Spätherbst-Gespannfahrt gegen den November-Blues

Sechs lange Wochen habe ich das ES-Gespann nicht bewegt – und diese Zeit war furchtbar! Aber der Oktober war den Arbeiten an der MZ-Werkstatt vorbehalten und im November war das Wetter bislang grauslich. Dieser Sonntag jedoch sieht ganz gut aus. Die Vorhersage spricht von 8 % Regenwahrscheinlichkeit und 90 % Luftfeuchtigkeit. Also los, wagen wir eine Spätherbst-Gespannfahrt gegen den November-Blues.

Bevor es auf Tour geht, gibts erstmal eine Stunde Sonntagmorgenspaziergang. Hab neulich anhand der Funktionsunterwäsche bemerkt, dass ich wohl ein paar Pfunde zugelegt habe – oder das Funktionszeug schrumpft im Laufe eines Jahres. Also ist etwas mehr Bewegung angesagt. Aber dann: Das alte ES-Gespann wird aus der Maschinenhalle geschoben und springt auch nach 6 Wochen prompt an – was auch sonst, ist schliesslich eine MZ. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit sind die Strassen auch ohne Niederschläge nass und rutschig – und das bleibt auch während der gesamten Fahrt so. Mit dem eingebauten Bing-Vergaser und dem TKM-Sportluftfilter bin ich noch immer nicht wirklich zufrieden. Ich denke, ich werde aus meinen BVF-Kiste aus 4 Vergasern einen vernünftigen bauen. Aber heute wird gefahren, und die Leistung im oberen Bereich ist auch OK. So oft 80 km/h und mehr bin ich mit dem alten Motor nicht mal ansatzweise gefahren, und dem Sigma-Tacho kann ich wohl trauen.

Eine Premiere: Zum ersten mal kleide ich mich in meiner eigenen Werkstatt um. Erst das Gespann aus der Maschinenhalle geholt und flott vors Werkstatttor gezirkelt, dann umgezogen im vorgeheizten Raum. Ziehe mich recht dick an, die Thermohose bewirkt ruckzuck leichte Schweissausbrüche.

Nach ein paar km Landstrasse biege ich in Rüddingsheim ab und nehme die Nebenstrecke Richtung Niederklein. Am Alleenweg gibt den obligatorischen Stopp. Bisher hält die Kleidung schön warm.

Das Selbstportrait zeigt, wie grau der Tag ist. Ohne diese Gespannfahrt hätte ich bestimmt schon den November-Blues - da hab ich sowieso eine Neigung zu. Mit meiner Zwiebelschalenbekleidung fühl ich mich wie das Michelin Männchen!

Angekommen in Niederklein. Kurve ein wenig durch den Ort und ... was ist das: Ein Motorrradgeschäft. Davon hab ich nichts gewusst, und wie oft bin ich schon durch Niederklein gefahren. Also mal angehalten.

Aber das ist kein "normaler" Laden. Im Schaufenster ganz vorn diese 150er Express mit Sachsmotor. Unrestauriert, im Originalzustand mit der Patina der 50er Jahre.

Und daneben gleich 2 Gilera Strada! Hat mir schon in den 70er Jahren gefallen, der kleine Einzylinder-Viertakter mit 150 ccm. Sound wie eine Grosse, gutes italienisches Design und vor allem ein prima Motor. Ob die beiden zu verkaufen sind? Dieses Geschäft muss ich mir nochmal anschauen, wenn geöffnet ist.

Weiter gehts in Richtung Kirtorf und Alsfeld. Bei Obergleen biege ich ab in Richtung Heimertshausen und besuche den Campingplatz dort. Hier hat vor 30 Jahren Ingo B. mal ein paar Tage gewohnt, bvevor er eine feste Bleibe fand. Habe in Erinnerung, dass wir ihn ein paar mal mit den Motorrädern besucht haben. Dann wurde gefeiert, und das ziemlich lang. Jedenfalls ist Ingo dann sehr schnell des Platzes verwiesen worden und musste eine zeitlang im Vorgarten im Zelt hausen. Was mag heute aus ihm geworden sein?

Im Feldatal hat es mir heute mal wieder das Naturschutzgebiet angetan und ich biege mit meinem Naturfahrzeug ab. Hier fliesst die Felda völlig ungebändigt und zeigt sich als herrlicher Wildbach. An einer Stelle rutsche ich mit dem Gespann fast in den kleinen, aber wilden Fluss. Puh, kanns gerade noch verhindern und bleib dann doch lieber auf halbwegs befestigten Wegen. Von hier zieht es mich aber direkt nach Hause: Knapp 100 km lassen allmählich doch Hände und Füsse etwas kalt werden.