Regentag – Schraubertag

Den Morgenspaziergang mit Yellow bringe ich noch halbwegs trocken hinter mich, aber dann kommt der Regen so richtig und hört bis jetzt, also 18:30, nicht mehr auf. So gern ich auch nochmals zu den Dreiradlern ans Oldtimer Cafe fahren würde – dieser Dauerregen schreckt doch ab. Bin schliesslich schon gestern ordentlich nass geworden.

Andererseits gibt es jede Menge Arbeiten, die ich schon länger vor mir her schiebe, und da werde ich heute einiges von abarbeiten.

Der Regen ist zeitweise so stark, dass bereits die wenigen Meter zwischen Scheune und Werkstatt reichen, um nass zu werden. Tja, da hat die Wettervorhersage leider mal recht gehabt, und ich fürchte, dass sie für den morgigen Sonntag auch recht behält.

Es geht heute an das W650 Gespann - Elektroarbeiten sind angesagt. Vor allen Dingen wird die dicke Batterie in den Seitenwagen gebaut und dazu ist eine ordentliche Verlängerung vom Ort der originalen Batterie zum Boot nötig. Also zuerst die originale Batterie raus - was banal klingt, bei der W aber eine ziemlich umständliche und fiese Arbeit ist. Die Elektrik der W ist aber auch sowas von kompakt gebaut .....

Für die Verlängerung der dicken Batteriekabel habe ich mir ein Motorklemmbrett besorgt und in eine handelsübliche Verteilerdose gebaut, Hier kann ich die dicken Leitungen ordentlich verbinden und die Dose verschwindet dann dort, wo vorher die Batterie saß. Gefällt mir besser als vorher: Da waren die Kabel einfach mit Schrauben verbunden und mit vielen Lagen Isolierband versehen.

Die neuen Leitungen sind jetzt 10 mm² und damit ausreichend stark. Die werden mit Schrumpfschlauch versehen, an den Enden kommt nochmal Schrumpfschlauch in der richtigen Pol-Farbe, also rot und blau, und dann wird die Kraftstromleitung ordentlich ins Heck des Bootes geführt, wo die Batterie in ihrem Halter aus VA untergebracht ist.

Und schon habe ich wieder Spannung an Bord - der Scott-Oiler zeigts als erster an. Jetzt wird noch der SpeedoHealer neu programmiert und erhält den Faktor -22,0. Mit der vorherigen Einstellung -27,0 zeigte der Tacho klar zu wenig an. Werde ich aber noch mit einem Referenz-Tacho absichern. Dann muß die Borduhr neu eingestellt werden, weil die sofort ihre Einstellung verliert, wenn die Bordspannung fehlt - das geht heute allerdings auch besser und sollte gepuffert werden. Und zu guter Letzt baue ich noch schnell eine Steckdose zum Laden von Handys, Navis, LED-Leuchten usw. an den Lenker.

Fertig - alles geschafft, was ich mir vorgenommen habe. Aber eines muss noch sein: Eine Gespann-Reinigung! Gestern ist auf den letzten 15 Regenkilometern das Gespann derart eingesaut worden - dass kann ich so nicht lassen. Also Lappen, sanftes Reinigungsöl, Elsterglanz für Chrom und Alu und noch ein bisschen Lackpolitur. Jetzt gefällt mir meine W wieder. Mit ein paar Tropfen Öl auf der Kette schließe ich den heutigen Arbeitstag ab - es regnet übrigens immer noch.

Schleierwolken …

Schleierwolken begleiten diesen 1. Mai bereits am frühen Morgen – und Schleierwolken bedeuten, dass es sehr schön werden kann oder kühl und regnerisch. Der Wetterbericht weiß auch nicht so recht, was er vorhersagen soll und eiert ganz schön rum. Ich teste erst einmal auf der morgendlichen Hunderunde, wie sich der Tag so anlässt.

Und ich finde, er lässt sich nicht schlecht an. Gemäßigte Temperaturen, mal ein bisschen Sonne, mal gar pralle Sonne und dann auch wieder bewölkt - je nachdem, was die Schleierwolken gerade so treiben. Yellow gefällt dieses Wetter ebenso gut wie mir und er rät mir zu einem Ausritt - natürlich erst, nachdem wir mindestens 1 Stündchen gelaufen sind.

