Bei der GTÜ

Schon wieder ist ein TÜV-Termin fällig, diesmal mit No.1, meiner grauen Bullet. Seit ein paar Jahren fahre ich mit all meinen Fahrzeugen zur GTÜ Prüfstelle von Bernd Albert in Laubach. Der Chef ist selbst begeisterter Motorradfahrer und ist aktiv bei den Rennen zum Oldtimer Grand Prix in Schotten. Und das ist ja auch schon wieder in 14 Tagen! Beängstigend, wie das Jahr mich vor sich her treibt.

Die beste Zeit bei der GTÜ ist Montag morgens gegen 7:00. Also um 6:00 aufstehen, damit ich pünktlich an der Prüfstelle bin. Ist auch kein Problem. Ein Problem ist eher die Temperatur, die bei ungefähr 7°C liegt.

Die graue Enfield

Um diese Zeit bin ich der zweite Kunde und dementsprechend ruckzuck an der Reihee. Die Enfield bekommt den Stempel auch ohne Probleme und meistert auch die AU mit Bravour. Aber zwei Dinge legt der Prüfer mir ans Herz: Die Blinkfrequenz ist ein wenig zu schnell und der Handbremshebel lässt sich etwas arg weit ziehen.

BMW Rennmaschine

Einer der GTÜ-Prüfer bereitet schon mal die BMW Rennmaschinen auf den Oldtimer GP vor.

Die graue Enfield

Und wieder zwei Jahre Ruhe.

Die graue Enfield

Die Temperaturen sind mittlerweile wieder zweistellig, so dass ich noch meine obligatorischen 50 Kilometer voll machen kann. Dazu fahre ich kreuz und quer durch die kleinen Strassen des Laubacher Waldes.

Die blaue Enfield

Ein paar lauschige Stellen für ein Päuschen finden sich im Laubacher Wald leicht.

Zu Hause gehe ich die beiden Punkte, die der Prüfer mir ans Herz gelegt hat, an. Die Frequenz des Blinkrelais kann ich durch den Austausch des Relais in die richtige Größenordnung bringen. Nicht jedes Relais kommt mit meiner Mischung aus Halogenlämpchen in den Lenkerendenblinkern und den LEDs in den hinteren Microblinkern zurecht. Aber ich finde etwas passendes.

An dem ewig lange Weg des vorderen Bremshebels aber scheitere ich. Die Wirkung ist ja OK, aber ich kann den Hebel fast bis an den Lenker ziehen. Beläge sind neu, die Wellen geschmiert – aber da  ist ja noch der weiche indische Bremszug. Jetzt baue ich einen komplett neuen Zug aus 4 mm deutscher Hülle und 3 mm Seele. Die Nippel werden angelötet, alles passt. Nur der Weg des Handhebels hat sich kein bisschen verändert und fühlt sich eher an wie eine schwergängige Kupplung. Da fällt mir im Moment doch nichts mehr ein – außer ein Umbau auf Scheibenbremse. Denk ich jetzt ernsthaft drüber nach.

Masseverbindungen

Auf den letzten beiden Fahrten gab es ab und an leichte Probleme mit den Blinkern bei der grauen Enfield. Sind ja Lenkerendenblinker im Hella-Design, aber keine Originale sondern Nachbauten. Ihre Masse bekommen diese Blinker über drei sternförmige Drähtchen aus dünnem Blech. Beim Spannen der Gummis, die den Blinker dann im Lenker halten, werden diese kleinen Sternchen von innen gegen das Eisen des Lenkers gedrückt und sollen die Masse herstellen.

Erfahrungsgemäß klappt das aber nur eine gewisse Zeit. Die dünnen Sternchen drücken sich in den Gummiblock und wenn dann noch ein wenig Korrosion dazu kommt, ist es Essig mit der Masse.

Dieses Problem vermute ich auch bei mir und deshalb bekommt heute jeder der beiden Blinker seine eigene Masse per Kabel.

Eintöpfe

Jetzt geht das wieder los damit, dass für jede kleine Schrauberaktion die Maschinen heraus geschoben und umgruppiert werden müssen. Meist fängt es genau dann zu regnen an, und so ists auch heute.

Die Graue Enfield

Kistenweise wird Elektrozubehör- und Werkzeug benötigt.

