Scout für Sosa

Den heutigen Pfingst-Montag-Trip hatte ich schon einige Zeit geplant: In Vorbereitung auf die Fahrt nach Sosa am Donnerstag will ich ausprobieren, wie ich am besten auf die B 279 komme, die mich nach Gersfeld und weiter nach Bad Neustadt und Bischofsheim führen soll. Dazu soll es durch den Vogelsberg nach Hosenfeld, Hauswurz und Neuhof gehen und weiter über Kallbach, Büchenberg und Döllbach. Dort treffe ich dann auf die Bundestrasse. Die Gegend um Neuhof kenne ich nicht sehr gut und ehe ich am Donnerstag lange herumkurve, mach ich mir heute lieber den eigenen Scout für Sosa.

Um halb neun gehts los: Die ersten 50 km durch den Vogelsberg sind mit zwangsläufig bestens bekannt und ruckzuck bin ich in Stockhausen, jetzt bereits im Landkreis Fulda. Von da über Blankenau (Da war doch noch ein Gespanntreffen ….) nach Hosenfeld und Hauswurz. Bin ich zwar überall schon gewesen, aber eher planlos und zufällig. Eine herrliche Route ist das, so am Rande der Rhön. In Hauswurz war mal vor 25 Jahren ein alter Kumpel von mir mit dem Konsul-Gespann und hat im damals einzigen Tante-Emma-Laden Zigarettenblättchen, Tabak und Streichhölzer kaufen wollen. Der Laden war so ein richtig alter Kolonialwarenladen und der Besitzer ein dicker, glatzköpfiger Typ mit grauer Latzhose, Hosenträgern und Verkäuferkittel. Nach jedem Artikel, den mein Kumpel kaufte, wurde dieser auf den Tisch gelegt und der Kolonialwarenhändler fragte jedesmal: „Hat der Herr noch einen Wunsch.“ Muss eine Szene wie aus einem Fassbender-Film gewesen sein. Aber das nur am Rande.
Von Hauswurz nach Neuhof geht es ca. 7 km durch den Wald – klasse zu fahren. In Neuhof folge ich einfach der Beschilderung nach Kallbach, und das klappt bestens. Dann weiter durch den Wald nach Büchenberg und jetzt bin ich schon fast in Döllbach. Jedenfalls komme ich ohne einen einzigen Verfahrer tatsächlich auf die B279 und bin nach 100 km auch schon in Gersfeld. Das ist bereits Bayern, genauer, der Landkreis Rhön-Grabfeld. Ich folge der Bundesstrasse noch bis kurz vor Bischofsheim. Dann gehts zurück in Richtung Heimat: Generalprobe gelungen!

Ich kann fast die Uhr danach stellen: Nach 40 km ist die erste Pinkelpause fällig. So auch heute, und ich schaffe es immerhin bis Stockhausen im Landkreis Fulda. Die Gegend wird hier auch langsam "rhönig".

Das ist das Kali & Salz Bergwerk Rommerz bei Neuhof. Aus meiner alten Heimat, dem Ruhrpott, wurden in den 50er Jahren viele Bergleute in diese Gegend abgeworben, so auch unsere damaligen Nachbarn. War hier bestimmt besser als im dreckigen Ruhrbergbau.

Zwischen Kallbach und Büchenberg nahe der grossen Deponie reguliere ich ein wenig den Vergaser der Silverstar nach: Einen Tick fetter soll es werden.

Bei Döllbach gelange in problemlos auf die B279. Zumindest hier ist das eine gute Strasse durch eine herrliche Gegend. Irgendwann wird mir aber so merkwürdig kalt, es stürmt und ich fahre diesen Rastplatz an. Und da erkenne ich den Grund für die Kälte: Ich bin an der Schwedenschanze in 715 m Höhe!

Der Rastplatz ist bereits kurz vor Bischofsheim und ich habe die Landesgrenze nach Bayern überschritten: Feindesland! Die B279 schlängelt sich weiter durch die Rhön und es sind nur noch wenige km bis Bischofsheim.

Der Landkreis Rhön-Grabfeld! Wollte ich schon länger mal hin, denn hier gibts traumhafte Ecken in der bayrischen Rhön. Ist so nah und ich habs noch nicht erkundet. Aber heute kehre ich hier um und fahre zurück in den Vogelsberg. Will pünktlich zum Mittagessen daheim sein.

Auf der Rückfahrt nehme ich ab Hauswurz eine andere Route, denn ich will noch kurz am Oldtimer Cafe vorbei schauen. Bei dem tollen Wetter ist heute schon um die Mittagszeit sehr viel los.

