Die letzte Gespannfahrt ist 14 Tage her – viel zu lange. Für den heutigen Samstag ist Bewölkung gemeldet und eher niedrige Temperaturen, und das bei einer Regenwahrscheinlichkeit von nur 13 %. Das ideale Wetter für mich, und ich beschliesse schon am Vortag, nach Wetzlar-Hermannstein zu fahren. Will mir das Hofgut ansehen, wo nächste Woche die deutsche Bluesgrösse Abi Wallenstein auftritt. Der Lahn-Dill-Kreis (LDK) ist für mich ein Gebiet voller weisser Flecken, da kenn ich fast gar nichts. Das soll aber ab jetzt anders werden.
Zu Wetzlar und dem Lahn-Dill-Kreis im allgemeinen habe ich bisher keine allzu gute Meinung. Wetzlar ist für mich der Moloch mit viel Industrie und voller Schnellstrassen. Und viel mehr kenn ich nicht aus LDK. Aber seit heute weiss ich es besser: Wetzlar ist eine extrem schöne Stadt und der Lahn-Dill-Kreis ist landschaftlich ausgesprochen reizvoll. Natürlich sollte man die Autobahnen und Schnellstrassen um Wetzlar meiden, aber der Rest ist wirklich Klasse. Hermannstein selbst muss ich ein wenig suchen, aber mithilfe der netten Tankstellenverkäuferin finde ich den Ort. Der allerdings ist zunächst ein Kulturschock: Stinkt nach Industrie wie Stadtallendorf, überall die hässlichen Buderus-Betriebsstätten und die Werkswohnungen sehen aus wie daheim im Ruhrpott. Die vielen Dönerbuden und andere türkische Geschäfte wirken ebenfalls sehr Ruhrpott-artig. Aber in Hermannstein gibt es auch noch den alten Kern, und der ist sehr schön. Über Blasbach gehts dann auf kurvenreichen Bergsträsschen in Richtung Biebertal. In Marburg nehme ich die autobahnartige B3 unter die Räder und fahre über 50 km auf dieser Bundesstrasse. Soll ein Test für Glesien sein, denn ich muss mich an Schnellstrassen mit dem Gespann gewöhnen. Klappt auch ganz gut. Dann über die Schwalm zurück nach Hause, wo ich gegen 16:00 und nach über 300 km ankomme.
Erster Stop in Grossen-Linden beim Polo-Shop. Schaue mir ein paar Helme an und komme mit einem schwarzen Schuberth Concept zurück - der gleiche Helm, den ich seit 2 Jahre fahre. Bin eben sehr zufrieden mit dem Concept, auch wenn er etwas leiser sein könnte. Die alternativen Klapphelme von Nolan und Nexus überzeugen mich überhaupt nicht.
Als bekennender Blümchenpflücker schau ich mir ein paar Feldblumen bei Rechtenbach an. Aber um ehrlich zu sein: Grund für den Stop ist eine notwendige Pinkelpause.
Wetzlar und Hermannstein habe jetzt schon hinter mir und bin auf dem Weg in Richtung Biebertal. Ein herrliches Fleckchen Erde! Wie man sieht, habe ich meinen neuen schwarzen Helm direkt aufgesetzt. Passt prima und sitzt besser als der 2 Jahre alte.
Kleiner Wirtschaftsweg mit herrlicher Aussicht - wie auf der Postkarte.
Während ich so die Gegend und die Kurven beobachte, kommt ein Guzzi-Gespann mit Steib-Nachbau den Berg hinauf gedonnert. Klingt irgendwie viel ruhiger als mein sportlicher Eintopf. Was kommen mir da bloss für seltsame Gedanken an V-Motoren .....
Etwas später bin ich im Keltendorf auf dem Dünsberg. Immer wieder faszinierend, diese alten Kollegen.
Interessante Gaststätte beim Frauenberg nahe Marburg. Mache gerade das Foto, als es direkt hinter mir furchtbar kracht: Im PKW sitzt ein grosser Jagdhund, dem ich wohl etwas zu nahe gekommen bin, denn er springt gewaltig gegen die Heckscheibe. Ist aber sofort wieder beruhigt und sieht mich fast entschuldigend an.
In Marburg gehts auf die B3 und dort bleibe ich für 50 km bis Jesberg. Dann wird nach Bischhausen abgebogen, weil ich "meine" Ducati 900 SS beim Hondahändler Völker anschauen will. Leider ist das Geschäft schon geschlossen - also weiter nach Ziegenhain. Bei Allendorf kommt mir doch wahrhaftig ein silbernes ETZ-Gespann entgegen - selten genug in unserer Gegend.
Dunkle Wolken über der Schwalm bei Wasenberg. Aber es bleibt trocken, die paar Tropfen machen nicht mal das Visier richtig nass. Ich liebe es einfach, bei solchem Wetter zu fahren. Die 300 km waren jedenfalls von besonderem Reiz, vor allem, weil ich mal was richtig neues gesehen habe. Aber fest steht eins: LDK - ich komme wieder.