Reise in die Steiermark: Tag 6

Wir haben grosse Pläne für heute und planen eine wirklich lange Tour ins südliche und westliche Weinland. Leider kommt es aber anders: Aufgrund eines Magenvirus fühle ich mich ausserstande für eine grössere Fahrt und muss viel zu häufig eine keramische Örtlichkeit aufsuchen. Gerhard besorgt mir aber ein Medikament und damit bin ich am nächsten Tag wieder auf dem Damm. Aber heute geht nicht viel.

Der rasende Dreizylinder-Apotheken-Nordienst bringt das benötigte Medikament.

Kurzentschlossen disponiert Jürgen um und beschliesst, nach Puchberg zu seinen alten Bekannten zu fahren. Gerhard zeigt ihm die schnellste Route über die Autobahn und so ziehen die beiden davon. Für Jürgen wird diese Reise in die eigene Vergangenheit ein beeindruckendes Erlebnis.

Ich selbst traue mir heute nur überschaubare Touren zu und fahre beispielsweise soweit als möglich den Schöckl hoch. 28% Steigung bzw. Gefälle stellen sich recht imposant dar.

 

Reise in die Steiermark: Tag 5

Am 5. Tag steht der Besuch des Puch-Museums in Graz auf dem Programm. Klar, ein Besuch in Graz ohne Puch wäre ein Frevel und ist eigentlich undenkbar. Wir verabreden uns für 9:30 mit Gerhard am Kaiser-Josefs-Platz in der Nähe der Oper. Gerhard ist zwar kein Puchsammler und besitzt auch nur eines dieser ursteirischen Motorräder, aber er wird sicher mehr darüber wissen als wir.

Überraschung am Morgen: Vor unserer Pension steht eine alte Polizei-BMW mit dem Zweiventil-Boxer.

Und gleich erscheint eine weitere BMW, diesmal ein neueres Baujahr mit dem Vierventiler. Die Polizisten erzählen gern von den Vor- und Nachteilen ihrer jeweiligen Dienstkräder und wir bekommen noch einen Tourenvorschlag dazu.

Und hier haben wir die Ursache für die Polizeipräsenz: Ein internationales Radrennen um den Schöckl. Das erklärt auch die Anwesenheit einiger ausgesprochen hübscher Italienerinnen am gestrigen Abend.

Jetzt gehts mitten in den Moloch Graz. Gerhard hat mir erklärt, wie wir am besten zum Treffpunkt, dem Kaiser-Josefs-Platz kommen. Aber Jürgens Navi kennt diesen Platz nicht und so stehen wir ein wenig dümmlich an der Oper herum, die sich immerhin in der Nähe des gesuchten Platzes befinden soll.

Auf mein gezieltes Nachfragen hin gesteht Jürgen, nicht den Kaiser-Josefs-Platz ins Navi eingegeben zu haben, sondern den Kaiser-Franz-Josef-Platz. Und den gibt es wirklich nicht. Merke: Nicht alle österreichischen Kaiser heissen Franz. Jetzt finden wir natürlich flott diesen Platz.

Der Kaiser-Josefs-Platz ist ähnlich dem Münchener Viktualienmarkt ein Umschlagplatz für Obst und Gemüse. Heute ist aber kein Markttag, dafür erscheint dieser alter Steirer mit seiner Puch MS50, der sogenannten Stanglpuch. Der Name kommt vom Schalenrahmen, der vom Steuerkopf bis zur Schwingenlagerung verläuft und an eine Stange erinnert. Das stimmt uns auf das Museum ein.

Gerhard führt uns ins Puch-Museum, dass sich auf dem Gelände eines Puch-Nebenwerkes befindet. Leider stehen nicht alle Gebäude dem Museum zur Verfügung, wobei es die gut gebrauchen könnte.

Hereinspaziert ins Grazer Puch-Museum. Die Stadt Graz fördert diese Einrichtung zwar, aber wohl ein wenig halbherzig und so kämpft das Museum einen ständigen Überlebenskampf.

Das Foyer empfängt uns mit zeitgenössischer Puch-Werbung.

Der Leiter des Museums ist Herr Rathkolb, der uns für alle technischen Fragen zur Verfügung steht.

Ein Ehepaar mit Puchvergangenheit: Die Dame hat in einer Puch-Vertriebsfirma gearbeitet, der Herr direkt im Puchwerk in der Fertigung.

