Ab in den Hohen Vogelsberg und ins Oldtimer Cafe

Der gestrige Samstag war ab Mittags wettermässig schon recht nett, aber da wurde geschraubt und es war Besuch da – also nix mit Planeta bewegen. Für den Sonntag war ähnliches Wetter angekündigt, und in der Tat war es morgens noch klatschnass auf den Strassen. OK, mache ich also erstmal einen Spaziergang, dann zwei Stunden leichtes Schrauben an der Planeta und anschliessend ab in den Hohen Vogelsberg und ins Oldtimer Cafe.

Bereits auf dem morgendlichen Spaziergang spüre ich neben der Feuchtigkeit die aufkommende Wärme. Ist also nur eine Frage der Zeit, wann die Strassen trocken und auch mit meinen ME22 befahrbar sein werden. Aber sicher ist die Rutschigkeit dieser Metzeler-Reifen stark übertrieben. Kann einfach nicht glauben, dass ein renommierter Reifenhersteller so einen Murks verkauft.
Die leichte Schrauberei klappt auch ganz ordentlich. Mit Nachbar Egon verabrede ich mich dann zu einem Treff am Oldtimer Cafe – so gegen 14:00 soll es sein. Da hab ich jetzt noch gute zwei Stunden Zeit, die Planeta durch den Vogelsberg zu bewegen. Auf geht’s.

 

Ein Ergebnis der morgendlichen Schrauberei sind die Motorhaltebleche, die ich neu lackiert habe und mit vernünftigen Schrauben und Stopmuttern befestige. Und an den Krümmer kommen mit Kupferfett behandelte CU-Muttern von VW. Morgen werde ich mal ein Fachgespräch mit MZ-B in Berlin führen. Zwar finde ich die elektrische Anlage der Planeta nicht wirklich schlecht, aber eine wartungsfreie Lima mit Zündung wäre mir doch lieber.

Gestern hat mir Hermann die Leerlaufdüse aufgerieben: Die originale hatte einen Durchmesser von 0,60 mm, jetzt haben wir auf 0,65 aufgerieben. Soll das sehr starke Schieberuckeln mindern. Mal sehen, obs wirkt. Und eine neue Dichtung kommt zwischen Vergaser und Anschlussstutzen. Da wurden einfach 4 dünne Dichtungen reingebaut. Der K65-Vergaser konnte dadurch nicht mehr in den Bund des Anschlussstutzens geifen. Eine Möglichkeit für Nebenluft.

Jetzt gehts über Freienseen und Altenhain in Richtung Hoher Vogelsberg. Eindeutig: Das Schieberuckeln ist geringer geworden, der Motor tourt auch besser ab. Aber perfekt ist das Verhalten noch nicht. Vielleicht gehts aber auch nicht besser. Hinter Altenhain begebe ich mich auf die udmurtischen Planetawege und fahre etliche Kilometer auf völlig verschlammten Pfaden.

Entsprechend sieht meine gute Polja aus: Völlig verdreckt! Das habe ich eigentlich nicht gewollt, aber durch eigene Blödheit verursacht. Auf dem Schlamm und Matsch packen die Reifen teilweise überhaupt nicht mehr und es ist mehr ein Schlingern als ein Fahren. Bin heilfroh, als ich wieder Asphalt unter den Reifen habe. Polja und ich sehen aus wie ein Motocross-Pärchen.

Also fahre ich erstmal in Schotten an die Tanke und versuche, mit einem ganzen Eimer Scheibenputzwasser den gröbsten Dreck zu entfernen. Das gelingt aber nur zum Teil. Deshalb gehe ich hinter Schotten den Dreck nochmal mit einem meiner mitgeführten Lappen an. Zumindest meine Bekleidung bekomme ich so halbwegs wieder hin.

Mittelprächtig gereinigt vom schlimmsten Schmodder nehmen wir jetzt den Aufstieg in Richtung Hoher Vogelsberg in Angriff. Wer genau hinsieht, erkennt im Hintergrund den Fernsehturm auf dem Hoherodskopf. Den lassen wir aber links liegen und bewegen uns in Richtung Herrchenhainer Höhe, also zum Oldtimer Cafe.

