Tolles Wetter am Freitag, noch tolleres am Samstag, da sollte doch der Sonntag auch noch passabel werden. Entschliesse mich dazu, ein Sonntags-Treff in Thüringen zu besuchen, von dem ich aus dem Russen-Forum gehört habe. Für die Fahrt habe ich ca. 2 Stunden einkalkuliert und so starte ich relativ früh, nämlich um kurz vor 9:00, auf die Emberg-Hütte bei Oberalba zum Osttbock-Sonntagstreff Thüringen/Hessen/Franken.
Oberalba liegt bei Dermbach, und um da hin zu kommen, muss ich zuerst den Vogelsberg komplett durchqueren: Vom westlichsten Zipfel Mücke in den östlichsten nach Schlitz. Dann soll es weiter über Hünfeld, Rasdorf und Geisa gehen, insgesamt so etwa 120 km. Als ich gegen 9:00 starte, regnet es doch wahrhaftig! Nicht schlimm, aber ständiges Gefissel. Egal, Regenklamotten sind im Boot und wenns nicht schlimmer wird, sollte die neue AJS-Jacke das schon aushalten. Wie üblich im Herbst liegt auch ordentlich Nebel über dem Vogelsberg, aber zu Glück habe mein Visier gestern mit Antibeschlag-Spray behandelt, und das Zeug wirkt tatsächlich. Nach etwa 40 km hört der Regen auch auf und es wird noch richtig angenehm.
So zeigt sich der Vogelsberg an diesem Sonntag Morgen: Verregnet und nebelig. Dennoch macht mir das Fahren grossen Spass und ich bewege das Gespann einfach (noch) etwas langsamer als sonst. Versuche dabei, meine theoretischen Gespannkenntnisse konsequent umzusetzen und bei diesem langsamen Tempo klappt das auch prima. Die AJS-Jacke und die Lederhose halten dicht, nur durch die Stiefel quetschen sich 2-3 dicke Tropfen. Aber bereits in Höhe Lauterbach hört der Regen komplett auf.
Bei Wallenrod entdecke ich diese gigantische Baustelle. Sieht aus, als würde da ein Atomkraftwerk von gewaltigen Ausmassen entstehen. Hab ja mal im Nachbarort gelebt und mache einen Stop an der Baustelle. Ein Securityman mit Schäferhund kommt an die Absperrung und wir quatschen ein wenig. Erfahre, dass hier ein Sägewerk gebaut wird - so gross, wie es der Vogelsberg noch nicht gesehen hat. Seit dem Sturm Kyrill vor 2 Jahren ist wohl mit Holz im Vogelsberg wieder ein Geschäft zu machen. Und immerhin entstehen neue Arbeitsplätze, und dass kann diese Region unbedingt gebrauchen.
Letzte Woche in "Wer wird Millionär" wurde die Frage nach diesem Bauwerk bei Fulda gestellt: Der höchsten Eisenbahnbrücke Europas. Der Kandidat hats nicht gewusst, aber ich kenne diese Riesenbrücke bei Michelsrombach natürlich.
Hünfeld wird schnell durchfahren und bei Rasdorf biege ich ab in Richtung Geisa. Hier sind überall die Point-Alpha Orte zu finden: Mahn- und Begegnungsstätten, die an die Deutsche Teilung erinnern. Ich empfehle jedem Besucher, diese Stätten zu besuchen.
Diese Strasse führt zu einer Point-Alpha-Stätte, einem amerikanischem Raketendepot. Das war typisch für solche Einrichtungen: Die Strassen dahin gesperrt, keinerlei Hinweisschilder und kilometerlange Zufahrtsstrecken. Und dann, tief im Wald, hermetisch abgeriegelte Waffendepots. Gut, dass dieser Bullshit vorbei ist!
Von Geisa gehts erstmal nach Bremen - so klein ist die Welt. Hier bin ich bereits im Biospärenreservat Rhön, einer Gegend von besonderer Schönheit.
Es ist jetzt kurz vor 11:00 und der Nebel beginnt, sich zu lichten. Bei einem kurzen Halt donnert hier eine Truppe Biker aus Celle vorbei, mindestens 25 Maschinen. Der übernächste Ort müsste eigentlich schon Oberalba sein.
Romantische Einfahrt in ein dichtes Waldstück. Die Strasse geht genau so weiter, wie man sich das bei diesem Bild vorstellt: Winzige Strasse in jämmerlichem Zustand durch eine herrliche Gegend: Wald, Berge, ein Flüsschen und nix los auf der Gasse. Allerdings ist die Strasse derart schlecht, dass die harten Hagon-Federbeine meiner Schwinge mir alle Plomben lockern.
Unglaublich: Angekommen auf der Emberg-Hütte treffe ich meinen alten Kollegen Horst mit Freundin Christiane und seinem Flying-Brick Gespann. Da sehe ich Horst 25 Jahre nicht, und dann innerhalb dieses Jahres bereits zum dritten mal. Die beiden haben eine Woche Urlaub in Oberhof hinter sich und sind jetzt auf der Rückfahrt.
Die Hütte auf dem Emberg wird vom Rhön-Wanderverein unterhalten. Von hier hast Du eine tolle Aussicht (wenn nicht gerade Nebel über der Rhön liegt) oder Du kannst wandern oder grillen oder dich einfach nur treffen. Und hier kommt jetzt auch die Sonne richtig durch.
Heute sind nur eine Handvoll Ostbockfahrer hier, aber das ist eine nette Truppe. Dabei auch der Initiator des Treffens, Paul, den ich bisher nur virtuell aus dem Ural-Dnepr-Forum kannte.
Und gleich zwei der schönen Seitenventiler, die ich so mag. Besonders die dunkele Maschine läuft herrlich ruhig und da ist kein mechanisches Geklapper zu hören. Das bringt mich dann wieder ins Grübeln, ob so ein SV-Russe nicht doch etwas für mich wäre.
Der Fahrer mag seine Maschine, den Drachen, offensichtlich.
Jetzt weiss ich zumndest ungefähr, wo ich mich hier befinde.
Wenn ich mir den Nebel und den diesigen Himmel wegdenke, sehe ich weite Teile der Rhön und des Thüringer Waldes. Es wird jetzt immer wärmer, die Sonne zeigt sich häufiger. Nach ein paar netten Gesprächen mache ich mich gegen 14:00 auf den Rückweg, den ich über Tann/Rhön und das Nüsttal antrete.
Jetzt bin ich bereits wieder in Schlitz und damit im Vogelsberg. Bei Zöller schaue ich mir die Schaufenster an. Neben Yamaha gibts hier seit neuem auch Suzuki, aber mit dieser Marke kann ich im Moment überhaupt nichts anfangen. Yamaha hat zumindest ein paar Modelle, die mir gefallen, insbesondere die MT-Typen.
Und jetzt wieder quer durch den Vogelsberg zurück. Je weiter ich westlich komme, umso ungemütlicher und kälter wird es. Da hat sich bei uns wohl den ganzen Tag nichts geändert. Wie gut, dass ich nach Thüringen gefahren bin! Nach 300 km schliesst sich so mein heutiger Kreis: Bei Mistwetter gestartet und bei Scheisswetter zurück gekommen. Aber dazwischen war's klasse!