Täler des Vogelsberges

Endlich mal richtig schönes Wetter an einem Freitag in diesem veregneten Frühling. Mache daher früh Feierabend und es gelingt, kurz nach 16:00 zu einer kleinen Tour mit der Silverstar aufzubrechen. Schon auffällig, wie wenig ich dieses Jahr solo fahre – und das ist nicht ausschliesslich dem lausigen Wetter zuzuschreiben. Aber heute bleiben die Gespanne im Stall. Riesentouren sind natürlich nicht drin, aber so 120 km durch verschiedene Täler des Vogelsberges.

Die heutigen 120 km führen mich durchs Antrifttal, das Schwalmtal und das Feldatal. Zurück gehts dann über Ulrichstein und das Ohmtal. Ingesamt ist spürbar, dass ich durch den langen Winter noch etwas eingerostet bin, richtig flüssig läuft die Sache heute wahrlich nicht. Dann merke ich, dass die Silverstar beim Ankicken nur mit etwas Gas anspringt. Das muss so nicht sein und deutet darauf hin, dass ich mal nach dem Vergaser sehen muss. Ein Tick fetter oder ein wenig mehr Standgas, dann sollte das Ankicken auch ohne Drehen am Gasgriff möglich sein. Ach ja, und nach dem Gabelöl werde ich mal sehen. Kommt mir jetzt etwas schwammig vor.

Im Antrifttal bei Ohmes ist die Strasse wie beinahe immer menschenleer. Noch 4 Wochen, dann umgibt dich an dieser Stelle dichtes und sattes Grün - hoffentlich.

Im Feldatal verlasse ich den Asphalt und raste kurz an dieser alten Brücke über die Felda. Hätte ich jetzt eine Country, würde ich dem unbefestigten Weg weiter folgen. Aber nicht mit der Silverstar.

Es dauert relativ lange, bis der Rotax-Motor seine 80 Grad Öltemperatur erreicht hat. Aber dann werden die Krümmer richtig schön blau und zeigen an, dass die Maschine ordentliche Temperaturen erreicht hat. Irgendwann hätte ich an dieser Stelle gern doppelwandige Edelstahlkrümmer von Peppmöller aus Schwalmtal - aber das am Niederrhein, nicht unser hessisches.

 

 

Egons Gespannumbau der 500R

Egon und ich sind uns ruckzuck einig geworden, und damit ist der Deal gelaufen. Die kleine Jawa habe ich aber trotzdem nicht gekauft – plötzlich sehe mein Heil eher in der Beschränkung. Und dann ist da ja noch die DKW 175 S von Hermann aus der geheimnisvollen Scheune in Niedersachsen. Nehm ich doch den gewonnenen Platz lieber dafür. Doch das wird ein anderes Thema sein.
Die Aktion „Rotax Gespann für Egon“ haben wir auf jeden Fall direkt in Angriff genommen. Vorhanden sind: Die Rotax MZ, der Velorex-Rahmen, ein paar Anschlussteile, 2 weitere Rotax Räder, ein Gabelstabilisator. Egon hat abends direkt mit Edmund Peikert telefoniert, der ihm kurzfristig die wichtigsten Anschlussteile für die Maschine liefern wird. Ich sehe das Gespann vor meinem geistigen Auge schon rollfertig aus der Werkstatt kommen – und zwar noch im Januar. Hoffe natürlich auch auf ein paar nette Gespannausflüge mit Ruth und Egon. Mit ihrem jetzigen XV-Gespann trauen die beiden sich ja nicht weiter als 20 km von zuhause weg.

Mit dieser kleinen Jawa aus der Nähe von Bad Hersfeld fing diese Geschichte an. Hab sie dann aber nicht gekauft, obwohl sie mir ausnehmend gut gefallen hat. Die Jawas haben einfach was.

Die 500 R und den Velorex-Rahmen mal schnell nebeneinander aufgebaut. An den Rahmen kommt ein MZ-Rad von Knut und das steht dem Gespann sehr gut.

