Elektrik-Schraubereien an der Enfield

Kurz nach dem Österreichurlaub hat mich doch wahrhaftig eine böse Erkältung erwischt. Deshalb und zusätzlich wegen des extrem schlechten Wetters während der gesamten Woche bin ich keinen Meter zum Fahren gekommen. Statt dessen aber zu einer ebenfalls sehr wichtigen Angelegenheit, nämlich zu Elektrik-Schraubereien an der Bullet.

Ein paar Kleinigkeiten haben mir an meiner Bullet nicht so recht gefallen und dazu kam ein Erlebnis auf der letzen Fahrt, dass sofortiges Handeln gebot. Als der Gasschieber klemmte und der Motor in den höchsten Tönen drehte, musste ich nach hinten ans Zündschloss greifen, um die Maschine zu stoppen. Sehr umständlich und im Fahrbetrieb sogar gefährlich. Und einen Killschalter hat meine Enfield auch nicht. Dazu die unergonomischen Nachbau-Lichtschalter – das wollte ich alles in einem Aufwasch ändern.
Auch die indischen Steckverbinder, die wie Lakritzbonbons aussehen, sollten bei dieser Gelegenheit herausfliegen. An deren Stelle sollen überall 6,3 mm Flachstecker eingesetzt werden.

Herausgekommen ist quasi eine Neuverkabelung der Maschine. Ich gebe zu, dass in dieser Phase der Eindruck von Chaos und Kabelgewirr aufkommen könnte. Aber daraus soll eine neue Ordnung entstehen.

Ein Killschalter aus dem Zubehör von Polo wird das Abschalten in Notsituationen ermöglichen. Er unterbricht einfach die Zuleitung zur Zündspule.

Ans linke Lenkerende kommt ein kompakter Schalter für Licht, Blinker und Hupe. Der alte indische Lichtschalter verschwindet. Und ganz wichtig: Der Deko-Hebel kommt an den Lenker. Der war nämlich an meiner Maschine an den Rahmen in der Nähe des hinteren Stossdämpfers geschraubt. Ein furchtbarer Ort dafür! Der Hebel von der Gartenfräse macht sich nicht schlecht an der Inderin.

Das Zündschloss wandert aus dem Werkzeugkasten an den Lenkkopf - da gehört ein Zündschloss nämlich hin. Da mag Harley ruhig anderer Meinung sein - ich weiss, dass ich hier richtig liege. Der kleine schwarze Zylinder am roten Kabel links ist übrigens eine Ladekontrollleuchte. Es hat mich einfach irritiert, dass beim Einschalten der Zündung überhaupt kein Kontrolllämpchen aufleuchtet. Das ist jetzt anders.

Eine mittlere Schrauberaktion an der Enfield

Angeregt durch eine Frage im Enfield-Forum und das freundliche Angebot von Atomo, sich das Problem einmal live anzuschauen, bin ich an diesem Mittwoch gegen Mittag nach Kirchhain gefahren. Kirchhain liegt gerade mal 25 km entfernt, aber der bekannte Enfield-Effekt liess mich daraus knappe 100 km machen. Vor Ort liess sich auch alles ganz gut an, aber dann wurde plötzlich aus einem schnellen Kontrollblick eine mittlere Schrauberaktion.

In meiner näheren Umgebung ist mir bisher kein Enfield-Benziner-Fahrer bekannt. Zwar einige wenige Dieselfahrer, aber das ist wieder ein ganz andere Kategorie. Umso schöner, dass sich mit Dirk (Atomo) jemand aus der unmittelbaren Nähe meldet. Klar, dass ich da sofort hindüse. Hab ja auch noch einen freien Tag.

Umwege, um nach Kirchhain zu gelagen, sind mit der Bullet ein Muss. Hier am Gleenbach kurz vor Niederklein lockt mich etwas ganz bestimmtes von der Strasse …..

…. und zwar diese wunderschönen Blümchen am Bachlauf.

Am Arbeitsplatz von Dirk, dem verabredeten Treffpunkt, weiss ich sofort, dass ich hier richtig bin: Das grüne Dnepr-Gespann weist mir den Weg.

Dann geht es kurz durch den Ort zu eine unglaublichen Halle, in und vor der allerlei höchst interessante Fahrzeuge stehen. Allerdings gilt mein Hauptinteresse natürlich Dirks Enfield – einer 2005er Bullet.

