Der Heiligenstadt-Test

Für das kommende Wochenende ist das Sommertreffen des MZ-Forums angesagt. Der ursprüngliche Plan war, am Mittwoch, also heute, loszufahren. Dann irgendwo in der fränkischen Schweiz ein Zimmer nehmen, am Donnerstag kurz nach Czechien rein und am Nachmittag dann auf dem Treffen einschlagen. Aber aufgrund der brütenden und geradezu unmenschlichen Hitze wird dieser Plan aufgegeben und ich will am nächsten Morgen direkt zum Treffen. Aber heute werde ich ihn dann durchführen,  den Heiligenstadt-Test.

Wozu ein Test für Heiligenstadt? Ist doch jetzt nicht sooo gewaltig weit, solche Entfernungen fahre ich oft genug an einem Sonntag Vormittag einfach nur so zum Spass. Aber das ist nicht der Punkt! Seit dem Tieferlegen meines Velorex-Seitenwagens habe ich noch keine Fahrt mit richtig beladenem Boot gemacht. Und ich weiss, dass ich bei der Befestigung des Kotflügels nicht optimal gearbeitet habe. Ich will also sehen, ob das Rad am Koti schleifen wird oder irgendeine andere Schlamperei auftritt. Kenne mich doch!

Los gehts in der allerschlimmsten Mittagshitze - es ist fürchterlich und es kommt nur ganz selten Fahrspass auf. Es ist einfach viel zu heiss! Aber mit dem Kotflügel scheint alles OK. Ich fahre bis kurz hinter Hosenfeld, sind knapp 60 km einfache Strecke. Hier, kurz vor Jossa, drehe ich um. Fühle mich wie kurz vor dem Kreislaufversagen.

Auf der Rückfahrt suche ich Abkühlung im Wald bei Schadges. Aber die Bäume stehen hier zu dünn, der Planet knallt gnadenlos durch die dünnen Äste. Also schnell weiter, obwohl auch der Fahrtwind nicht wirklich kühlt. Nach rund 120 km wird noch aufgetankt und wenn alles so kommt wie geplant, werde ich morgen irgendwann zwischen 5:00 und 6:00 in aller Herrgottsfrühe starten. Wir werden sehen!

 

Ins Gladenbacher Bergland

Nach der gestrigen subtropischen Hitze, die eine grössere Fahrt für mich unmöglich machte, solls heute ganz anders werden: Kühler, vielleicht sogar regnerisch, und ausschliesslich bewölkt. Meine ehrgeizigen Pläne, gegen 6:00 schon auf dem Gespann zu sitzen, kann ich nicht einhalten: Die Nacht war zu heiss, zu viele Träume, zu wenig Schlaf. Aber es ist schon noch recht früh, als ich aufbreche  ins Gladenbacher Bergland.

7:35 zeigt die Uhr, als der Rotax bollernd zum Leben erwacht. Mein grober Plan ist, zunächst kurz in der Scheune im Ebsdorfergrund nach einem Blinker für Kathy, die TS250/1, zu sehen, um dann weiter ins Gladenbacher Bergland zu fahren. Dort werde ich mich treiben lassen und einfach abwarten, welche Route sich ergibt. Im Gladenbacher Bergland, auf manchen Karten auch als Naturreservat Lahn-Dill-Bergland bezeichnet, kenne ich mich nur wenig aus und da gibt es etliche Strassen und Orte, in denen ich noch nicht gefahren bin. Eigentlich kenne ich die Gegend nur als Durchfahrtstrecke, wenns zu einem Treffen bei den MZ-Freunden Mandeln geht.

Die Scheune im Ebsdorfergrund ist schnell erreicht. Das Anwesen wird mit jedem Jahr reizvoller. Da hat sich Kollege Dieter ein schönes Zuhause geschaffen.

An meiner zweiten TS (die mit dem ETZ-Motor) werde ich fündig: Einer der Blinker ist von der Bauart, wie ich ihn brauche. Aber Fleddern darf ich diese TS natürlich nicht: Die soll auch wieder leben, womöglich als Gespann der besonderen Art oder als Enduro.

Jetzt gehts nonstop direkt ins Herz des Gladenbacher Berglandes. In der Nähe von Sinkershausen beobachte ich ein wenig die grosse Schafherde.

Bei Friedensdorf komme ich in ein besonders schönes Eckchen. Hier wechseln sich sanfte Hügel mit steilen Bergen und Serpentinen ab.

