Iftah ya simsim

Iftah ya simsim – das ist arabisch und bedeutet „Sesam-öffne-dich“. Mit diesem Zauberspruch haben bekanntlich Ali Baba und die schöne Mardschana eine Felsenhöhle geöffnet und den Schatz der 40 Räuber geborgen.

Ein bisschen so fühle ich mich auch, denn heute gelange ich in eine alte Vespa-Werkstatt und darf in den verborgenen Schätzen nach Belieben kramen und wühlen.

Bereits seit längerer Zeit versuche ich, Kontakt zu dieser nicht mehr in Betrieb befindlichen Werkstatt herzustellen. Das ist letzte Woche gelungen und heute betrete ich die heiligen Hallen.

Aber wie (fast) immer steht zunächst ein langer Spaziergang mit Yellow auf dem Plan.

Yellow

Wenn ich das Vergnügen einer Werkstattbesichtigung vor Augen habe, so soll Yellow wenigstens einen Riesen-Kauknochen bekommen. Denn in die Vespa-Höhle kann er nicht mit.

 

Vespa Werkstatt

Nach 30-minütiger Fahrt erreiche ich die ehemalige Vespa-Werkstatt. Genau so liebe ich Werkstätten.

Vespa Werkstatt

Wenn ich Platz hätte, würde ich versuchen, das alte Öl-Kabinett zu ergattern. Der Kompressor ist für mich aber eine Nummer zu groß.

Vespa Werkstatt

In der Ersatzteilecke werde ich allein gelassen und kann stundenlang unter den vielen Teilen suchen und stöbern. Wenngleich die Werkstatt zuletzt eher die modernen Piaggio-Produkte wie Sfera, Zip und TPH betreut hat, finde ich auch für meine Cosa und PK-Roller jede Menge Brauchbares. Und für meinen Capri entdecke ich zwei nagelneue Michelin-Reifen mit Schläuchen. Eine ergiebige Angelegenheit.

Vespa Werkstatt

Stunden später und wieder zu Hause dann die freudige Überraschung: Das seltene CEV-Rücklicht passt haargenau auf meinen Capri 50.

Vespa Werkstatt

Auf Verdacht habe ich zwei Tachoantriebe mitgenommen, die an den Capri passen könnten.

Vespa Werkstatt

Glück gehabt, da geht etwas. Wenn ich die Mitnehmernase etwas kürze, passt dieser Antrieb perfekt. Und beim zweiten muss ich lediglich die Achsbohrung um 0,5 mm aufbohren. Das war ein erfolgreicher Tag und das stundenlange Kramen in der eisigen Werkstatt hat sich mehr als gelohnt.

 

 

Rundheck und Schrägheck

Grob gesagt werden die alten Capri 50 und 50S als Rundheck und die etwas neueren Capri Brianza als Schrägheck bezeichnet, natürlich inoffiziell. Der Capri meiner Jugend war ein Rundheck und so einen wollte ich auch jetzt wieder haben. Dementsprechend waren meine ersten Capri-Käufe auch Rundhecks.

Nun habe ich über das Kugelmoped.de-Forum und über das GFS-Forum (German Scooter Forum) einige Capri- und Vespafahrer kennen gelernt. Darunter ist auch Jürgen aus dem Rheintal, der eine Wagenladung voller Capriteile abzugeben hat. Nach ein paar Telefonaten sind wir handelseinig und heute werden diese Teile abgeholt. Und es sind ausschliesslich Schrägheckteile. Jetzt habe ich also die Möglichkeit, einen Rundheck-Capri mit Sachs-Motor und einen Schrägheck-Capri mit Garelli-Motor aufzubauen. Aber das wird ein langer Weg, bis es soweit ist.

Jürgen ist ein totaler Motorrad-Enthusiast und in seinen Garagen finden sich außer einer DKW RT250/1 ausschliesslich italienische Fahrzeuge: Guzzi, Vespa, Garelli und Capri.

Capri Brianza

Hier sind die Capri-Teile von Jürgen bereits im Vogelsberg angekommen und ausgeladen. Aus diesen Teilen lassen sich geschätzt 1,8 Capris zusammenbauen.

Capri Brianza

Süsse kleine Garelli-Motoren.

Capri Brianza

Vergaser, Kickstarter, Zündspulen.

Capri Brianza

Blechteile

Capri Brianza

Rahmen, Kniebleche, Hauben, Gabeln, Räder – das ist schon ein ordentliches Konglomerat.

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Angefixt !

Jetzt ist die Aktion mit der russischen Vjatka gut, eigentlich perfekt, über die Bühne gegangen. Trotz meines akuten Platzmangels habe ich die Russin noch unterbringen können, aber jetzt muss es auch gut sein, denn rein raummäßig geht nichts mehr, absolut nichts.

Aber Tadas weiss, wie er die dunkelsten Eigenschaften eines Ostbock-Liebhabers heraus kitzelt und schickt mir ein paar Bilder. Sie zeigen zwei Roller, die gerade in seinem Umfeld abzugeben wären. Rein informativ frage ich nach dem Preis des roten T200M, wirklich nur rein informativ.