Wieder zu Hause ist alles voller Motorräder: Vorm Haus, auf der Strasse, in der Gaststätte gegenüber. Ich gehe mal kurz rüber und erfahre, dass es sich um eine Gruppe Belgier handelt.

Die Gruppe hat einen mehrtägigen Ausflug in den Thüringer Wald gemacht und ist jetzt wieder auf dem Weg nach Hause, also nach Belgien. Im Vogelsberg hat sie dann der Kaffee-Durst überrascht, der in der Linde gestillt wurde.

Nach dem kurzen Smalltalk mit den Belgiern schnappe ich mir die Matchless, starte sie mit drei Kicks und ziehe über Schotten in Richtung Hoherodskopf. Angesichts der Schleierwolken plane ich nur einen kleinen Kaffee in Doros Büdchen und dann wieder back home. Hier in der Breungeshainer Heide sind die Schleierwolken sehr stark und "verschleiern" gar den Funkturm auf dem Hoherodskopf. Das mit dem Kaffee in Doros Büdchen lass ich aber sein, als ich die PKW-Massen am Hoherodskopf sehe. Statt dessen begebe ich mich lieber in ruhigere Gegenden.

Ruhigere Gegenden finde ich sehr schnell, beispielsweise hier bei Rebgeshain, wo der wohl größte Windpark des Vogelsberges steht.

Alles very british heute: Motorrad von Matchless, Tankrucksack von Oxford und Handschuhe von AJS. In Wahrheit ist das aber alles eher pseudo- oder retro-british.

Jetzt gehts in den Altkreis und zum X-ten mal versuche ich, beim Zweirad-Müller in Heidelbach irgend etwas zu entdecken, was mir gefällt. Misslingt leider wieder und ich denke, jetzt geb ichs auf.

Das schöne Jagdhaus, einsam im Kirtorfer Wald gelegen, ist ein wunderbarer Hintergrund für meinen Retro-Briten.


Daten von OpenStreetMap – Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0

Bisher haben die Schleierwolken einen wunderbaren Tag geliefert und so sind gute 135 km zusammen gekommen. Die Fahrten mit der Matchless zeigen mir aber immer, und so auch heute, dass an diesem unperfekten Motorrad einiges zu tun ist. Dinge wie hakelige Armaturen, kratzige Schaltung, schlechte Reifenkombination, sehr mäßige Scheibenbremse und etliche weitere Kleinigkeiten machen so eine Fahrt zwar interessant, aber auch anstrengender als mit meinen W650. Aber als erstes werde ich versuchen, dem unkultivierten Motor mit einem Mikuni-Vergaser bessere Manieren beizubringen.

 

Motorklemmbrett – aber schlechtes Karma

Ich hätte es wissen müssen: Schon beim morgendlichen Hundespaziergang unmäßig transpiriert, immer ein leichter Schwindel im Kopf – ich bin heute nicht gut drauf. Aber statt brav daheim zu bleiben, gehe ich auf eine kleine Gespanntour – eigentlich nur, um ein Motorklemmbrett beim Motorenwickler in Alsfeld zu besorgen.

Und es kommt, wie es kommen muß: Ich eiere heute mit dem W-Gespann herum, als wäre das mein erster Gespanntag. Wackelig, keine Linie, ängstlich – einfach furchtbar. Aber immerhin halte ich durch und ab und zu gelingt mir zwischendurch sogar so etwas ähnliches wie eine flüssige Linie – aber wirklich nur ab und zu.

Das Gute an der Aktion ist aber, daß ich in Alsfeld das gesuchte Motorklemmbrett bekomme.

Heute nutze ich jede Gelegenheit zu einem Päuschen - also noch mehr Stops als sonst. Hier der erste davon an der Schutzhütte im Kirtorfer Wald.

Am Romröder Schloß wird gerade der Bierkeller frisch befüllt.

Traubenzucker an der Autobahnbrücke nahe Alsfeld bei den Hessenhallen - der Kohlehydratstoß hilft aber auch nicht.

Beim Motorenwickler in Alsfeld frage ich nach einem Motorklemmbrett - und bekomme ohne Probleme ein besonders schönes Exemplar.

Da ist es - ein Bild von einem Motorklemmbrett. Das Teil kommt beim Gespann an die Stelle der originalen Batterie und dient als Trennstelle für die Verlängerung der Batteriekabel in den Seitenwagen. Eine saubere Sache, oder?

