harley nicht fahren. Die Bremsen sind schlechter als die meiner 1988er Sportster. An der Kiste passt zumindest für mich also rein gar nix.

Wenn die Street nicht den Harley-Schriftzug tragen würde, hätte ich auf eine China-Konstruktion zum Discounterpreis von 4000 € getippt. Dann hätte die Kiste vielleicht eine Chance durch den Mitleids-, den Exoten- oder den Masochisten-Bonus. Von diesen drei Beweggründen kann ich mich leider auch nicht ganz ausschliessen und als China-Bike würde ich mir die Maschine vielleicht sogar kaufen – schon um zu beweisen, dass sich auch sowas am Leben halten lässt. Aber als Harley: Never ever!

Street 750

Da steht und sieht, wie oben erwähnt, sooo schlecht nicht aus.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Während meiner Probefahrten sind etliche Neuankömmlinge unter den Besucher-Bikes angekommen, beispielsweise diese stark individualisierte Sporty. Gefällt mir gut!

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Und zum dritten mal heute: Harley kann einfach super gute Farbkombinationen.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Meinen ganz persönlichen Schönheitswettbewerb heute gewinnt diese traumhafte Shovelhead.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Gelungen aus jeder Perspektive, einfach nur schön.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Sogar eine Flathead ist dabei.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Auffangrinne für Lecköl? Interessant, aber sicher primär für den vereinfachten Ölwechsel gedacht.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Polizei-Harley aus Kalifornien.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Jugendträume: Wie aus Easy Rider.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Die Ankunft dieser Truppe ist ein gekonnter Auftritt. Und die recht moderne Sportster vorn sieht aus wie das Bike des Holy Ranger (RIP): Buckhorn-Lenker und Sissy Bar.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Mutige, aber sehr gelungene Lackierung.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Überraschung: Wahrhaftig ist ein Besucher mit seiner Street gekommen – dabei hätte ich nach der heutigen Probefahrt gewettet, dass Bernie kein einziges Exemplar verkauft hat. Aber auch für eine Street kann es gute Gründe geben – siehe weiter oben.

Open House bei Bernies Harley Davidson im September 2015

Gegen vier mache ich mich auf den Weg zu meiner Sporty und es geht zurück an den Rand des Vogelsberges.

Harley Davidson Sportster 1988

Anfangs nehme ich die gleiche Route wie heute morgen: Lahn-Dill Bergland und dann vorbei an den Schlössern und Burgen im Giessener Land.

Harley Davidson Sportster 1988

Die imposanteste Burg ist zweifellos die in Krofdorf-Gleiberg.

Burg Vetzberg

Burg Vetzberg ist frisch eingerüstet und wird wohl restauriert oder repariert. Müsste ich übrigens auch mal besuchen.

Harley Davidson Sportster 1988

In der Rabenau verlasse ich die morgendliche Route und mache einen Schlenker über den Ebsdorfergrund. Hier im Wald zwischen Rossberg und Höingen suche ich nach den ersten Anzeichen des Indian Summer. Es gibt sie, aber noch sehr schwach und zaghaft.

Vogelsbergblick

In Deckenbach ist die Strasse nach Schadenbach wieder offen und hat einen schönen neuen Strassenbelag bekommen – da kann man jetzt richtig gut fahren. Und ein Stückchen weiter ist ein neuer Aussichtspunkt entstanden, der Vogelsbergblick.

Sportster 1988

In der Tat kannst Du von hier weit in das Mittelgebirge hinein schauen, aber das Auge fällt dabei auf sehr, sehr große Mengen von Windrädern. Die Landschaft ist damit wirklich zugepflastert und verhunzt: Hier fehlt einfach Augenmaß.

Meine 1988er Sportster

Jetzt bin ich nur noch ca. 15 Kilometer von zu Hause entfernt. Hatte einen richtig schönen Tag mit guten Typen und klasse Motorrädern. Mit der Sporty bin ich dabei 120 Meilen gefahren und dazu kommen nochmal etwa 100 Kilometer auf Low Rider und Street. So let’s call it a day.

 

Und dann wird es mir klar

….. aber dazu brauch ich heute einen Moment. Bin irgendwie leicht mies drauf, auch die Stunde mit Yello ändert daran nichts. Kasper dann ein bisschen in der Werkstatt und am Computer rum, ist aber alles nix halbes und nix ganzes. Um 14:00 reichts und ich hol die Sportster aus der Garage. Die Batterie dreht den Anlasser, der schnurrt los, bringt den Motor in Wallung und nach zwei Umdrehungen bollert der V-Twin los. Klack, ist der Gang drin und dann auf den Asphalt der Vogelsberger Strassen.

