MZ Motorräder

Mein Weg zu MZ

ets_neckermannNeckermann macht’s möglich! Die Älteren unter uns werden es vielleicht noch wissen: In den 60er Jahren verkaufte Neckermann über seine Kataloge auch Zweiräder. Mopeds von Jawa und Garelli, Motorroller von Capri Agrati und „schwere“ Motorräder von Jawa und MZ waren im Programm. Für mich waren die Neckermann-Kataloge ab einem Alter von etwa 14 Jahren deshalb (und nur deshalb) eine spannende Lektüre. Stundenlang konnte ich mit so einem Katalog verbringen, dabei die technischen Daten der Motorräder studieren und im Geiste abenteuerliche Fahrten auf einer 350er Jawa California oder einer 250er MZ ETS durchspielen. Meine Zweirad-Realität sah natürlich völlig anders aus: Mit 14 durfte ich noch garnix fahren, aber dennoch stand im Schuppen eine Zündapp Combinette, die ausserhalb jeder Legalität bewegt wurde. Selbst grössere Fahrten, z.B. zum Halterner Stausee (und das waren immerhin 40 km) habe ich mit der Combinette gemacht. Aber mein Traum waren die überschweren Kräder aus dem Katalog und dabei ganz besonders das schönste Motorrad, das MZ je baute: Die ETS 250.

capri_neckermannMit 15 wurde aus der Combinette dann ein Capri Agrati Roller – zwar nicht der grosse 100 ccm Roller aus dem Katalog, aber ein gebrauchter Mokick-Roller mit 2 PS – und er sah genau so aus, wie im Katalog. Zumindest solange, bis ich ihm eine martialische Schwarz-Rot-Lackierung verpasste. Den Capri fuhr ich dann zwar über 2 Jahre lang, aber aus mir wurde dennoch kein Rollerfahrer: Mein Traum blieben die Neckermann-Motorräder.

So mit 16,17 Jahren bekam ich die Zeitschrift „Das Motorrad“ zu lesen, und glücklicherweise auch eine Riesenmenge alter Ausgaben ab 1950. Jedes Wort, selbst die kleinste Anzeige, wurde verschlungen. Und da stiess ich zum ersten mal auf den Begriff „Bauernmotorrad“. Das war wohl die zweite Prägungsphase auf meinem langen und verschlungenen Weg zu MZ. Denn völlig klar: MZ und auch Jawa waren natürlich Bauernmotorräder allererster Güte.

rt175vsEin paar Monate vor meinem 18 Geburtstag hatte ich vom Lehrlingssalär ein paar hundert DM gespart und ich ging zusammen mit meinem Vater auf die Suche nach einem Motorrad. Die Füherscheinprüfung hatte ich schon gemacht, musste aber natürlich noch bis zum 18 Geburtstag warten, bis ich das ersehnte Papier auch in den Händen halten durfte. Egal, es ging also schon vor der Zeit auf Motorradsuche.
Damals gab es in Gelsenkirchen die „Motorradzentrale Basdorf“, ein wirklich grosser Laden. Mein Vater versuchte mit allen Tricks, mich zu einem Roller zu überreden, aber das war zwecklos. Aber die gebrauchten MZ und Jawas bei Basdorf waren alle ziemlich neu und entsprechend teuer. Lange bin ich um eine 250er Jawa herumgeschlichen, aber mit 800 DM war sie für mich unerschwinglich.
Doch dann entdeckte ich ganz am Ende der Gebrauchtmaschinenreihe ein olivgrünes Motorrad. Sah ein bisschen aus wie die MZ Trophy aus dem Neckermann Katalog, war aber eine 175er DKW RT 175 VS aus Bundeswehrbeständen. die 400 DM dafür hatte ich so gerade, und so kaufte ich die DKW. Ein paar Tage musste ich noch warten, denn Basdorf sollte die Maschine noch frisch durch den TÜV bringen. Aber dann war es soweit, und wie gewohnt ohne Führerschein holte ich die DKW ab. Mein Vater fuhr mich übrigens selbst zur Abholung.
Mit der DKW begann eine relativ lange und sehr glückliche Beziehung. Die RT 175 VS war unzweifelhaft auch ein Bauernmotorrad, ausserdem sah sie, wie bereits bemerkt, der MZ Trophy sehr ähnlich. Eigentlich kein Wunder, wenn man die Historie von DKW und MZ nach dem 2. Weltkrieg ein wenig kennt.