Zurück in Richtung Heimat und raus aus dem heissen Moloch Alsfeld. Da ist es im hohen Vogelsberg doch gleich viel angenehmer. An der Großbaustelle des neuen Windparks bei Helpershain informiere ich mich über die neue Anlage.

Hier ein paar Informationen zum neuen Windpark.

Ein schönes Eckchen ist das hier oben am Windpark - der Wind macht die heutige Wärme direkt erträglich. Und es ist ruhig, herrlich ruhig. Nur das gleichmäßige Schlagen der Windräder dringt ans Ohr - und das ist nicht störend. Fühle mich gleich ein wenig besser.

Fast genau so ruhig ist es an diesem idyllischen Hüttchen bei Höckersdorf - nur ein paar Motorsägen dringen aus der Ferne herüber.

Ach ja, bei einem kurzen Besuch bei Egon lerne ich den neuesten Geniestreich von Egon und Reinhard kennen: Die halbautomatische Ölwechselanlage für Rotax-Motoren. Das System ist so genial, dass nicht ein Tröpfchen Öl verloren geht und das .....

... das Ölwechselteam völlig entspannt eine Zigarettenpause machen kann, anstatt wie üblich Kanister, Trichter, Kannen, Dosen und Flaschen bereit zu halten und dabei dennoch den Werkstattboden zu versauen. Sind eben Genies, die beiden.


Daten von OpenStreetMap – Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0

Trotz meines schlechten Karmas sind heute 115 Kilometer zusammen gekommen – aber die waren zum Abgewöhnen. OK, ich habe durchgehalten und mittendrin kam sogar ein Hauch von Fahrvergnügen auf. Was ich aber festgestellt habe: Mein Tacho zeigt jetzt zu wenig an. Habe den SpeedoHealer wohl nicht gut programmiert, denn 15 % Nacheilung – das ist nix. Vielleicht gehe ich morgen da mal bei.

Der lange Weg zur Lästerbank

Es ist schon länger her, dass ich es geschafft habe, am frühen Morgen zu einer Motorradfahrt aufzubrechen – aber heute war mal wieder so ein Tag. Kurz nach 8:00 bin ich soweit und starte in Richtung Südosten. Mein endgültiges Ziel ist zwar „nur“ das Oldtimer Cafe, aber das möchte ich über Vogelsberg, Rhön und Kinzigtal erreichen.

Das Wetter ist für meinen Geschmack ideal: Nicht so warm bzw. heiß wie gestern und nicht so regnerisch wie vorgestern. Das Handy wird vorbereitet, um die Fahrt per GPS mitzuloggen, dann Zündung an und den Kickstarter leicht durchgetreten – und schon läuft die W650. Bereits nach 200 m kann der Choke wieder heraus genommen werden und die W und ich ziehen ruhig, aber zügig in Richtung Felda- und Schwalmtal.

Bereits nach 20 Kilometern zwingt mich der Morgenkaffee zu einem kurzen Stop zwischen Storndorf und Meiches. Bisher ist es einer dieser Tage, der entweder sehr heiß oder grau und kühl werden kann - ich hoffe auf das letztere. Ist einfach angenehmer zu fahren.

Traditionell haltge ich auch heute an der Staatsdomäne in Stockhausen - nur so und weil das Anwesen sehr schön anzusehen ist. In wenigen Minuten werde ich den Vogelsberg hinter mir gelassen haben und in den Landkreis Fulda eintauchen. Den Vogelsbergkreis habe ich quasi diagonal komplett durchfahren.

Nach ein paar Kilometern um Hauswurz, Neuhof und Flieden muss ich mich kurz per Karte orientieren, und das tue ich an diesem McDonalds etwas abseits der Bundesstraße. Essen möchte ich hier um diese Zeit noch nicht und setze mich einfach nach draußen an einen Tisch und studiere die Karte. Die Leiterin der Lokalität kommt heraus und fragt, warum ich ihr Restaurant fotografiere und ob das vielleicht eine Anti-McDonalds-Aktion sei. Ich kann die hübsche Dame beruhigen, erzähle meine Blogger-Geschichte und frage, ob ich sie nicht auch per Foto ins Netz bringen soll. Aber das will sie nicht - aber glaubt mir, sie hätte euch gefallen. Dann erklärt sie mir noch den Weg ins Sinntal und schon gehts weiter.

