Das Rheintal, Rheinhessen, Hessen, Hunsrück, Soonwald – alles Begriffe, die ich zwar kenne, aber bisher nicht so richtig zusammen bringen kann. Das soll durch eine kleine Motorradfahrt durch das Rheintal anders werden, und gleichzeitig ist diese Fahrt ein letzter Test für den Besuch im Eichsfeld in der kommenden Woche. Schließlich müssen wir doch vorab klären, ob Suse, Reinhard und ich auch fahrtechnisch harmonieren.
Heute treffen wir uns um 8:30 zum zweiten Frühstück in Ilsdorf und spätestens um 9:00 soll es losgehen – dass es dann doch 9:30 wird, hat aber nachvolllziehbare Ursachen.
Vor dem zweiten Frühstück fahre ich noch schnell in den Nieder-Ohmener Netto-Markt und kaufe einen 7″ Tablet-PC, den es ab heute dort für 79 € gibt. Darauf wollen wir die heutige Route als Bilddatei packen und das Tablet dann unterwegs als Kartenersatz nutzen. Ist auch erst einmal ein Test.
Um 9:00 ist es noch angenehm warm, aber es soll ja heute ein höllenheisser Tag werden. Wie recht die Wetterfrösche damit haben, werden wir schon bald spüren. Aber die ersten Kilometer sind prima.
Meine persönlichen Erfahrungen mit dem Rheintal beschränken sich auf einen Besuch in Rüdesheim vor vielen Jahren, wobei ich den kitschigen Weintourismus damals eher abschreckend fand – allerdings habe ich die Landschaft dabei nicht berücksichtigt.
Nur leicht verspätet starten wir die britischen Quarterhorses, die frisch geölt und betankt schon mit den Hufen scharren.
Wie angekündigt fordert der Kaffee des zweiten Frühstücks seinen Tribut durch mehrfache Pinkelpausen. Und weil wir ständig irgendwelche Flüssigkeiten nachkippen, bleiben uns diese Pausen auch den gesamten Tag erhalten. Diese erste Pause ist noch im Taunus notwendig und hier fallen auch die ersten Bekleidungsteile. Es wird wärmer!
Habe ich schon erwähnt, dass die Pinkelpausen-Intervalle heute recht häufig sind? Hier haben wir eine am Südrand des Taunus und gleichzeitig haben wir ein wenig den Überblick im Bereich von Schlangenbad und Bad Schwallbach verloren – aber nur ganz kurz.
Wir sind wieder auf Kurs.
Endlich haben wir bei Eltville den Rhein erreicht und nehmen bereits bei Rüdesheim die Fähre, um auf der anderen Seite des Rheins weiter zu fahren. Die Überfahrten mit der Fähre, so kurz sie auch sind, bereiten mir von jeher großes Vergnügen. Ach ja: Die Strecke zwischen Eltville und Rüdesheim am Rhein entlang war schon recht nett. Nur den versprochen Mäuseturm bekomme ich dann doch nicht geboten.
In Rüdesheim ist quasi jeder Vorgarten ein kleiner Weinberg und die Hänge sind fest in der Hand der Weinbauern.
Das gesamte Rheintal ist ausgesprochen geschichtsträchtig, wovon überall Burgen, Schlösser, Klöster, Kirchen oder Mautstationen künden. Alles ist voller Fotomotive und ich komme mit dem Fotografieren nicht mehr nach.
Auch meine beiden Reisebegleiter erfreuen sich an der kurzen Rheinüberquerung.
Noch auf dem Schiff bekomme ich von Suse einen Crashkurs in Sachen Bandana – die erste Unterweisung vor etlichen Wochen hat nicht gereicht. Aber jetzt sitzt das!
Nun folgt eine längere Fahrt auf der anderen Rheinseite – sehr schön zu fahren und voll gepackt mit feinsten Motiven. Nur gibt es ganz wenig Orte, wo Du vernünftig anhalten kannst. Irgendwo vor St. Goar laufen wir quasi in letzter Sekunde ein Restaurant mit Rheinterassen an, dass noch eine halbe Stunde geöffnet hat.
Beim Parken der Britbikes hält ein PKW und ein Mann spricht uns wegen der drei Thunderbirds an. Er hat das gleiche Motorrad in der Garage stehen und freut sich, mal drei davon zusammen zu sehen – kommt ja auch nicht allzu oft vor. Wir sind uns einig, dass die Thunderbird „ein einwandfreies Motorrad“ ist. Nett!
