Schrauben & Fahren

….. so hab ich mir meinen Rentneralltag vorgestellt und genau so sind auch die letzten paar Tage verlaufen. Zwischendurch ein wenig mit dem Hund spazieren gehen, ab und an ein Tässchen Kaffee in Ilsdorf – so kann es von mir aus weiter gehen. Langeweile kommt jedenfalls zu keiner Zeit auf, Zeitmangel dagegen schon häufiger.

Heute bekommt die Vespa erst mal einen kompletten Ölwechsel verpasst, was immer mit ein wenig Schweinerei verbunden ist. Danach erledige ich abwechselnd ein paar Kleinigkeiten an den beiden Enfields.

Vespa GTS

Der Ölwechsel an der Vespa ist ein Ausblick auf den diesjährigen Österreich-Urlaub, der ja mit zwei 125er Rollern durchgeführt wird.

95er und 07er Enfield Bullets

Meine beiden Lieblinge! Im Augenblick kann ich mir gut vorstellen, bald nur noch Enfield zu fahren – aber auf jeden Fall mehr als eine.

Enfield Bullet 500 athena-gray

Ich montiere die kleine Chromabdeckung, auf der jetzt noch ein Enfield-Schriftzug fehlt – der ist aber schon auf dem langen Weg hin zu mir.

Enfield Bullet 500 ES

Bei der Schwarzen komme ich dem Ideal immer näher: Alle Skalen sollen weiß werden. Auch das Amperemeter ist schon unterwegs hierher.

Noch ein paar sehr belanglose Kleinigkeiten und schon ist es 17:00 – so fliessen die Stunden dahin. Ich aber schnappe mir nun die schwarze Enfield und lasse mich in Richtung Ebsdorfergrund treiben.

Royal Enfield 500 500 ES

Überall werden die Wälder jetzt satt grün – endlich.

Royal Enfield 500 500 ES

Ebsdorfergrund, Homberg, Feldatal, Mücke, Grünberg – ruckzuck sind wieder 100 sinnlose, aber herrliche Kilometer mehr auf dem Tacho. Die Pausen sind heute recht selten, zu schön sind Wetter, Landschaft und das Bollern des Langhubers. Hier aber, am Vogelsbergblick nahe Schadenbach, ist ein kurzer Stop angesagt.

Die Enfield läuft heute derart gut, dass ich die Sachse-Zündung erst mal im Regal liegen lasse – es kann eigentlich nur schlechter werden. Werde mit dem Einbau wohl warten, bis die Kontaktzündung irgendwann anfängt zu zicken.

Ist doch immer schade

………. wenn man ein Motorrad wieder verkauft. Vielleicht bin ich da auch besonders sentimental, aber so gehts mir jedenfalls. Auch heute, obwohl ich gar kein Motorrad abgebe. Aber Reinhard verkauft seine Triumph Trident, und dieses Motorrad hat immerhin den kleinen England-Hype hier in unserer Szene ausgelöst. Aber die Trident kommt in gute Hände, da bin ich mir ziemlich sicher.

Triumph Trident 750

Die Verkaufsverhandlungen sind beendet und der junge Käufer schwingt sich auf die Trident, um damit in zwei Tagen nach Berlin zu fahren – und das ausschliesslich über Landstrassen. Sehr löblich. So endet eine Aera im Vogelsberg und eine neue beginnt in Berlin. Gute Reise, junger Britbiker.

Zu Hause erledige ich noch einige Kleinigkeiten an der grauen Enfield: Die Schiebernadel wird noch eine Kerbe höher gehängt und ich gönne dem Getriebe 450 ccm frisches Öl. Habe noch etliche Gebinde GL80 von der Vespa übrig und das passt auch prima in die Bullet. Bei der Gelegenheit bekommen Einfüll,- Ablass- und Kontrollschraube neue Dichtringe. Für die Ablassschraube habe ich dummerweise keinen passenden Dowty-Ring, aber für die anderen Schrauben schon.

Als die kleine Aktion beendet ist, gehe ich erneut auf eine kleine Runde, man mag es auch Testfahrt nennen. Aber eigentlich ist das Wetter heute so gut, dass es sich in Wahrheit um eine stinknormale Ausfahrt handelt.

Enfield Bullet in athena-gray

Ich beginne meine kleine Reise mit einer Runde rund um Schotten und Gedern, im Hinterkopf immer den Gedanken, dass der Hinterreifen rund gefahren werden muss. Hier habe ich soeben die Grenze zum Wetteraukreis überschritten und habe einen schönen Blick auf „meinen“ Vogelsberg.

Enfield Bullet in athena-gray

Das Jagdschloss Zwiefalten ist immer gut für einen kurzen Stop: Schöner Ausblick, kurvige kleine Strässchen, wenig Verkehr und das schicke Jagdschloss sind gute Gründe.

Enfield Bullet in athena-gray

Nun geht es zurück in Richtung Schotten, um die Marcellino-Kapelle, auch Stumpe Kerk genannt, zu besuchen. Nach zwei Kilometern Feldweg habe ich sie erreicht.

