Kleine Schlösserrunde

Im  Januar und Februar wollte ich das Silverstar-Gespann nicht den völlig versalzten Strassen aussetzen, aber jetzt im März und nach ausgiebiger Schneepause sollte es gefahrlos gehen. Bereits gestern war das Wetter nicht schlecht, wenngleich noch verdammt kalt. Aber am heutigen Sonntag ist schon um 7:00 kein Raureif mehr auf den Wiesen zu sehen. Zuerst muss ich noch eine letzte Disziplin bei der Kreismeisterschaft schiessen, aber um 10:00 bin ich zurück und startklar. Habe keine speziellen Routenpläne, aber unterwegs entwickelt sich die Fahrt zur kleinen Schlösserrunde.

Trotz der langen Winterpause und nicht nachgeladener Batterie springt der Rotax ganz gut an – ich bekomme ihn sogar angekickt, und das ist bei kaltem Motor nicht immer einfach. Gestern gab es frische Luft auf alle Reifen und ein wenig Öl auf die Kette, der Lack wurde mit einem öligen Läppchen abgewischt und die Züge bekamen ein wenig Schmierung. Oh Mann, was tut das so gut, den Rotax nach drei Monaten mal wieder aus dem Lafranconi-Auspuff bollern zu hören. Nur schnell raus aus dem Ort, in dem schon überall die unseligen Faschingswagen durch die Strassen tuckern. Das ist nix für mich und ich rette mich vor dem Fasching erstmal in Richtung Westen.

Bei Weitershain schnalle ich die lausige Helmkamera um den Scheinwerfer, da ich erneut einige Filmversuche machen möchte. Diese billige Kamera liefert zwar keine tollen Ergebnisse, aber ich betrachte das nur als Übung für spätere Zeiten mit einer besseren Ausrüstung.

Strahlend blauer Himmel über der Autobahn - aber man lasse sich nicht täuschen: Es ist noch ganz schön frisch. Aufhalten kann mich das aber nicht und ich geniesse den Rotax sehr.

Der Tank ist ziemlich leer und ich laufe die einzige Tankstelle im Ebsdorfergrund an. Es ist diese kleine Tanke mit Schlosserei in Heskem - für mich die schönste Tankstelle weit und breit. Und die beschiss..... E10-Gemüsebrühe gibt es hier zum Glück auch noch nicht. Nur völlig verblödete oder eiskalt berechnende Lobbyisten können diesen Schwachsinn verzapft haben. Manchmal hab ich es so satt .....

Mal wieder ein Blick auf das hübsche Restaurant unterhalb der Burgruine Frauenberg. Den Aufstieg zur Ruine selbst erspare ich mir heute - ich will fahren. Dennoch rechne ich diesen Stop in meine Schlösserrunde mit ein.

Kleine Pinkelpause nahe Marburg in den Lahnbergen. Von hier wende ich mich weitläufig in Richtung Lollar.

Denn ich möchte auf jeden Fall einen Blick auf das herrlich neo-klassizistische Schloss Friedelhausen werfen. Hier ist es. Zu meinem Entsetzen dringt aus dem ehrwürdigen Gemäuer aber überlaute Faschingsmusik - eine menschliche Enttäuschung.

Wenn ich schon mal so nahe an Salzböden bin, werde ich auch einen Blick auf die beiden Mühlen dort werfen. Hier an der Schöne Mühle ist richtig was los und auf dem Innenhof sitzen etliche Besucher bei Kaffee und Kuchen in der Sonne. An diesem Ort werden Jürgen und ich in Kürze ebenfalls sitzen und unsere diesjährige Österreich-Tour planen. Freue mich schon darauf!

An der wesentlich grösseren Schmelzmühle hingegen ist fast gar nichts los. Das ist ungewöhnlich, aber womöglich hat diese Lokalität für dieses Jahr noch nicht offiziell eröffnet.

Dann folgt die immer wieder schöne Fahrt durch das Salzbödener Tal - 15 km ohne Ortschaft und ohne dass mir ein Fahrzeug entgegen kommt. Die Strasse allerdings ist nach jetzt 2 harten Wintern noch schlechter als sonst - Deutschland ist wahrhaftig eine Rumpelrepublik geworden. So hat's der ADAC beschrieben und es stimmt.

Von hier aus sehe ich die Burgen Gleiberg, Staufenberg und Vetzberg. Ich packe sie zu meiner heutigen virtuellen Schlössersammlung, fahre sie aber nicht an. Denn jetzt verschwindet die Sonne ein wenig und es wird empfindlich kalt.

Aber den Kawasaki-Händler Schadek in Ruttershausen fahre ich noch an, schliesslich möchte ich jetzt mal die neue W800 live sehen. Aber welch Enttäuschung: Es steht keine im Laden, lediglich ein Werbeposter prangt im Schaufenster.

