Das MZ ES 250/2 Gespann von Gerhard Vesulak

Einleitende Bemerkung: Gerhard Vesulak habe ich über das Internet kennen gelernt. Er lebt in Graz in Österreich und hat eine beeindruckende Sammlung wunderschöner Motorräder – seltsamerweise alles Maschinen, die genau meine Kragenweite sind. In unserer email Korrespondenz hat Gerhard derart schön und spannend von seinen Motorrädern erzählt, dass ich dem interessierten Leser seine Ausführungen nicht vorenthalten möchte. Alles was jetzt kommt, ist Originalton Gerhard Vesulak. Viel Vergnügen!


Falls Du Dich bereits gefragt hast, wie man im tiefsten Österreich so etwas (zumindest in unseren Breiten) exotisches wie eine MZ 250 ES/2 fahren kann, schicke ich Dir (bevor bei mir beruflich wieder der volle Stress ausbricht) einige Zeilen über einen Gespannkauf im „zweiten Anlauf“:

Als mich vor ca. zwei Jahren mein sonntäglicher Spaziergang durch die engen Reihen eines Flohmarktes führte, traf ich einen Bekannten, der mir von einem alten, zum Verkauf stehenden Motorradgespann erzählte. Mein anfängliches Interesse ließ dann etwas nach, als der Name Jawa erwähnt wurde. Gibt es in Österreich doch die segensreiche Einrichtung des Wechselkennzeichens wobei man nur für das hubraumstärkste von drei Motorrädern die Steuer und die Versicherungsgebühren zu entrichten hat und ich hatte eben gerade noch einen Platz neben zwei angemeldeten 250ern frei.
Umso erstaunter war ich, als sich die Jawa bei einem weiteren Gespräch als MZ entpuppte. Die Vorsprache beim Besitzer ließen meine Träume vom fahrbereiten Schmuckstück aus Rentnerhand rasch platzen, stand ich doch vor einem Haufen von Teilen, die einmal zu einer ES 250/2 gehört haben dürften. Da die Blechteile offensichtlich in gutem Zustand und bereits grundiert waren, siegte doch die innere Gier und die Teile wechselten den Besitzer.
Bereits beim Abtransport mit dem Kastenwagen eines Freundes nagten Zweifel bezüglich der Vollständigkeit meines Puzzles an mir. Die Haube des Superelastik ist mir schon beim Verladen nicht untergekommen, aber beim Abladen bei der Garage fehlten dann auch noch viele andere Teile. Der Verkäufer hat sich später noch bei der Witwe des Vorbesitzers erkundigt, doch der Sperrmüll war leider schneller.

Aber nun hieß es für mich – jetzt erst recht und es musste natürlich eine ES 250/2 sein. War dieses Modell bis dahin für mich nur ein abgrundtief hässliches Motorrad, so fand ich nun immer mehr Gefallen an dem „außergewöhnlichen Design“.
Bald darauf entdeckte ich in einer Oldtimerzeitschrift eine Anzeige von einem Gespann. Obwohl das Foto nicht sehr aussagekräftig war, wurde der Handel rasch telefonisch fixiert. Nicht einmal der Umstand, dass zwischen meinem „neuen“ Gespann (dieses stand in der Nähe von Cuxhaven) und meiner Garage läppische 1100 km lagen, konnte mich abhalten. Ein Spediteur mit einer christlichen Preisgestaltung war bald gefunden und der Transport ging glatt über die Bühne.
Das MZ-Gespann war in einem absoluten Originalzustand und wenn die Lackierung auch schon gelitten hat und das Blech Kratzer und auch mal eine Delle abbekommen hat, so wäre es schade gewesen diesen Zustand zu verändern. Man sieht ihm einfach die arbeitsreichen Jahre in der DDR an. Dass auch der alte DDR-Brief dabei war, empfand ich als besonderen Glücksfall.
Die „Einzelgenehmigung“ beim österreichischen TÜV war dann auch keine unüberwindbare Hürde und nun ist meine MZ natürlich bereits angemeldet. Sobald die Ursachen für diverse Zwangspausen bei den ersten zaghaften Ausfahrten in der ländlichen Umgebung meiner Garage beseitigt sind, werde ich mich an weitere Strecken heranwagen. Ich habe schon den Vergaser gereinigt, einen Benzinfilter eingebaut und den Benzinhahn getauscht, aber scheinbar muss ich doch den Tank abbauen und reinigen.

