Am Samstag abend plane ich eine kleine Sonntagstour. Zuerst denke ich an Suhl, um mal in Ruhe das Museum zu besuchen. Aber der Gedanke an die berüchtigten thüringischen Umleitungen lässt mich davon abkommen. Dann fällt mir wieder meine Fahrt nach Montabaur ein und die Burg Greifenstein. Die werde ich besichtigen und dabei versuchen, auf dem Weg dahin so viele Burgen wie möglich zu sammeln. Kurz: Ich plane einen Kulturtrip: Burgen und Schlösser.
Das Wetter soll heute extrem schön werden. Diese Tatsache in Verbindung mit meiner Route Lahn-Dill-Kreis und Westerwald, lässt mich furchtbare Menschenmassen befürchten. Deshalb soll es früh losgehen, damit wenigstens die ersten Stunden etwas ruhiger sind. Klappt auch gut, um 8:10 brummt der Rotax und wir rollen knirschenden Reifens über den Schotterweg aus dem Hof hinaus. Ein kühler und zunächst klarer Morgen empfängt uns. War gut, dass ich die dickeren Handschuhe genommen habe. Flott und völlig allein durchfahre ich die Rabenau und bin noch vor 9:00 an meinem ersten Etappenziel.
Und das ist Burg Staufenberg, nur rund 30 km entfernt. Dennoch kenne ich die Burg kaum. Heute fahre ich einfach in den Burghof hinein, alle Schilder missachtend. Ein paar Gestalten laufen dort schon herum, aber niemand kümmert sich um mich. Auffällig: Etliche seltsame Holzschilder, die in allen Ecken herumstehen.
Burg Staufenberg ist nicht riesig, hat aber diesen netten Turm und ist umgeben von Fachwerkhäusern, die wie Schwalbennester an der Burgmauer kleben.
Jetzt sehe ich auch den Grund für die seltsamen Holzschilder: Da werden Zelte und Buden für ein mittelalterliches Spektakulum aufgebaut, der erste Ritter wühlt schon in der Mülltonne. Schnell weiter, bevor das Spektakulum beginnt.
Jetzt wird Krofdorf-Gleiberg mit Burg Gleiberg avisiert. Hier mein Gespann vor einem Busch mit roten Ginsterbeeren. So etwas würde ich ohne die Pinkelpausen auf meinen Fahrten überhaupt nicht wahrnehmen. Wie schon auf der Fahrt nach Montabaur liegt die Strecke zwischen Wissmar und Wettenberg in dichtem Nebel, der sich aber jetzt auflöst.
Burg Gleiberg liegt noch höher als Staufenberg. Auch hier durchfahre ich alle offenen Tore und dieses Verhalten bewährt sich heute überall. Ab in den Burghof.
Nicht nur höher gelegen, auch deutlich grösser ist der Burghof in Krofdorf-Gleiberg. Die Sonne kommt jetzt gewaltig und legt die Gemäuer in gleissendes Licht - sieht grandios aus!
Treppauf - treppab, hier kannst Du ordentlich Meter machen, aber es lohnt sich.
Restaurant und Bierzelt deuten darauf hin, dass die Betreiber heute viele Gäste erwarten.
Jetzt auf den höchsten Punkt und die Aussicht über das Gleiberger Land geniessen.
Und die ist trotz leichter Diesigkeit fantastisch! Direkter Blick auf die Nachbarburg Vetzberg, die ich deshalb nicht gesondert anfahren werde - vielleicht beim nächsten mal. Etwas weiter rechts der Dünsberg mit der Keltensiedlung und dem markanten Funkturm, und ansonsten jede Menge Wald. Klasse Gegend!
Weiter gehts, jetzt tief in den Lahn-Dill-Kreis, der hier besonders schön ist. Vor Ehringshausen (bekannt von der Autobahnabfahrt auf der A45) komme ich durch diesen Ort. Das Bild ist speziell einem MZ OT Partisanen gewidmet, der ein bestimmtes Kölner Getränk zu einem Lebensinhalt gemacht hat. Prost!
Hinter Katzenfurt biege ich rechts ab in Richtung Greifenstein und Greifenthal. Schraube mich durch eine wunderbare Waldgegend hoch bis Greifenstein und blicke hier in Richtung Nordwesten auf riesige Wälder.
Die Burg Greifenstein erhebt sich gewaltig über dem kleinen Ort und scheint der zentrale Punkt dieser Gegend zu sein. Das ist eine Burg nach meinem Geschmack: Schon der Name: "Greifenstein". Nicht diese tuntigen Schlösschen und Spieltürmchen, nein, das ist eine echte Burg. Waren bestimmt mal Raubritter drin.
Am Hinweisschild auf die Burgruine und den Fröderkreis parke ich das Gespann und gehe die letzten Meter den Berg hinauf.
Diese Türme, der blanke Wahnsinn.
Wie eine Ruine sieht Greifenstein wahrhaftig nicht aus.
Die Besichtigung kostet lausige 3 Euro Eintritt, damit wird der Erhalt der Burg gefördert. Diese Burg ist jeden Cent wert. Als erstes ein Blick auf das Gefängnis mit Folterkammer.
Eine eigene Glockengiesserei hat Greifenstein auch.
Diese Kanone neben der Glockengiesserei ist äusserst verdächtig. Wahrscheinlich haben die von und zu Greifensteins heimlich Kanonen gegossen und damit durch die Gegend geballert. War ja damals auch nötig.
