Durch meine unkoordinierten Zündungs- und Vergaserarbeiten an der Bullet bin ich seit Wochen nicht zum Fahren gekommen – und das Bollern und Scheppern fehlt schon sehr. In den letzten Tagen habe ich diverse Einstellungen quasi statisch und ohne echten Fahrtest durchgeführt. Aber heute werde ich die Enfield mal wieder auf die Strasse bringen, soviel steht fest. Allerdings komme ich erst kurz vor Mittag los und dann bollern wir ab, aber eigentlich nur auf eine winzige Probefahrt.
Würde gern recht früh eine kleine 10 km Probefahrt mit der Enfield machen um zu sehen, wie sich die Boyer Bransden Zündung und der OKO-Vergaser im Praxistest verhalten. Aber um 8:00 regnet es und so gehe ich erstmal ein wenig in die Werkstatt, um zu arbeiten. Gegen 11:00 bin ich fertig und der Regen hat aufgehört. Zwar sind die Strassen noch nass, aber das nehme ich in Kauf. Kalt kommt die gute Enfield mit gezogenem Choke auf den ersten Kick – fängt also gut an. Als ich aber nach kurzer Zeit den Choke wieder herausnehmen möchte, muss ich dafür anhalten – sonst komme ich an den Hebel direkt am Vergaser nicht heran. Das ist also eine der nächsten Umbauten: Den Choke auf Seilzubetätigung umzurüsten.
Ich fahre den Motor langsam warm und drehe dann etwas mehr am Griff. Die Maschine geht recht ordentlich, gefühlt scheint mir der Antrieb kräftiger geworden zu sein. Aber die Übergänge beim Gasgeben und Gaswegnehmen gefallen mir nicht so richtig. Nach 20 km wird angehalten und ein Blick auf die Kerze geworfen. Sieht gut aus - fast rehbraun.
Nach dem Kerzencheck springt der Motor auch sofort wieder an. Weil die Kerze insgesamt ganz gut ausschaut und auch das Motorverhalten passabel ist, beschliesse ich, die 10 km Testfahrt noch etwas auszudehnen. Bin jetzt im Kirtorfer Wald und nehme mir als nächstes Ziel den dunkelen See dort vor.
Jetzt fällt mir auf, wie unglaublich schön das Wetter geworden ist. Zwar ist der Asphalt in den Waldstücken nach wie vor nass, aber ausserhalb der Wälder ist die Strasse trocken. Die Sonne scheint mit voller Oktoberkraft und so erlebe ich heute den schönsten Tag des gesamten Oktobers 2010. Hier am dunkelen See halte ich mich nicht lange auf - ich will fahren und den bollernden Motor unter mir hören und fühlen.
Ich umkreise das Antrifttal einmal komplett und befahre auf dem Rückweg die alte Garnisonsstrasse bei Gleimenheim. Auffällig, wie schnell die Bullet heute auf 100, 110 und 120 km/h kommt. Die schlechten Gasübergänge bleiben aber und werden mit zunehmender Motortemperatur eher noch ein wenig stärker.
Was ich gegen die schlechten Übergänge tun soll, weiss ich aber noch nicht. Dazu werde ich heute abend den Hertweck studieren. Im Moment geniesse ich einfach diese Fahrt. Weiter gehts nun durch das Homberger Umland.
Hier halte ich zu gerne an: Die schöne, von Hecken eingefasste Zufahrt zur Tierversuchsanstalt Neuullrichstein.
In Schweinsberg steht heute eine alte Kutsche an diesem romantischen Fachwerkhaus. Das verlangt geradezu nach einem Gruppenfoto: Königliche Fahrzeuge unter sich.
An der einsamen Feldstallung bei Deckenbach macht sich die Bullet auch ganz gut. Bisher ist die Maschine nach jedem Stop sofort wieder angesprungen und es gab keine Rückzündungen und kein Patschen. Hatte ich ehrlich gesagt anders erwartet.
Ich kann nicht aufhören zu fahren und lasse mich jetzt durch den Ebsdorfergrund treiben. Nahe Dreihausen stoppe ich an diesem (kaum sichtbaren) alten Industriebau, den ich unbewohnt und leer wähne. Aber das ist falsch! Kaum stehe ich dort, taucht am Tor ein Riesentrupp Hunde auf - alles Cockerspaniel, und mindestens 20 Stück. Deren durchdringenden Gebell halte ich nicht lange stand. Also weiter.
Mittlerweile bin ich 100 km gefahren und ich halte allmählich wieder auf Mücke zu. Aber dann passiert es zweimal: Die Maschine stottert und stockt furchtbar, nur bei Standgas läuft der Motor noch rund. Ich halte an und suche nach der Ursache - und kann nichts finden. Nach kurzem Halt springt der Motor wieder an und läuft wie gewohnt - und das passiert zwei mal. Klingt nach fehlendem Sprit oder Abmagerung. Aber OK: Die Abstimmung des OKO ist sowieso noch nicht abgeschlossen. Aber die Enfield fährt und hat mir heute herrliche Stunden und Eindrücke beschert.