Sieht schon aus wie ein Gespann - so ähnlich fing meine Aktion "Silverstar-Gespann" auch an. Das Gussrad von Knuts alter Rotax passt wie angegossen an den Velorex-Rahmen. Anschlussteile hat Egon bestellt, wahrscheinlich gehts recht flott weiter.

Während der vergangenen Woche sind einige Pakete und Päckchen eingetrudelt (von Edmund Peikert und ENTE kamen die wichtigsten) und Egon hat sich über einige der Blechteile hergemacht und die Vorbereitungen zum Lackieren geschaffen. Egon möchte derzeit NUR gelbe Motorräder und so kam erstmal ein gelbes Teil an die Rotax. Jetzt kann man schon erkennen, wie die Gelbe Gefahr (RAL 1007) mal aussehen wird.

Auch weniger wichtige Arbeiten konnten abgeschlossen werden: Neue Simmerringe und neues Öl für die Gabel sowie der vordere Seitenwagenanschluss sind erledigt und abgehakt.

Ebenfalls erledigt: Kugelbolzen für die Schwinge und 16er Ritzel. Zum einfachen Wechsel des Ritzels gibt es ein paar Bildchen weiter zusätzliche Informationen.

Der Seitenwagenanschluss für den Rahmenunterzug und das Verlegen der Hupe stellen natürlich kein grosses Problem dar.

Zum Wechsel des Ritzels: Einfach die 30er Mutter gelöst und das Ritzel abziehen - so könnte es sein. Aber diese Mutter widersetzte sich allen Bemühungen - 2 Tage lang. Wir gingen die Sache mit Verlängerung, mit noch längerer Verlängerung, mit Wärme, einem Schlagschrauber und einem Meißel an - vergebens. Erst mithilfe einer dritten Person gelang die Operation: Einer hält das Motorrad, einer blockiert das Hinterrad und der dritte löst mit ca. 1,5 m Verlängerung die Mutter. Mit gewaltigem Knacken gibt das Mistvieh endlich auf.

Einige wichtige Teile wie die ETZ-Schwinge fehlen noch, deshalb wird der Seitenwagen mal ansatzweise angehängt. Ob unter diesen bierträchtigen Umständen aus den Teilen jemals ein lauffähiges Gespann wird - Zweifel sind angebracht.

Markenprodukte unter sich: Ostdeutsches Motorrad, Tschechischer Seitenwagen und Öttinger Pils. Eventuell wäre noch Original Pilsener Urquell denkbar, aber das hatten wir nicht vorrätig.

An einigen Abenden der letzten Woche haben Egon und ich weiter an der "Gelben Gefahr" gearbeitet. Die nagelneue ETZ-Schwinge ist eingebaut und sieht äusserst vertrauenerweckend aus.

Entgegen ersten Plänen hat Egon die 500 R doch selbst lackiert, und zwar mit der Sprühdose. Sieht aber trotzdem ganz gut aus und das RAL 1007 steht der MZ wirklich gut.

Gelbe MZ und grüner Egon - grün hinsichtlich der Fargebung der Jacke aus dem Frankonia Katalog und hinsichtlich der politischen Richtung. Die roten Räder sind aber nur provisorisch und die gesamte Farbgebung hat nichts mit einer möglichen Ampel-Koalition zu tun. Obwohl morgen bei uns in Hessen Landtagswahlen sind und die Ampel als eine mögliche Option gehandelt wird.

Mitte Juni ist das Gespann zu 99% fertig, es rollt auf 3 Rädern und es sind nur noch wenige Kleinigkeiten dran zu machen.

Ich muss mich korrigieren: Die Gelbe Gefahr sieht keineswegs wie ein Postfahrzeug aus, sondern wie ein ADAC-Strassenwacht-Gespann aus den 50er Jahren.

Durch die kräftige ETZ-Schwinge gewinnt das Gespann an Stabilität und bekommt einen etwas längeren Radstand. Die Federbeine werden später noch Schutzhülsen bekommen - natürlich auch in Gelb.

