Wenngleich dieser Winter nicht besonders hart und kalt war, so gab es dennoch wenig Gelegenheiten für eine kleine Motorradrunde. In den vergangenen Jahren war es meist schon im Januar oder Februar möglich, einen schönen trockenen und nicht allzu kalten Tag zu nutzen. Aber dieses Jahr war’s nichts damit, und so kommt es, dass ich 2016 erst heute, also am 2. April, die erste Motorradfahrt des Jahres starten kann. Die kleine Rollertour im März blende ich jetzt mal aus – die zählt irgendwie nicht richtig.
Nachdem es gestern Morgen noch mal eine kurze Schneeeinlage gab, werden heute Temperaturen bis an die 20°C erwartet – und dass selbst im Vogelsberg. Die Sporty scharrt eindeutig schon mit den neuen Heidenau-Pneus und auch ich kann jetzt nicht länger warten: Um 13:00 schiebe ich die Harley aus der Scheune.
Das Wetter ist ein Traum, und ich hätte mich gar nicht so dick anziehen müssen. Der V-Twin bollert herrlich vor sich hin und nach kurzer Zeit bin ich der zufriedenste Mensch am Rande des Vogelsberges. Die Fahrt führt mich durchs Feldatal und den Kirtorfer Wald, wo ich nach 30 Meilen einen kleinen Stopp einlege.
Grund dafür ist, dass ich überprüfen möchte, wie der Cobrra Nemo2 Kettenöler seinen Job verrichtet.
Hier muss ich noch eine 90°-Drehung dazu geben, damit der Druck ausreicht, das Öl auf die Kette zu bringen.
Das erste reale Ziel heute ist das Seehotel am Antrifttal-Stausee. Hatte gelesen, dass diese wunderbare Lokal geschlossen wurde, und das werde ich jetzt und hier überprüfen.
Und tatsächlich: Alles dicht. Später zu Hause finde ich auch bei Facebook die Bestätigung: Seit dem 1.1.2016 bleibt das Hotel bis auf weiteres geschlossen. Schade, sehr schade, denn hier habe ich so manchen Kaffee geschlürft.
Nun durchquere ich das gesamte Antrifttal und halte mich ab Kirtorf in Richtung Schweinsberg. Am Gleenbach unweit von Niederklein werfe ich einen weiteren prüfenden Blick auf meinen Nemo-Kettenöler. Der schmiert jetzt sehr schön, ohne dabei die Felge allzu sehr zu versauen.
Aber dann wird der Boxenstopp doch etwas länger, denn ich entdecke eine Schlamperei meinerseits: Hatte die Düse des Kettenölers doch tatsächlich nur mit einem einzigen Kabelbinder an der Schwinge befestigt. Das hält zwar, aber so konnte die Düse sich natürlich verdrehen – was sie auch getan hat. Aber kein Problem: Kabelbinder aus der Werkzeugtasche genommen und jetzt ist die Düse vernünftig befestigt. Kleiner Schönheitsfehler dabei: Die Kabelbinder sind blau – und das kann ich dann auf Dauer so nicht lassen. Und schon kanns weitergehen.
Bei Schweinsberg möchte ich mir eigentlich mal den Schießbetrieb auf dem Gelände der Bogenschützen ansehen. Aber da ist leider niemand und so biege ich ab auf die winzige Straße, die mich direkt an der Ohm entlang führt und auf der ich vollkommen allein bin.
Hier ist die Ohm schon ein richtiges kleines Flüsschen geworden.
Und so fahre ich zwischen Ohm und Schweinsberg in Richtung der Wehranlage, wobei das Schweinsberger Schloß immer in Sichtweite ist.
Auf den ersten Blick ist die Anlage ein kompliziertes Gebilde aus etlichen Wehren, aber wenn man sich das in Ruhe anschaut, ist die Funktion sonnenklar.
Die Sache funktioniert so: Die Ohm kommt von Ulrichstein über Mücke und Homberg hier bei Schweinsberg an. An dieser Stelle hat man dem Flüsschen aber ein zweites Bett gegraben, und zwar den vorderen Verlauf.
Das hier ist das natürliche Bett der Ohm und sie folgt brav ihrem Lauf, kann jedoch auch hier gestaut werden.
Führt die Ohm aber gefährliches Hochwasser, dann werden die Wehre im Seitenarm geöffnet und ein großer Teil des Wassers fliesst in die großen Wiesen in den Ebenen vor Amöneburg und Kirchhain. Heute sind diese Wehre aber geschlossen.
Seit es diese Anlage gibt, ist die Ohm auch bei Hochwasser nicht mehr über ihre Ufer getreten. Früher jedoch hat sie beispielsweise in Nieder-Ohmen böse Überschwemmungen verursacht und große Schäden angerichtet. In der Untergasse, wo wir ja gewohnt haben, standen vor ca. 30 Jahren das letzte mal etliche Erdgeschosse unter Wasser. Das ist aber vorbei.
Mit einem Blick auf die Misteln in den Bäumen verlasse ich diesen angenehmen Ort und fahre nun in Richtung Amöneburg.
Bei genauem Hinsehen sind hier die Auslaufflächen für die Ohm zu erkennen.
In Schweinsberg, Amöneburg, Rauischholzhausen und Wittelsberge verzichte ich heute auf den Anblick von Schlössern und Kirchen und durchfahre statt dessen in einem Rutsch den Ebsdorfergrund. Erst bei Reiskirchen gönne ich der Sporty und mir eine kleine Rast.
In Fernwald habe ich den Auftrag, nach einem bestimmten Restaurant zu schauen – kein Problem, ist schon erledigt. Dann entdecke ich noch schnell zwischen Fernwald und Lich, dass auch am Rande des Vogelsberges die Baumblüte beginnt. durchfahre das beschauliche Dreieck Reiskirchen-Grünberg-Lich und beende nach exakt 100 Meilen meine Jahresanfangsfahrt 2016. Aber das war auch wirklich nötig und wie anfangs erwähnt, längst überfällig. Und morgen soll es ja ganz ähnliches Wetter geben …..