Spektakulär das alte Krauser Gespann, den Kneelern, Renngespannen, nachempfunden. Für meinen Geschmack zwar potthässlich, aber dennoch faszinierend und vermutlich fahren die Dinger wie Gift.

So viele Harleys wie heute hab ich am Oldtimer Cafe noch nie gesehen. Dieses schwarze Ungeheuer gefällt mir sogar.

Direkt aus der OCC-Schmiede auf die Herrchenhainer Höhe - zumindest ist es im OCC-Stil. Geschmacksache!

Die neueren Harley mit dem bei Porsche entwickelten Motor haben durchaus auch ihren Reiz. Aber es sind und bleiben gewaltige Eisenhaufen. Nix für mich.

Das hier ist schon eher meine Welt: Die 500er (oder 600er) englische Panther mit dem herrlich schrägstehenden Langhub-Motor. Traum meiner jungen Jahre.

Oder diese Norton! Die Engländer haben schon immer traumhaft schöne Motorräder entwickelt und gebaut, und Norton ganz besonders schöne.

Aber wenn sie wollen, können das die Japaner auch: Der Beweis ist diese Kawasaki W 650. Zwar nicht mehr original, aber bereits die Basis stimmt. Das wäre noch ein Bike für mich.

Ein älteres Ehepaar kommt mit diesen kleinen Kult-Hondas: Er mit der Monkey, sie mit der Chaly. Niedlich!

Jetzt aber heim! Die letzten 40 km durch den Vogelsberg sind ein Heimspiel. Aber 10 km vorm Ziel, im Feldatal, schau ich mir die immer wieder schöne Gegend an. Ist schon gut, im Vogelsberg zu leben.

 

Bikertreff Arnold

Für den Pfingstsonntag ist eine gemeinsame Ausfahrt mit Bruder Jürgen geplant. Wir hatten ja schon vor einiger Zeit getestet, dass die beiden Eintöpfe, der Halbliter und der Achtelliter, ganz gut harmonieren. Treffen wollen wir uns früh morgens um 8:00 in Rosenthal, um dann gemeinsam zum Bikerhotel Arnold nach Dodenau zu fahren. Es kommt zwar ein wenig anders, aber den Bikertreff Arnold besuchen wir trotzdem und halten uns dort am Mittagsbufet schadlos.

Neben einigen Prachtstrecken im Ederbergland treibt es uns heute tief nach NRW hinein. Wir durchstreifen den Hochsauerlandkreis, den Kreis Siegen-Wittgenstein und den Oberbergischen Kreis. Zwischendurch gehts immer wieder mal zurück nach Hessen. Wir sind heute echte Grenzgänger. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass wir uns einigemale ziemlich verfransen und so manches mal nicht exakt wissen, wo wir uns befinden. Aber wozu haben wir in Medebach eine ADAC Generalkarte dieser Gegend gekauft? Und so kommen wir immer wieder auf die von uns so geschätzten kleinen Nebestrecken zurück. Und da gehören die beiden Eintöpfe auch hin.

Das ist der Beweis: Um 6:45 bin ich startklar und auf gehts zum 50 km entfernten Treffpunkt. War wirklich nicht schlimm, am Sonntag so früh aufzustehen. Allerdings ist es noch richtig frisch, aber das kann man aushalten.

Dort, in Rosenthal an der Abzeigung nach Roda, bin ich exakt 60 Minuten später. Bereits diese Anfahrt war aufgrund meiner Streckenauswahl ein kleiner Genuss.

Nur drei Minuten später höre ich Bruder Jürgen mit der 125er Hyosung heran donnern. Der kleine Single hat einen wirklich erstaunlichen Sound. Auch das Tempo der "Kleinen" ist nicht übel, bis 110 hält sie locker mit. Schafft sie natürlich nur über Drehzahlen. Wo der Rotax 5000 1/min dreht, sind es bei der Hyosung auch schon mal doppelt so viel.

Jetzt geht es kreuz und quer durchs Ederbergland und die diversen NRW-Landkreise. Zweimal geraten wir auf Nebenstrecken, die uns in "Sackdörfer" führen: Es geht dort nicht mehr weiter, nur zurück. Aber solche Strecken wie hier kann man auch gern zwei mal fahren.

Jürgen führt mich zur Klosterruine Schaaken, irgendwo nahe der Gemeinden Lichtenfels und Vöhl. Hier war ich ganz sicher noch nie, obwohl ich gern behaupte, in Mittel- und Nordhessen schon in jedem Ort gewesen zu sein. Ist aber leider (oder zum Glück) stark übertrieben.