Und dann beginnt Gerhard die Führung - und verblüfft uns total. Was dieser Grazer über Puch weiss, ist schier unglaublich. Ob Fahrrad, Moped, Motorrad, PKW, Historie und aktuelle Firmenpolitik - Gerhard weiss nahezu alles. Man könnte glauben, dass die Puchgeschichte Grazer Basiswissen ist und bereits in der Grundschule gelehrt wird.

Elektrofahrzeuge von Puch: Ein älteres Moped und die moderne Ausgabe eines Elektrofahrades. Ein sehr gelungenes Fahrzeug,mit 3500 Euro leider etwas teuer.

Eine Legende: Die Puch DS50, genannt Daisy. Jürgen hat seine Liebe zu diesem typischen steirischen Arbeitstier entdeckt und würde gern eines davon in den Vogelsberg holen. Eine lösbare Aufgabe - wenn man wirklich will.

Eine originale Drehbank aus dem Puchwerk. Ob die Maschine so alt wie das Werk ist, also aus dem Jahre 1899, ist nicht bekannt.

Ich liebe diese alten Werbebilder! Der Johann Puch hat jedoch keine Hochräder gebaut. Die waren beim Fertigungbeginn der Puch-Räder schon nicht mehr in Mode.

Früher Puch-Werke, später Austro-Daimler-Puchwerke A.G, dann Steyr-AG, Steyr-Daimler-Puch-AG bis hin zur jetzigen Magna-Steyr. Und was hier schon alles entwickelt und gefertigt wurde! Ein wirkliches HighTech-Unternehmen.

Die geländegängigen Nutzfahrzeuge von Puch sind legendär. Weltberühmt sind die Mitglieder der Pferde-Familie wie der Pinzgauer .......

..... der Haflinger in ungezählten Varianten .....

.... und der (weniger bekannte) Noriker auf VW-Basis.

Militärkräder von Puch gab es bereits mit 50 ccm.

Feuerwehr-Haflinger als Kettenfahrzeug - damit kommst Du überall hin.

Motorenentwicklung von Puch.

Haflinger als Rotkreuz-Einsatzfahrzeug.

Oder als Löschfahrzeug.

Der 500er Steyr bekam die FIAT-Karosserie auf dem Fahrwerk und mit dem Motor von Puch. Damit hatte der Kleine eine ganz andere Qualität als das italienische Original. Der blaue im Vordergrund ist sogar die Kombiversion.

Der kleine Steyr als Kunstobjekt und Economy-Studie.

Haflinger und 500er Steyr hatten den gleichen Boxermotor aus eigener Produktion.

Motorroller von Puch: RL 125 und RL 150.

Frühes Elektroauto von Puch auf VW-Golf-Basis.

Nicht ganz komplette Puch SG in patiniertem Zustand - Leihgabe eines uns wohlbekannten Grazers. Irgendwann wird dieses Motorrad wieder eine Zierde seiner Marke sein. Das Puch-Gespann mit Velorex 700 daneben ist sicher eine private Bastelei - so etwas hätte das Werk wohl nicht freigegeben.

50er Jahre Puch SG und daneben die letzte Ausführung der SGS aus dem Jahre 1968. Aus alten Motorradzeitschriften ist mir dieses Model noch bekannt, aber live habe ich noch keines gesehen. Womöglich sind diese Maschinen alle nach Amerika gegangen?

Schöne Militärmaschine aus der Vorkriegszeit.

Auch damit wurde (oder wird) bei Puch Geld verdient: Sportwagenfertigung für Peugeot.

Chassis mit Motor als Basis für PKW und kleine LKW.

Studie eines Conceptcars mit Gasantrieb und Fertigung des Flügeltürers für Mercedes.

50 ccm Rennmaschine der 70er Jahre.

Die Puch 125 und 150 ccm Familie in allen Varianten.

T125 aus dem Jahre 1942. Im Gegensatz zu vielen ähnlichen Produkten weltweit war dies eine eigenständige Konstruktion und basierte nicht auf der DKW RT125.

Jetzt die für mich besonders interessanten Produkte: Wettbewerb-Puchs mit dem 500er Rotax-Motor. Diese Geländemaschine hat an der Pharao-Ralley durch Nordafrika teilgenommen.