Enfield Bullet in athena-gray

Dort im Buschwerk befindet sich die Ruine der Kapelle.

Enfield Bullet in athena-gray

Weiter geht die Fahrt über die Herchenhainer Höhe, vorbei am Oldtimer Cafe und dann über Grebenhain in Richtung Lautertal. Auf der Karl-August Vieregge Anlage gibt es den nächsten Halt, um die Dichtigkeit des Getriebes zu überprüfen: Sieht gut aus, lediglich an der Ablassschraube hängt ein winziger Tropfen. Klar, die fehlende Dowtyscheibe.

Rhönblick

Anlage ist ein grosses Wort für diesen Ort, denn er besteht aus einem geschotterten Parkplatz, einer Hinweistafel, auf der fast nichts steht sowie einem Tisch mit zwei Bänken. Dennoch bin ich immer wieder gern hier, denn der Ausblick in die Rhön ist beeindruckend. Und ausserdem ist der Platz fast immer leer.

Enfield Bullet in athena-gray

Und schon geht der wilde Ritt auf meiner Bullet weiter.

Enfield Bullet in athena-gray

Der Weg führt mich exakt durch Meiches und es wird mal wieder Zeit für einen Besuch auf dem Totenköppel.

Blick vom Totenköppel

Noch einmal gibt es heute einen schönen Weitblick, diesmal auf die Lahnberge bei Marburg und das dahinter liegende Gladenbacher Bergland.

Gegen 18:00 ist es zwar immer noch schön und sonnig, aber es wird deutlich kälter – Zeit also, den Heimweg anzutreten. Das waren heute wieder 100 fantastische Qualitätskilometer, und meine alte graue Bullet hat sich von ihrer besten Seite gezeigt. So gut wie in den letzten Tagen ist die Maschine in ihrem ersten Leben bei mir nie gelaufen – ich war wohl noch nicht reif für eine schöne Inderin.

Es gibt immer was zu testen

….. und ganz besonders an einer Enfield. An meiner grauen Bullet habe ich mittlerweile wieder soviel verändert, dass ich beinahe täglich eine Testfahrt machen müsste – leider macht das miese Wetter in diesem Frühjahr mir nur allzu oft einen Strich durch die Rechnung.

Heute jedoch ist das Wetter OK, zwar nicht wirklich warm, aber zum Fahren exakt richtig. Jetzt kann ich also endlich die letzten Modifikationen testen: Verstärkung im Getriebedeckel, neuer Kupplungszug, Schaltmechanismus gereinigt und mit Molykote geschmiert, Leerlauffinder korrekt justiert. Und natürlich bleibt die Boyer-Zündung nach wie vor unter Beobachtung.

Um 14:30 geht es also in die Werkstatt. Mittlerweile weiss ich, wie die Bullet in kaltem Zustand anspringt: Ohne Zündung mit geöffnetem Benzinhahn und gezogenem Choke ein paar mal durchtreten, dann Choke wieder raus, Zündung an und locker gekickt. Bisher kommt der Motor auf diese Weise beim dritten Kick. Danke an Flo Nytz für diesen Trick.

Sachse Zündung

Heute bringt die Post auch die elektronische Sachse-Zündung. Die ist aber nicht für die graue, sondern für die schwarze Bullet. Die Graue hat ja schon die Boyer verbaut. Aber das nur zur Info, denn geschraubt wird heute nicht. Das hebe ich mir für den nächsten Regentag auf.

Enfield Bullet in athena-gray

Ich fahre die Bullet jetzt 25 km lang warm, bis es zwischen Stumpertenrod und Kestrich den ersten Halt gibt. Alles in Ordnung und die Vergasereinstellung kann bleiben wie sie ist: Genau 1,5 Umdrehungen für die Luftregulierschraube.

95er Bullet in athena-gray

Da der eckige Hinterreifen etwas runder werden soll, suche ich heute besonders kurvige Strassen, und da gehört die Verbindungsstraße zwischen Köddingen und Windhausen unbedingt dazu.

95er Bullet in athena-gray

Auch das Strässchen von Sellnrod nach Altenhain eignet sich prima dazu, den Reifen wieder in Form zu bringen. Und den Vogelsbergblick gibts gratis dazu.

95er Bullet in athena-gray

Ich genieße die Landschaft einen Augenblick, um mich danach wieder der Enfield zu widmen.

95er Bullet in athena-gray

Der Krümmer hat durch die bisherigen 80 Kilometer eine angenehm blau-goldene Färbung bekommen.

95er Bullet in athena-gray

Und die Öltemperatur im Ölreservoir steigt nicht über 60°C – das ist auf keinen Fall zu viel.

95er Bullet in athena-gray

Die letzten Kilometer nehme ich durch den Laubacher Wald und …..

95er Bullet in athena-gray

….. drapiere die Enfield vor das Tor der kleinen Kapelle am Rande von Laubach.

95er Bullet in athena-gray

Jetzt sind es nur noch 10 Kilometer bis nach Hause.