Schaue mir zunächst einige interessante Umbauten an Dirks Bullet an. Besonders hat es mir der Vergaserumbau auf einen 30er OKO angetan. Super Anspringen und extrem konstanter Leerlauf zeichnen dieses preisgünstige Bauteil aus – jedenfalls an Dirks Enfield..

Ein hübsches Pärchen sind unsere beiden Enfields.

Wenn Du weißt, wo Du hinschauen musst, gibt es zwischen Dirks 2005er und meiner 1995er doch einige Unterschiede. Ganz unbemerkt geht ein Jahrzehnt auch am indischen Maschinenbau nicht vorbei.

In der Halle finden sich einige spannende Maschinen, von denen mir besonders diese KTM gefällt. Dann verabschieden sich Dirk und die anderen Schrauber, die Halle wird zugesperrt und ich schaue mich noch kurz auf dem Hof um, um dann ebenfalls zu starten.

Aber mein Start geht schief! Die Enfield springt ums Verrecken nicht mehr an. Funke da, Sprit da – aber da kommt nichts. Nach ein bisschen Ursachenforschung entdecke ich, dass der Gasschieber bei Vollgas hängen bleibt. Mittlerweile ist auch Dirk auf meinen Hilferuf hin zurück gekommen und gibt mir sofort einen neuen Gaszug. Aber der löst das Problem nicht: Es ist wirklich der Schieber, der im Gehäuse klemmt. Aber auch das ist lösbar! Dirk fährt nach Hause und besorgt einen gebrauchten Schieber – und der gleitet perfekt im Vergaser. Und so komme ich gegen 17:30 doch noch auf eigener Achse nach Hause. Herzlichen Danke, Dirk, das war perfekter Support. Und mich bestärkt es in meinen OKO-Vergaser-Überlegungen.

 

130 schöne Schwalm-Kilometer mit der Enfield

Nachdem ich die Enfield ja schon fast als Urlaubsmaschine für die Steiermark in Erwägung gezogen habe (ernsthaft!), leide ich nach 14 Bullet-freien Tagen schon ein wenig unter Entzug. Die ersten Tage nach Österreich waren vom Wetter her derart schlecht, dass schier gar nichts ging, aber an diesem Dienstag siehts besser aus – und einen hab ich noch, nämlich einen freien Tag. Nach ein paar Stunden Gartenarbeit und anschliessendem Enfieldschrauben ist es gegen 13:30 so weit, dass ich starten kann. Eigentlich möchte ich nur ein bisschen nachsehen, ob im Vogelsberg noch alles an seinem Platz ist, aber dann fahre ich doch automatisch übers Antrifttal in die Schwalm und absolviere 130 schöne Schwalm-Kilometer.

In den österreichischen Bergen hab ich mir immer wieder vorgestellt, wie diese oder jene Route sich mit der Enfield fahren würde – in den meisten Fällen kam ich zu dem Schluss, dass die Motorcharakteristik sehr gut zu dieser Landschaft gepasst hätte. Und immerhin kam mir ja in Niederösterreich sogar eine Enfield entgegen. Gerade geht durchs Internet der Reisebericht dreier Schwaben, die mit 2 Enfields und einer MZ 125 bis Wladivostok gefahren sind. Und da werde ich doch wohl nach Österreich und Slowenien kommen. Das behalte ich mal auf dem Schirm. Aber heute geniesse ich auch die lächerlichen 130 Kilometer durch die Schwalm. Die fahre ich mit der Enfield heute übrigens schneller als eine ähnliche Entfernung in Österreich mit der Rotax. Eindeutig komme ich in Hessen schneller vorwärts als im österreichischen Gebirge – Kunststück.

Sofort nach dem Ankicken habe ich wieder das breite Enfield-Grinsen im Gesicht und stampfe zunächst durch den Kirtorfer Wald, um beim einsamen Forsthaus von Ober-Gleen den ersten Stop einzulegen. Auf dem Waldweg wird aus meiner 500 Bullet gedanklich ein 350 Scrambler.

Weiter ins und durchs Antrifttal an den Stausee und zum Seerestaurant auf einen Cappuccino. Ist wirklich hübsch hier, aber mir fehlt jetzt seltsamerweise das bergige der letzten Tage.

Trotz des schönen Wetters bin ich der einige Gast - ahja, es ist ja mitten in der Woche, Dienstag. So kann ich meinen Gedanken ein wenig nachhängen und etwas träumen.