Schaut einmal, wieviel Platz der DelOrto-Vergaser hier hat und wie gerade er angeflanscht ist: Vorbildlich! Wie konnte MZ damals nur diesen unsäglichen ETZ-Rahmen benutzen.

So eine Enduro als 350er oder 500er - das wäre etwas für Vaters Sohn. Diese Puch würde ich einer KTM immer vorziehen. Damit beenden wir den Ausflug ins Puch-Museum. Hat uns sehr gefallen und wir bedanken uns herzlich bei den Herren Rathkolb und Vesulak. Das es zum Abschied die Puch-Ehrennadel gab, rundet diesen schönen Tag ab.

In die Pension möchten wir noch nicht und fahren deshalb nach Osten - in die Oststeiermark, das sogenannte Thermenland. Die Reise fängt ganz gut an und führt zu sehenswerten Bauwerken ....

.... wie diesem Hofgut. Aber recht schnell wird die Gegend flach und ein wenig langweilig.

Ungewöhnlich die grossen Apfelplantagen, die mit dunkelem Stoff gegen Vögel geschützt sind und wie ein riesiger Trauerflor wirken. Und dazwischen Felder mit Kürbissen, denn hier beginnt auch der Anbau der Früchte für das berühmte steirische Kernöl, dass ich übrigens sehr schätzen gelernt habe. Fachleute wissen, dass es quasi gegen alles hilft und insbesonder der Manneskraft sehr förderlich sein soll. Mhhhmm..... ein Fläschen sollte ich schon mitnehmen und tatsächlich bekommen wir von Gerhard jeder eines geschenkt.

Trotz der Apfel- und Kürbisfelder verlassen wir die Gegend wieder und suchen uns lieber ein paar Nebenstrecken um den Schöckl herum. Dabei stossen wir auch auf unseren ersten Klapotek, eine klappernde Vogelscheuche, die eigentlich eher in der südlichen und westlichen Weingegend zu finden ist.

 

 

Reise in die Steiermark: Tag 4

Für heute ist eine Fahrt in die nördliche Steiermark geplant. Wir möchten Orte wie Mürzzuschlag, Kapfenberg und Bruck an der Mur anfahren und auch den bekannten Semmering besuchen. Der Semmering ist ein Höhenzug der Ostalpen und bildet die natürliche Grenze zwischen Niederösterreich und der Steiermark.
Während der letzten Tage haben wir gelernt, dass Entfernungen im Gebirge anders zu bewerten sind als im flachen Land oder im Hügelland. Touren von mehr als 200 km sind fast nicht zu schaffen, es sei denn, man benutzt Schnellstrassen und Autobahnen. Aber das wollen wir natürlich möglichst nicht und deshalb müssen wir die geplante Kilometerleistung der Realität anpassen.
Die heutige Tour ist relativ lang und so haben wir akzeptiert, einige Passagen auf schnelleren Bundesstrassen abzureissen. Aber dass es dann so schlimm kommt, hat doch überrascht. Ende vom Lied war dann doch wieder, die Route zu ändern, zu kürzen und auf die kleinen Nebenstrecken auszuweichen.

Zunächst fahren wir auf der B72 über Weiz nach Birkfeld. Diese Bundesstrasse fährt sich recht nett und auf vielen Passagen kann man es sehr schön "swingen" lassen. In Birkfeld fahren wir in den Ort und sehen uns ein wenig um.

Ein hübscher kleiner Ort, dieses Birkfeld. Was mir hier so richtig auffällt, ist die Schleckerseuche! Überall findest Du diese Ladenkette und die schaffen es wahrhaftig, jedes Ortsbild zu verhunzen. Gut möglich, dass bei mir eine mittlere Schlecker-Phobie latent vorhanden ist.

Dann fährt diese völlig originale VW Bulli vor - Bj. 1963 und immer in erster Hand. Der Besitzer ist um die 80 und fährt mit dem schicken Oldie Hochzeitsgesellschaften zur Kirche.

Dann eiern wir etliche Kilometer bei Kapfenberg und Bruck an der Mur über langweilige Umgehungsstrassen, bis es gelingt, die Nebenstrecke nach Pernegg zu finden. Und ruckzuck sind wir wieder in der Einsamkeit und Ruhe der Bergwelt.

Nach dem Durchfahren eines kleinen Bergbaugebietes finden wir eine extreme Nebenstrecke in Richtung der Teichalmen.