Das Warten auf unsere Mahlzeit vergeht wie im Fluge mit der Betrachtung der beiden Seiten des Rheintals und mit Reinhards Erläuterungen dazu. Schön, wenn man auf einen native scout zurückgreifen kann.
Ohne jede Absprache wählen wir alle drei den frischen Salat und nehmen dazu reichlich Getränke zu uns. Lecker! Und ja, mittlerweile ist es nicht mehr warm, sondern glühend heiß. Die afrikanische Hitze strömt in großen Mengen ungehindert nach Deutschland, und wir kriegen sie voll ab.
Es geht weiter durch das Rheintal und immer schön am Wasser entlang. Normalerweise hätte ich hier im Minutentakt anhalten können, aber die Möglichkeiten dazu sind nicht gut. Das schlimmste aber ist die Tatsache, dass ich an der Loreley vorbei brettere. Unverzeihlich, und die einzige Entschuldigung ist, dass ich ein Denkmal mit einer riesigen Frauenstatue mit langem, blondem Haar erwartet habe. Dafür halte ich an diesem Fleckchen, wo es auch einiges zu sehen gibt: Eine Schiefertafel, eine Burg, …..
…. eine Zollstation im Rhein, Weinberge auf der anderen Rheinseite, …..
und karge und weinlose Hänge am Hunsrückseitigen Ufer.
In St. Goar besteigen wir erneut die Fähre und lassen uns wieder auf die andere Seiten schippern.
Auch bei dieser kurzen Fahrt kommt die Kamera nicht zur Ruhe – überall springen mich die Fotomotive an.
So viele Schlösser und Burgen auf engem Raum dürfte es nicht oft geben.
Kurz nach dem Verlassen der Fähre ist der Rhein ruckzuck verschwunden und wir tauchen ins Binnenland ein. Anfangs ist die Route noch durch schattige Wälder recht angenehm, aber bald fahren wir durchs offene Land und, noch schlimmer, durch endlose Ortsdurchfahrten.
Geleitet von einer inneren Stimme führt uns Reinhard nun zur Hollermühle, einem idyllischen Plätzchen tief im Wald und abseits der Strasse. Hier fühlen wir uns auf Anhieb wohl.
Traumhaft schön, versteckt und ein absoluter Geheimtip ist diese Hollermühle. Schätze, hier waren wir nicht zum letzten mal.
Unterwegs irgendwo im Rhein-Lahn-Kreis, einer mir fremden Gegend zwischen Rheingau, Taunus und Westerwald.
Jetzt wird die Fahrt ein wenig unerfreulich: Endlose Ortsdurchfahrten bei Höllenglut sind nicht wirklich spaßig. Den Rest gibt uns die Fahrt mitten durch Limburg , was eigentlich so nicht geplant war und von der wir uns den ganzen Tag nicht mehr erholen. Puh!
Bei Braunfels sehen wir zwar die Feste hoch oben über der Stadt, aber wir wissen nicht recht, wie die Route weiter verlaufen soll. Der Entschluß, dann nach Ehringshausen weiter zu fahren, ist aber nicht so übel.
Dummerweise verheddern wir uns in Ehringshausen noch einmal, bis Suse die kleine Route in Richtung Hohensolms auf der Karte entdeckt. So fahren wir dann eine wirklich schöne Strecke über Oberlemp und Bermoll nach Frankenbach. Nur sind wir aber inzwischen dermaßen platt, dass wir weder Fahrt noch Landschaft genießen können. Statt dessen eiern wir wie ausgedörrte Zombies durch die Gegend und schaffen es mit letzter Kraft in die Flensunger Eisdiele.
Hier bringen uns Stratiatella-Becher, After-Eight-Becher, diverse Kaffesorten und große Wassergläser die Lebensgeister zurück. Die Kilometer im Rheintal und auch die Anfahrt durch den Taunus waren richtig klasse. Die Rückfahrten im Dunstkreis der Moloche Gießen und Wetzlar allerdings sind nervig, und das war bisher noch bei jeder Reise in dieser Gegend so. Da müssen wir ernsthaft nach Alternativen suchen.