Unter Verwandten! Polja neben ein paar alten Lada Niva beim Ladahändler Appel in Breungeshain. Der britische David Brown Schlepper daneben passt allerdings überhaupt nicht dazu. Jetzt über Sichenhausen nach Hartmannshain. Die starke Steigung bei Sichenhausen nimmt Polja locker im 4. Gang - so wie sämtliche Steigungen heute. Nirgendwo muss ich wegen einer Steigung herunterschalten. Klasse! Der lange Hub bringts.

Angekommen am Oldtimer Cafe auf der Herrchenhainer Höhe. Ist relativ wenig los für dieses schöne Wetter. Aber klar, viele Saisonfahrer mussten ihr Motorrad schon in den Winterschlaf legen. Sehr gut, das gibt mehr Ruhe auf den Strassen.

Meine Planeta ist heute das einzige richtige Arbeitstier und auch der einzige Ostbock. Parke zwischen zwei chromglänzenden Harleys und bin dabei sehr stolz auf meine Polja. Matze, Inhaber des Oldtimer Cafe, kommt kurz heraus und wir plaudern ein wenig. Eine sehr hübsche und herrenlose Katze versucht, sich bei Matze einzuschmeicheln. Sieht so aus, als hätte sie Erfolg damit.

Dann warte ich ein Viertelstündchen auf die Nachbarn, die auch recht pünktlich mit dem Rotax-Gespann und zusammen mit Andreas aus Lumda samt Gattin erscheinen. In der Zwischenzeit betrachte ich mir ein wenig die Umgebung und entdecke hinter einem Hügel den Kirchturm von Sichenhausen. Ein hübsches Motiv.

Kurz bevor es ins Cafe zu heisser Schokolade und Schwarzwälder Torte geht, entdecke ich dieses nette Stilleben mit buntem Laub, einem alten Holzzaun, einer rostigen Schlossschraube, 2 ebenfalls rostigen Spaxen und einem gelben Marienkäfer. Der versucht mit Hilfe der letzten warmen Lüfte einen Abflug - und es gelingt.

Nach Kaffee und Kuchen wird mir im überhitzten Cafe schnell zu warm und ich verabschiede mich von den anderen. Will noch ein paar Kilometer fahren und das schöne Wetter nutzen. Eine innere Stimme sagt mir, dass wir so etwas dieses Jahr nicht mehr allzu oft bekommen werden. Nach einem kleinen Schlenker in Richtung Main-Kinzig-Kreis bin ich hier wieder im Vogelsberg und zwar in Eichelhain.

Nach dem Abstieg vom Hohen Vogelsberg wurd es zwischendurch plötzlich mal richtig finster, fast wie bei einem Weltuntergang. Ein schönes Schauspiel, dass durch dieses Foto nur sehr unvollständig wiedergegeben wird - leider. Aber es bleibt trocken, kein Regentropfen trübt den Tag.

Und nur wenig später ist es wieder strahlend hell und der Himmel blau wie im Mai. Nahe Meiches zeigt sich der Vogelsberg hier mit seinen typischen sanften Hügeln und der offenen Landschaft.

Interessantes Gebäude, dass hier in Meiches zu verkaufen ist. Könnte eine alte Schule oder ein Amtsgebäude sein. Ideal auch für eine grössere Gruppe gealterter MZ-Fahrer, die hier die alten Geschichten aufleben lassen und an an ihren Ostböcken schrauben können. Netter Gedanke!

Weiter über das Feldatal in Richtung Mücke. Nahe Ermenrod erlebe ich doch noch einen kleinen Indian Summer mit grünen, roten, gelben und braunen Pflanzen. Dennoch habe ich das Gefühl, dass dieser nur ansatzweise vorhandene goldene Oktober nahtlos übergeht in einen grauen und trüben November. Hoffe, ich irre mich.