Das gepflegte Restaurant in der Burg bietet Drachenwurst und Ritterknochen. Hab aber nix gegessen, es ist noch zu früh für mich.
Trotz Beschilderung und Rundgang-Hinweisen kannst Du dich auf der Burg leicht verlaufen. Aber Achtung: Manche Türen und Tore werden um 18:00 geschlossen und verriegelt. Dann bist Du nachts allein mit den Geistern der Ritter und Burgfrauen.
Ganz schön alt, die Türmem auf Greyfenstein. Diese Schreibweise dürfte einigen Russentreibern gut gefallen.
Wahre Worte, die dieser Pranger uns erzählt: "Blick erst auf dich, dann richte mich". Sollte man sich ab und zu mal vor Augen halten - und zwar jeder von uns.
Jetzt zurück zum Gespann, dass ich am "Drachen" geparkt habe. Jeder Teil der Burg hat einen historischen Namen, und hier ist der "Drache". Warum weiss ich allerdings nicht. Vielleicht wegen der zugemauerten Höhle?
Von Greifenstein fahre ich nach Beilstein. Glaube, dort beim letzten mal eine Burg gesehen zu haben. Ist aber nur ein ehemaliges Schlösschen, das später als Amtshaus genutzt wurde. Nett, aber keine Burg.
Nun nach Mengerskirchen und von dort nach Merenberg. Unterwegs dieser hübsche See. In Merenberg finde ich zwar keine Burg, aber einen historischen Ortskern, der mich mit seinen Wachtürmen, Mauern und Fachwerkhäusern unwahrscheinlich an das "Alte Dorf" in Westerholt erinnert. Also so was von Ähnlichkeit.
Mein nächstes Ziel ist Braunfels. Nehme für ein paar Kilometer sogar die schreckliche B49 - und glaubt mir, die ist zwischen Merenberg und Braunfels besonders grausam. Dafür entschädigen die waldreichen Kurven nach Braunfels hinauf.
Die Stadt Braunfels wirkt auf mich wie ein Kurort, überall Kliniken, aber auch Immobilienhinweise auf Häuser, die zu verkaufen sind. Sehr auffällig, und das deckt sich mit den vielen Verkaufanzeigen in unserer Tageszeitung. Braunfels vor dem Ausverkauf? Kaum, ist doch eigentlich eine schöne Stadt. Und die vielen Kliniken und Arztpraxen haben ihren Ursprung sicher im Kräutergarten des Otto von Brunfels.
Die Stadt Braunfels ist nett, die Burg Braunfels ist nett - trotzdem halte ich mich nicht lange auf und verschwinde wieder. Hier ist mir einfach viel zu viel Trubel. Etwas später kommen mir zwei MZ RT 125 entgegen - eine schwarze und eine dunkelrote. Begrüssen uns heftig winkend.
Auf der Weiterfahrt gerate ich auf die grausigen Strecken zwischen Wetzlar und Giessen - eine mittlere Katastrophe. Und ein Verkehr - Wahnsinn. BMW- und Audi-Fahrer schieben mich quasi vor sich her. Erst ab Dudenhofen fällt mir eine vernünftige Route ein. Hier raste ich an einer herrlichen Obstwiese nahe Kleinlinden. Fahre jetzt nach Grossenlinden in den Burger King und verdrücke einen gewaltigen Burger. Es ist mittlerweile 14:00 und die Mahlzeit ist dringend nötig.
Burger-gestärkt jetzt nach Lich und Reiskirchen. In Reiskirchen entdecke ich in diesem ehemaligen Holzladen einen BMW Oldiehändler. Drinnen etliche historische Kühe und 2 Steib Seitenwagen. Möchte nicht wissen, wie hier die Preise sind. Da fällt mir ein, dass mein alter Kumpel Spock sein R50/2 Gespann mit Jupiterboot verkaufen will. Soll aber um die 10.000 kosten. Aber BMW ist nicht meine Welt.
Crossroads zwischen Climbach und Allendorf. Der Leibhaftige taucht jedoch nicht auf, um mir im Tausch gegen meine Seele alle Motorradfreuden dieser Welt anzubieten. Ob ich angenommen hätte? Hmmh ....
Letzte Burg für heute ist Burg Nordeck - Internat und Schullandheim. Hier schicken Geldmöpse aus ganz Europa ihren Nachwuchs hin. Hab die Burg trotz ihrer Nähe bisher nie besucht.
Schicke Wendeltreppe zu den Zimmern in diesem Gebäude.
Putziger Innenhof - verglichen mit Greyfenstein. Aber hat auch seinen Reiz.
Burgmauer und Turm von Burg Nordeck sind durchaus imposant.
Wie jede vernünftige Burg auch hier eine eigene Kapelle. Die Kirche war schon immer sehr präsent.
Beim Abfahren verliere ich noch meine angeklettete kleine Uhr - Mist. Muss sofort eine neue bestellen, hab mich an die Zeit vor Augen gewöhnt. Jetzt noch die letzten km nach Hause und den historisch angehauchten Taq Revue passieren lassen. War mal was anderes für mich und die Aktion lässt Raum für Wiederholungen. Habe schliesslich etliche Burgen auf dem Weg ausgelassen: Burg Vetzberg, die Moritzburg, Burg Hohensolms - um nur einige zu nennen. Da geht also noch was.