Später halte ich mich in Richtung Wetter und verlasse das Gladenbacher Bergland. Eine schöne Gegend, die es wert ist, einmal gezielt befahren zu werden. Werde einen Plan ausarbeiten. Hier bin ich bereits kurz vor Wetter und stelle fest, dass es langsam herbstlich aussieht.

Weiter gehts über schnelle Bundesstrassen bis Ernsthausen. Dann biege ich nach Rosenthal ab und nehme Richtung auf den Kellerwald. Den durchfahre ich aber heute nur ohne Zwischenstop. Also fast ohne Stop: Einen Blick auf den Wüstegarten gönne ich mir nahe Densberg.

Wenn ich schon so weit bin, fahre ich auch in Bischhausen beim Honda-Händler vorbei. Heute stehen da ein paar neue Hondas in Gold-Schwarz: Eine Transalp und eine 1000er Vierzylinder. Muss gestehen, dass mir diese Kräder gefallen.

Wie so oft finde ich viel Gefallen an den kleinen 125ern, wie dieser Yamha. Und im Hintrergrund steht immer noch die MZ RT 125, mit 1750,- bei 22.000 km allerdings zu teuer. DIese kleinen Eintöpfe haben einfach noch was klassisches.

Und ob ihrs glaubt oder nicht: Heute gefällt mir diese CBF 500 A richtig gut. Komme direkt ins Grübeln, mal wieder was ganz neues zu kaufen. Knapp 5000 Euronen müsste ich hinlegen. Ein schöner, kompakter Twin. Aber zum Schrauben natürlich völlig ungeeignet. Aber manchmal will ich das gar nicht mehr!!!

Weiter nach Schwalmstadt und von dort wieder über schnelle Bundesstrassen Richtung Alsfeld. Muss mich auf das Treffen in Heiligenstadt vorbereiten, und die Anfahrt dahin wird viel über Bundesstrassen gehen. Ich neige dazu, auch auf solchen Strassen zu bummeln, und das will ich mir ein wenig abgewöhnen. Also nicht unter 90-100 km/h fallen. Hier bin ich aber wieder auf meinen geliebten Kleinststrassen am Rückhaltebecken bei Heidelbach.

Heute ist hier kein Tropfen Wasser zu sehen, aber ich habe das Becken auch schon komplett gefüllt gesehen. Langsam nimmt auch die Schwüle wieder zu und ich mache mich auf die letzten 50 km nach Hause.

Ein letzter Blick auf das Tal bei Münch-Leusel und dann weiter. Das Wetter war ideal für mich, immer etwas bewölkt und damit kühl - nicht diese subtropische Schwüle der letzten Tage. Regen kam nicht herunter, obwohl ich gegen ein paar Schauer nichts hätte. Nach 350 km bin ich pünktlich zum Mittagessen in Mücke. Werde noch ein wenig an Kathy schrauben, keine Lust zum Müssiggang heute.

 

Früh morgens aus dem Vogelsberg heraus

7:24 zeigt die Uhr in meiner Werkstatt, als ich an diesem Sonntag Morgen das Silverstar-Gespann starte. Der Wetterbericht spricht von 85 % Regenwahrscheinlichkeit, aber bis Mittags soll es halbwegs trocken bleiben. Es zieht mich eigentlich in Richtung Rhön, und entsprechend beginne ich die Fahrt: Quer durch den Vogelsberg und dann ab Hosenfeld in die Rhön. Der Plan ist: Um 8:00 hast Du  den Vogelsberg verlassen.

Ich hätte es geschafft! Auf jeden Fall! Um 8:00 hätte ich die Grenze des Vogelsbergkreises überschritten und wäre im Kreis Fulda. Aber dann hats doch nicht geklapt – wegen der vermaledeiten Umleitung bei Hopfmannsfeld! Muss ich also umdisponieren und den Schlenker über Lauterbach machen. Ist aber ganz gut so, denn auf Reserve musste ich auch eben umschalten.
Deshalb Plan B: Über Lauterbach und Schlitz in Richtung Rhön. Wettermässig ist es toll: Etwas kühl, leicht bewölkt, manche Strassenabschnitte sind noch feucht. Aber mehr als ein paar Tropfen werde ich heute nicht abbekommen. Und wenn, wär’s auch nicht schlimm gewesen. Insgesamt gibt das heute einen schönen Mix aus kleinsten Landstrassen und flotten Bundesstrassen – quasi mein Test für Heiligenstadt. Denn dort will ich in 14 Tagen hin. Sind auch rund 250 km, und die nüdele ich heute locker ab.