Diese Fahrt heute war die schönste mit der Planeta bisher. Wunderbar, wie der langhubige Motor jede Steigung im 4. Gang hochstampfte. Die Vergaseranpassung hat das Schieberuckeln verbessert und selbst die Kupplung habe ich halbwegs eingestellt bekommen. Und auch die Schalterei ist heute etwas besser geworden. Es gab sogar Schaltvorgänge in den 2. und 3. Gang, die geräuschfrei verliefen.

Nehmen wir die letzten Kilometer unter die unpassenden Metzeler ME22-Reifen. Ach ja: Getankt habe ich auch heute, und zwar in Hartmannshain. War noch nicht auf Reserve und konnte 8,5 Liter in den Tank packen. Nach Umschaltung müssten also mindestens 10 Liter hinein passen. Der HELD-Tankrucksack passt gut und fasst alles, was ich zu solchen kleinen Touren brauche. Waren zwar nur 120 km heute, aber mit hohem Spassfaktor. Nur das Lenkkopflager muss ich dringend angehen - wegen der besseren Kurvenlinie.

Bei beginnender Abenddämmerung erreiche ich die heimische Werkstatt. Die Nachbarn sind bereits zuhause, sie sind ohne Umweg direkt gefahren. Ich beseitige noch einige Schlammspuren meiner Off-Road-Einlage und dann war's das.

 

 

Herbsttour mit erweitertem Aktionsradius

Von einem goldenen Oktober ist dieser Monat bisher meilenweit entfernt – allerdings tut sich ab heute etwas. Nach der erbärmlichen Kälte und Nässe der letzten Tage beginnt dieser Sonntag verheissungsvoll. Dennoch warte ich bis gegen 10:30 ab und lasse die allergrösste Nässe auf den Strassen von der Herbstsonne trocknen. In der Zwischenzeit schraube ich noch ein wenig an Polja herum: Weitere Stecker werden mit Kontaktspray und Polfett behandelt, der Kupplungszug ordentlich gefettet, Luft wird auf die Reifen gegeben und dann ist der Tag bereit für eine Herbsttour mit erweitertem Aktionsradius.

Mittlerweile weiss ich, wie Polja am liebsten anspringt: Bei Kälte muss getupft und der Choke gezogen werden – damit kommt die Gute auch heute auf den ersten Kick. Das Getriebe allerdings habe ich nach wie vor nicht im Griff: Mal gelingen mir spektakulär geräuschlose Schaltvorgänge, kurz danach kracht es wieder furchtbar. Ob vielleicht doch die Kupplung dafür verantwortlich ist? Vielleicht sollte ich doch mal neue Beläge einbauen, und bei der Gelegenheit gleich einen neuen, selbstgebauten Zug.
Und an das Lenkkopflager muss ich unbedingt ran! Es ist eindeutig zu stramm eingestellt und entsprechend hakelig lenkt es sich in Kurven. Und auch die Bremsen bedürfen meiner Zuwendung, etwas mehr Wirkung sollte doch zu erzielen sein.

Diese kleine Vogelsberg-Tour habe ich geplant, sind nur 55 km und das erscheint mir für die erste "richtige" Fahrt mit der Planeta genug. Aber es kommt anders: Ich fahre zuerst diese Route, verdoppele aber zum Schluss durch Abdriften in den Homberger Raum und den Ebsdorfergrund. Letztendlich kommen so über 100 km zusammen, die meine Planeta souverän und pannenfrei absolviert.

Zunächst gehts hoch ins Feldatal. Hier bei Zeilbach ist noch alles recht nass und ich bin entsprechend vorsichtig. Die Warnungen diverser Kenner vor dem Nässeverhalten der Metzeler M22 Reifen habe ich mir zu Herzen genommen.

Udmurtien, die Heimat der IZH-Motorräder, und der Vogelsberg haben mehr gemeinsam, als man denkt. Dieses Gebäude könnte ebenso gut in der russischen Republik Udmurtien stehen - in Wahrheit aber steht es in Gross-Felda im Vogelsberg.