Jetzt gehts in die Schwalm und in Wasenberg werfe ich einen Blick aufs Gasthaus Schwalmperle. Nach dem kleinen Päuschen will die Enfield nicht mehr anspringen. Als ich auf Reserve schalte, läuft der Sprit aus den Überläufen der Schwimmerkammer. Ein paar Klopfer gegen das Vergasergehäuse lösen das verklemmte Schwimmernadelventil wieder und es geht weiter.

Nach einer kleinen Schwalmrunde kehre ich über Bernsburg zurück ins Antrifttal. Mitten im Wald vor Bernsburg fahre ich die Teichanlage an und wandele ein wenig über das Gelände. Ist sehr hübsch hier - und sehr ruhig.

Auch wenn heute ein schöner und regenfreier Tag ist, so ist es dennoch recht kalt - es sei denn, Du stehts direkt in der Sonne. Das geb ich mir ein paar Minuten auf dem Arnshainer Hochplateau mit den Windmühlen.

Hier ist ein Teil meiner Umbaumassnahmen zu sehen: Magura 307 Gasdrehgriff, Kupplungs- und Bremshebel von Louis, dicke Griffgummis (die wirklich stark die Vibrationen dämpfen), hybschere Spiegel. Klar, alles nur Kleinigkeiten, aber die Summe machts. Als nächstes verschwinden die elektrischen Nachbau-Schalter und der Dekohebel kommt an den Lenker. Die Nachbau-Schalter gefallen mir überhaupt nicht, sie sind mechanisch, elektrisch und vor allem ergonomisch sehr schlecht.

Auf dem Rückweg halte ich mal wieder an meiner geliebten Schutzhütte. Irgend etwas zieht mich magisch immer wieder an diesen Ort. Es mag die Hütte selbst sein oder auch der alte Garten mit seinem morbiden Charme. Nicht so schön ist hier das permanente Geräusch von der nahen Autobahn.

Hier schaue ich auch mal nach dem Öl, aber die Kontrolle macht mir Probleme. Der Adapter fürs Thermometer ist nicht serienmässig und ich weiss nicht recht, wie hoch der Ölstand hier sein muss. Es ist aber jedenfalls Öl am Peilstab sichtbar.

Mit der gebrauchten Lederjacke von Greg bin ich sehr zufrieden, allerdings hätte ich bei den heutigen Temperaturen gut das Futter einknöpfen können. Aber es geht auch ohne - so gerade. Nach dieser kleinen Schwalmtour fühle ich mich ... einfach besser.

Die ersten Umbauten an der Enfield

Bereits vor dem Urlaub mit den Rotaxen in der Steiermark hatte ich ein paar Teile für die Enfield bestellt oder anderweitig beschafft. So wunderschön die Inderin auch ist – einige Dinge müssen einfach geändert, verbessert oder verschlimmbessert werden. Seit gestern habe ich auch ein wenig Platz in der Werkstatt schaffen können und das ist auch nötig, denn jetzt beginnen die Umbauten.

Noch nie konnte ich ein Motorrad so belassen, wie es aus dem Werk gekommen ist – und diese Tradition wird sich auch bei der Enfield fortsetzen. Für den Anfang schweben mir die kleinen Dingen vor wie Einbau einer Boyer-Bransden-Zündung, ein vernünftiges „englisches“ Rücklicht, ein Magura 307 Gasgriff, bessere Schalter und Hebel und die typischen rundlichen Griffgummis. Angefangen hab ich bereits mit dem Rücklicht.

Am liebsten würde ich ja eine VAPE einbauen, aber die gibt es für meine Enfield nicht. Hab mich dann für die Boyer-Bransden Anlage entschieden, nicht zuletzt aufgrund von positivem Feedback im Russenforum.

Die Komponenten machen keinen schlechten Eindruck, obwohl mir nicht sofort alles klar ist. Deshalb übersetze ich sofort die englische Einbauanleitung.

Ach ja: Eine Übersetzung der englische Einbauanleitung gibt es hier.

Noch vor dem Urlaub habe ich mir ein Lucas-Rücklicht besorgt und angebaut. Hat zwar kein E-Zeichen, aber das ist mir erstmal egal.

 

Die erste Ausfahrt

Probefahrt, Überführungsfahrt – alles schön und gut, aber das waren natürlich keine „richtigen“ Fahrten. Sicher könnt ihr euch vorstellen, wie ich meiner ersten kleinen Reise mit der Enfield entgegenfiebere. Am Freitag klappts leider nicht, aber am Samstag gibts kein Halten. Früh morgens schnell die dringend notwendige Rasenschur erledigt, dann die Bullet aus der Halle beim Nachbarn geholt und es ist noch nicht einmal 9:00, als ich starten kann –  zur ersten richtigen Ausfahrt mit der Bullet.