Der Seitenwagen ist ein Velorex 562-Rahmen, auf den ein verstärktes Superelastik-Boot montiert wurde. Das Boot wurde ca. 5 cm tiefer gelegt, indem die Befestigungsbleche am Rahmen entfernt wurden. Das Boot ist mittels VA-Schellen am Rahmen verschraubt. Gibt eine schön tiefe Fuhre. Das SW-Rad ist von der MZ TS 250. Passt wunderbar auf die Velorex-Bremse.

Mechanische Seitenwagenbremse, mit der Hinterradbremse der Maschine gekoppelt. Sehr robuste Konstruktion, die eindeutig auf Egons Tätigkeit in der Landwirtschaft hinweist.

Breiter ALU-Lenker (knapp 800 mm) von Spiegler. Der Originallenker war krumm, was ich bei den Solofahrten vorher nie bemerkt hatte.

Der Sitz ist ein DDR-Küchenstuhl aus den 60er Jahren. Robust und bequem.

Seitenwagenbeleuchtung aus der Landwirtschaft. Mit diesen Bildern schliesse ich das Kapitel MZ 500 R für mich ab, jetzt ist es wirklich Egons Maschine geworden. Der Bursche hat einen prima Gespannumbau gemacht.

 

 

Tour de Muck

Ein Wochentag mit Zeit zum Fahren, das ist selten, das wird ausgenutzt. Die Wetterprognose ist mit 54 % Regenwahrscheinlichkeit eher mäßig, aber das nehme ich heute in Kauf. Zuerst muss ich nach Schotten zum Fahrradhändler Büchner. Der soll die 2 MZ-Räder, die ich schonmal eingespeicht und grob zentriert habe, nun verfünftig zentrieren. Mal sehen, wie das klappt. Er will das innnerhalb einer Woche erledigen. Und danach habe ich mir vorgenommen, sämtliche Mücker Ortsteile (12 an der Zahl) in einer Rundfahrt anzufahren. Natürlich bin ich in jedem der Orte schon gewesen, aber alle Mücker Ortsteile direkt nacheinander, das hatte ich noch nicht. Bin gespannt, wie lang die Fahrt wird. Nach Schotten gibt es also eine Tour de Muck.

Nach Schotten nehme ich einen ziemlich direkten Weg über Freienseen. Bei Gonterskirchen komme ich so automatisch auf die berühmt/berüchtigte „Rennstrecke“ zwischen Laubach und Schotten. An Wochenenden meide ich diese Strecke wie der Teufel das Weihwasser, aber ich denke, an einem Mittwoch Morgen um 9:00 kann ichs riskieren. Und wahrhaftig: Null, nada, kein einziges Motorrad, nur ganz wenige PKW. Die Strecke zeigt jetzt ihr wahres Gesicht: Eine herrlich gewundene Bundesstrasse durch eine atemberaubend schöne Gegend. Und mit dem ES 250/1 Gespann ist auch die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 80 km/h völlig unproblematisch.

So stellt sich die berüchtigte Raserstrecke heute dar: Menschen- und vor allen Dingen Biker-frei.

Das Bikerhaus, der erste Motorradtreff an der Strecke: Kein Bike weit und breit. Wie schön!

Das gleiche Bild am Falltorhaus: Menschenleer, kein Bike, kein Trubel. Von hier sind es bis Schotten nur noch ein paar Kilometer. Die Räder sind ruckzuck abgeliefert und es geht die gleiche Strecke zurück - weils so schön war. Bei Laubach biege ich nach Lauter ab, um dort beim Bosch-Dienst die bestellten bistabilen Kfz-Relais abzuholen. Sind natürlich nicht da, aber irgendwie hatte ich das erwartet. Also doch übers Internet bestellen.