Richtung Strebendorf kommt jetzt doch das Gefühl auf, den Indian Summer zu erleben.

Die Sonne scheint und wärmt sogar, der Wald erstrahlt in seiner gesamten Farbenpracht. Dürfte in Udmurtien ähnlich aussehen.

Diese gepflegte Scheune liegt an der Hauptverkehrsstrasse zwischen Izhewsk und Sarapul in Udmurtien - oder auch nicht: Der Standort des Gebäudes ist Romrod-Zell im Vogelsberg.

Von Billertshausen bis Heimertshausen nehme ich diese IZH-gerechte Strasse unter die Räder.

Einer der grösseren Flüsse Udmurtiens ist der Tschepza im Norden der Republik. Wenn man dann noch weiss, das über 40% des udmurtischen Staatsgebietes von Wald, meist Nadelwald, bedeckt sind, dann könnte die Illusion an diesem Ort perfekt sein: Wir sind am dunkelen See im Kirtorfer Wald im Vogelsberg.

Hübsche kleine Gebäude auf dem Gelände des Tierzuchtzentrums Neu-Ullrichstein bei Dannenrod.

Seit ich in Hessen lebe, also seit seit über 30 Jahren, ist diese ehemalige Eisenhandlung in Ober-Ofleiden leer und das Gebäude zerfällt zusehends. Und man beachte den schönen alten Rundhauber neben dem Haus.

Udmurtien ist eine der industrialisiertesten Republiken Russlands. An natürlichen Bodenschätzen bietet das Land Öl, Torf und Mineralwasser - aber sicher gibt es dort auch Steinbrüche. Dieser hier befindet sich zwar im Ebsdorfergrund, aber er hat auch was russisches.

Am Rande des Ebsdorfergrundes mit Blick auf den ersten Ort der Rabenau - Rüddingshausen - gibts mal wieder ein Foto von Maschine und Mensch. Hier spüre ich äusserst schmerzhaft, wie schwergängig die Kupplung nach knapp 100 km ist - die linke Hand muss Schwerstarbeit leisten. Russische Motorräder zu fahren ist eben noch richtig Arbeit.

In Weitershain gibts mal wieder einen Blick auf das zu verkaufende Häuschen. Passt gut zur Planeta und die Verkäufer sind Russlanddeutsche. Vielleicht hätte der Anblick der Izh für eine Preissenkung gesorgt, aber ich treffe niemanden an.

Der Gedanke, in diesem Haus zu leben, wird mir immer sympathischer. Schöne ruhige Seitenstrasse, Garage, ein grosser Schuppen im Garten - ein reizvoller Gedanke. Jetzt aber ab nach Mücke, Jott-Punkt aus dem MZ500-Forum hat sich angesagt und möglicherweise auch Airhead aus Hannover.

 

Polja wird legal

Die Planeta läuft, alles funktioniert mehr oder weniger, TÜV hat sie noch 3 Monate – da könnte ich doch eigentlich einen freien Tag machen und die Maschine zulassen. So soll es sein! Morgens um 7:45 auf die Zulassungsstelle und nur 2 Stunden später ist es vollbracht: Polja wird legal.

Die Versicherungs-Doppelkarte gibts ja jetzt in elektronischer Form – das hab ich am Vortag arrangiert. Aber eines wusste ich nicht: Hat ein Fahrzeug weniger als 6 Monate bis zum nächsten TÜV, so muss es bei der Zulassung vorgeführt werden. Also bekomme ich auf der Zulassungsstelle zuerst mein Kennzeichen ohne Stempel, dann muss ich wieder nach Hause, das Kenzeichen an der Planeta befestigen und auf direktem Weg wieder zur Zulassungsstelle. Was ein Glück, dass die nur im nächsten Ort und nicht in der 50 km entfernten Kreisstadt ist! Jetzt wird die Fahrgestellnummer überprüft und dann gibts die Stempel. Noch eben lausige 55 Euro berappt und dann ist Polja wirklich legal. Trotz der erbärmlichen Kälte an diesem Morgen muss ich das ausnutzen und eine kleine Rundfahrt starten.