Es scheint also zu stimmen, dass der Händler seine Vorführ-W800 direkt verkauft hat. Aber selbst auf dem Foto ist es ein herrliches Motorrad und ich kann mir auf dieser Basis ein tolles Gespann vorstellen. Am besten mit einem Watsonian-Boot. Naja, ich denke aber, ich bleibe doch bei meinem MZ-Ostböcken. Nach beinahe 150 km beende ich diese erste Rotax-Gespannfahrt des Jahres 2011 und drehe ab nach Mücke.

 

Die Welle der Vernunft

Nachdem gestern bereits die Junak abgeholt wurde, gab es heute noch mehr Luft in meinen Motorradhallen: Die beiden IZH Jupiter nebst vielen Teilen wurden abtransportiert in Richtung Westen. Das ist der Beweis: Ich reite weiterhin auf der der Welle der Vernunft.

Vereinbart war der Deal mit Jens ja schon länger, aber an diesem Samstag wurde das Jupiter-Kontingent auch abgeholt. Diese Gelegenheit wurde genutzt, auch gleich Sammies BMW wieder in Richtung Heimat zu transportieren – die hatte 2 Jahre lang Asyl im Vogelsberg erhalten. Nach dieser Aktion ist die Scheune – naja, leer ist sie noch nicht, aber etwas leerer. Die grosse Menge an Jawas und Jawateilen belegt noch einigen Raum. Das könnte meine nächste Verkaufsaktion auf der Welle der Vernunft werden.

Die Drei von der Transportgesellschaft - erstaunlich, wie gut die drei Motorräder auf den breiten Trailer passen. Das letzte Maschinchen flutschte gleitend wie ein gut eingeölter Kolbenbolzen auf den Hänger.

Nach erstaunlich kurzer Zeit ist so ziemlich alles verstaut und es geht zurück nach Westen. Aber zu einem späteren Zeitpunkt wird eine weitere Fuhre notwendig sein, denn der Seitenwagen und ein paar Motorradrahmen konnten heute nicht mitgenommen werden.

 

 

Wiederentdeckung der alten Liebe

Durch den Verkauf meiner Junak an diesem Freitag war das eigentlich ein etwas trauriger Tag. Aber wie so oft gibt es auch vom Schlechten das Gute – oder umgekehrt. Etwas überraschend entdecke ich meine alte Liebe zum ES-Gespann wieder. Ich beschliesse, mich intensiver um das gute Stück zu kümmern. Weiterhin beschliesse ich, keinen 5-Gang-Motor einzubauen und so hole ich meine Ersatzmaschine aus dem Ebsdorfergrund. Die soll zerlegt werden und der Motor wird ausgebaut und überholt. Und so führt der Verlust der einen Liebe zur Wiederentdeckung der alten Liebe.

In der letzten Zeit habe ich meinem guten ES 250/1-Gespann eindeutig zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Ehrlich gesagt habe ich sogar schon mal kurz ans Verkaufen gedacht. Welch ein Frevel! Dieses zuverlässige Motorrad, dass mir nie Ärger gemacht hat, will ich verkaufen. Aber das ist vorbei, unsere Beziehung ist so intensiv wie in der ersten Zeit. Um das weiterhin zu demonstrieren, habe ich die alte Ersatz-ES aus dem Ebsdorfergrund geholt und werde daraus Ersatzteile für das Gespann gewinnen.

Der Lacksatz, also Tank, Lampe und Seitendeckel, habe ich bereits vor 3 Jahren abgebaut und Rot lackieren lassen. Seitdem liegen sie im Ersatzteilregal. Und das werde ich in der nächsten Zeit mit weiteren Bestandteilen dieser Maschine machen.

Ruckzuck habe ich den Motor ausgebaut. Der dreht sich sogar noch und dieser Motor wird regeneriert. Die alte Planung, einen 5-Gang-Motor von der TS ins Gespan zu bauen, lasse ich fallen.

Eine kleine Betrachtung der russischen Ersatzteilphilosophie

Am Samstag Morgen erhalte ich eine Ersatzteillieferung für die Planeta. Als Westeuropäer bin ich anfangs ein ganz klein wenig schockiert über eine paar Dinge, aber nach etwas Überlegen wächst mein Verständnis für eine andere Sichtweise der Dinge. Und so folgt hier eine kleine Betrachtung der russischen Ersatzteilphilosophie.

Auch wenn ich es seit meiner Kindheit gewohnt bin, passende Ersatzteile in perfekter Qualität für alle Dinge des täglichen Lebens zu bekommen, verstehe ich plötzlich die andere Art. Ich gewöhne mich an den Gedanken, Teile zu bekommen, die eine gute Basis darstellen, jedoch nicht ohne individuelle Behandlung einsetzbar sind. Das bedingt natürlich, sich mit der Materie zu befassen und das zu reparierende Teil kennen zu lernen. Und dann bekommst Du ein völlig neues Gefühl für das Produkt. Du verstehst es und deine eigene Arbeit in Verbindung mit den Basisteilen ergibt – ein Qualitätsprodukt. Das passt natürlich nicht zu unserer westlichen Wegwerfmentalität, aber wer wie ich aus den 50er Jahren stammt oder wer den Mangel der ehemaligen DDR kennen gelernt hat, wird verstehen.

