Unglaublich, wie die Zeit vergeht: Heute jährt sich der Tag, an dem ich das erste mal mit Leihhund Yellow spazieren ging. Da war eine neue Nachbarin mit zwei Hunden eingezogen und im Gespräch hatte ich angeboten, ab und zu mit dem Hundchen auszugehen. Und das habe ich tatsächlich konsequent getan: Ein Jahr, 12 Monate, 52 Wochen, 365 Tage lang. Es waren sicher keine zwei Hände voll an Tagen, an denen der Spaziergang ausgefallen ist – und auch nur aufgrund von Dienstreisen oder familiärer Abwesenheit. Krankheit, schlechtes Wetter, keine Lust – all das waren keine Gründe, den gemeinsamen Gang abzusagen. Und ganz ehrlich: Jeden Tag mindestens eine Stunde unterwegs an frischer Luft ist gerade für einen Schreibtischtäter wie mich nicht die schlechteste Beschäftigung.
Nun muß man wissen, dass Yellow kein „normaler“ Hund ist. Die Besitzerin hat ihn von einer Frankfurter Organisation bekommen, die Hunde aus Rumänien rettet und nach Deutschland holt. Was der kleine Kerl dort erlebt hat, weiß niemand – und ich glaube, dass will auch niemand wissen. Aber vor diesem Hintergrund ist sein Verhalten manchmal besser zu verstehen.
Natürlich haben wir in diesem gemeinsamen Jahr auch jede Menge Ärger miteinander gehabt. Zweimal hat Yellow nach Kindern gebissen und auch tatsächlich zugeschnappt – aber die Schuld dafür gebe ich mir selber. Ich hätte Yellow damals nicht solchen Stresssituationen aussetzen dürfen. Dann ist er mir einmal durchgebrannt – weniger schön, aber die Sache ging gut aus. Und in den ersten Monaten hat er jeden anderen Hund angefallen – oder zumindest an der Leine ein furchtbares Theater veranstaltet. Ein einziges mal musste ich ihm tatsächlich ordentlich eins verpassen, als er an der Leine ein unvorstellbares Spektakel begann. Und so richtig hören tut er auch nicht. OK, in 98% der Fälle kommt er mittlerweile auf Zuruf, was ich nicht so schlecht finde.
Inzwischen verträgt sich Yellow mit den meisten anderen Hunden und hat sogar einige richtige Spielkameraden gewonnen. Nach Katzen rennt er auch nicht mehr (immer) und überhaupt hat er in diesem Jahr einen Status erreicht, mit dem ich sehr zufrieden bin. Komm, Nein, Aus, Sitz, Platz – das soll reichen und weitere Kunststücke wollen wir gar nicht lernen.
Das aufsehenerregende Ereignis des Markknochen-Verzehrs wird für die Nachwelt dokumentiert.