Schaaken ist ein schöner Fleck, sehr ansprechend auf einer Hochebene gelegen. Hier bläst auch ein ordentlich Wind, aber der bleibt ab Mittags überall bei uns.

Der erfahrene Führer Jürgen kennt die Geschichte des Nonnenklosters Schaaken (fast) wie aus dem FF.

Auf dem zum Kloster gehörigen Friedhof sind doch wahrhaftig noch drei Gräber zu finden. Hier das von Oberamtmann Theodor Rieder, der 1907 verstorben ist.

Das Hofgut Schaaken, nur unweit der Ruine gelegen, ist noch voll in Betrieb.

Jetzt ist Mittagszeit und wir fahren von der Ruine Schaaken nach Dodenau zum Bikertreff Arnold. Netter Platz mit gutem Mittagsbufet für 10 Euro: "Eat as much as you can".

Über das Rothhaargebirge kurven wir nun nach Bad Laasphe und von dort ins Marburger Land. Dann über den Ebsdorfergrund und die Rabenau nach Homberg, wo wir noch ein gewaltiges Eis verdrücken. Nach fast 400 km trennen sich dann in Kirtorf unsere Wege. Die nächste Tour wollen wir ins Knüllgebirge machen, das kennt Jürgen noch gar nicht.

 

Testfahrt für Sosa

Das Forumstreffen in Sosa ist jetzt ganz nah, und es ist völlig klar, dass für die Fahrt in Erzgebirge das Silverstar Gespann genommen wird. Vor ein paar Tagen hab ich eine kleine Durchsicht gemacht: Kette gespannt und gefettet, Schraubverbindungen überprüft, Ölstand gecheckt usw. usw. Dann gabs noch einen Heidenau K29 für das Seitenwagenrad. Der tchechische Mitasreifen war zum Glück abgefahren, und bei Nässe ist der auch ganz schön gerutscht. Schliesslich wurde noch der Bremszug der Seitenwagenbremse erneuert und die Bremse komplett neu eingestellt. Das alles muss natürlich getestet werden, und deshalb gehe ich an diesem Samstag Nachmittag bei Temperaturen von 27 Grad auf Tour. Das Ziel heisst Hungen, Lich, Rabenau und Ebsdorfergrund und es werden dann doch 150 km.

Mein Biorythmus scheint heute dummerweise ziemlich im Keller zu sein, entsprechend eirig und unsicher beginnt meine Gespanngurkerei. Wenn das auf der Fahrt nach Sosa genauso wird, dann Prost Mahlzeit. Würde ich alleine fahren, wärs ja ziemlich egal, aber Hermann kommt morgens um 6:00 vorbei und wir wollen gemeinsam fahren, Der wird verrückt bei meinem tuntigen Kurvenfahren. Obwohl das nach und nach etwas besser wird, ist klar: Dienstag oder Mittwoch gibts eine weitere Testfahrt. Oder ich schick Hermann einfach voraus. Dann kann er Zigarettenpausen machen und dazwischen vernünftig fahren.

Auch die Schutzhülsen der Federbeine hab ich gewechselt und die lackierten gegen verchromte ausgetauscht. Hat natürlich mit dem Fahrverhalten nix zu tun. Grund war einfach, dass der Lack an der unteren Hülse starke Schleifspuren bekam. Die Abstandshalter, kleine Kunststoffringe, halten nicht wirklich Abstand.

Jetzt mit einem neuen Bremszug habe ich die SW-Bremse wieder aktiviert. Zumindest heute hats ganz gut geklappt: Ein bisschen Brensunterstützung am SW sollte schon sein. Den Heidenau K29 am SW-Rad bemerke ich quasi nicht, weder positiv noch negativ. Der funktioniert einfach.

Im Raum Hungen-Lich gibt es viele kleine Strässchen durch die Wälder, so wie hier. Der Verkehr ist auch noch gerade erträglich.

Zwischen Nonnenroth, Langsdorf und Nieder-Bessingen ist wieder so ein idyllisches Eckchen.

Aus dem Herzen der Natur: Die Licher Brauerei in Lich. Das erinnert mich daran, dass ich für Sosa noch eine Stiege Bier einkaufen muss. Die Frage ist, ob ich Dosen oder Flaschen nehmen soll .........

Und etwas später die Kirsch-Plantagen im Ebsdorfergrund bei Leidenhofen. Kurz vorher treffe ich drei Motorräder, darunter eine SR500, mit Kennzeichen RE - aus meiner alten Heimat. Leider ergibt sich keine Gelegenheit zum Plausch. Jetzt gehts heim, Egon helfen. Es müssen noch zwei Ferkel mit Ohrmarken versehen werden. Also Endspurt.