Sellnrod, Ulrichstein, Lauterbach – mir ist überhaupt nicht nach Fotostopps und ich fahr tatsächlich bis Sickendorf ohne eine Pause. Und da, am Sickendorfer Schloßpark, wird mir alles klar: Ich hab die letzten Tage viel zu viel mit den Vespa herum gemacht! Und so nett die kleinen Roller auch sind: Aus einem richtigen Loch können die dich niemals heraus holen – dazu braucht es schon einen 45° V-Twin. OK, das hätten wir also geklärt und deutlich entspannter setze ich meinen heutigen 100 Meilen Trip fort.

Harley Davidson

Hier an den Reitställen des Sickendorfer Schlosses kommt mir die bahnbrechende Erkenntnis, dass meine Scheisslaune mit einer Überdosos Cosa zu tun hat. Und das Gegenmittel heisst in meinem Fall Sporty.

Harley Davidson

Von Lauterbach ziehe ich durch das Schwalmtal weiter nach Alsfeld, wo ich dann in Richtung Antrifttal abdrehe. Am Seehotel gibt es einen dicken Cappuccino und ein wenig Abhängen in der Sonne.

Harley Davidson

Jetzt gibt es doch eine meiner typischen Pausen, und zwar an der einsamen Eiche mit Blick auf den Homberger Flugplatz.

Harley Sportster

Beim Aufbruch fällt mir die dicke graue Wolke im Westen auf und ich meine, auch schon die Regenschauer am Horizont zu sehen. Aber heute passiert in der Richtung nichts. Ganz sicher: Wäre ich heute mit einer Vespa unterwegs, würde es garantiert wieder regnen und ich wäre zum dritten mal in vier Tagen patschnass. Aber nicht mit der Sporty.

Jetzt fahre ich noch nach Schotten zum Tanken und habe damit quasi alle größeren Städte im Vogelsberg angefahren: Ulrichstein, Lauterbach, Alsfeld, Homberg und Schotten. Auf dem Heimweg fahre ich noch ein Stück mit einer 300er Vespa zusammen, deren Tempo mir gut passt. Bester Laune und wie neu geboren erreiche ich nach den 100 Meilen wieder mein Zuhause.

 

Auf den Pickel

Der Pickel – also das Örtchen Amöneburg – mit seinem sehr hübschen Marktplatz und seinen Cafes ist unser heutiges Nahziel. Wir möchten einfach einen Kaffee trinken und der Sonne dabei ganz nahe sein. Auf dem Pickel kein Problem.

1988er Harley Davidson Sportster

Amöneburg kann man innerhalb von 30 oder auch von 50 km erreichen – wir entscheiden uns für den längeren Weg, denn das ist heue erneut ein Herbsttag vom Feinsten.

1988er Harley Davidson Sportster

Von hier aus haben wir unser Ziel schon vor Augen.

1988er Harley Davidson Sportster

Wir haben auf unseren V-Twins den Amöneburger Marktplatz erreicht. Im Hintergrund sind zwei Harley Big Twins geparkt.

Amöneburg

Im Cafe gibts Kaffee und ganz frischen Pflaumenkuchen, natürlich mit Sahne. Die Harleyfahrer aus dem Hochsauerlandkreis starten gerade ihre Boliden, wir hingegen bleiben noch eine Weile in der Sonne sitzen. Und anschließend geht es noch nach Flensungen ins Eis-Cafe.

 

Es reicht !

Ja, es reicht! Nix gegen meine Vespa, aber seit Tagen schraube ich jetzt daran herum und komme zu nichts anderem mehr – vor allem nicht zum Motorrad fahren. Das geht wirklich nicht, und deshalb gibt es heute nur ein paar Kleinigkeiten an der Vespa, mit denen ich gegen 16:00 fertig bin. Und jetzt schnapp ich mir die Harley und gehe auf eine kleine Runde durch das Amöneburger Becken. Denn wie gesagt: Nix gegen Vespa, aber ne Harley ist ne Harley.