Und jetzt die Tour de Muck. Beginnen soll sie in meinem Heimatort Nieder-Ohmen, also erst mal dorthin zurück. Ich kann verraten, dass meine Tour de Muck am Ende über 50 km lang geworden ist - und das nur innerhalb der Grossgemeinde Mücke. Zusammen mit der Schottenfahrt waren dann dann heute ca. 130 km, das meiste davon in bester Blümchenpflückermanier.

Hier in Nieder-Ohmen beginnt meine Tour de Muck. Nieder-Ohmen ist mit 2500 Einwohnern der grösste Ort innerhalb der Gemeinde und sogar das grösste Dorf des Vogelsberges.

Die nächste Station ist Kirschgarten, ein winziges Örtchen. War mal ein wenig bekannt durch ein Biker-Hotel, dass sich aber trotz guter Küche und netter Wirte nicht gehalten hat. Schade drum.

Wettsaasen, der nächste Ort, ist ähnlich winzig wie Kirschgarten. Ich kenne dort eigentlich nur die wunderbar auf einer Anhöhe gelegene Grillhütte. Dort hatten wir ein paarmal unser Wildessen der Schiessleistungsgruppe Amania.

Weiter gehts nach Ruppertenrod, einem etwas grösseren Ort, der direkt an der B49 liegt. Damit ist er ziemlich verkehrsbelastet und für mich nicht sehr reizvoll. Wollten mal ein Haus dort kaufen, aber ich bin froh, dass wir es nicht getan haben.

Ober-Ohmen ist der nächste Ort, er ist quasi das Pendant zu Nieder-Ohmen. Nicht ganz so gross, aber insgesamt dörflicher und eigentlich schöner. Viele reizvolle Fachwerkhäuser, ein paar Läden und Kneipen, ein Bio-Baumarkt und eine Mittelpunktschule. Und mein MZ-Bekannter Roland mit seinem ETZ-Gespann wohnt hier. Roland ist ständig bemüht, mir ein 80er oder 90er Jahre Japanbike zu vermitteln, damit ich "auch mal was Vernünftiges fahre".

Jetzt wirds ein wenig schwierig. Um in den nächsten Ort, nach Höckersdorf, zu kommen, müsste ich in die Gemarkung Ullrichstein wechseln. Das will ich aber vermeiden und nehme statt dessen die kleinsten Strässchen und Wege. Hier vermute ich nur, dass mich einer der Wege nach Höckersdorf führt. Unterwegs stehe ich erstmal mitten in einer Gruppe Kälber, die von der Weide ausgebrochen sind. Und um die Bergkuppe zu erklimmen, muss der MZ-Motor ganz schön kämpfen.

Angekommen auf der Bergkuppe wird es plötzlich sehr dunkel und stürmisch, das Strässchen ist jetzt auch unbefestigt - kein Asphalt mehr unter den Reifen. Aber es kommen nur ein paar Tropfen und eigentlich werde ich während der gesamtem Fahrt nicht nass.

Tatsächlich komme ich mehr zufällig und mit Glück und einigen Verfahrern auf diese Weise nach Höckersdorf. Das ist ein Vogelsbergdorf wie aus dem Bilderbuch.

Jetzt wieder auf richtigen Strassen kenne ich mich natürlich besser aus und komme wie geplant nach Gross-Eichen. Ist auch einer der grösseren Orte von Mücke mit durchaus nennenswerter Infrastruktur. Ein Stückchen weiten, in Klein-Eichen, hab ich mal ein paar Jahre gelebt, aber das gehört nun wieder nicht zu Mücke sondern zu Grünberg.

Um in den nächsten Ort, nach Sellnrod, zu gelangen, muss ich ein paar Kilometer einen Stich fahren. Sellnrod wirkt zunächst wie ein kleines und langweiliges Dorf, aber das trifft es nicht. In Wahrheit ist es eines der besonders schönen Dörfer, aber das offenbart sich meist erst auf den 2. Blick.

Ilsdorf, der nächste Ort, ist wiederum eines der kleinen Dörfer der Gemeinde. Eine grosse Schweinemast verleiht Ilsdorf je nach Wetterlage seinen typischen Geruch.