Hier bin ich an diesem Morgen zum zweiten mal an unserer Zulassungsstelle und werde jetzt den Sachbearbeiter in die Kälte holen, um ihm die Planeta vorzuführen.

Alles erledigt, ein DQ-Kennzeichen war noch frei, die Stempel sind aufgepappt, alles klar für eine kleine Rundfahrt mit der legalisierten Polja.

Raus aus Merlau und ab in Richtung Kirschgarten. Es ist jämmerlich kalt an diesem Morgen - garantiert Minusgrade. Dennoch ist die Kälte nicht schlimm, nur das dauernde Vereisen des Helmvisiers ist schrecklich. In diesem Punkt ist der Schuberth-Helm richtig schlecht.

Hier zwischen Kirschgarten und Wettsaasen, hat die Gegend um diese Jahreszeit irgendwie einen Hauch von Udmurtien, der Heimat Poljas.

Am Schützenhaus lasse ich ein paar Minuten die Morgensonne auf uns einwirken - hilft aber weder gegen die Kälte noch gegen das beschlagene Visier.

Der gesamte Boden ist mit Raureif bedeckt. Ohne den Zwang zur Vorführung wäre ich jetzt garantiert nicht unterwegs - aber dann hätte ich auch was versäumt.

Die Kupplung muss ich wieder etwas nachstellen, um die Schaltbarkeit des Getriebes zu verbessern. Und das Standgas muss runter, auch das hilft beim Schalten und reduziert die Getriebegeräusche ein wenig. Der K65 Vergaser ist schon recht schrecklich: miese Einstellmöglichkeiten und starkes Schieberuckeln sind seine Haupteigenschaften. Bing?

Ein paar Kilometer wandern wir auf diesen Wirtschaftswegen und da ist Polja in ihrem Element. Schon bei geringen Drehzahlen zieht der langhubige Zweitakter kernig durch - das ist die Motorcharakteristik, die ich schätze.

Bald tritt der erste Schaden auf: Der rechte Spiegel beginnt zu klappern und die Eingeweide wie Glas und DIchtung halten nur noch so gerade. Warum nur überrascht mich das überhaupt nicht? Insegsamt ist das Fahrverhalten wie mit einem Vorkriegs-Oldtimer - hauptsächlich durch das Getriebe bedingt. Und die Metzeler M22 Reifen sind auf feuchten Strassen wirklich so schlecht, wie es im Internet häufig nachzulesen ist. Ich denke über leicht grobstollige Heidenau-Reifen nach: Vielleicht ein K37?

Immer wieder gelingen mir auch geräuscharme Schaltvorgänge, aber nicht immer. Bis auf den defekten Spiegel passiert nichts mehr - Polja bringt mich an diesem wichtigen Tag ohne wirkliche Panne nach Hause. Instinktiv habe ich grosses Vertrauen zur Planeta, denn auch heute sind wir ohne jedes Werkzeug gefahren. Aber ich werde einen Satz aus LADA-Bordwerkzeugresten zusammenstellen. Aber jetzt heim, die Kälte wird mir zu unfreundlich.

 

Aber die Zeit mit Polja ist für heute noch lange nicht vorbei. Nun gehts in die Werkstatt und es beginnt ein kleiner Wartungs- und Servicedienst. Aber zuerst beginne ich damit, einen Bordwerkzeugsatz zusammen zu stellen. Sind teilweise Schlüssel von meinem alten Lada aus dem Jahre 1981: Made in USSR.

Das Getriebeöl wird gewechselt und die Planeta bekommt das gute Addinol GL80. Dann Kupplung einstellen, Speichen nachziehen, Bremshebel einstellen. Zwischendurch immer mal wieder nach nebenan zu Egon, der an Sammies Rotaxgespann schraubt.

Erst um kurz vor 6:00 ist Schluss mit der Schrauberei. War ein langer, aber angenehmer Tag mit Polja.