 

Ganz kurz vor Lauterbach ein Ministop am Waldweg zum Krankenhaus hoch. Dann ab auf die Umgehungsstrasse, denn dort liegen die Tankstellen, die ziemlich sicher geöffnet sind.

Richtung Schlitz am Ortsausgang die berühmte Gartenzwerg-Manufaktur Heissner. Die Skulptur am Fabriktor ist aber eher ein Gartengigant.

Bei Hechelmannskirchen komme ich in den Kiebitzgrund, eine idyllische Landschaft zwischen Schlitzerland und Rhön. Während meiner Rast dort sind plötzlich richtig laute Eisenbahngeräusche zu hören - aber es ist nichts zu sehen. Habe das Gefühl, dass ein ICE direkt an mir vorbei fährt.

Und dann wirds mir klar: Ich bin nicht weit von Fraunrombach an der ICE-Strecke und der Zug rauscht durch einen gewaltigen Tunnel in diesem Berg. Ist ein wenig unheimlich! Und wer weiss, ob sich die Natur nicht irgendwann dafür rächt, von der Deutschen Bahn derart unterhöhlt worden zu sein. Und ich sage euch: Der Kiebitzgrund schlägt zurück!

Später im Haunetal in der Nähe von Holzheim. Wie überall hier im Haunetal ist die Gegend unglaublich kurvig und wunderbar menschenleer.

Beim Anblick dieses Tales sehe ich regelrecht die Gletscher, wie sie sich in der Eiszeit ihren Weg gesucht haben und damit das Haunetal entstehen liessen.

Nicht dass das Grün des Haunetals eintönig wäre - Gott bewahre. Aber so ein paar rote und blaue Farbkleckse machen den Anblick noch schöner.

Vom Haunetal in Richtung Niederaula entdecke ich in Kerspenhausen diesen Motorradladen. Man beachte das Grün-Weisse Schild an der Tür: Hier gabs mal MZ! Und im Schaufenster sehe ich einen schöne, originale SR500 stehen. Vielleicht rufe ich Montag mal dort an.

Dank einer weiteren Umleitung in Niederaula nehme ich eine Nebenstrasse und komme nach Hattenbach - bekannt durch das gleichnamige Autobahndreieck. Der Ort liegt wirklich idyllisch, aber das nahe Autobahndreieck verbreitet starke Umweltverschmutzung in Form von Lärm. Also Helm wieder auf und dann arbeitet mein Rotax mit Guzziauspuff aktiv mit an der Produktion von Lärm.

Über die B454 fahre ich am Knüllgebirge vorbei und schwenke erst in Neukirchen wieder auf die Seitenstrassen ab. Jetzt bin ich auf der Höhenstrasse zwischen Knüll und Schwalm, und ab hier wirds etwas ungemütlicher: Sehr starker Wind, etwas Regen und zunehmende Bewölkung. Macht aber gar nix, es bleibt eine wunderschöne Fahrt von rund 250 km Länge durch Vogelsberg, Rhön, Haunetal, Knüllgebirge, Schwalm und Antrifttal. Pünktlich zum Mittagessen bin ich wieder in Mücke.

 

Transport von AWO-Teilen

Wer-kennt-Wen – mittlerweile eine bekannte Plattform, um seinen Bekanntenkreis zu dokumentieren. Darüber bekomme ich vor ein paar Tagen eine Botschaft von Sandra: In Neustadt sind weitere Awo-Teile aufgetaucht und warten auf die Abholung. Also gehts Samstag Mittag zusammen mit Nachbar Egon erneut nach Neustadt und wir holen noch ein paar Awo-Teile.

Eine Fahrt nach Neustadt über das Antrifttal ist immer eine schöne Angelegenheit: Wald, Kurven, wenig Verkehr. Die beiden Rotax-Emmen bollern durch den Kirtorfer Wald und dabei versuche ich noch, etwas von Egons routinierter Fahrweise für mich zu übernehmen. Selbst nach jetzt 2 Jahren Gespannfahren bemerke ich immer noch meine Defizite. Wahrscheinlich bewege ich mich zuviel im eigenen Brei. Hätte ich doch nur am Anfang meiner Gespannkarriere einen Lehrgang mitgemacht. Aber zu spät ist es dafür ja noch nicht.

Angekommen in Neustadt zeigt uns Jürgen die gefundenen Awo-Teile und sucht mit uns zusammen noch ein wenig weiter. Ein bisschen was taucht noch auf. Gleichzeitig erfahren wir, dass die NSU Quick, an der Egon interessiert war, jetzt endgültig verkauft ist. OK, auch geklärt.