Nach wenigen Metern auf der B49 komme ich nun in das Zentrum von Mücke. Es besteht aus den beiden Orten Flensungen und Merlau, die quasi zusammen gewachsen sind. Nach meinem Geschmack keine schönen Orte, da mit sehr viel Durchgangsverkehr beaufschlagt. Aber dafür hats hier eine gute Infrastruktur und Du findest hier alles, was Du zum täglichen Leben brauchst.

In Flensungen rein, in Merlau wieder raus - so ist das in diesem zusammen gewucherten Ortsbrei. Aber natürlich gibts in beiden Orten auch sehr schöne Ecken und jeder der beiden Orte legt auch Wert auf eine gewisse Eigenständigkeit.

Ganz anders in Atzenhain, dem nächsten Ortsteil. Vermittelt irgendwie schon das Gefühl, im Kreis Giessen zu sein und zu Grünberg zu gehören. Ist aber nicht so, und gerade Atzenhain und Nieder-Ohmen pflegen eine historisch gewachsene Abneigung. Mir aber gefällt der Ort sehr gut.

Jetzt gehts über die Autobahn A5 Grossbaustelle in Richtung Bernsfeld. Durch die Nähe zur Autobahnauffahrt und die Lage an der befahrenen Strecke zwischen Grünberg und Homberg hat Bernsfeld sogar eine Tankstelle, obwohl es ein sehr kleiner Ort ist. Und im Gasthaus Schott gibt es prima Essen.

In Bernsfeld ist meine Tour de Muck eigentlich zu Ende. Es gibt zwar noch einige weitere Mücker Ansiedlungen, aber das sind offiziell keine eigenen Orte. Eine davon ist Königsaasen, eine weitere Windhain, aber schon anhand der weissen Hinweisschilder sieht man, dass es sich eigentlich nur um Ansiedlungen handelt, die zu anderen Ortsteilen gehören.

Königsaasen besteht nur aus ein paar Häusern und einer grossen Holztransportfirma. Deren Holzlaster donnern täglich mehrmals an unserem Backhaus vorbei, und entsprechend wenig symphatisch ist mir der Ort. Aber schön gelegen und schön weit ab vom Schuss - bis auf die Holztransporter.

An der Kläranlage zwischen Königsaasen und Nieder-Ohmen fahre ich kurz runter an die Ohm und lasse die kleine Tour Revue passieren. Hat mir viel Spass gemacht, mal 50 km nur in Mücke zu fahren. Bin immer bestrebt, meine nähere Heimat besser kennen zu lernen.

 

 

Eine Einstimmung auf Sosa

Nachdem es mal wieder die gesamte Woche geregnet hat, soll der Samstag deutlich besser werden – aber auch nur der Samstag. Ab Mittags hat sich Hermann angesagt und wird meinen TS-Motor unter die Lupe nehmen. Sehr schön. Und weil es bis dahin noch ein wenig Zeit ist, schwinge ich mich um 8:30 auf das ES-Gespann und werde ein paar Kilometer abreissen. Diese kleine Fahrt hat unter anderem mit Erz zu tun, und deshalb ist das heute für mich eine Einstimmung auf Sosa.

Was diese Fahrt mit dem Forumstreffen in Sosa zu tun hat? Naja, Sosa liegt im Erzgebirge und dort wurde Erz abgebaut. Und ich bin heute in der Weickartshainer Schweiz, und auch dort wurde Erz abgebaut. Und so schliesst sich der gedankliche Kreis von einer 100 km Samstag-Morgen Fahrt zur 450 km-Tour nach Sosa. Ab Mittag wird dann den Rest des Wochenendes mit Hermann am TS-Motor geschraubt, der ja schliesslich irgendwann mal in die ES 250/1 eingebaut werden soll.

Aber zunächst gilt es, einen Auftrag der Gattin auszufühen: Eine Seitenwagenladung voll Altglas muss in die Glascontainer im Nachortort gebracht werden. Eine leichte Aufgabe für uns. Hier der hässliche Ort mit den Container. Alles voller Schlamm nach einer Woche Regen.