Hier ist die Strasse so schlecht und die Gegend so schön, dass es dir den Atem verschlägt. Wir sind lange Zeit völlig allein auf der Strasse und können überall ungestört anhalten.

Mitten in der "Wildnis" dann ein Ökopark mit allerlei landestypischem Getier - darunter auch Wollschweine. Diese ungewöhnliche Rasse hat Nachbar Egon jahrelang gehalten - und hier stosse ich wieder auf die aussterbende Haustierrasse.

Wir informieren uns ein wenig über das Almenland. Der Naturpark Almenland nördlich von Graz, ist das größte zusammenhängende Niedrigalm-Weidegebiet Europas. Die ausgedehnten Almlandschaften, die grünlandgeprägte Kulturlandschaft mit Felswänden und Schluchten sind die prägenden Landschaftstypen im Naturpark.

Immer höher schrauben wir uns im Almenland und geniessen diese Gegend sowohl fahrerisch als auch landschaftlich. Ein Erlebnis!

Typische Szenerie im Almenland. Natürlich gibt es hier auch richtig dicken Tourismus, aber der ist wirklich punktuell beschränkt auf Orte wie die Teichalm, wo hunderte von PKW auf riesigen Parkplätzen stehen. Aber da sind wir in 2 Minuten durch und dann siehts wieder so aus wie auf diesem Foto.

Ganz oben auf der Alm dieses verlassene Bauernhaus. Sieht noch richtig gut aus und ist keineswegs verfallen. Mein alter Traum vom einsamen Leben mit autarker Energieversorgung erwacht wieder.

Aber eines steht fest: Dort oben hin krieg ich meine Gattin nie. Und die Bender Filiale Steiermark-Nord wird es wohl auch nie geben.

Wir reissen uns los vom wunderbaren Almenland und beginnen den Abstieg in Richtung Semriach.

In Semriach geniessen wir eine kleine Brotzeit. Noch wichtiger aber ist ein Hinweis der Wirtin, wie wir über Wirtschaftswege durch Umfahren des Schöckl in den Norden von Graz nach St. Radegund gelangen.

Solche Wege befahren wir kilometerweit und sind dabei völlig allein. Mit einer Enduro könnten wir jetzt nochmal abbiegen und über Trampelpfade den Schöckl sogar komplett überqueren. Aber uns reicht auch dieser Traumpfad.

 

Reise in die Steiermark: Tag 3

Während der letzten  beiden Tage wurde mein Rotax deutlich heisser als sonst – das eingebaute RR-Ölthermometer zeigte immer zwischen 90 und 100 Grad an, während es sonst selten mehr als 80 Grad waren. Irgend etwas stimmt da also nicht und das macht mir Sorgen. Muss ich also bei. Und Jürgen hat die Nase voll von immer wieder reissenden Schweissnähten an der Gepäckträgerhalterung. Er will deshalb den Träger komplett abschrauben. Und aus diesen Gründen beginnt der dritte Tag in Österreich als Schraubertag in der Garage.

Sitzbank runter und dann wird das pofelige Gestänge der Gepäckträgerhalterung komplett entfernt. Nachdem zwei mal eine Schweissnaht an dieser Stelle gerissen ist, kann wohl gesagt werden, dass diese Konstruktion nicht brauchbar ist. Also weg damit.

Ich schaue mir die Spann- und die Umlenkrolle des Zahnriemens an. Sind aber beide leichtgängig und die Zahnriemenspannung erscheint mir auch OK. Aber warum wird der Motor dann so heiss? Gerhard hat angeboten, dass ein Schrauber-Guru aus Hausmannstetten sich die Sache mal anschaut und so verabreden wir uns für 14:30 dort.

Aber zunächst fahren wir zum Shopping-Center Nord, keine 10 km vom Statteggerwirt entfernt. Hier bekommen wir alles, was wir vergessen haben: USB-Ladekabel, Deo-Roller, Sonnencreme .....

Nur mithilfe von Jürgens Navigastionssystem finden wir den Weg nach Hausmannstätten. Der Weg führt komplett durch Graz - schrecklich zu fahren. Erst später kommen wir wieder in landschaftlich reizvollere Gefilde.

Angekommen beim Schrauber-Guru Fredl in Hausmannstätten. Gleich am Eingang empfängt uns ein Trial-Eigenbau auf Matchless-Basis. Leicht und elegant wie eine 125er.