Nach einer interessanten Curry-Wurst-Rast in Kirtorf mit einer ungewöhnlichen Besucherszene fahren wir noch ein paar Kilometer zusammen durch den Kirtorfer Wald. Dann trennen sich unsere Wege und ich biege ab in Richtung Ebsdorfergrund, um die Awo-Teile in der Scheune abzuliefern. Unterwegs fällt mir auf, dass ich mich mitten in der Erntezeit befinde. Das heisst, dass das Jahr schon wieder zu einem Grossteil vorüber ist.

Angekommen in der Scheune im Ebsdorfergrund sichte ich die neuen Awo-Teile in Ruhe. Grösster Brocken ist der zwar rostige, aber in seiner Substanz ordentliche Tank.

Ein DDR-Nummernschild, ein zerlegter Kardan (Solo), Bremsankerplatten und Beläge, ein Magnetzünder .....

.... und vor allen Dingen ein Schalthebel! Jetzt habe ich für meine 4 Motoren wenigstens EINEN Schalthebel. Nicht aufgetaucht sind leider ein Kickstarter und ein Zündschlüssel. Naja, verschmerzbar, angesichts der vielen sonstigen Teile.

 

Probefahrt mit einem Auge am SW-Rad

Klar, dass ich nach der chaotischen Pannenausfahrt den Kabelbaum zum Seitenwagen neu machen musste. Es bleibt aber zunächst einmal die Ungewissheit, ob der Kotflügel des Velorex nicht höher gesetzt werden muss. Nach der Reparatur gabs nur eine kleine Probefahrt im Laufe der Woche ins Büro. Heute am frühen Abend jedoch werde ich noch eine kleine Runde durch den Vogelsberg segeln und dabei das Seitenwagenrad, den Kotflügel und den Kabelstrang verschärft im Auge behalten.

Ein schöner Tag heute, als ich losfahre ist es aber tatsächlich schon ein wenig kühl für meine dünne, ungefütterte AJS-Jacke. Aber eigentlich nur in den Waldstücken und alsbald habe ich mich an die Temperatur gewöhnt. Fahre zunächst durch den Kirtorfer Wald, dann ein paar Kilometer die B62, um anschliessend ins Antrifttal abzutauchen. Zum ersten mal achte ich bewusst auf die Fahreigenschaften des umgebauten Gespanns: Mit 2-3 cm mehr Spurweite und dem um 6 cm tiefergelegten Boot fährt sich die Silverstar spürbar besser und stabiler. Oder ist es nur Einbildung und Tagesform? Morgen gehts mit dem Gespann nach Neustadt, um noch ein paar Awo-Teile abzuholen, da kann ich die gefühlten Änderungen verifizieren – oder ich stelle fest, dass ich mich geirrt habe. Ich werde sehen.

Kleiner Halt an der Antrifttalsperre. Der See und das Restaurant liegen ruhig in der Abendsonne, nur wenige Gäste sitzen auf der Terasse, darunter 2 Pärchen mit gewaltigen Japan-Choppern. Eine schöne und friedliche Szene.

Der See wirkt heute besonders schön auf mich. Bin auch vielleicht empfänglicher als sonst dafür. Jetzt gehts für ein paar Kilometer auf die B62. Eine zeitlang fährt hinter mir ein älteres BMW-Gespann. Als ich abbiege und das Gespann vorbeizieht, sehe ich, dass es ein Duisburger Kennzeichen hat. Ruhrpöttler ziehen durch den Vogelsberg! Ein letztes Winken, und unsere Wege trennen sich wieder.

Das Silverstar-Gespann liegt schon deutlich sichtbar tiefer. Daran muss ich mich noch gewöhnen, denn in Linkskurven kommt der Sturzbügel dem Asphalt ganz schön nahe. Und immer öfter kommt der Gedanke, den Kotflügel gegen eine schmale Alu-Version mit schlanken Beleuchtungskörpern auszutauschen.

Im Feldatal zwingt mich bei der Anfahrt auf Gross-Felda ein Kuhabtrieb zu einer weiteren Pause. Kommt aber nicht ungelegen.

Der kleine Parkplatz mit Blick auf das Feldatal ist ein Plätzchen, auf dem man es schon einen Augenblick aushalten kann.

Könnte mir an diesem Steintisch auch eine urige Mahlzeit mit Wildschweinwürstchen, Malzkaffe und frischem Brot vorstellen. Hab ich aber natürlich nicht dabei. Jetzt gehts heim und nach diesen 75 km fühl ich mich schon viel besser.