 

8 Stunden mit Polja in der Werkstatt

Für den heutigen Sonntag gibts 3 Alternativen: 1. Nichstun – ganz schlecht. 2. Zum Thüringer Ostbocktreffen auf die Emberghütte – hmm, ja, nicht schlecht oder 3. 8 Stunden mit Polja in der Werkstatt.

Eine Herbstfahrt nach Thüringen auf die Emberghütte bei Oberalba reizt schon – dort findet das monatliche Treffen einiger Ostbocktreiber statt. Das Wetter ist auch nicht ganz so schlecht wie angekündigt. Und ich kann jetzt schon verraten, dass es bis gegen 15:00 ganz nett und fast regenfrei bleibt. Wäre also wahrscheinlich eine schöne Fahrt geworden.
Aber ich entscheide mich heute für einen Schraubertag – zu stark zieht es mich zu meiner neuen Planeta. Noch vor 9:00 mach ich mich ab in die Werkstatt und verlasse sie erst nach 17:00 wieder. Schliesslich muss ich meine Polja doch kennenlernen.

Die ganze Nacht musste die arme Planeta draussen im Regen stehen und entsprechend nass sieht das gute Stück aus. Jetzt schnell das Silverstar-Gespann aus der Werkstatt geschoben, damit es dort Platz zum Schrauben gibt.

Bevor es losgeht noch ein Foto zusammen mit dem Schrauber. Ich finde nach wie vor, dass die Planeta extrem gut in den Vogelsberg und besonders zu unserem kleinen Anwesen passt.

Ab in die kleine Schrauberwerkstatt und als erstes schraube ich ein Kennzeichen an die Planeta. Das macht einen so schön fertigen und fahrbereiten Eindruck - auch wenn das Kennzeichen nicht ganz aktuell ist.

Dann ein Blick auf die Lichtmaschine. Wenn möglich, soll da eine Vape-Anlage rein, aber MZ-B lässt sich auf der Webseite recht unklar über die Systeme für Izh aus. Nach deren Beschreibung sollte meine Lichtmaschine ganz anders aussehen. Meine Lima passt mehr zu der Beschreibung zur Planeta 3. Mhhm, muss mal mit den MZ-B-Leuten diskutieren.

Jetzt schnapp ich mir eine Tube Elsterglanz und geh mal die diversen Chromteile an. Insgesamt ist der Chrom gar nicht schlecht, viel besser als die italienischen Teile an meinen Rotax-MZ ursprünglich waren. Und an einigen Stellen beginne ich, V4-Inbusschrauben zu verbauen, wie hier am Limadeckel.

Auch die Felgen sowie Auspuff und Krümmer sind chrommässig in gutem Zustand. Dennoch kommt jetzt überall Elsterglanz drauf, damit dieser gute Zustand auch erhalten bleibt. Batterie- und Werkzeugkasten versehe ich mit dicken Dichtungen, dadurch wird das Geklapper gleich wesentlich reduziert.

Beim Vorderrad mach ich mich ausgiebig über Felge, Speichen und die Bremstrommel her. Auch die Gabelholme werden behandelt und danken es mit höchstem Chromglanz. Die relativ fetten Metzeler-Reifen sehen nicht schlecht aus, wie ich finde.

Eigentlich eine richtig hübsche Bremse. Die Wirkung muss ich im Fahrversuch überprüfen, aber ich stelle sie erstmal Pi mal Daumen ein. An Züge, Tacho und weitere Schmierstellen kommt jetzt Molykotepaste.

Inzwischen habe ich die Batterie nachgeladen und den Benzinhahn gereinigt - das war auch nötig. Im Tank ist einiges an Rost und so denke ich, dass solche Reinigungen noch öfter vorkommen werden. Und dann gehen wir auf eine kleine Probefahrt!