Die Ersatzteilversorgung klappte bisher ebenfalls tadellos und mein Teilelager ist ein beruhigendes „Ruhekissen“.
Jedenfalls gefällt mir in der Zwischenzeit sogar der eckige Scheinwerfer und die durchdachten Detaillösungen können mich immer wieder begeistern.
Die MZ ES 250/2 ist für mich daher schon lange nicht mehr das „hässliche Entchen“.

Mit den besten Grüßen aus der Steiermark
Gerhard

Sunbeam S8 und Norton ES2

Gerhard Vesulak erzählt ein bisschen etwas über seine Engländer:


Mein Herz hängt aber (und das klingt hoffentlich jetzt nicht kitschig) mehr an meinen Engländern, an den kleinen Spaniern und natürlich an dem MZ-Gespann.
Bei den Engländern habe ich neben der bereits erwähnten Norton ES 2 Bj. 61, noch zwei Sunbeams, eine S 8 Bj. 51 (500 ccm mit zwei hintereinander liegenden Zylindern und Kardan, eine (eigentlich BSA-)Fehlkonstruktion, aber ein tolles Motorrad) und ein 500 Modell 9 Bj. 31 (neuwertig, aber ohne Lichtanlage, landet irgend wann einmal im Wohnzimmer, aber dann kann ich mein Bett wahrscheinlich gleich in die Garage stellen).

Als Ergänzung zu meinem umfangreichen Mail von gestern, schicke ich noch zwei Fotos.
Eines zeigt meine Sunbeam S8 von ihrer Schokoladenseite. Das Foto wurde schon vor einigen Jahren, kurz nach dem Kauf, aufgenommen.
Auf dem zweiten Foto wird Dir meine Norton bekannt vorkommen. Ich schicke aber nun das gesamte Foto, da es bei einem unserer Sonntag-Vormittag-Ausflüge bei einer Rast aufgenommen wurde und die Stimmung gut wiedergibt. Außerdem bist Du doch ein Einzylinder-Liebhaber und da kann ich Dir die beiden Nuovo Falcone meiner Freunde nicht vorenthalten. Sie sind ehemalige Militärkräder und wurden mit geringer Laufleistung (in praktisch neuwertigem Zustand) aus Italien importiert. Ich kann Dir dort den Teilemarkt in Imola nur empfehlen. Ist immer wieder ein Erlebnis. Die Fleckentarnung ist natürlich Geschmacksache. Es könnte sein, dass zumindest eine Guzzi zum Gespann umgebaut wird.

Die meisten Norton ES 2 (zumindest aus der letzten Serie) die in Österreich laufen, stammen eigenartigerweise nicht aus England sondern aus Tschechien. Jedenfalls ist Anfang der 60er Jahre eine größere Lieferung dorthin gegangen und wurden angeblich devisensparend mit Schuhe (!) bezahlt. Die haben auch alle einen Smith-Tacho mit Kilometerangabe. Jedenfalls ist die ES eine gute Alltagsmaschine und würde zu Dir passen. Obwohl der Übermaßkolben meiner Norton schon fällig wäre (da könnte man wahrscheinlich auch auf 600 ccm von der 19er erhöhen), zieht sie den Falcones locker davon. Apropos Falcone, in der Oldtimer-Praxis war vor nicht allzu langer Zeit ein Bericht von einer Nuovo Falcone mit dem Superelastik-Beiwagen von der MZ. Das Gespann dürfte recht gut gehen.

Noch ein Wort zur Sunbeam S8. Konstruktionsbedingt liegt der hintere Zylinder im „Schatten“ und überhitzt leicht (erinnert mich etwas an die Vorkriegs-Puch 500 – die hatte zwei hintereinander platzierte 250er-Zylinder). Theoretisch läuft sie ca. 130 kmh, praktisch würde dies aber bald zum Exodus führen. Das haben die Hersteller (gehörte damals zu BSA) auch erkannt und sie dann als „Motorrad für den Gentlemen“ angepriesen. Und zum Cruisen bei 80 kmh eignet sie sich recht gut. Daher kann sie auch durchaus als Gebrauchsmotorrad verwendet werden. Die Teileversorgung (ausgenommen Blechtteile) ist vorbildhaft. Schau einmal unter Stewart Engineering. Da könnten die meisten Händler noch etwas lernen.
Übrigens gibt es in Österreich noch relativ viele Sunbeam S7 und das hat einen einfachen Grund. Die Gendarmerie (nennt sich jetzt leider bei uns Polizei) hat in den 50ern die Sunbeam gefahren, teilweise mit Beiwagen (Austro Omega). Ich schicke Dir jedenfalls noch ein Foto von meiner S8 (weil es etwas aktueller ist).