Ein Komplettsatz: Zylinder, Kolben, Ringe und Kolbenbolzen - und dennoch nicht direkt zu verwenden. Der Zylinder muss nachgeschliffen werden, das Stossspiel der Ringe stimmt nicht und der Kobenbolzen hat zu engen Sitz. Das bedeutet, dass ich mit allen Komponenten zu einem Motoreninstandsetzer gehen werde. Danach allerdings werden die Passungen perfekt sein - hoffe ich.

Innerer und äusserer Kupplungskorb: Auch hier geht ohne Nachbearbeitungs nichts. Wer das so einbaut, wird nicht lange Freude an der Kupplung haben. Das Lager im äusseren Kupplungskorb hakt und wird ausgetauscht. Und die Zähne werden ganz vorsichtigen Kontakt zu einer Rundfeile bekommen.

 

 

Eine verdammt kalte Probefahrt

Nach dem obligatorischen 1,5-stündigem Hundespaziergang am Morgen könnte ich doch eigentlich die gestrigen Wartungsarbeiten einmal testen. Und gleichzeitig mal prüfen, inwieweit ein Puschel am Mikrofon einer Kamera in der Lage ist, die Windgeräusche im Film zu eliminieren. Gesagt, getan: Schnell angezogen und dann rüber in die Motorradhalle. Es ist trockenes, ruhiges Winterwetter, aber auf dem Motorrad wird das trotzdem eine verdammt kalte Probefahrt.

Mit der billigen Helmkamera werde ich wieder mal ein Testfilmchen drehen – bin gespannt, ob der Mikrofonpuschel wirklich etwas bringt. Aber erst einmal starten: Das gute Eisenschwein springt wunderbar an, noch besser als sonst. Das schreibe ich dem neuen Benzinhahn mit vernünftigem Durchfluss und dem gereinigten Vergaser zu – vielleicht auch ein wenig dem grösseren Auspuff und dem jetzt endlich dichten Ansauggummi.
Bereits nach wenigen Metern spüre ich die Kälte, das Wetter ist lange nicht so angenehm, wie es aussieht. Die schneidende, trockene Kälte dringt in kürzester Zeit auch durch die dicksten Handschuhe. Die Lenkerstulpen sind natürlich auch wieder zu Hause geblieben, sie erschweren einfach zu stark die Bedienung der Hebel und Schalter. Meine Lösung gegen die kalten Hände ist, die Handschuhe ca. alle 20 Minuten gegen ein Ersatzpaar aus dem Seitenwagen zu wechseln. Damit bleibts so halbwegs erträglich.

Am Vortag hatte ich diese billige Helmkamera mit einem Mikrofonpuschel modifiziert. Für ein paar Euro habe ich ein Stück schalldurchlässiges Kunstfell und ein bisschen Klettband gekauft und an der Kamera befestigt. Und ich muss sagen: Es hat gewirkt! Eine einfache Massnahme mit hörbarem Ergebnis.

Diesmal wird die Helmkamera waagerecht am Scheinwerfer des EIsenschweins befestigt. Wenn das Puschel-Experiment glückt, werde ich die (etwas) bessere Kamera ebenfalls damit versehen und dann eine staible Kamerahalterung bauen. Hier, am Ortsausgang von Elpenrod, mache ich die Kamera scharf und fahre weiter. Später bemerke ich, dass ich nur einen kurzen Film aufgezeichnet habe, weil nach wenigen Minuten die Batterien leer waren. Die mögen auch keine Kälte.

Allein optisch ist es Gewinn, keinen verrosteten Auspuff mehr durch die Gegend zu fahren. Und es klingt auch etwas besser - nicht ganz so scheppernd.

Mein Lieblingsgebäude im Homberger Raum ist dieser alte Stall bei Wäldershausen. Könnte man sich auch als Wohnraum gut vorstellen .....

Das Gespann läuft prima, das Fahren macht Spass - aber die Kälte ist wirklich arg an diesem Tag. Dazu fällt mir ein, dass ich auch in diesem Winter wieder nicht die Thermobekleidung von Art-4-Function gekauft habe.

Alteisen aus Ost und West friedlich vereint an der alten Brücke zwischen Niedergemüden und Wäldershausen.

Das Resumee der Probefahrt: Die Maschine läuft mit dem neuen Auspuff besser. Im unteren Drehzahlbereich ist jetzt mehr Kraft vorhanden. Wir kommen an diversen Steigungen spürbar besser und einen Gang höher als sonst hoch. Ein guter Erfolg!