95er Bullet in athena-gray

Damit sind wir heute ziemlich genau 100 Kilometer gefahren – genau richtig für eine Testfahrt. Die neu abgedichteten Ölablaßschrauben halten jetzt absolut dicht – dank Dowty-Dichtringen. Jetzt gibt es etwas Öl auf die Kette, ein paar tote Käfer und Fliegen werden entfernt, und dann heisst es wieder: Let’s call it a day.

Öl, Kupplung, Schaltung

Wieder ein verregneter Sonntag! Wie gut, dass ich gestern etliche sehr schöne Kilometer abgerissen habe. Da fällt es leicht, ein paar Dinge in der Werkstatt zu erledigen.

Die graue Bullet

Auch an Kleinigkeiten kann ich mich erfreuen: Ein exakt passendes Distanzstück zur Befestigung des Zündschlosses, entstanden auf der Drehbank des Meisters.

Die graue Bullet

Das sind die Ablaßschrauben der Bullet, eine im Öltank, die andere im Kurbelgehäuse. Beide Dichtungen, obwohl neu, haben geleckt. Jetzt kommen Dowty-Ringe mit Dichtlippe an diese Stellen. Dazu muss ich natürlich das Öl ablassen. Und obwohl ich gern mal einen Ölwechsel zu früh mache, ist mir diesmal das Öl zu schade. Ist ja erst 150 km drin und so lasse ichs ab und fülls wieder ein. Jetzt scheints dicht zu sein.

Die graue Bullet

An der Schaltmimik will ich fetten, bei Bedarf ausdistanzieren und die Deckelverstärkung von Hitchcoks einbauen, hier schon in der Mitte des Deckels zu sehen. Ausserdem kommt heute ein neuer Kupplungszug hinein.

Die graue Bullet

Alles eigentlich keine eirklich schwierigen Arbeiten, aber der indische Hund schlägt heut wieder zu: Mit der Deckelverstärkung passt der Leerlauffinder nicht mehr an seinen Platz. Grund: Die zentrale Schraube ist ca. 3 mm aus dem Maß. Ohne Verstärkung fällt das nicht auf, aber ich will ja die Verstärkung haben. Also nicht nur die Bohrung auf 7 mm aufbohren, wie Hitchcocks es vorschreibt, sondern zusätzlich noch die Bohrung in eine Richtung auffeilen. An einem japanischen oder deutschen Motorrad undenkbar, aber bei Enfield irgendwie „normal“.

Für die Bucklige Welt

…… dieser Landstrich zwischen Steiermark, Oberösterreich und dem Burgenland soll ja das Ziel einer Rollerfahrt werden. Und weil ich nur noch einen Roller habe, nämlich die kleine GTS 125, muss ich an der Vespa noch einiges für unsere Reise vorbereiten. Eines davon erledige ich schnell an diesem Samstag Morgen: Der leicht überzogene TÜV-Termin wird heute gemacht. Dafür muss ich Rentner-untypisch verdammt früh aus den Federn, nämlich um 6:00. Aber dafür verläuft die Abnahme auch gewohnt unproblematisch.

Vespa GTS125

Um 7:30 ist bereits alles erledigt, die Vespa hat einen neuen TÜV-Stempel, das Wetter ist fantastisch und ich drehe noch eine Runde um den Laubacher Wald, der an manchen Stellen der Buckligen Welt recht ähnlich ist.

Weil das Wetter im Laufe des Tages immer besser wird, nutze ich diese Chance und gehe gegen 15:00 noch auf eine 150 Kilometer-Tour mit der Bullet ES.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Kurzer Check, ob das Seehotel Michaela auch brav besucht wird – und es wird. Schätze, darum brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Also weiter.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Nun zieht es mich in die Schwalm, wo ich bei Holzburg kurz raste und einen schönen Blick auf das Knüllgebirge genieße.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Überhaupt ist das hier ein schöner Ort zum Verweilen. Er liegt herrlich versteckt zwischen Fischbach und Holzburg und ist quasi verkehrsfrei.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Die Enfield rennt brav ohne jedes Problem und macht derart viel Spaß, dass ich meine sonst üblichen Pausen heute sträflich vernachlässige. Aber man möge es mir nachsehen, denn bereits morgen soll das Wetter wieder kippen – natürlich ins kalte und regnerische. Deshalb carpe diem.

Irgendwo zwischen Köddingen und Oberbreidenbach muss ich auf Reserve schalten, und zwar nach 230 Kilometern. Nun ist die nächste Tankstelle erst wieder in Alsfeld und ich habe Zweifel, ob die Reserve so weit langt. Eine winzige Tankstelle in Oberbreidenbach mit nur einer Säule ist rein privat und da ist nichts für mich zu holen.

Aber zum Glück komme ich locker bis auf die Pfefferhöhe bei Alsfeld und selbst da passen lediglich 10 Liter in den Tank. Habe also absolut ausreichend Reserve nach dem Umschalten, das beruhigt.