Eine touristische Betrachtung des Hohen Vogelsberges

Nach der verregneten gestrigen Ausfahrt verspricht der Wetterbericht einen mit hoher Wahrscheinlichkeit niederschlagsfreien Tag. Dazu soll es noch nicht so heiss und schwül werden wie in der kommenden Woche. Gute Voraussetzungen also für eine kleine Planetareise. Ich beschliesse, einfach in den Naturpark Hoher Vogelsberg, also auf den Hoherodskopf, zu fahren. Und zum ersten mal gibt das für mich eine touristische Betrachtung des Hohen Vogelsberges.

Nun lebe ich schon seit fast 35 Jahren in der Umgebung des Vogelsberges, aber den Hoherodskopf mit seinen touristischen Möglichkeiten habe ich bisher erfolgreich ignoriert. Natürlich war ich in all den Jahren unendlich oft dort oben, aber alles, was mit klassischem Tourismus zu tun hat, habe ich bis dato gemieden. Und das soll sich heute ändern: Ich werde mir alles anschauen, was der Naturpark zu bieten hat und ich werde mich nicht scheuen, mich ins Touristengetümmel zu stürzen.

Zunächst jedoch fahre ich einen kleinen Umweg zu diesem Häuschen - nicht ausgeschlossen, dass ich in absehbarer Zeit dort hinziehen werde. Dort gibt es eine kleine Scheune und den dreiräumigen Stall im Hintergrund. Sicher würde ich all meine Motorräder unterbringen können - ein verlockender Gedanke.

Dann weiter und immer bergauf in Richtung des Naturparks Hoher Vogelsberg. Habe mir die kürzeste Strecke herausgesucht, die auch gleichzeitig die landschaftlich schönste ist. Mittlerweile bin ich auf 600 Höhenmetern und der Vogelsberg zeigt sich in seiner ganzen Schönheit. Noch ist es kühl, ohne jedoch kalt zu sein, die Strassen sind trocken und ich bin ziemlich alleine hier unterwegs.

Ein kleiner Riegel, ein Schlückchen Saft und schon geht der Aufstieg weiter. Irgendwo hier muss der Naturpark beginnen.

Ab dem Kölzenhainer Kreuz wirds dann steiler, durch den dichten Wald sind die Strassen noch richtig nass und es wird von Meter zu Meter nebeliger - insgesamt eine wunderbare Szenerie.

Jetzt bin ich am Zentrum des Naturparks angekommen und habe 770 Höhenmeter erreicht. Es ist schon einiges los, aber richtig voll sind die Parkplätze noch nicht - zum Glück.

Hier oben ist der Nebel noch richtig dicht und Du siehst kaum die verschiedenen Gebäude. Auf dem Motorradparkplatz bin ich fast alleine, lediglich eine dicke BMW 1100 GS ist noch hier. Aber bekanntlich triffst Du diese Schnabeltiere ja überall an.

Zum allerersten mal schaue ich mir den Berggasthof an und studiere die Informationen zum Hoherodskopf. Klickt auf das Bild und werdet ebenfalls klüger. Noch interessanter finde ich jedoch den Hinweis auf die Matjeswochen .....

Weiter laufe ich in Richtung Doros Büdchen, dort parken meist die Motorräder - so auch heute. Dabei eine Yamaha Bulldog, eine der wenigen modernen Maschinen, die eine gewisse Faszination auf mich ausüben. Der Fahrer will gerade abfahren und ich filme das kleine Ereignis - und bin enttäuscht: Klar, das Ding ist ein Eisenhaufen, aber der Fahrer quält sich eindeutig mit dem Handling. Und dann der Sound: Eine einzige akustische Enttäuschung. Statt Bollern ein Zirpen und Zwitschern - also nee.

Das ist Doros Büdchen, eine unter Motorradfahrern nicht unbekannte Institution. Wieder ein Novum für mich: Dies ist meine erste Mahlzeit hier oben .....

.... und ich geniesse sie auf den Sonnenterassen vor Doros Büdchen. Sind zwar heute eher Nebelterassen, aber es sitzt sich wunderbar hier und Kaffee und Bratwurst schmecken prima. Danach verlasse ich den Naturpark wieder, den Kletterparcour habe ich mir geschenkt. War eigentlich gar nicht so schlimm und hat überhaupt nicht weh getan.

Nun folgt der Abstieg vom Hoherodskopf in Richtung Ulrichstein. Unterwegs wird mir klar, warum ich den Vogelsberg so liebe und wieso er mir zur Heimat geworden ist. Wahrscheinlich war es doch richtig, dass ich 1978 den Ruhrpott verlassen habe.

Hinter Ulrichstein folge ich zum ersten mal den Hinweisschildern ins Gilgatal zu den Langwasserhöfen. Das ist ein herrliches Tal mit leicht voralpinem Charakter und einer Hand voll schöner Gehöfte.

Aus Richtung Ulrichstein stürmen einige dunkle Wolken heran, aber es bleibt den ganzen Tag trocken. Hier ist auch kein Nebel mehr und die Temperaturen fangen an zu steigen.

Zum Hoherodskopf und zurück habe ich lediglich 70 km gefahren - zu wenig für einen Sonntag. Daher gehts weiter Richtung Homberg und Amöneburg. Mittlerweile ist der Himmel durchweg blau und wo keine Wolken mehr sind, wirds ruckzuck schwül - unerfreulich schwül.

Die Planeta und ich besteigen nun den Pickel und sind bald am höchsten Punkt von Amöneburg. Eingedenk der maroden Kupplung und des ausgenüdelten Getriebes durchfahre ich den Ort aber nur kurz und dann gehts gleich wieder runter. Hier im Amöneburger Becken mit nur sehr wenigen dichten Waldstücken knallt die Sonne jetzt gewaltig und es ist unerträglich schwül und drückend - das ist Gift für den alten Kreislauf.

Aus diesem Grunde schwenken wir nun weiträumig zurück in den Mücker Raum und halten nur noch einmal im Windpark von Atzenhain. Aber jeder Halt bedeutet Schweissausbrüche, Schwindel und Kreislaufschwächen - bin jetzt aber auch eindeutig zu dick angezogen.

OK, erlösen wir also den alternden Planetafahrer und schaukeln die paar Kilometer bis Mücke heim. War eine erbauliche, ruhige und entspannende kleine Tour heute. Pünktlich zum Kaffee und mit 140 km mehr auf dem Tacho erreiche ich dann den heimischen Hafen - let's call it a day.