1988er HD Sportster

Die Anfahrt ins Amöneburger Becken nehme ich über das schöne Feldatal und fahre hier bei Ehringshausen etliche Kilometer immer an der Felda entlang. Und die Strasse gehört mir ganz alleine!

1988er HD Sportster

Der Heckenweg als Zufahrtsstrasse in die ehemalige Tierversuchsanstalt Ulrichstein bei Dannenrod.

1988er HD Sportster

Eindeutig: Der Sommer ist vorbei! Heute musste ich mich ganz ordentlich anziehen, aber dafür gibt es auch kein Frösteln und kein Transpirieren. Ist schon besonders schön, im Herbst zu kradieren.

1988er HD Sportster

Das Einfallstor ins Amöneburger Becken ist natürlich Amöneburg. Und jetzt cruise ich auf den Ministrassen dieser Landschaft zwischen Amöneburg, Mardorf, Rosdorf und Rauischholzhausen herum.

1988er HD Sportster

Zweifellos das schönste Marterl im Amöneburger Becken ist dieses hier bei Rossdorf – und es gibt wirklich ganz schön viele davon in dieser Gegend.

1988er HD Sportster

Zum Vergleich hier eines der schlichteren Art, was aber auch seinen Reiz hat.

1988er HD Sportster

Ein letzter Blick vom Rondienchen aus ins Amöneburger Becken, dann ist auch der Akku meiner Kamera leer und ich ziehe heimwärts. Bin heute sehr schöne 60 Meilen gebollert – und das war nötig. Die Enfield 500 EFI, der ich sonst häufig hier begegne, treffe ich heute nicht. Schade, denn die bollert ebenso schön wie meine Sportster.

 

Vergessen?

In den letzten Tagen habe ich vor lauter Vespa und grüner Cosa doch tatsächlich fast vergessen, dass da noch ein Alteisen aus Milwaukee im Stall steht und bewegt werden will. Naja, eigentlich hab ich’s natürlich nicht wirklich vergessen, aber die letzte Fahrt damit liegt immerhin schon 8 Tage zurück. Das wird sich heute aber ändern, denn gegen Mittag hole ich die Sportster aus der Scheune und ab gehts in Richtung Kinzigtal.

HD Sportster 1988

Nach ein paar kühleren und regnerischen Tagen ist es heute wieder ordentlich heiss geworden, die 30 °C hat der Vogelsberg sicher erreicht. Da machen Pausen und Boxenstopps keinen rechten Spass und so komme ich bis an den Nieder-Mosser Teich, der schon hart an der Grenze zum Main-Kinzig-Kreis liegt. Aber lang wird diese Pause nicht.

HD Sportster 1988

Das Kinzigtal und das Dreieck der drei Landkreise Vogelsberg, Fulda und Main-Kinzig mag ich sehr. Hier bin ich in der Nähe von Buchenrod und auf der Anhöhe gibt es einen tollen Ausblick in die Rhön. Der weisse Berg hinten rechts ist übrigens die Kalihalde bei Rommertz. An dieser Stelle gerate ich dann tatsächlich in leichte Schwierigkeiten, denn der Hang ist steiler als es aussieht, dazu mit rutschigem Schotter bedeckt. Rückwärts komme ich da nicht herunter, und muss die steile Wiese bis zum Waldrand fahren, wo ich dann wenden kann. Puh, das war knapp. Wär aber auch zu blöd gewesen, wenn ich die Sportster da umgeworfen hätte. Ein Stückchen weiter kommt mir auf der völlig einsamen Strasse nach Haidt & Hof noch ein schöner BigTwin aus Milwaukee entgegen.

HD Sportster 1988

Den Rückweg nehme ich über den Hoherodskopf und ergänze an Doros Büdchen meinen Wasserhaushalt. Neben der dicken Harley neben mir ist anfangs noch eine moderne Sporty hier, die eine fantastische Auspuffanlage montiert hat: Schön anzusehen und noch schöner anzuhören – aber ohne dabei prollig laut zu sein.

HD Sportster 1988

Jetzt noch ein paar Kilometer durch den Vogelsberg, und dann bin ich zufrieden. Wie gewohnt trage ich jetzt wieder das Harley-Grinsen im Gesicht.

HD Sportster 1988

Nach 95 Meilen beende ich die heutige Fahrt. Aufgrund der Hitze war ich anfangs ein wenig unpässlich, aber auch das hat die Sportster erfolgreich beseitigt.