Und so verlief meine erste Fahrt mit dem Eisenschwein

In den letzten Tagen habe ich versucht, alle noch offenen Arbeiten an meiner ES fertig zu stellen – nach bestem Wissen und Gewissen. Hab einen neuen Gaszug verbaut, jetzt passt auch das Standgas. Dann musste der Hauptständer vernünftig befestigt werden – erledigt. Der Superelastik bekam eine Abdeckplane, die VA-Halterung für die 36 AH Batterie im Kofferraum ist ebenfalls fertig. Am 19.6. hatte ich mir einen freien Tag genommen (brauchte ich nach dem Wochenende mit der Deutschen Meisterschaft Dienstpistolen in Warendorf). Hab mir kurz entschlossen ein Überführungs-Kennzeichen geholt und einen TÜV-Termin für den kommenden Mittwoch (übermorgen) ausgemacht. Noch schnell eine VA-Halterung für das Kennzeichen gebaut und dann das Nummernschild angeschraubt. Jetzt durfte ich endlich offiziell fahren.

Zuerst eine winzige Fahrt zum Eisenwarenhändler, um einen Kerzenschlüssel und ein Messgefäss für das Benzin-Öl-Gemisch zu kaufen. Dann wieder zurück in die heimische Werkstatt und ein kleines Bündel mit Bordwerkzeug geschnürt. Diese kleine Fahrt durch unser Örtchen klappte schon ganz gut – man bedenke meine über 20jährige Gespannabstinenz. Ach ja, das Eisenschwein sprang übrigends mit dem 2. Kick an.
OK, jetzt in die alte Belstaffjacke geschlüpft und ab zur Tankstelle. Dort mischte ich mir im neu erworbenen Mischkännchen mit dem Zweitaktöl aus mneinen Kofferraum und 10 l Sprit eine perfekte 1:33 Mischung. Durch diese Aktion hielt ich den Betrieb an der Tanke ganz schön auf – war mir aber wurscht, und ich hatte einige ältere Autofahrer als interessierte Zuschauer. Kam mir vor wie 1966!

Jetzt mit knallvollem Tank auf die erste 10 km Tour mit dem Eisenschwein. Bereits nach wenigen Kilometern kam das alte, verloren geglaubte Gespanngefühl wieder. Ich hatte einen Mordsspass, und die ES lief auch wirklich ordentlich. Eigentlich gar nicht so wackelig, wie es mir auf den ersten (schwarzen) Test-Metern erschien. Gut, ich wurde von allen Verkehrsteilnehmern überholt, aber ist das wirklich schlimm? Mir war’s jedenfalls egal!
Dann fielen mir so langsam ein paar Geräusche auf. Ein aufdringliches Sirren aus dem Lampenbereich. Schnell geortet: Die Chromabdeckung des Zündschlosses war nicht ganz fest und schepperte – reiner Schönheitsfehler. Dann ein Heulen aus dem Getriebe in jedem Gang ab einer bestimmten Drehzahl. Mhmm, muss ich beobachten. Das Getriebe ist ohnehin nicht die reine Freude, aber nach kurzer Zeit konnte ich doch fast geräuschlos schalten. Und das war’s auch schon an Besonderheiten auf dieser ersten Fahrt. Es sind auch wesentlich mehr als 10 km geworden. Jedenfalls hatte ich einen Mordsspass an meiner wiederentdeckten Langsamkeit. Der Spruch „ES plus SE = gemütlicher Fahrpass“ passt jedenfalls wie die Faust aufs Auge. Und zur Beruhigung habe ich ja noch einen komplett neu gemachten Motor in der Werkstatt liegen.

Fertig und bereit für die erste Tour steht mein Eisenschwein im Garten meines Hauses (ehemaliges Backhaus). Schon seit vielen Jahren stelle ich mir ein gelungenes Bild eines schönen Motorrades vor einem passenden Haus vor - aber ich krieg dieses Bild in der Realität einfach nicht - auch diesmal wieder nicht. Die Atmosphäre stimmt einfach nicht. Befürchte, ich werde nie ein guter Fotograf.

Erster kurzer Halt beim Wasserwerk zwischen Bernsfeld und Burggemünden. Eine schöne Ecke, die ein eindrucksvolles Kurvengeschlängel einleitet. So langsam wie heute mit dem ES-Gespann bin ich diese Strecke noch nie gefahren!

Von diesen asphaltierten Feldwegen gibt es im Vogelsberg jede Menge - da kann man von Ort zu Ort fahren, ohne eine einzige richtige Strasse zu benutzen. Kann mi gut vorstellen, solche Strecken mit dem Eisenschwein öfter zu benutzen. hab ich vor 25 Jahren mit meinen Maicos ganz ähnlich gemacht. Motorradwandern pur!

Nach der ersten Tour zurück im heimischen Garten. Die gute ES hat die ersten Kilometer ohne Panne und ohne Zicken absolviert - und das hatte ich so nicht unbedingt erwartet. Und die Fahrt zum TÜV in 2 Tagen werde ich auch selber machen. Im Vorfeld waren da nämlich durchaus einige Ängste, ob ich überhaupt noch Gespann fahren kann. Jetzt glaube ich, dass ich die Fuhre sehr wohl nach Grünberg aufs TÜV-Gelände treiben kann. Muss ja keine Geschwindigkeitsrekorde brechen. Nach dieser ersten Fahrt habe ich mir noch einen kleinen Traum verwirklicht: Hab meine Schiesstasche mit 2 Pistolen und einem Revolver gepackt und in den Seitenwagen gestellt. Und dann ab mit dem Gespann ins Schützenhaus und dort 3 komplette Programme für DP1, DP2 und DR1 geschossen. Und das wesentlich bessser als am Tag zuvor auf der Deutschen Meisterschaft in Warendorf. Ob's am Eisenschwein lag? Nach dem Schiessen gings natürlich auch nicht auf dem direkten Weg nach Hause - da wurde noch eine kleine 15 km-Tour daraus.