Fredl und sein Kollege waren doch tatsächlich am letzten Wochenende im Vogelsberg- beim Schottener Oldtimer GP. Und am übernächsten Wochenende werden die beiden bei einem Trialwettbewerb in Hermannstein bei Wetzlar sein - keine Stunde von mir entfernt. Die Welt kann so klein sein!

In der total zugebauten Werkstatt finden sich herrliche DInge und wie selbstverständlich steht dort eine Sunbeam mit dem interessanten Twin mit hintereinanderstehenden Zylindern. Es handelt sich um Gerhards Maschine, die nur temporär hier steht.

Dann hört und schaut sich Fredl meinen Rotax an und steuert zielsicher den Zahnriementrieb an. Und der ist zu stramm!!! Meine Prüfungen erfolgten immer am kalten Motor und da war die Spannung in Ordnung. Aber im heissen Zustand ist der Riemen eindeutig zu stramm. Das ist natürlich nix und muss korrigiert werden. Und ein leichtes Kolbenkippen hört der Meister auch heraus - aber das ist bei 60.000 km OK und nicht bedenklich.

Nach der Aktion bei Fredl geht es in eines der Aussenlager von Gerhard, wo ein Teil seiner Motorräder untergebracht ist. Dort finden sich das rot-schwarze ES/2-Gespann ....

..., die wunderschöne Norton ES2, ein Holder-Traktor sowie die gelbe TS 250/0. Die TS wurde früher von einem polnischen Priester gefahren und kam auf recht abenteuerlichen Wegen zu Gerhard. Diese Maschine soll wahrscheinlich in genau diesem patinierten Zustand erhalten werden - ein guter Gedanke.

Abschliessend fahren Jürgen und ich noch ein wenig im Grazer Umland herum und kurven dann über die Lassnitzhöhe zurück nach Stattegg. Der heutige Tag war damit zwar nicht das fahrerische Highlight, aber dennoch von grosser Bedeutung für uns.

 

Reise in die Steiermark: Tag 2

Der zweite Tag unserer Reise soll durch Niederösterreich und einige Nationalparks mit spektakulären Routen führen. Dazu gehören der Wallfahrtsort Mariazell, das Höllental und das Pollauer Tal. Nach tiefer und traumloser Nacht, vielleicht ein wenig gefördert durch den Genuss von Marillenschnaps, sind wir um 8:00 bereit für weitere Kilometer. Und wir werden auch an diesem Tag nicht enttäuscht!

Unsere Rotaxe haben bei Sonja einen geschützten Platz für die Nacht bekommen. Jetzt, nach einem reichhaltigen Frühstück, beladen wir die braven Emmen wieder und tauchen direkt ein in die schöne Landschaft von Niederösterreich.

Diesmal meiden wir grössere Strassen und das ist die richtige Taktik. Sofort befinden wir uns inmitten grandioser Landschaften und geniessen jeden Kilometer.Der Pass nahe Garming ist ein Erlebnis für uns Mittelgebirgler.

Vom hohen Pass hinab ins tiefe Tal. Wiesen und Wälder zeigen ein so sattes Grün, wie ich es aus dem Vogelsberg überhaupt nicht kenne.

Kilometerlang fahren wir an Gebirgsbächen vorbei.

Mitten im Gebirge dann ein Hochmoor: Etwas, was ich bis dahin noch nie gesehen habe.

Etwas überraschend dann auf einem Pass die Landesgrenze zur Steiermark. Habe ich hier noch gar nicht erwartet, aber es handelt sich auch nur um einen kleinen steirischen Zipfel und bald sind wir wieder in Niederösterreich.

Während wir beiden alternden Helden den Pass mit den überschweren 500ern bezwungen haben, taucht dieses fesche österreichische Maderl auf dem Fahrrad auf. Ist gerade den Pass herauf gestrampelt und erzählt direkt der Freundin per Handy, wie schön es hier oben ist. Nach der Tour läge ich hier mit Schnappatmung am Boden - wenn ich überhaupt so weit gekommen wäre.

Glasklar und eiskalt ist der Erlaufsee. Am Ufer ein Schlösschen oder Herrenhaus von herausragender Schönheit.