Lenkerendenblinker

Zwei Stunden später sind die Leitungen angelötet, durch den Lenker gezogen und angeschlossen.

Als ich dann alles teste, stelle ich fest, dass die defekte Batterie die Ursache meines Blinkerproblems ist! Eine Zelle ist wohl hinüber und so bringt der kleine Akku nur noch knappe 10 V. Naja, egal, eine vernünftige Masseleitung kann ja nie schaden. Aber jetzt muss ich sehen, was ich für eine Batterie einbauen werde. Und vor allem, wo ich die einbauen werde. Aber das ist ein Fall für eine gesonderte Schrauberaktion.

Auf der Flucht

Heute liegt die Regenwahrscheinlichkeit für den Nachmittag bei 100%. Trotzdem rolle ich die Graue Enfield aus der Scheune und gehe auf eine kleine Rundfahrt. Mach ich sonst bei solch einer Prognose nicht, aber die Sonne scheint so schön, der Himmel ist durchgängig blau und von Regen ist wirklich nichts zu sehen. Deshalb wage ich die Runde, halte aber den Radius um den Wohnort herum relativ gering.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

Auf dem Eselskopf ist die Aussicht sehr gut, aber da ist auch noch was anderes: Ein sehr starker Wind kommt auf, was mich an die 100%ige Regenwahrscheinlichkeit erinnert.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

Bei Grünberg sind seit zwei Jahren etliche Felder an den Rändern mit Blumen bewachsen. Sieht nett aus.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

Auf der Anhöhe bei Wohnfeld ziehen die ersten schwarzen Wolken heran.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

Aber nur wenige Kilometer weiter scheint die Welt wieder in Ordnung zu sein. Doch Obacht: Der starke Wind rät nach wie vor zur Vorsicht.

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

Tiefhängende dunkle Wolken bei Höckersdorf …..

1995er Enfield Bullet 500 in Athena-Gray

….. lassen mich dann den schnellen Heimweg antreten.

Mit ständigen Ausweichmanövern und Richtungswechseln schaffe ich es wahrhaftig, trockenen Pneus nach Hause zu kommen. Das waren dann fast 70 Kilometer mit der langhubigen Enfield und es war nach einer Woche Beschäftigung mit der Honda XBR mal wieder Zeit für den langen Hub.

Gründlicher

Mit der vorderen Bremse der grauen Enfield bin ich noch immer nicht recht zufrieden. Mäßige Wirkung und ein Stuckern beim Bremsen. Radlager und Beläge sind bereits erneuert, ebenso der Zug. Heute werde ich die Trommel nochmal zerlegen, gründlich reinigen und noch gründlicher alle beweglichen Teile mit Keramikpaste behandeln. Und vor allen Dingen werde ich mich beim Einstellen exakt an die Anleitung aus dem indischen Manual halten.

Enfield Bremse

Also Rad ausbauen, die Bremsankerplatte entfernen und gründlich zerlegen. Nach der Reinigung kommt auf die beiden Schlüsselwellen ein hauchzarter Film Kermaikpaste.

Enfield Bremse

Gereinigt, gefettet und alles schon wieder montiert. Das flutscht jetzt aber.

Enfield Bremse

Flott das Rad wieder eingebaut.

Jetzt wird exakt nach Handbuch die Bremse eingestellt:

  1. Mittels Stellschraube reichlich Spiel des Bremszuges einstellen.
  2. Die beiden Kontermuttern an der Verbindungsstange der beiden Bremshebel entfernen: Oben ist Links- und unten Rechtsgewinde.
  3. Die Bremse über den Handbremshebel betätigen, so dass das Rad gebremst wird. Den Handbremshebel mit einem Kabelbinder fixieren, damit die Bremse angezogen bleibt. Nun ist gewährleistet, dass der Bremsbelag, der der Bremstrommel am nächsten ist, anliegt.
  4. Drehe die Verbindungsstange mit einem 6er Schlüssel im Uhrzeigersinn und danach entgegengesetzt. Beobachte dabei, ob sich der kurze Bremshebel (der obere) auf den langen Bremshebel zu bewegt.
  5. Solange der zweite Bremsbelag noch nicht an der Trommel anliegt, lässt sich die Verbindungsstange leicht drehen. Sobald sie schwergängig wird, liegt auch der zweite Bremsbelag an.
  6. Löse nun die Fixierung am Handbremshebel und prüfe, ob sich das Rad leicht drehen lässt. Die Bremse darf nicht schleifen und das Rad muss 100%ig freigängig sein.
  7. Halte die Verbindungsstange in dieser Position und schraube die beiden Kontermuttern wieder fest.
  8. Stelle das Spiel des Bremszuges an der Stellschraube ein. Der Weg des Handbremshebel soll 20-30 mm betragen.
Enfield Bremse

