Anreise nach Glesien: Donnerstag, 31.8.2007

Habe für das Treffen den Donnerstag, Freitag und den Montag als Urlaub genommen – man weiss ja nie, was so passieren kann und ausserdem fühle ich mich sowieso urlaubsreif. Am Donnerstag morgen werden die letzten Dinge erledigt, ein bisschen was eingekauft und alles wird gepackt. Gegen Mittag bin ich mit allem fertig, und das Wetter ist extrem schön geworden. Komme ins Grübeln: Was wäre, wenn ich jetzt schon losfahre? Einfach so weit, wie ich komme, dann irgendwo in Thüringen übernachten und Freitag in der früh weiter in Richtung Leipzig. Innerhalb weniger Minuten gelangt der Gedanke zur Reife. Also melde ich mich bei der lieben Gattin ab, schlüpfe in die Motorradklamotten und um 14:00 brummt der Rotax sein sonores Lied.
Das Wetter ist geradezu ausserirdisch gut, dass kann in den nächsten Tagen nur schlechter werden. OK, dann habe ich wenigstens einen schönen und trockenen Tag gehabt. Jetzt lass ich den Rotax laufen, mal sehen, wie weit ich komme.

Alles verpackt und verschnürt, die Einkäufe verstaut, nix vergessen. Nix vergessen? Von wegen! Später am Ziel werde ich feststellen, dass wichtige Dinge wie MP3-Player, Ohrenstöpsel und Kopfschmerztabletten vergessen wurden. Natürlich alles eine Folge der plötzlichen Abreise am Donnerstag.

Recht flott bin ich in Bad Hersfeld, der Verkehr ist noch erträglich. Bin sehr zufrieden mit meinem Entschluss, schon am Donnerstag zu starten. Das gibt richtige Urlaubsgefühle.

Im Thüringer Wald, nur noch 6 km bis Eisenach. Die Sonne brennt auf den Pelz. Nicht vergessen: In Eisenach hinter der 2. Eisenbahnbrücke sofort rechts abbiegen. Die Beschilderung ist dort nämlich sehr mau. Klappt auch gut und ich komme wahrhaftig auf die richtige Route. Aber oh Schreck: Plötzlich mitten in Eisenach eine Baustelle mit Umleitung. Ich verweigere die Gefolgschaft und zirkle das Gespann durch die Baustelle. Puh, geklappt. Ostdeutsche Umleitungen können es in sich haben, aber zumindest die habe ich gemeistert.

Der Verkehr in Eisenach ist allerdings schon recht heftig und an entsprechend vielen Ampeln muss ich stehen bleiben. Aber dann komme ich doch auf die B84 in Richtung Bad Langensalza. Hier kann ich erstmal bleiben und die Strasse bis Langensalza ist auch gut zu fahren. Jetzt bin ich angekommen, und hier sind plötzlich keine Hinweisschilder mehr in meine Richtung. Also kurzer Stop und nachgefragt. Aber nach wenigen Metern auch hier eine Riesenbaustelle mit Umleitung, die mich kilometerlang durch Seitenstrassen führt. Brauche 20 Minuten, um aus Bad Langensalza herauszukommen. Wie schon gesagt: Ostdeutsche Umleitungen können es in sich haben.

Das nächste Ziel ist Sömmerda. Bin mittlerweile auf der B176, die Strasse ist gut, die Gegend zum grossen Teil aber etwas langweilig. Schön sind dagegen einige Ortschaften, die ich durchfahre. In Sömmerda habe ich über 200 km abgerissen, jetzt wirds auch langsam dämmering und kühler. Beschliesse, mir in Sömmerda ein Zimmer zu suchen und werde gleich im ersten Hotel, dem Thüringer Hof, fündig. Ist ein gutes Hotel, das Gespann kommt in eine Garage, es gibt scharfen ungarischen Gulasch, dunkles Köstritzer und gute Gespräche mit Wirt und anderen Gästen.