Dann weiter in die Weickartshainer Schweiz. Ein sehr hübsches Fleckchen mit Teichen, Tümpeln, kleinen Bergen, viel Wald und Wiesen. Dank guter Infrastruktur mit Duschen und Toiletten auch für ein MZ-Treffen geeignet. Und zwischendrin etliche Informationsschilder mit Hinweisen auf den früheren Erzabbau hier.

Von der Weickartshainer Schweiz mache ich mich ins Horlofftal. Die Sonne scheint, es ist herrlich kühl und der alte Zweitakter schnurrt brav vor sich hin. Eine zeitlang fahre ich direkt an der Horloff entlang und biege hier von der Strasse ab direkt ans Ufer des Flüsschens.

Bei Einartshausen gibt es einen herrlichen Blick über einen Teil des Horlofftals.

Langsam schwenke ich das Gespann in Richtung Heimat. Es wird Mittag und Hermanns Ankunft naht. Vor Laubach gibts noch eine kleine Rast an diesem Grillplatz. Und hier fahre ich das Gespann in einer sumpfigen Senke so richtig fest. Die Reifen greifen nicht mehr und es geht weder vor noch zurück. Erst nach einer halben Stunde und viel Schweiss gelingt es mir, mit Schwung aus dem glitschigen Loch zu entkommen.

Puh, noch mal Glück gehabt und ohne fremde Hilfe wieder herausgekommen. Jetzt aber ab nach Hause, die letzten 30 km werde ich aber feste Strassen nicht mehr verlassen.

 

Ein ganz normaler Arbeitseinsatz

Forstbeamte haben und hatten es nie leicht – weder im Osten noch im Westen unserer Republik. Stellen wir uns einmal vor, die Geschichte wäre völlig anders verlaufen. Und stellen wir uns somit den Arbeitstag eines Forstbeamten im sozialistischen Hessen vor. Eine wichtige Rolle spielt dabei sein Dienstfahrzeug: Ein MZ ES 250/1 Gespann. Begleiten wir also den Forstbeamten B. aus M. und sein Dienstfahrzeug auf einen ganz normalen Arbeitseinsatz.

Kurz vor Feierabend schrillt noch einmal das schwarze Diensttelefon des Forstbeamten B. aus M. Es ist der Forstsekretär aus der Kreisstadt und was er mitteilt, verursacht keine Freude. Die Grippewelle der letzten Tage hat etliche Forstkollegen aus den umliegenden Gemeinden matt gesetzt, und deshalb muss der Forstbeamte B. aus M. jetzt noch mal raus und einige Massnahmen der kränklichen Kollegen überprüfen. Die Order lautet, die Arbeiten in den sozialistischen Forstbetrieben von Kirtorf, Homberg und Antrifttal zu prüfen und wenn nötig, weiter Aktionen zu veranlassen. B. weiss, hier hilft kein Knurren und kein Murren, und mit einem „Ist recht, Genosse Sekretär“ beendet er das Gespräch. Es ist der letzte Märztag des Jahres, es ist fast 17:00 und entsprechend kühl, da heisst es, warme Bekleidung anzuziehen. Schliesslich ist das Dienstfahrzeug ein Kraftrad, eine 250er MZ ES mit dem Superelastik Seitenwagen.

In die dunkelen und dichten Wälder, die B. zudem nicht so gut kennt wie sein eigenes Revier, geht der korrekte Beamte nicht ohne eine Dienstwaffe. Er entscheidet sich für den führigen Mosin Nagant Karabiner aus dem sozialistischen Bruderland. Das schmucke Gewehr ist zwar fast so alt wie der Forstbeamte, aber von unglaublicher Zuverlässigkeit und Robustheit. Diesem Karabiner kannst Du vertrauen. Ab in den Seitenwagen damit. Der Wassernapf neben dem Gewehr ist für Waldmann, den Rauhhaardackel. Der kommt heute allerdings nicht mit und quittiert dies mit schrillem Kläffen.