Wir befahren nur die allerkleinsten Strässchen - muss ja nicht jeder das Kennzeichen sehen. Der Motor zieht tatsächlich los wie ein Lanz Bulldog: Klack klack klack klack - und schon haben wir den 4. Gang drin. Der lange Hub bringts! Das Getriebe schaltet sich, naja, sehr robust. So leicht und geräuscharm wie ein MZ-4-Ganggetriebe geht es nicht.

Nach kurzer Zeit schalte ich aber schon fast geräuschlos - muss nur die Drehzahl schön runterkommen lassen. Und das wiederum macht der Motor gelassen mit. Ich kann euch sagen: Der Fahrspass ist enorm!

Als ich dem Kupplungszug etwas mehr Spiel geben will, wird das Schalten fast unmöglich. Also wieder weg mit dem Spiel. Sollte die Kupplung nach 8800 km schon fertig sein? Kann ich nicht glauben.

Mit 70, 80 oder 90 über diese Strassen zu touren. ist wunderbar. Hier herrscht überhaupt kein Verkehr, lediglich ein Radfahrer begegnet mir später. Die Planeta fährt sich genau so, wie ich mir das vorgestellt habe.

Bei Königsaasen biege ich ab, um den Ort zu umgehen - Vorsicht ist die Mutter der Porzelankiste. Nicht nur das Kennzeichen macht mich ein ganz klein wenig nervös, auch die Tatsache, dass ich keinerlei Werkzeug dabei habe, beruhigt nicht gerade. Und selbst das Handy hab ich vergessen!

Jetzt langsam zurück in Richtung Nieder-Ohmen. An diesem Ort treffen sich manchmal einige Spätaussiedler, aber heute ist natürlich niemand zu sehen. Dabei hätte ich ein paar Fragen zur Planeta gehabt. Vielleicht wäre sogar ein Izh-Schrauber dabei gewesen. Also weiter und zurück in die heimische Werkstatt.

Die Armaturen überzeugen mich nicht wirklich, der Lichtschalter hat manchmal einen Wackelkontakt und der Gasgriff geht verdammt schwer. Also die Schalter mal gereinigt und mit Polfett behandelt und den Gasgriff tausche ich gegen meinen geliebten Magura 307 aus. Dazu muss natürlich der Gaszug umgelötet werden.

Jetzt, am Nachmittag, kommt doch wieder schwerer Regen herunter. Ich bringe es nicht übers Herz, Polja bei diesem Wetter eine weitere Nacht draussen stehen zu lassen. Nach einigem Hin- und Herrangieren quetsche ich die Planeta wahrhaftig noch in die Werkstatt. Kann mich jetzt zwar überhaupt nicht mehr bewegen, aber meine Kräder stehen schön im Trockenen. Schluss für heute!

 

Meine Planeta ist im Vogelsberg angekommen

Das der Motorrad-Spediteur die Planeta in Hamburg abgeholt hat, wusste ich ja schon. Und seit gestern weiss ich auch, dass sie heute bei mir angeliefert werden soll. Endlich findet also zusammen, was zusammen gehört! Gegen 14:00 kommt der Anruf, dass der Sprinter jeden Moment um die Ecke kommen wird. Und tatsächlich, da ist er: Meine Planeta ist im Vogelsberg angekommen.

Die Planeta steht ganz vorn im Sprinter und damit wir nicht drei weitere Motorräder (darunter eine MZ RT 125) ausladen müssen, heben wir das gute Stück mithilfe von Nachbar Egon aus der seitlichen Schiebetür. Geht recht easy, dann noch ein wenig Smalltalk mit dem netten Fahrer, kurz die 125 Euronen gelöhnt (dafür hätte ich keine Fahrt nach Hamburg machen wollen) und der Sprinter zieht weiter. Jetzt kann ich mir meine Planeta genauer ansehen. Die gesamte Aktion einschliesslich Ausladen findet natürlich  bei strömendem Regen statt.
Schon seit einiger Zeit ist mir völlig klar, dass dieses Motorrad einen weiblichen Namen bekommen wird, und jetzt weiss ich auch, welchen: Die Planeta heisst ab sofort Polina, kurz Polja. Neben Kathy, der MZ TS 250/1 habe ich also jetzt mit Polja ein weiteres weibliches Wesen in meiner Werkstatt. Mal sehen, was meine liebe Gattin dazu sagen wird.