Disneyland in Niederösterreich? Keinesweg, dies ist Mariazell, ein bekannter Wallfahrtsort. Das Ortsbild ist aber wirklich Postkartenreif.

Im Zentrum jede Menge Verkaufsstätten von Wallfahrtswaren: Schutz- und Puttenengel, Kreuze, Kerzen, Ansichtskarten. Bin eigentlich gar nicht so recht zu haben für diese Art von Tourismus, aber auf Mariazell hätte ich dennoch nicht verzichten wollen. Muss man gesehen haben.

Jürgen auf dem Weg in die Wallfahrtskirche - womöglich erhofft er sich hier die Erlösung von all seinen irdischen Sünden. Obwohl - ich weiss nicht recht. Das Innere der Kirche dürfte übrigens an Prunk schwer zu überbieten sein.

Zurück auf den Asphalt der Strassen bin ich doch froh, wieder mehr Natur um mich zu haben. Ein Stück folgen wir der Köhlerstrasse und sehen so manchen Meiler am Wegesrand vor sich hin kokeln.

Um die Mittagszeit ist es jetzt richtig warm geworden und ich wechsele die Jacke. Wozu habe ich schliesslich die Lederjacke von Greg dabei. Und sofort weiter in Richtung des Grossen Schneebergs.

In Puchberg am Schneeberg gönnen wir uns ein richtiges MIttagessen und ein wenig Ruhe. Danach gibts einen Verdauungsspaziergang am Teich. Bin froh, jetzt die Lederjacke zu haben – im Goretex wäre es zu schweisstreibend.
Hier hat Jürgen vor über 30 Jahren mal ein Betriebspraktikum in einem Bergwerk absolviert und hat damals einige sehr private Beziehungen aufgebaut.

 

 

 

Jürgen macht sich auf die Suche nach seiner Vergangenheit in Puchberg und findet tatsächlich das Wohnhaus einer damaligen Bekannten. Es ist zwar niemand zu Hause, aber ein Nachbar gibt nach anfänglichem Zögern eine Telefonnummer heraus. Vor der Weiterfahrt muss ich noch Tanken und dabei entsteht plötzlich eine grosse Öllache unter meinem Rotax. Schreck lass nach! Aber es ist nur der Entlüftungsschlauch vom Öltank abgefallen, der kleine Sicherungsring ist ausgenüdelt. Kein Problem also.

Es folgt eine der spekatkulärsten Routen der gesamten Fahrt: Das Höllental. So gut wie unbewohnt windet sich die Strasse durch das Gebirge und an vielen Stellen kannst Du dir gut vorstellen, wie der Leibhaftige hier durchs Gebirge getobt und dabei dieses Tal entstanden ist.

In jedem guten österreichischen Heimatfilm spielt das Höllental eine Rolle und dazu gehört immer die Szene, in der ein Jägersmann (Der Gute) den Wilddieb (Den Bösen) auf der Holzbrücke stellt. Mir aber läuft heute kein Wilddieb, sondern statt dessen der Assekuranzrat W. aus R. vor die Linse.

Dann geraten wir ins chaotische Gloggnitz und verfransen uns so richtig. Erst mithilfe eines Porschefahrers kommen wir wieder in die richtige Richtung. Puh, das hat genervt. Nun stellen wir fest, dass wir wesentlich weniger Kilometer geschafft haben, als geplant. Tagesrouten von 300 bis 400 km haben wir uns vorgestellt, aber im Gebirge ist das illusorisch. Da müssen wir umdenken und so wird die Route über den Semmering gecancelt. Schliesslich müssen wir heute noch Graz erreichen.

Und natürlich errreichen wir auch irgendwann Graz - aber es dauert Stunden und wir kommen nur langsam voran. Stattegg ist ein Ortsteil nördlich von Graz, der direkt am Schöckl, dem Hausberg der Grazer, liegt. Direkt hinter unserer Pension Statteggerwirt gehts mit 28% Steigung den Schöckl hinauf.

Wir bekommen für unsere Emmen eine eigene kleine Garage. Hier stehen die Maschinen geschützt und wir können bei Bedarf im Trockenen schrauben. Und das werden wir schon am nächsten Morgen tun. Für heute wollen wir nur noch eines: Gut essen und trinken. Auch das ist beim Statteggerwirt kein Problem. Dazu besucht uns noch Gerhard aus Graz und so wird es ein schöner und ruhiger Abend.