 

Zunächst gehts ins Antrifttal, der hiesige Forstbeamte ist am längsten ausgefallen und dementsprechend ist hier vermutlich am meisten liegen geblieben. Aber zunächst scheint alles normal und in Ordnung: An dieser Stelle sind die Stämme ordentlich gelagert und die umliegenden Waldabschnitte sind vorschriftsmässig geräumt. Wenns so weiter geht, ist der Sondereinsatz ruckzuck bendet und es kann doch noch ein ruhiger Abend werden. Wir werden sehen.

Richtung Kirtorf sieht das Bild schon ganz anders aus, aber leider nicht besser. Vom Sturm arg mitgenommene Waldabschnitte sind völlig unaufgeräumt, es sieht aus wie nach dem Einschlag einer Bombe des Klassenfeindes. Hier hat der Kollege nichts, aber auch gar nichts unternommen. Das ist ein Skandal!

Immerhin haben die Waldhelfer das Gelände abgesperrt. Warum hier keine Aufräumarbeiten durchgeführt wurden, erschliesst sich dem braven Beamten B. aber dann doch: Versteckt unter Buschwerk eine grössere Menge Leergut: Gothaer Bier! Das gibt eine Meldung und dazu ein Kommentar, der sich gewaschen hat.

B. kennt seine Pappenheimer und weiss, dass die Waldhelfer sich meist noch im Genossenschaftsgebäude in Arnshain treffen. Aber zu spät: Niemand mehr da. Als hätten die Brüder etwas geahnt.

Die nächste Überprüfung in der Nähe des NVA-Geländes bei Wahlen. Auch hier steigt B. die Zornesröte ins Gesicht: Zwar sind die Bäume gefällt und geschichtet, auch steht der grosse IFA-Holztransporter bereit, aber aufgeladen ist nichts. Einfach Feierabend gemacht und alles liegen gelassen. Hier scheint sich kapitalistischer Schlendrian einzuschleichen!

Ganz anders beim Kirtorfer Genossen! Hier ist alles aufgeräumt, nichts ist liegen geblieben und die Waldhelfer sind selbst jetzt noch bei der Arbeit. Der Forstbeamte B. entschliesst sich, dieses vorbildliche Verhalten weiter zu geben und spricht den emsigen Arbeitern ein dickes Lob aus. Seltsamerweise haben diese kein rechtes Ohr dafür und B. vermeint einige Bemerkungen zu hören, dass er lieber eine Kiste Gothaer Bier hätte mitbringen sollen.

Jetzt noch ins Homberger Revier. Zwischendurch muss das MZ-Gespann auf Reserve geschaltet werden. Immerhin hat die Maschine diesmal 130 km mit 10 Litern Gemisch geschafft. Vorher waren es teilweise nur 100 km. Der hohe Verbrauch kommt ganz sicher durch den Vergaser vom Klassenfeind, den sich B. auf verschlungenen Wegen beschafft hat. Dies hat er längst bitter bereut und er wünscht sich nichts sehnlicher als den guten BVF Vergaser zurück. Seltsam sind einige frisch umgestürzte Bäume bei Appenrod.

Aber dann erkennt B. die Ursache: Schädlingsbefall hat die Bäume zerfressen und so konnten sie ein leichtes Opfer des Sturms werden. Dass der Homberger Genosse das nicht erkannt hat ..... sehr ungewöhnlich. Nach knapp 2 Stunden sind alle kritischen Waldstücke begangen. Jetzt noch schnell zur Minol-Tankstelle nach Nieder-Ofleiden und die gute MZ aufgetankt. 30 Minuten später ist B. wieder zuhause. Bevor es an die Berichte geht, wird noch ein genüssliches Bierchen mit Nachbar Egon, dem Leiter der örtlichen LPG, getrunken. Dabei fachsimpeln die beiden alten Herren ein wenig über ihre MZ Motorräder.