Da steht sie vor unserem kleinen Natursteinhaus: Polja ist in ihrer neuen Heimat, dem Vogelsberg, angekommen. Hoffe, sie wird sich so wohl fühlen wie im heimatlichen Udmurtien. Ich werde jedenfalls alles dafür tun und womöglich dankt sie es mir mit langen, treuen Diensten. Doch, ich spüre, dass Polja und ich uns gut vertragen werden.

Poljas Zustand entspricht der Beschreibung des Verkäufers und ich bin sehr zufrieden damit. Die gesamte Erscheinung spricht mich total an. Diese gewagte Mischung aus 30er Jahre DKW-Technik, 80er Jahre Japan-Barock und einem unverkennbaren sozialistischen Touch - das ist genau das richtige Motorrad für mich. Oder wie Schraubaer42 auf seiner Izh-Webseite zu diesem Design sagt: "Einfach toll!".

Als erstes bemerke ich, dass der Ständer ein wenig kurz geraten ist und das Motorrad auf unebenem Grund etwas wackelig steht. Die vordere Duplexbremse sieht ungemein vertrauenerweckend aus - der Zug am Bremshebel ist hingegen ernüchternd. Aber das Teil ist bestimmt nur schlecht eingestellt .......

Ein wunderbarer Motor, der immer noch aussieht wie der von der DKW 350 NZ. Der gewaltige Krümmeranschluss und die Deckel an den Überströmkanälen sind alte DKW-Schule.

Als wir uns 1980 einen funkelnagelneuen Lada Kombi gekauft haben, habe ich mich ähnlich gefühlt: Kyrillische Bezeichnungen an den Kontrollleuchten und den Bedienelementen. Etwas schlecht zu erkennen: Polja hat 8845 km auf dem Tacho - vom Verkäufer zugesichert.

Der Heckbürzel erinnert an die alte Honda CX500, die Güllepumpe - eben 80er Jahre Japan-Barock. Auch auf den zweiten Blick macht meine Polja einen gepflegten und guten Eindruck. Wenn ich da morgen mal mit Lackpolitur und Elsterglanz drangehe, wird meine Planeta in ungeahntem Glanz erstrahlen.

Jetzt möchte ich erste Lebensäusserungen von Polja hören! Die Kontrollleuchten für Lichtmaschine und Leerlauf funktionieren, ich finde heraus, welche Stellung des Benzinhahns die offene ist, Sprit ist im Tank. Erste Kicks ergeben keine Resultate. Als ich jedoch den Killschalter in die richtige Position bringe und den K65-Vergaser flute, springt Polja sofort an. Der sonore Zweitakt-Spruzz hallt durch die Untergasse - daran werden sich die Nachbarn gewöhnen müssen. Dann läuft der Motor mit wunderbar langsamem Standgas und pufft dicke weisse Wolken in den Vogelsberg - Polja lebt!

Aufgrund des etwas wackligen Ständers gibts erstmal eine Bodenplatte als Unterlage. Diese erste Nacht muss meine Polja draussen verbringen, die Werkstatt ist absolut überbelegt. Die Bereifung ist übrigens neu - schöne Heidenau-Reifen hinten und vorn.

Der Flachschieber-Vergaser Typ K65 ist wohl alte Mikuni-Bauart. Man beachte den braunen Bakelit-Luftfilterkasten, der zur Reinigung eine kleine Ölfüllung bekommt. Und der Benzinhahn ist in der gerade gezeigten Stellung natürlich geschlossen.

Jetzt verstehe ich, warum bei den Planetas immer die Markenembleme auf dem linken Seitendeckel kaputt sind: Bei jedem 3. Kick verhakelt sich der Kickstarter und bleibt am Seitendeckel hängen oder schlägt gegen das PLANETA5-Emblem. Aber das sind doch alles nur Peanuts, oder?