Egon baut ja seit Wochen seine schöne alte schlampige Schrauberhalle um in einen High-Tech-Biker-Tempel. Dabei hat er in den letzten Tagen ein paar größere Teile gefunden, die zu meinem Fundus gehören, in meiner kleinen Werkstatt aber keinen Platz haben. Beschließe also, eine Seitenwagenladung solcher Teile am Sonntag morgen in Hermanns Scheune im Ebsdorfergrund zu transportieren. Will schön früh starten und danach noch ein paar Kilometer im Marburger Umland abreißen. Es kommt aber ein wenig anders und aus 25 werden 150 km.
Sonntagmorgen 9:30 in einer Vogelsberger Großgemeinde bollert nach dem 3. Tritt ein mittelgroßer Zweitakter auf. Wie immer startet mein Eisenschwein absolut zuverlässig. Entgegen meiner Planung ist es jedoch nicht 8:00 sondern wie vorab erwähnt bereits 9:30. Es ist grau – das ist ja noch OK – aber dazu ist es bitter kalt. Gefühlt maximal 2 Grad! Zusammen mit dem böigen Wind ergibt das ein recht unfreundliches Wetter und erklärt, warum ich um 8:00 das warme Bett auf keinen Fall verlassen konnte.
So richtig gut fühle ich mich auch nicht, irgendwie friere ich ständig und hab das unerfreuliche Gefühl einer herannahenden Erkältung. Mist, aber manchmal hilft ja Motorradfahren prophylaktisch dagegen.
Nehme also erst mal Kurs Richtung Ebsdorfergrund und dort ein paar MZ-Teile untergebracht. Und dann östlich um Marburg zirkeln. Abwarten, wie sich die Kälte entwickelt.
An der Grenze zum Ebsdorfergrund gibt es einen Stopp kurz vor Wermertshausen. Noch 5 km und ich habe die Scheune erreicht. Dort werden der SE-Kotflügel, ES-Auspuffanlagen und diverse andere Teile dann zwischen- (oder end-) gelagert. Für einen Besuch von W650-Fahrer Martin, der in Wermertshausen lebt, ist es aber noch zu früh. Vielleicht beim nächsten mal.
Länger als nötig halte ich mich heute nicht bei meinen ausgelagerten Krädern aus - es ist einfach zu unfreundlich kalt. Es zieht und pfeift auf dem Gehöft und ich ziehe schnell weiter in Richtung Marburg. Hier in Moischt hab ich vor fast 30 Jahren einen Schäferhund-Collie Mischlingswelpen geholt. Elmo war ein klasse Hund, ist aber natürlich längst im Hundehimmel und wartet an der Regenbogenbrücke auf mich.
Über Schröck und Grosseelheim komme ich zum Staudamm der Ohm bei Schönbach. Bei uns hinterm Haus ist die Ohm noch ein kleines Flüsschen, aber hier macht sie schon einen richtigen Fluss-Eindruck.
Auf einem grossen Pferdehof am Ortseingang von Schönbach werden offensichtlich diese netten Ponies gezüchtet. Im Gegensatz zu mir macht denen die Kälte nichts aus.
Nun gehts auf Himmelsberg zu und hier verlasse ich den Asphalt der Straßen für ein paar Kilometer. Die Verbotsschilder werden geflissentlich ignoriert. So komme ich nach Rauschenberg.
Das Rauschenberger Zentrum ist gesperrt und so gehts direkt weiter in Richtung Kirchhain. Kurz vorher schaue ich mir aber mal das hochmoderne Wasserwerk Wohratal an.
Bis Amöneburg bleibe ich auf der Bundesstrasse, um dann in den schönen Ort einzubiegen. Das Zentrum im Hintergrund liegt auf der Spitze des Berges, aber die steile Auffahrt tue ich dem Eisenschwein heute nicht an.
Dafür ein Blick auf die Brücker-Mühle, ein idyllisches Anwesen mit hohem historischen Hintergrund. Nach Klick auf das Bild ist der Text gut lesbar. Und wieder ein Beweis dafür, dass MZ-fahren bildet.
Das Restaurant in der Mühle ist sicher auch mal einen Besuch wert. Werde es Jürgen und Egon mal vorschlagen. An einem warmen Frühlingstag beim Rauschen der Ohm ein fettes Stück Mohnkuchen vertilgen und einen schönen Kaffee dazu - das lockt.
Heute jedoch frierts mich auch an der Brücker-Mühle, obwohl jetzt mal für eine halbe Stunde die Sonne heraus kommt. Reicht aber nicht zum warm werden. Und etwas später, im Wald von Maulbach, wirds plötzlich nochmal richtig kalt. Brrr!
Und noch etwas für die Bildung bietet die Brücker-Mühle: Erläuterungen zu den Vögeln im Umfeld der Ohm. Seltsamerweise muss ich an ganz andere Dinge denken - vor allem, als eine schicke Joggerin direkt an mir vorbei zieht. Aber lassen wir das lieber ...
Und zurück im heimischen Vogelsberg. Weil ich beim Tanken unaufmerksam bin und den Bottich zu voll mache, muss ich noch ein paar km Umweg fahren und den Sprit verbrauchen. Eine Gelegenheit, in Kirschgarten anzuhalten und eines der grünen Schilder abzulichten, die seit ein paar Wochen überall aufgestellt wurden.
Darum gehts: Ankauf von Altgold. Die Wirtschaftskrise ruft die Aasgeier auf den Plan und ich habe das Gefühl, mich in den 30er oder 50er Jahren zu befinden. Apokalyptische Endvisionen erscheinen vor meinem geistigen Auge und ich sehe gierige Aufkäufer der verarmten Landbevölkerung das Zahngold aus dem Munde reißen.
Zurück in Mücke an Egons Schrauberhalle treffe ich auf Besuch vom Grünberger AMC: Andreas ist zum Plausch gekommen, diesmal nicht mit dem ETZ-Gespann sondern mit seiner Dnepr. Ich mag diese Russen ja und bin seit ein paar Tagen in Verhandlung mit meinem Kollegen Eckhard. Der hat ein Dnepr-Gespann mit BMW R60-Motor zu verkaufen. Soll ich oder soll ich nicht?