Der Microkosmos zwischen Ohm und Felda

Und wieder gehts heute um kurz nach 6:00 mit dem Gespann ins Büro und anschliessend wird erneut die Rückfahrt für das Abreissen etlicher Kilometer genutzt. Gespannfahren zum Relaxen nach einem Bürotag am PC, hilft wirklich, glaubt mir. Wir trudeln so ca. 60 km durch die Täler und Auen von Ohm und Felda und besuchen etliche der netten kleinen Plätze des letzten Jahres wieder. An einem sonnigen Mai-Tag ist das zweifellos besonders schön.

Zuerst mal haben wir ein schönes Fachgespräch beim Verlassen des Büros zum Feierabend – Wir, das sind eine nette junge Reinigungskraft und ich. Seit gestern fragt sich die Dame, wem das coole Gespann wohl gehört, aber auf mich ist sie nicht gekommen. Sie selbst fährt natürlich auch Motorrad – eine BMW 650, also auch einen Rotax-Motor. Mal sehen, vielleicht bekomm ich die nette Dame mal in den Superelastik zu einer kleinen Ausfahrt. Eindeutig, wenngleich nicht neu: Motorradfahren fördert die Kommunikation.

Feitag morgen um 6:20 in einem Wiesenstück nahe Lumda. Die Sonne bricht gerade durch und wirft gleissendes Licht auf das Gespann. Habe gehofft, diese Stimmung einfangen zu können, aber es war wieder nix. Bin immer noch ein lausiger Fotograf.

Das kleine Biotop bei Lumda in Richtung der Rabenau hats wirklich in sich. Könnte mich jetzt hinsetzten und einfach nur schauen. Aber das Büro ruft und ich folge dem Ruf.

Stunden später, jetzt ist längst Feierabend, das Pfingstwochenende liegt vor mir und danach hab ich direkt Urlaub für Sosa gebucht. Schau mir jetzt die illegale Autobahnauffahrt bei Ehringshausen an.

Ganz schön was los auf der A5. Innerhalb von 5 Minuten fahren mindestens 5 PKW auf diese illegale Auffahrt, nicht ohne mich und meine Kamera misstrauisch anzuschielen. Naja, habs ja selbst auch schon gemacht, aber ich hatte wenigstens ein schlechtes Geweissen, wenn auch nur für wenige Sekunden. Selbst ein vollbesetzter Polizeiwagen nutzt diese Möglichkeit.

Ich fahre natürlich nicht auf die A5, sondern nehme die Feldwege nach Ehringshausen. Ab da gibts wieder Asphalt unter die Heidenau-Reifen und wir nehmen Ziel auf das heimatliche Nieder-Ohmen. Heute abend ist Stammtisch der SLG Amania und ich hab so richtig Lust auf eine scharfe Pizza Diavolo.

Nachtrag: Beim Blick aus meinem Büro auf den Firmenparkplatz wirkt das Emmengespann wie ein Relikt aus sozialistischer Vorzeit. Manchmal denke ich, mir fehlt die Erfahrung, in einem volkseigenen Betrieb gearbeitet zu haben. Verklärung im Rückblick? Möglicherweise ja, möglicherweise nein.

 

 

Ins Büro mit dem coolen Motorrad

Zum ersten mal in diesem Jahr fahre ich mit dem Motorrad ins Büro. Es ist bereits am Morgen ausreichend warm, so dass ich keine allzu dicke Bekleidung brauche. Und im Laufe des Tages wurds richtig schön! Kein Wunder also, dass aus meinen 10 km Arbeitsweg morgens 25 und abends 60 km werden. Und den ganzen Tag lang habe ich aus meinem Bürofenster das Eisenschwein im Blick. Bekomme auch, wie schon im letzten Jahr, jede Menge Komplimente wegen des coolen Motorrades.

Hatte schon völlig vergessen, wie entspannend eine Fahrt mit dem Gespann nach einem öden Bürotag sein kann. Anspannung, Stress und innere Unruhe fielen vereits nach wenigen Kilometern von mir ab wie Wasser vom Gefieder einer Ente. Und so fuhr ich immer weiter, tief in den Ebsdorfergrund hinein und verliess dabei etliche male den Asphalt der befestigten Strassen.

War nicht vor wenigen Tagen noch fast Winter? Jetzt blüht der gelbe Raps auf den Feldern und erfüllt die Luft mit seinem seltsamen Geruch.

Mal wieder ein kurzer Halt bei den Alpacas und Lamas in Deckenbach.

Auf der Anhöhe zwischen Schadenbach und Büssfeld lassen wir uns den Abendwind um die Nase wehen.