Tula Roller

Diese beiden Roller stehen zum Verkauf: Links eine Tula T200M und rechts eine Tulica. Interessant auch das Umfeld der Roller. Britische Mini Cooper!

Tulica

Die Tulica gefällt mir überhaupt nicht, wie mir überhaupt der Stil der moderneren russischen Roller nicht gefällt.. Aber …..

Tula T200M

….. die T200M ist einfach klasse! Dieser Roller ist die Weiterentwicklung des T200, der wiederum ein Nachbau des deutschen Goggo-Rollers war.

Aber mag die Verlockung noch so groß sein: Diesmal bleibe ich hart!

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The Lithuanian Connection

Diese Nacht ist schwarz, rabenschwarz. Der Sturm peitscht starken Regen von den Höhen des Vogelsberges heran. Kein Stern beleuchtet den dunklen Himmel und aus den Fenstern des kleinen Ortes dringt kein Licht. Es ist drei Uhr nachts und wer immer es vermeiden kann, bleibt in dieser Nacht zu Hause.

Vom Ende der Straße her nähern sich die zwei Lichter eines Autos. Sehr langsam und mit abgeblendeten Scheinwerfern fährt ein LKW heran. Wie um ein Zeichen zu geben, wird im Hof eines abgewohnten Hauses das Licht eingeschaltet – dreimal an, dreimal aus, dann bleibt das Licht an. Der LKW stoppt, schaltet sofort seine Beleuchtung aus und ist im Dunkeln der Nacht fast nicht mehr zu sehen.

Der Fahrer steigt aus und aus dem alten Wohnhaus kommt ein Mann heraus. Die beiden begrüßen sich nur knapp und machen sich dann an dem LKW zu schaffen. Beide Männer sind nicht mehr jung, sie sind unrasiert und sehen wenig vertrauenerweckend aus. Die unter dem linken Arm ausgebeulten Jacken deuten auf Schusswaffen hin. Wer immer jetzt hier vorbei käme, würde vermutlich die Straßenseite wechseln. Aber hier kommt niemand vorbei, ganz sicher nicht.

Halt, Stop, Reality Check. Ganz so ist diese Nacht nicht verlaufen – aber ein bisschen ähnlich war’s schon. Um 23:00 bekomme ich einen Anruf von Mindaugas, dass sein LKW noch 300 km vor sich hat und gegen 3:00 ankommen wird. Tatsächlich ist der Truck um 3:05 in der Nacht vor meiner Hütte, und an Bord hat er meine Vjatka aus Litauen.

Vjatka VP150

Natürlich reicht es bei dieser Aktion nicht aus, dass sie mitten in der Nacht stattfindet, nein, dazu muss es auch noch regnen.

Vjatka VP150

Die Vjatka ist perfekt verzurrt und ruckzuck abgeladen. Der Trucker muss weiter in Richtung Darmstadt und ich schiebe noch eben den Roller in den Hof. Dummerweise muss ich dazu den Lenker stark einschlagen und dabei rastet das Lenkradschloß ein wie bei einem PKW. Bis ich den Schlüssel unter den Ersatzteilen und Papieren gefunden habe, vergehen etliche nasse Minuten.

Vjatka VP150

Natürlich will ich die schöne Vjatka nicht im Regen stehen lassen und …..

Vjatka VP150

….. und schiebe sie noch schnell in den Schuppen. Jetzt aber zurück ins warme Bett, genauere Begutachtungen werde ich im Hellen vornehmen.

Allzu lange halte ich es aber nicht aus und bereits um 9:00 schaue ich mir die Vjatka genauer an. Tadas hat noch taufrische EU-Papiere erstellen lassen, um mir die deutsche Anmeldung so leicht wie möglich zu machen. Danach ist die Vjatka 1958 gebaut, hat 148 ccm Hubraum und die gewaltige Leistung von 3,6 KW. Sogar die Farbe ist in den Papieren angegeben: Raudona, also rot.

Aber jetzt zu den Details:

Vjatka VP 150

Schon in der Nacht habe ich gemerkt, dass die Vjatka auf dem Ständer quasi nicht steht. Das Teil ist verbogen und locker und ich muss mit Brettchen und Eimern arbeiten, bis der Roller halbwegs sicher steht.

Vjatka VP 150

Beim Rundgang um die Vjatka wird klar: Ohne die Markenembleme hätte ich geglaubt, vor einer alten Vespa zu stehen. Perfekt nachempfunden.

Vjatka VP 150

Wunderbare Wespentaille mit schmuckem Rücklicht.

 

Vjatka VP 150

Hübscher Tachometer – so wie eigentlich alles an der Vjatka sehr nett gemacht ist.

Vjatka VP 150

Meine Hofecke ist einem litauischen Hinterhof durchaus ähnlich und insofern passt die Vjatka perfekt hierhin.

