In den Kiebitzgrund

Gestern ein Kurztrip an den Edersee, um das lädierte Knie wieder ans Motorradfahren zu gewöhnen – und auch für den heutigen Sonntag habe ich mir etwas vorgenommen. Bei schönem Wetter möchte ich recht früh am morgen starten, obwohl ich eigentlich das etwas grauere Herbswetter mehr liebe. Aber graue Tage werden noch genug kommen und so fahre ich bei sonnigem Wetter los zu einem kleinen Ausflug in den Kiebitzgrund.

Der Kiebitzgrund liegt im Landkreis Fulda in der Nähe von Burghaun – das ist nicht allzu weit und das sollte ich schaffen. Kurz nach 8:00 habe ich da Rotax-Gespann gestartet und es geht los: Schwalmtal, Lauterbach, Schlitz und dann querfeldein in Richtung Haunetal. Obwohl die Sonne bereits vom Himmel knallt, ist es empfindlich kalt, dürften nicht viel mehr als 1-2 Grad sein. Gut, dass ich dicke Klamotten genommen habe. Und apropos Sonne: Die knallt wirklich extrem vom Himmel, wie eine tödliche Supernova kurz vor der endgültigen Explosion. Mir erscheint der Planet heute ausgesprochen apokalyptisch und in keiner Weise freundlich. Liegts an mir und meiner inneren Einstellung oder ist die Sonne heute tatsächlich bedrohlich?

Der Versuch, die heutige Killersonne aufs Bild zu bannen, misslingt: Das Foto gibt die Realität nur unzureichend wieder. Das Fahren ist auch nicht erbaulich durch das grelle Licht und den ständigen Wechsel zwischen Licht und Schatten. Und dazu die Kälte - also die richtige Freude kommt zunächst nicht auf.

Eine innere Stimme zwingt mich jedesmal zu einem kurzen Stop am Riesen-Sägewerk bei Wallenrod. Die Anlage ist weiter gewachsen und es liegen unglaubliche Holzmengen auf dem Gelände. Ich bin mir sicher, dass die Holzindustrie unseren Vogelsberg komplett abholzen wird. Schöne Aussichten .....

Kurz vor Hechelmannskirchen beginnt der Kiebitzgrund, mein Reiseziel an diesem Morgen. Eine schöne Gegend, etwas abseits der Hauptroute nach Fulda oder Hünfeld.

Durch Hechelmannskirchen und Grossenmmoor und dann biege ich ab in Richtung Burghaun. Ich weiss nicht, wann ich zum letzten mal in diesem Städtchen war - dürfte Jahrzehnte her sein.

Auffällig an der gesamten Gegend hier ist die grosse Anzahl von riesigen Brücken. Sie überspannen Autobahnen und Zugstrecken. Die bergige Gegend und die vor 25 Jahren hier gebaute ICE-Trasse sind die Ursachen dafür. Du stehst in einer total einsamen Gegend und hörst dennoch den Auto- oder Zugverkehr. Teilweise sind das richtig unheimliche Geräusche und schwer zuzuordnen.

Kurz vor Burghaun noch eine Rast auf einem einsamen Parkplatz. Vielleicht kann ich hier ein wenig Wärme auftanken - aber die Kraft der Sonne reicht noch nicht dazu aus.

Burghaun ist ein recht hübsches Städtchen mit guter Infrastruktur, leidet aber ganz sicher unter der Nähe von Hünfeld und Fulda. Als ich den Ort nach einer kleinen Besichtigung wieder verlasse, kommt mir eine grosse Gruppe Motorräder entgegen: Oldtimer und Youngtimer. Ich erkenne eine Honda CB450, den Black Bomber, eine alte Viktoria im typischen grau, ein Zweizylinder-Adler-Gespann und auch einen englischen Einzylinder. Wahrscheinlich ein Ausflug der Oldtimerfreunde Hechelmannskirchen, die für vielfältige Aktivitäten bekannt sind.

An der Fulda entlang bewege ich mich jetzt langsam zurück in Richtung Vogelsberg. Zwischen Unterschwarz und Langenschwarz muss ich einen Stop einlegen, weil es jetzt richtig kalt geworden ist. Mittlerweile ist es gegen 11:00 und die Sonne hat ein wenig an Kraft gewonnen - zumindest, wenn ich stehe.

Später bei Machtlos schaue ich mir den grossen Campingplatz an. Hier stehen ausschliesslich feste Wohnwagen und Hütten und ich frage mich, was der gemeine Camper an so einer Wohnsiedlung finden kann. Aber die Strecke dort ist hübsch und die Beweggründe der Camper sollten mir eigentlich egal sein.

Zurück im Vogelsberg fahre ich bei Meiches noch kurz auf den Tötenköppel, der im Herbst besonders morbide und reizvoll ist.

Und ganz zum Schluss und bereits wenige Kilometer von zuhause entfernt fahre ich hoch hinaus zur Schutzhütte in Wettsaasen. Hier bin ich der Sonne recht nahe und wärme mir eine zeitlang den Pelz. Und das ist auch nötig.

Ein halbes Stündchen Sonnenbaden, dabei schöne Ausblicke auf den westlichen Vogelsberg und zwischendurch kann ich in der Ferne noch die Reitübungen von zwei Damen beobachten. Dann gehts ab nach Hause und irgendwie bin ich nach den eigentlich lächerlichen 170 km froh, dass der Ausflug zu Ende ist. Ein seltsamer Tag!