Wie auf dem Bildchen (leider mein einziges Bild dieser DKW) zu erkennen ist, wurde aus dem Natooliv später ein knalliges Rot/Gelb. Mein Sinn für Stil und Farben war offensichtlich noch sehr schwach ausgeprägt.
Einmal traf ich in der Stadt auf einen Motorradfaher mit einer 250er Jawa. Er war wohl sehr unzufrieden mit seinem Motorrad, denn er bot mir einen Tausch an. Zuerst wollte ich direkt zusagen, aber ich hatte bereits eine starke innere Beziehung zur DKW aufgebaut und hab den Deal dann ndoch nicht gemacht. War vielleicht ganz gut so.

etz01Die DKW und ich blieben für über 30.000 km zusammen, dann habe ich sie einem Arbeitskollen verkauft. In den folgenden Jahren hatte ich sehr viele und sehr unterschiedliche Motorräder. Sportmaschinen, Tourer, Bauernmotorräder – alles habe ich ausprobiert. Aber erst etliche Jahre später, genauer gesagt, im Jahre des Herrn 1988, wurde es dann zum ersten mal ernst mit MZ und mir. Zuerst fing Hein Gericke an, MZ geradezu zu verramschen, dann zogen auch ehemalige MZ-Händler nach. Der Motorradschuppen in Homberg (inzwischen war ich in Hessen gelandet) bot nagelneue ETZ 250 für 1400 DM an. Jetzt war die richtige Zeit, und ich kaufte eine silberne ETZ 250 mit Scheibenbremse. Das war ein richtig modernes Motorrad mit tollem Fahrwerk, klasse Bremsen und sollte dazu die MZ Bauernmotorrad-Eigenschaften haben. In kurzer Zeit fuhr ich mit der ETZ 6000 km zusammen und hatte extrem viel Spass mit der Maschine. Es ging in dieser Zeit nichts, aber auch gar nichts kaputt – eben ein Bauernmotorrad.

etz-cockpitAber es war auch ein modernes Motorrad, erkennbar unter anderem am ETZ Cockpit: Moderne Armaturen, hydraulische Scheibenbremse, elektronische Zündung, ein herrlich schmaler Lenker und das berühmte MZ-Zündschloss mit der Stellung 5 zum Anschieben bei leerer Batterie. Habs zum Glück nie gebraucht.
Während der MZ-Zeit bekam ich für 14 Tage den Chopper meines Chefs geliehen: Eine 1000er Honda Shadow. Super-Motor und wirklich tolles Fahrgefühl. Und trotzdem war ich jedesmal froh, wenn ich wieder auf meiner MZ sass, das vertraute Räng-Täng-Täng im Ohr und das gelungene Fahrwerk unterm Arsch. Vogelsberg, Rhön, Marburger Hinterland sind aber auch ideale Strässchen für eine MZ.
Leider musste ich die ETZ aufgrund eines berufsbedingten Umzuges ein Jahr später abgeben. Aber sie ist mir in bester Erinnerung geblieben.

trophy_neckermannUnd jetzt mussten wieder etliche Jahre, sogar Jahrzehnte, vergehen, bis ich erneut zu MZ kam. Die Zwischenzeit war zum allergrössten Teil völlig Motorrad-los. 2005 brach aber das Virus wieder aus und zwar in Form einer Suzuki GR 650, einem Viertakt-Twin. Aber noch im selben Jahr fasst ich den Entschluss zu einem MZ-Gespann. Nach einigem Überlegen und dem Studium diverser Internet-Seiten wurde klar: Es kam nur eine ES 250/1 in Frage. Eine Maschine in der Tradition meiner ersten DKW: Vorderradschwinge, gedrosselter Motor und 16″ Räder sollten das richtige für ein Gespann sein. Dann ging die Suche los.