Vjatka VP 150

Markenembleme und Logos sind vorhanden und in gutem Zustand.

Vjatka VP 150

Abenteuerliche Verlegung der Züge? Keineswegs, das ist original und muss genau so.

Vjatka VP 150

Mit ein wenig amerikanischer Lack-Politur sieht die Vjatka schon richtig gut aus, und ich überlege, ob ich nicht mal eine ganz sanfte Restauration versuche, bei der die russische Patina erhalten bleibt.

Vjatka VP 150

Hinter einer Klappe verbirgt sich ein Fach für die Batterie und das Werkzeug.

Vjatka VP 150

Durch Druck auf das hintere Ende der Sitzbank öffnet sich diese – wie beim Capri-Roller.

Vjatka VP 150

Was für ein herrlicher Tankverschluß! Deshalb liebe ich die russische Technik.

Vjatka VP 150

Nach ganz kurzer Behandlung mit Lederfett sieht die Sitzbank richtig proper aus.

Vjatka VP 150

Der Motor der Vjatka. Der Kolben ist leider im Zylinder fest, vermutlich an den Ringen festgerostet. Ein fast neuwertiger Zylinder liegt aber bei und Tadas will noch einen neuen Kolben beschaffen.

Vjatka VP 150

Mittlerweile ist mir auch klar geworden, warum die Seitenbacken und das Schutzblech diese Lackschäden haben: Durch den jämmerlichen Ständer wird eine Vjatka nicht aufgebockt, sondern einfach irgendwo gegen gelehnt. OK, dann mach ich das jetzt auch so.

Das war jetzt nach der IZH Planeta mein zweiter direkter Deal mit Litauen. In beiden Fällen hat das einwandfrei geklappt und mithilfe von Tadas würde ich das jederzeit wieder machen. Tadas ist eindeutig ein Ehrenmann, dem ich absolut vertraue. Wer also Fahrzeuge aus der ehemaligen Sowjetunion oder Teile davon aus Litauen holen möchte, dem empfehle ich Tadas als Mittelsmann. IZH, Minsk, Tula, Vjatka, Ural oder Dnepr: Das alles gibt es in Litauen noch zu vernünftigen Preisen.

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Ein Tachoantrieb von CEV

Der heutige und auch noch der morgige Tag sind Zeiten des Wartens: Jederzeit kann ein Anruf von Mindaugas kommen, dass der Autotransporter mit der Vjatka in 30 Minuten bei mir sein wird. Das bedeutet, dass ich mir nichts Großes vornehmen kann und permanent erreichbar sein muß. Was tut man nicht alles für eine Vjatka, die man direkt vor die Tür geliefert bekommt.

Yellow

Der Hundespaziergang mit Yellow ist natürlich trotzdem drin – eine Pflichtübung, die ich gern wahrnehme.

Yellow

Wir rennen, werfen, toben …..

Yellow

….. oder flechten kleine Geduldsübungen ein.

Yellow

Plötzlich zieht in Sekundenschnelle eine fast tiefschwarze Wolke über den Kratzberg heran und legt sich über uns. Unheimlich! Aber schon 15 Minuten später scheint wieder die Sonne.

Später beschäftige ich mich ein wenig in der Werkstatt – nichts wirklich wichtiges, aber ein paar Kleinigkeiten, die auch gemacht werden wollen.

Capri 50

Im Moment bin ich der Meinung, ein paar patinierte Capri-Teile wieder so zu montieren, wie sie sind. Kein neues Verchromen der Gitter und kein neuer Chromring. Ein bisschen soll man dem Capri sein Alter und seine bewegte Vergangenheit auch ansehen.

Capri

Als nächstes nehme ich mir die Vorderradnabe zur Brust. Stelle fest, dass der Tachoantrieb nicht mehr funktioniert. Beim Zerlegen des Antriebs fliegen 3 Teile in hohem Bogen durch die Werkstatt. Bis auf den wichtigen Mitnehmerring finde ich alles wieder.

Die Suche nach dem Mitnehmerring ist erfolglos – Mist. Als Neuteil ist der Tachoantrieb von CEV auch nicht mehr zu bekommen. Ich plane schon den Einsatz eines modernen, elektronischen Tachos, gesteuert über Hall-Sensoren. Aber eine Suchrunde lege ich noch ein …..

Capri 50

….. und finde dabei glücklicherweise meinen Mitnehmerring unter dem Motorradheber. Puh, Glück gehabt.

Capri 50

Dann sehe ich auch, warum der Antrieb nicht mehr funktioniert: Die kleinen Nuten am Schneckenrad und auch die Zapfen am Ring sind restlos verschlissen. Ob das noch zu retten ist? Ich zweifele stark daran.

Vjatka

Genug für Heute. Aber halt, ich räume noch schnell ein Eckchen für die Vjatka leer. Hier werde ich die russische Vespa erst einmal abstellen. Denn eines ist klar: Zuerst wird der Capri-Roller gemacht.