Das Wetter ist gut, die Tagesprognose ebenfalls – aber das ist mir eigentlich wurscht: Ich wäre bei (fast) jedem Wetter gefahren. Zuerst aber die Enfield aus der Halle beim Nachbarn geholt und geprüft, ob es irgendwelche Startschwierigkeiten gibt. Gab es nicht, und ich habe gelernt, dass der Choke bei den heutigen Temperaturen nicht gebraucht wird.
Aber was ist das? Nach dem Ankicken und wenigen Minuten Laufen mit Standgas entsteht eine kleine Ölpfütze unter dem Motor, direkt am Ölfilter. Ohje, das fängt ja gut an. Aber als ich die zentrale Ölfilterschraube mit dem 16er Metrinch-Schlüssel nachziehe, hört die Schweinerei auf. Das war die nächste Lektion für heute.
Aber jetzt ab in die Motorradklamotten und los gehts. Natürlich will ich keine gewaltige Reise machen, sondern mich nicht allzuweit vom Heimathafen entfernen und die Bullet kennenlernen und Vertrauen in die indische Technik gewinnen – oder auch nicht.

Gestern habe ich die Maschine noch schnell umgemeldet und die DQ-Familie um ein neues Mitglied erweitert. DQ 9 ist die aktuelleste und für lange Zeit die letzte Maschine, die ich zulassen werde - versprochen. Die Miniblinker und das Rücklicht werde ich sicher nicht so belassen, da gibt es deutlich hübschere Lösungen.

Als hätte ichs geahnt, habe ich vor wenigen Wochen diesen Mini-Tankrucksack von Oxford gekauft und der ist wie geschaffen für die Enfield. Getränkeflasche, Schockriegel, Handy und Kamera passen hinein.

Zuerst zeige ich der Enfield einige meiner Lieblingsplätze wie diese Wanderhütte mitten im Kirtorfer Wald.

Oder auch das Antrifttal und den schönen See an der Staumauer bei Seibelsdorf. Auch an einem Samstag ist um diese Zeit hier noch nicht viel los.

Nach 40 km hat sich die Öltemperatur auf diesen Wert eingepegelt und das wird sich heute während der gesamten Fahrt nicht mehr gross ändern. Scheint mir eine gesunde Öltemperatur zu sein.

Weiter nach Münch-Leusel an das Rückhaltebecken der Schwalm. Bisher hat die Enfield nicht gemuckt und ist prima gelaufen - mit immensem Spassfaktor. Auffällig ist, dass der Motor kalt extrem ruhig und leise läuft, aber in warmen Zustand deutliches Ventilklickern zeigt. Normal?

Jetzt verlassen wir den Vogelsberg und ziehen durch die Schwalm bis an den Rand des Knüllgebirges. Ich vermute stark, dass die Enfield unter ihrem Vorbesitzer den Vogelsberg nie verlassen hat.

Vom Knüll gehts zurück in die Schwalm und weiträumig von hinten zurück ins Antrifttal. Ich kann nicht aufhören zu fahren und habe die 100 km längst überschritten.

Am Dreiherreneck in Richtung Neustadt raste ich einen Augenblick. Die Fahrt war immer noch pannenfrei, die Schalterei klappt meist sehr gut, aber manchmal hakelt die Schaltung stark. Hoffe, es ist nur eine Getriebeeinstellung.

Schlösser und Enfield - das passt natürlich zusammen und deshalb besuchen wir kurz Schloss Schweinsberg. Nun gehts über Homberg und die Rabenau zurück nach Mücke. Damit haben wir heute 180 km zurückgelegt, es gab keine Panne und die Enfield hat sich von der besten Seite gezeigt. Kann nur hoffen, dass es so bleibt.

Gegen 14:00 bin ich wieder in Mücke und total entspannt und zufrieden. Verglichen mit der Planeta fährt die Enfield sich wesentlich moderner. Das dürfte zum grossen Teil an den richtig runden Felgen und den recht ordentlich arbeitenden Federelementen liegen - alles DInge, mit denen die Planeta nicht punkten kann. Aber das herrlich archaische Fahrgefühl bieten sie beide und ich weiss jetzt, dass diese Art von Motorrädern die richtige für mich ist.