Probefahrt? Die muss leider ausfallen, es regnet den ganzen Tag.

 

Die Lahn entlang

Nach dem Besuch bei TEC-Motors in Gisselberg am Mittwoch habe ich heute Lust, die Lahn mit der Enfield entlang zu fahren. Gegen 13:00 scheint sich das Wetter stabilisiert zu haben: Deutlich kühler als in den letzten Tagen, sehr windig, oft bewölkt – aber regenfrei. Das beste Wetter zum Bollern mit einem indischen Single.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Mit einem Abstecher über den Ebsdorfergrund geht es also direkt an die Lahn bei Odenhausen. Beim Kanu-Club mit Biergarten und Grillstand bin ich dem Wasser extrem nahe, so nahe, …..

Royal Enfield Bullet 500 ES

….. dass ich das Wasser in 5 Sekunden erreicht habe. Schön ist’s an der Lahn.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Es geht aber noch näher. Dazu befahre ich den Zufahrtsweg zum Gut Friedelhausen, und …..

Lahnufer

….. kann mich an einem Seitenarm der Lahn über die üppige Vegetation freuen.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Und wo ich schon so nahe dran bin, gibt es mal wieder ein Foto mit Schloß Friedelhausen als Hintergrund.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Nun geht es zurück in die Rabenau, um die winzigen Straßen zwischen den Ortsteilen zu befahren. Ich brauche jetzt nämlich ein bisschen Ruhe nach dem Ausflugsverkehr an der Lahn.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Zwischendurch wird es hin und wieder auch mal recht dunkel, aber es bleibt trocken.

Heute beweise ich, dass die Enfield auch Stadt-tauglich ist: Über Buseck fahre ich komplett durch Giessen nach Heuchelheim ins Industriegebiet West. Hier soll es einen neuen Enfield-Dealer geben, aber trotz bekannter Adresse finde ich den Laden nicht.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Die Route führt mich dann weiter durch das Giessener Land, wo ich im Autostrassengewühl bei Lollar ein ruhiges Fleckchen für einen Pausenriegel suche und finde.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Und zwar hier, direkt an einem gewaltigen Brombeerbusch.

Brombeeren

Seltsam: Früher hätte ich mir an einem solchen Ort ein paar Hände voll reifer Brombeeren gepflückt und verzehrt. Heute, mit dem Wissen um Fuchsbandwürmer und ähnliches Getier, lasse ich das lieber bleiben.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Ich halte auf Krofdorg-Gleiberg zu und fahre weiter …..

Royal Enfield Bullet 500 ES

….. in Richtung Salzböden. Dabei bin ich endlich mal wieder auf der langen Strasse an der Schmelzmühle vorbei. Herrlich zu fahren, echtes Retro-Feeling, aber …..

Schlechte Strasse

….. allmählich wird die Straße so schlecht, dass sie kaum noch befahrbar ist. Grosse Placken fehlen im Belag und bei Gegenverkehr kannst Du die Schlaglöcher nicht mal umfahren. Diese Strasse sollte wirklich instand gesetzt werden.

Royal Enfield Bullet 500 ES

Allmählich wird es Zeit, die heimische Remise anzufahren. Im Wald bei Grünberg werfen große Ereignisse ihre Schatten voraus: Die Flügel für die drei Windräder der WEA IGL Nord sind eingetroffen. Da werden die Arbeiten wohl nächste Woche weiter gehen.

Um 18:00 bin ich nach 180 wunderbaren Kilometern wieder daheim. Die Enfield ist perfekt gelaufen und manchmal hatte ich das Gefühl, damit jetzt bis ans Ende der Welt fahren zu können. Schön wär’s.