Direkt gegenüber das ehrwürdige Amtsgericht. Erfahre aber, dass diese Gebäude früher die Verwaltung von Robotron waren, dem grossen Computerhersteller der DDR. Hier waren mal 12.000 Leute beschäftig, und jetzt ist alles weg. Immerhin werden die Gebäude noch genutzt, ein schwacher Trost.

Vor dem Abendessen ein kleiner Spaziergang durch Sömmerda. Eine schöne Stadt mit ca. 20.000 Einwohner, Tendenz aber leider sinkend. Die Stadtmauer mit den vielen kleinen Türmen ist restauriert, die Altstadt ausgesprochen einladend. Ein Besuch ist sehr empfehlenswert. Nach 1 Stunde muss ich aber abbrechen: Der ungarische Gulasch wartet, und vor allem das dunkele Köstritzer.

Am nächsten Morgen gibts um 6:30 Frühstück, um 7:15 wird das Tor zum Hof geöffnet und mein Gespann herausgelassen. Nach einem guten Schlaf und einem ordentlichn Frühstück sollte der Rest der Fahrt bis nach Glesien nur noch ein Klacks sein. Auf gehts!

Tja Leute, jetzt gehts durchs Burgenland, aber nicht in Österreich, sondern in Thüringen. Jetzt weiss ich auch, was das Kennzeichen BLK bedeutet: Burgenlandkreis! Die Gegend ist herrlich, waldig, hügelig, kurvig. Das Wetter ist kühl, es sieht immer wieder nach Regen aus, aber es bleibt trocken. Für mich das ideale Motorradwetter. Und dann kommen kurz vor Freyburg die ersten Weinberge. Was es nicht alles gibt!

Hoch über Freyburg thront die beeindruckende Burg. Die würde ich mir gern näher ansehen, aber heute natürlich nicht. Also wird Freyburg nur durchfahren.

Nach Freyburg halte ich auf Bad Dürrenberg zu. Jetzt wird die Landschaft wieder etwas eintöniger, aber ich werde durch ein Stück richtig alter DDR entschädigt. Ortsdurchfahrten mit Kopfsteinpflaster und allerkleinste Strässchen machen klar, warum die MZ so lange Federwege hat und warum der Superelastik so elastisch ist. Bei Bad Bibra hat die gesamte Gegend einen Rotstich: Der Boden und die Strassen sind rotbraun - leider auf dem Bild nicht gut zu erkennen. Braunkohle?

Renaturierter Tagebau bei Grosskayna. Bin ich jetzt schon im Neunseenland, dem Ziel einer der geführten Tagestouren in Glesien? Ich weiss es nicht, aber da entsteht eine richtig klasse Landschaft.

Hier ein wunderbarer neuer See .....

..... und nur ein paar km weiter bei Leuna diese riesige Raffinerie. Früher das Herz der petrochemischen Industrie der DDR, heute in der Hand multinationaler Konzerne. Total produziert hier Benzin und Öl, das von Tanklastzügen von Aral, Shell und und und abgeholt wird.

In Bad Dürrenberg gehts auf die Autobahn, die A9, um die letzten 30 km bis Glesien schnell abzureissen. Macht wirklich keinen Spass wegen des starken LKW-Verkehrs, aber ich bin eben ruckzuck am Ziel, an der Ausfahrt Wiedemar. Nachbar Egon hat mir erzählt, dass im Industriegebiet von Wiedemar ein riesiges Lager mit Leasingautos zu sehen ist und dass dort mitten in einem Kreisverkehr ein Hotel steht. Das schau ich mir noch kurz an, bevor es auf die letzten 3 km bis Glesien geht.

In Glesien sind überall MZ-Schilder aufgestellt und so ist es kein Problem, den Schiessplatz am Ortsrand zu finden. Geschafft, bin am Ziel angekommen.