Doch noch einmal zurück zu Neckermann: Dort wurden ES 250/2 (Trophy) Gespanne angeboten. Auch sehr schön, aber einige Details gefielen mir an der ES 250/1 einfach besser (Scheinwerfer, Seitendeckel, Lenker).
Zunächst begann ich die Suche auf den diversen Auto- und Motorradverkaufsseiten wie mobile und motoscout24. Wurde auch überall etwas angeboten, aber ich fand die Preise zum grossen Teil zu hoch – unangemessen hoch. Dann gings in die Bucht – ebay kam ins Spiel. Waren auch sofort einige Gespanne drin. Hab ich erstmal ein paar Tage beobachtet um zu sehen, wohin die Preise so gehen. 1000 Euro wurden fast immer überboten, wenn nicht gerade der letzte Schrott versteigert wurde. Wollte ich eigentlich nicht ausgeben. Also weiter beobachten.
Kurz darauf sah ich rot/schwarzes ES 250/1 Gespann in der Bucht, das mit 1 Euro Startpreis begann. Bild und Beschreibung sprachen mich an, und ich beschloss bis 888 Euro mitzubieten. Hab dann also bis 30 Sekunden vor Auktionsende gewartet, um mein Limitgebot abzugeben.

Und zu meiner grossen Überraschung bekam ich den Zuschlag für genau mein Höchstgebot. 888 Euro – fand ich ganz OK.

es250-01Das Gespann stand in der Nähe von Hildesheim, und am folgenden Sonntag Morgen ging’s mit Hänger zum Abholen. Gut, das auf der Hinfahrt der Hänger sich auf der Autobahn selbstständig machte, war nicht geplant und hat mir auch einen gehörigen Schrecken eingejagt. Da aber sonst nix passiert ist, ging die Fahrt weiter und verlief auch gut. Kathy, die nette Dame aus meinem Navigationssystem, brachte mich prompt und sicher ans Ziel. Und da stand dann das gute Stück.

Entsprach wirklich der Beschreibung bei ebay. Der Verkäufer warf kurz den Motor an – klang gesund, soweit ich das beurteilen konnte. Also aufgeladen und wieder Richtung Heimat. Zuhause angekommen nochmal den Motor angeworfen und eine winzige Runde auf dem Hof von Egon gedreht – dann kam mein Gespann erstmal in den Motorradschuppen und durfte in einen sanften Winterschlaf verfallen.

Erst im nächsten Februar nahm ich mir das Gespann wieder vor. Details könnt ihr gern im Weblog meiner ES 250/1 nachlesen. Geplant war jedenfalls, das gute Stück im März oder April dem TÜV vorzuführen und dann anzumelden. Aber es war doch einiges zu tun, und so viel Freizeit hatte ich auch nicht mehr. Hab das ganze letztlich doch stark unterschätzt.

silverstar08Das MZ auch Viertakter baute, hatte ich lange Zeit überhaupt nicht mitbekommen. Als ich dann irgendwann ein Bild der Silverstar sah, war ich hin und weg und setzte alle Hebel in Bewegung, um eine zu bekommen. Und was man wirklich will, wird man auch erreichen – und noch im Jahre 2005 kam ich zu meiner Silverstar.

dq-familyZiemlich genau 3 Jahre später, im Oktober 2009, zeigt sich der Fuhrpark leicht verändert.  Das ES250/1-Gespann (DQ 4) und die Silverstar (DQ 2) sind geblieben. Der Suzuki-Twin und die Polizeirotax sind verkauft, dafür sind das Silverstar-Gespann (DQ 7) und Kathy, die TS 250/1 (DQ 3) dazu gekommen. Geplant ist aber, dass noch in diesem Jahr die DQ-Familie um ein Mitglied wächst – allerdings keine MZ.

Digital Camera

Naja, so kam ich also wieder zu MZ – der Marke, von der ich mittlerweile die meisten Motorräder besessen habe. Von einigen habe ich mich auch wieder getrennt, von anderen werde ich mich vielleicht trennen und vielleicht behalte ich auch einige bis ans Ende meiner Tage. Es ist eben alles im Fluss – wie immer.

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