Kurz vor Schlüchtern halte ich an dieser Infotafel, um mir meine nächsten Ziele einzuprägen. Ich suche zunächst die Orte Volmerz, Ramholz und Hinkelhof. Wie ich sehe, muss ich dazu nicht direkt durch Schlüchtern sondern kann vorher abbiegen.

Diese Info von Schlüchtern samt Umland habe ich aber auf jeden Fall abgespeichert, denn ich liebe das Kinzigtal und hoffe, hier noch öfter zu fahren.

In diese Gegend habe ich 2005 meine erste "größere" Fahrt mit der Suzuki GR650 gemacht und seitdem liebe ich diesen Landstrich. Die Burg Brandenstein, die ich jetzt eher zufällig anfahre, habe ich aber damals nicht entdeckt. Dafür war ich damals an der Steckelburg.

Direkt anfahren kannst Du die Burg nicht und so gehe ich die letzten Meter zu Fuß.

Blick von der Burg in die Landschaft, die ich als rau, oft windig, aber ungemein reizvoll in Erinnerung habe.

Wäre ich jetzt mit der DR400 hier, könnte ich den Drei-Burgen-Weg per Enduro ruckzuck nachfahren - mit der W lasse ich das aber lieber bleiben.

Nach dieser kurzen kulturellen Unterbrechung geht es weiter auf dem langen Weg zur Lästerbank. Hab ich eigentlich schon erwähnt, wie schön, nein herrlich, sich die W fährt? Verglichen mit meinem vorherigen Japaner, einer SV650, habe ich jetzt das schlechtere Fahrwerk, den schwächeren Motor - und das Vielfache an Fahrvergnügen. Habe das Gefühl, mit der W endlich beim richtigen Motorrad angekommen zu sein.

In Steinau an der Straße drehe ich ab, um langsam wieder in Richtung Vogelsberg zu kommen. Auf der Straße nach Freiensteinau liegt die Teufelshöhle, deren Information ich mir mal wieder anschaue. Zur Höhle selbst ist es mir mit 15 Minuten Fußmarsch zu weit.

Die Schautafel mit Informationen zur Teufelshöhle gibt es hier.

Etliche Kilometer durchfahre ich noch das Kinzigtal, um dann über Wallroth und Lichtenroth weiträumig das heutige Hauptziel anzusteuern: Die Lästerbank.

Bei der Ankunft am Oldtimer Cafe bin ich die erste und einzige W - und ein Plagiat ist auch bereits dort: Diese schicke Triumph im Ton-Up Look und mit gewaltigem Sound.

Kurze Zeit später laufen weitere Plagiate ein und verschieben das Mengenverhältnis sehr ungünstig .....

Doch dann wendet sich das Blatt und zu diesem Zeitpunkt gibt es bereits eine Patt-Situation zwischen Original und Plagiat.

Etwas später ist die Lästerbank komplett und ausschließlich in W-Hand. Und wie hier gelästert wird - ich kann euch sagen. Nicht nur Plagiate, auch Boxer und V-Twins bekommen ihr Fett ab.

Mittlerweile ist die Überzahl erdrückend und auch die letzten Plagiate verlassen unauffällig den Ort.

Zu guter Letzt erscheint noch PeWe, mit dem zu diesem Zeitpunkt niemand mehr gerechnet hat.

Das war also mein Debut auf der Lästerbank. Klar, dass ich als Neuling zunächst einmal zuhöre und die hohe Kunst des Lästern lernen muß - aber bei solchen Lehrern wird sich das schnell ändern: Die W-Fraktion hat einige Naturtalente in diesem Metier zu bieten. Ich aber verlassen diesen Ort und nehme noch einmal 80 km unter die Reifen.


Daten von OpenStreetMap – Veröffentlicht unter CC-BY-SA 2.0

Meine Smartphone-App hat die Route auch heute wieder mitgeschrieben, und es ist mir sogar gelungen, die permanenten akustischen Informationen über Streckenlänge, Zeit und verbrauchte Kilokalorien abzuschalten. Die heutigen 250 km waren auf jeden Fall die bisher schönste Fahrt des Jahres 2012.